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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Frankreich.
die Anwendung französischer Stahlsorten vorzuschreiben. So war 1743
in einem Reglement den Messerschmieden von Thiers vorgeschrieben,
dass sich dieselben des Stahles von Rives bedienen mussten 1). Der
Stahl von Rives wurde auch in der Gewehrfabrik von St. Etienne
verwendet.

Reaumurs Arbeiten über den Stahl, welche er 1715 begann
und 1720 und 1722 veröffentlichte, machten grossen Eindruck und
übten bedeutenden Einfluss aus. Die Cementstahlfabrikation bestand
damals bereits in Piemont und in England, sie wurde aber als ein
Geheimnis behandelt. Reaumur entdeckte dieses Geheimnis und be-
schrieb das Verfahren genau und ausführlich. Aber so vorzüglich seine
Vorschriften waren, so richtig er sogar das Wesen des Cementations-
prozesses erkannt hatte, so enthielt doch seine vortreffliche Schrift
einen Irrtum, der verhängnisvoll wurde, nämlich den, dass das fran-
zösische Eisen für die Fabrikation gut und geeignet sei. Reaumur
wusste, dass die Engländer schwedisches Eisen verwendeten, er machte
selbst Versuche mit schwedischem Eisen und beobachtete, dass das-
selbe ganz vorzüglich zur Cementstahlfabrikation geschickt war, aber
er stellte auch guten Stahl aus französischen Eisensorten dar, und
der Patriotismus veranlasste ihn zu der Annahme, dass es in Frank-
reich Eisensorten gäbe, aus denen sich ebenso guter Cementstahl her-
stellen liesse, als aus schwedischem. An diese Behauptung klammerte
sich die öffentliche Meinung, die Regierung und die französische
Industrie. Die Folge war, dass die französische Cementstahlfabri-
kation zurückblieb, mit der englischen nicht konkurrieren konnte und
zu Grunde ging.

Reaumur wies zwar selbst auf das schwedische Eisen hin und
bemerkte, dass dasselbe sogar zeitweise in Paris billiger sei als ein-
heimisches, aber auf der anderen Seite versichert er, dass es ihm
gelungen sei, mit französischen Eisensorten den besten Cement-
stahl zu machen: "Ich habe schon früher erwähnt, dass, wenn man
unbedingt schwedisches Eisen verwenden müsste, dies kein Übelstand
wäre, indem dasselbe in unseren Häfen nicht teurer ist als das ein-
heimische. Aber wir sind weit entfernt von einer solchen Notwendig-
keit. Ich habe Eisen von Berry von verschiedenen Hammerwerken
mit bestem Erfolge versucht. Ich habe gute Versuche mit Eisen von
Nivernais gemacht. Man hat mir Eisen von Hämmern bei Maubeuge
geschickt, die sich in guten Stahl umwandeln liessen; man kann sich

1) Siehe Gay, Glossaire archeol. acier, p. 6.
Beck, Geschichte des Eisens. 66

Frankreich.
die Anwendung französischer Stahlsorten vorzuschreiben. So war 1743
in einem Reglement den Messerschmieden von Thiers vorgeschrieben,
daſs sich dieselben des Stahles von Rives bedienen muſsten 1). Der
Stahl von Rives wurde auch in der Gewehrfabrik von St. Etienne
verwendet.

Reaumurs Arbeiten über den Stahl, welche er 1715 begann
und 1720 und 1722 veröffentlichte, machten groſsen Eindruck und
übten bedeutenden Einfluſs aus. Die Cementstahlfabrikation bestand
damals bereits in Piemont und in England, sie wurde aber als ein
Geheimnis behandelt. Reaumur entdeckte dieses Geheimnis und be-
schrieb das Verfahren genau und ausführlich. Aber so vorzüglich seine
Vorschriften waren, so richtig er sogar das Wesen des Cementations-
prozesses erkannt hatte, so enthielt doch seine vortreffliche Schrift
einen Irrtum, der verhängnisvoll wurde, nämlich den, daſs das fran-
zösische Eisen für die Fabrikation gut und geeignet sei. Reaumur
wuſste, daſs die Engländer schwedisches Eisen verwendeten, er machte
selbst Versuche mit schwedischem Eisen und beobachtete, daſs das-
selbe ganz vorzüglich zur Cementstahlfabrikation geschickt war, aber
er stellte auch guten Stahl aus französischen Eisensorten dar, und
der Patriotismus veranlaſste ihn zu der Annahme, daſs es in Frank-
reich Eisensorten gäbe, aus denen sich ebenso guter Cementstahl her-
stellen lieſse, als aus schwedischem. An diese Behauptung klammerte
sich die öffentliche Meinung, die Regierung und die französische
Industrie. Die Folge war, daſs die französische Cementstahlfabri-
kation zurückblieb, mit der englischen nicht konkurrieren konnte und
zu Grunde ging.

