In Italien blieb die Eisenindustrie zurück infolge der zunehmen- den Entwaldung und dem daraus entspringenden Kohlenmangel. Wo noch Waldungen waren, wurde auch Eisen geschmolzen, besonders in den kleinen Thälern der südlichen Alpen, in Piemont, auf Korsika und Sardinien, ferner auch an der Küste des Tyrrhenischen Meeres in Luppenfeuern aus elbanischen Erzen.
Reaumur schreibt 1719: In den venetianischen Staaten, die an Deutschland grenzen, sind die Schmelzöfen ähnlich wie die Flossöfen von Turrach und Gemund, nur dass sie nur ein Gewölbe haben, wie die Stücköfen, der Abstich also unter den Bälgen sich befindet. Diese nimmt man aber nicht, wie in Steiermark, bei jedem Abstiche fort, sondern man stellt sie hoch, manchmal so hoch wie die Gicht und führt den Wind durch ein gekrümmtes Rohr in den Ofen. Die Erze waren meist Spateisensteine. Das Erz z. B. bei Bragolino, 15 Meilen von Brescia, war weiss; man brannte es in Öfen, ähnlich den Kalk- öfen, mit Holz, nicht mit Kohlen und begoss es nach dem Ausziehen mit Wasser. Man schmolz die Erze ohne Zuschlag eines Fluss- mittels 1).
Bacconi2) giebt an, dass man in den Eisenhütten bei Rom, die er besucht hat, das Eisen in denselben hohen Öfen zweimal schmelze. Man gäbe oben Erz auf und steche alle sechs Stunden ab. Diese erste Schmelzung gäbe Massen von 200 bis 300 Pfd. Das Geschmol- zene gleiche hellem Schwefelkies. Man zerbreche es nach dem Erkalten in kleine Stücke, mache den Ofen leer und schmölze dann das Ganze noch einmal durch. Nach sechs Stunden werde abge- stochen. Das Eisen habe jetzt nicht mehr die Schwefelkiesfarbe, sondern bilde einen höckerigen, luckigen Floss, war also wohl schon etwas gefrischt.
Bei Brescia im Venetianischen wurden Floss- oder Blauöfen betrieben, und hier hatte die Eisenverarbeitung ihren Hauptsitz. Über das Verfahren berichtet Swedenborgius (de ferro p. 149). Die schwefelfreien Erze wurden ohne weitere Vorbereitung ver- schmolzen, die schwefelhaltigen geröstet und zwar lagenweise in pyra- midalen Haufen. Die gerösteten Erze wurden auf einem gepflasterten
1) v. Justi, Schauplatz etc. III, S. 47.
2) A. a. O. III, S. 35.
Italien.
Italien.
In Italien blieb die Eisenindustrie zurück infolge der zunehmen- den Entwaldung und dem daraus entspringenden Kohlenmangel. Wo noch Waldungen waren, wurde auch Eisen geschmolzen, besonders in den kleinen Thälern der südlichen Alpen, in Piemont, auf Korsika und Sardinien, ferner auch an der Küste des Tyrrhenischen Meeres in Luppenfeuern aus elbanischen Erzen.
Reaumur schreibt 1719: In den venetianischen Staaten, die an Deutschland grenzen, sind die Schmelzöfen ähnlich wie die Floſsöfen von Turrach und Gemund, nur daſs sie nur ein Gewölbe haben, wie die Stücköfen, der Abstich also unter den Bälgen sich befindet. Diese nimmt man aber nicht, wie in Steiermark, bei jedem Abstiche fort, sondern man stellt sie hoch, manchmal so hoch wie die Gicht und führt den Wind durch ein gekrümmtes Rohr in den Ofen. Die Erze waren meist Spateisensteine. Das Erz z. B. bei Bragolino, 15 Meilen von Brescia, war weiſs; man brannte es in Öfen, ähnlich den Kalk- öfen, mit Holz, nicht mit Kohlen und begoſs es nach dem Ausziehen mit Wasser. Man schmolz die Erze ohne Zuschlag eines Fluſs- mittels 1).