Reaumur wies zwar selbst auf das schwedische Eisen hin und
bemerkte, daſs dasselbe sogar zeitweise in Paris billiger sei als ein-
heimisches, aber auf der anderen Seite versichert er, daſs es ihm
gelungen sei, mit französischen Eisensorten den besten Cement-
stahl zu machen: „Ich habe schon früher erwähnt, daſs, wenn man
unbedingt schwedisches Eisen verwenden müſste, dies kein Übelstand
wäre, indem dasselbe in unseren Häfen nicht teurer ist als das ein-
heimische. Aber wir sind weit entfernt von einer solchen Notwendig-
keit. Ich habe Eisen von Berry von verschiedenen Hammerwerken
mit bestem Erfolge versucht. Ich habe gute Versuche mit Eisen von
Nivernais gemacht. Man hat mir Eisen von Hämmern bei Maubeuge
geschickt, die sich in guten Stahl umwandeln lieſsen; man kann sich

1) Siehe Gay, Glossaire archéol. acier, p. 6.
Beck, Geschichte des Eisens. 66
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[1041/1055] Frankreich. die Anwendung französischer Stahlsorten vorzuschreiben. So war 1743 in einem Reglement den Messerschmieden von Thiers vorgeschrieben, daſs sich dieselben des Stahles von Rives bedienen muſsten 1). Der Stahl von Rives wurde auch in der Gewehrfabrik von St. Etienne verwendet. Reaumurs Arbeiten über den Stahl, welche er 1715 begann und 1720 und 1722 veröffentlichte, machten groſsen Eindruck und übten bedeutenden Einfluſs aus. Die Cementstahlfabrikation bestand damals bereits in Piemont und in England, sie wurde aber als ein Geheimnis behandelt. Reaumur entdeckte dieses Geheimnis und be- schrieb das Verfahren genau und ausführlich. Aber so vorzüglich seine Vorschriften waren, so richtig er sogar das Wesen des Cementations- prozesses erkannt hatte, so enthielt doch seine vortreffliche Schrift einen Irrtum, der verhängnisvoll wurde, nämlich den, daſs das fran- zösische Eisen für die Fabrikation gut und geeignet sei. Reaumur wuſste, daſs die Engländer schwedisches Eisen verwendeten, er machte selbst Versuche mit schwedischem Eisen und beobachtete, daſs das- selbe ganz vorzüglich zur Cementstahlfabrikation geschickt war, aber er stellte auch guten Stahl aus französischen Eisensorten dar, und der Patriotismus veranlaſste ihn zu der Annahme, daſs es in Frank- reich Eisensorten gäbe, aus denen sich ebenso guter Cementstahl her- stellen lieſse, als aus schwedischem. An diese Behauptung klammerte sich die öffentliche Meinung, die Regierung und die französische Industrie. Die Folge war, daſs die französische Cementstahlfabri- kation zurückblieb, mit der englischen nicht konkurrieren konnte und zu Grunde ging. Reaumur wies zwar selbst auf das schwedische Eisen hin und bemerkte, daſs dasselbe sogar zeitweise in Paris billiger sei als ein- heimisches, aber auf der anderen Seite versichert er, daſs es ihm gelungen sei, mit französischen Eisensorten den besten Cement- stahl zu machen: „Ich habe schon früher erwähnt, daſs, wenn man unbedingt schwedisches Eisen verwenden müſste, dies kein Übelstand wäre, indem dasselbe in unseren Häfen nicht teurer ist als das ein- heimische. Aber wir sind weit entfernt von einer solchen Notwendig- keit. Ich habe Eisen von Berry von verschiedenen Hammerwerken mit bestem Erfolge versucht. Ich habe gute Versuche mit Eisen von Nivernais gemacht. Man hat mir Eisen von Hämmern bei Maubeuge geschickt, die sich in guten Stahl umwandeln lieſsen; man kann sich 1) Siehe Gay, Glossaire archéol. acier, p. 6. Beck, Geschichte des Eisens. 66

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1041. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1055>, abgerufen am 22.11.2024.