Bacconi2) giebt an, daſs man in den Eisenhütten bei Rom, die er besucht hat, das Eisen in denselben hohen Öfen zweimal schmelze. Man gäbe oben Erz auf und steche alle sechs Stunden ab. Diese erste Schmelzung gäbe Massen von 200 bis 300 Pfd. Das Geschmol- zene gleiche hellem Schwefelkies. Man zerbreche es nach dem Erkalten in kleine Stücke, mache den Ofen leer und schmölze dann das Ganze noch einmal durch. Nach sechs Stunden werde abge- stochen. Das Eisen habe jetzt nicht mehr die Schwefelkiesfarbe, sondern bilde einen höckerigen, luckigen Floſs, war also wohl schon etwas gefrischt.
Bei Brescia im Venetianischen wurden Floſs- oder Blauöfen betrieben, und hier hatte die Eisenverarbeitung ihren Hauptsitz. Über das Verfahren berichtet Swedenborgius (de ferro p. 149). Die schwefelfreien Erze wurden ohne weitere Vorbereitung ver- schmolzen, die schwefelhaltigen geröstet und zwar lagenweise in pyra- midalen Haufen. Die gerösteten Erze wurden auf einem gepflasterten
1) v. Justi, Schauplatz etc. III, S. 47.
2) A. a. O. III, S. 35.
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Italien.
Italien.
In Italien blieb die Eisenindustrie zurück infolge der zunehmen-
den Entwaldung und dem daraus entspringenden Kohlenmangel. Wo
noch Waldungen waren, wurde auch Eisen geschmolzen, besonders in
den kleinen Thälern der südlichen Alpen, in Piemont, auf Korsika
und Sardinien, ferner auch an der Küste des Tyrrhenischen Meeres
in Luppenfeuern aus elbanischen Erzen.
Reaumur schreibt 1719: In den venetianischen Staaten, die an
Deutschland grenzen, sind die Schmelzöfen ähnlich wie die Floſsöfen
von Turrach und Gemund, nur daſs sie nur ein Gewölbe haben, wie
die Stücköfen, der Abstich also unter den Bälgen sich befindet. Diese
nimmt man aber nicht, wie in Steiermark, bei jedem Abstiche fort,
sondern man stellt sie hoch, manchmal so hoch wie die Gicht und
führt den Wind durch ein gekrümmtes Rohr in den Ofen. Die Erze
waren meist Spateisensteine. Das Erz z. B. bei Bragolino, 15 Meilen
von Brescia, war weiſs; man brannte es in Öfen, ähnlich den Kalk-
öfen, mit Holz, nicht mit Kohlen und begoſs es nach dem Ausziehen
mit Wasser. Man schmolz die Erze ohne Zuschlag eines Fluſs-
mittels 1).
Bacconi 2) giebt an, daſs man in den Eisenhütten bei Rom, die
er besucht hat, das Eisen in denselben hohen Öfen zweimal schmelze.
Man gäbe oben Erz auf und steche alle sechs Stunden ab. Diese
erste Schmelzung gäbe Massen von 200 bis 300 Pfd. Das Geschmol-
zene gleiche hellem Schwefelkies. Man zerbreche es nach dem
Erkalten in kleine Stücke, mache den Ofen leer und schmölze dann
das Ganze noch einmal durch. Nach sechs Stunden werde abge-
stochen. Das Eisen habe jetzt nicht mehr die Schwefelkiesfarbe,
sondern bilde einen höckerigen, luckigen Floſs, war also wohl schon
etwas gefrischt.
Bei Brescia im Venetianischen wurden Floſs- oder Blauöfen
betrieben, und hier hatte die Eisenverarbeitung ihren Hauptsitz.
Über das Verfahren berichtet Swedenborgius (de ferro p. 149).
Die schwefelfreien Erze wurden ohne weitere Vorbereitung ver-
schmolzen, die schwefelhaltigen geröstet und zwar lagenweise in pyra-
midalen Haufen. Die gerösteten Erze wurden auf einem gepflasterten
1) v. Justi, Schauplatz etc. III, S. 47.
2) A. a. O. III, S. 35.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1053. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1067>, abgerufen am 21.11.2024.
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