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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Physik.
Wand befestigt, während an das andere Ende eine Wagschale ge-
hängt wurde, welche man mit Gewichten beschwerte bis zum Zer-
reissen.

Bezüglich der ermittelten Zerreissungsgewichte verweisen wir auf
die Abhandlung und wollen nur erwähnen, dass dasselbe bei weissem
Eisen an 1100 Pfd., bei gutem, grauem Gusseisen 1800 Pfd. betrug.

s'Gravesande (+ 1742) und Coulomb beschäftigten sich auch
bereits mit der Untersuchung der Elastizität der Metalle, wobei
sie fanden, dass die Spannkraft oder Elastizität, d. h. die Kraft, mit
welcher die Teilchen eines Körpers, welche durch Druck oder Zug
aus ihrer Lage gebracht worden sind, innerhalb der Elastizitätsgrenze
wieder in ihre ursprüngliche Lage zurückzukehren streben, dem
Drucke proportional ist.

Musschenbroek1) verdankt man ferner die ersten genauen
Untersuchungen über die Ausdehnung der Metalle, namentlich von
Eisen und Stahl in der Wärme.

Er bediente sich zum Messen der Ausdehnungen eines von ihm
erfundenen Mikrometers, eines kleinen Instrumentes, welches ver-
mittelst eines Zeigers, wie bei einer Uhr, die kleinsten Ausdehnungen
der Metalle bis auf den 12500. Teil eines Zolls angab, wenn man die
kleinen Zaine der verschiedenen Metalle über einer Weingeistlampe
erhitzte.

Musschenbroek fand, dass sich das Eisen vom Gefrierpunkte
bis zum Siedepunkte des Wassers um 0,00073 ausdehnt. Er fand
ferner, dass sich das Eisen weniger ausdehnt als Kupfer, Messing,
Zinn und Blei.

Vergleichende Versuche ergaben:

Ausdehnung von Eisen     18
do. " Silber     24
do. " Gold     31
do. " Blei     36

(1 Toise = 33000).

Weiches Eisen dehnt sich weniger aus als Stahl. Die Ausdehnung
steht in keinem nachweisbaren Zusammenhange mit dem spezifischen
Gewicht oder der Zähigkeit; eher scheint sie in einer gewissen Be-
ziehung zu der Schmelzbarkeit der Metalle zu stehen. Rinman fand
die Ausdehnung bis zur Weissglut bei Stabeisen zu 7/560 Stahl, 10/560

1) Musschenbroek, Introductio ad philosophiam naturalem, Tome II,
p. 1527 etc.

Physik.
Wand befestigt, während an das andere Ende eine Wagschale ge-
hängt wurde, welche man mit Gewichten beschwerte bis zum Zer-
reiſsen.

Bezüglich der ermittelten Zerreiſsungsgewichte verweisen wir auf
die Abhandlung und wollen nur erwähnen, daſs dasselbe bei weiſsem
Eisen an 1100 Pfd., bei gutem, grauem Guſseisen 1800 Pfd. betrug.

s’Gravesande († 1742) und Coulomb beschäftigten sich auch
bereits mit der Untersuchung der Elastizität der Metalle, wobei
sie fanden, daſs die Spannkraft oder Elastizität, d. h. die Kraft, mit
welcher die Teilchen eines Körpers, welche durch Druck oder Zug
aus ihrer Lage gebracht worden sind, innerhalb der Elastizitätsgrenze
wieder in ihre ursprüngliche Lage zurückzukehren streben, dem
Drucke proportional ist.

Musschenbroek1) verdankt man ferner die ersten genauen
Untersuchungen über die Ausdehnung der Metalle, namentlich von
Eisen und Stahl in der Wärme.

Er bediente sich zum Messen der Ausdehnungen eines von ihm
erfundenen Mikrometers, eines kleinen Instrumentes, welches ver-
mittelst eines Zeigers, wie bei einer Uhr, die kleinsten Ausdehnungen
der Metalle bis auf den 12500. Teil eines Zolls angab, wenn man die
kleinen Zaine der verschiedenen Metalle über einer Weingeistlampe
erhitzte.

Musschenbroek fand, daſs sich das Eisen vom Gefrierpunkte
bis zum Siedepunkte des Wassers um 0,00073 ausdehnt. Er fand
ferner, daſs sich das Eisen weniger ausdehnt als Kupfer, Messing,
Zinn und Blei.

Vergleichende Versuche ergaben:

Ausdehnung von Eisen     18
do. „ Silber     24
do. „ Gold     31
do. „ Blei     36

(1 Toise = 33000).

Weiches Eisen dehnt sich weniger aus als Stahl. Die Ausdehnung
steht in keinem nachweisbaren Zusammenhange mit dem spezifischen
Gewicht oder der Zähigkeit; eher scheint sie in einer gewissen Be-
ziehung zu der Schmelzbarkeit der Metalle zu stehen. Rinman fand
die Ausdehnung bis zur Weiſsglut bei Stabeisen zu 7/560 Stahl, 10/560

1) Musschenbroek, Introductio ad philosophiam naturalem, Tome II,
p. 1527 etc.
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[87/0101] Physik. Wand befestigt, während an das andere Ende eine Wagschale ge- hängt wurde, welche man mit Gewichten beschwerte bis zum Zer- reiſsen. Bezüglich der ermittelten Zerreiſsungsgewichte verweisen wir auf die Abhandlung und wollen nur erwähnen, daſs dasselbe bei weiſsem Eisen an 1100 Pfd., bei gutem, grauem Guſseisen 1800 Pfd. betrug. s’Gravesande († 1742) und Coulomb beschäftigten sich auch bereits mit der Untersuchung der Elastizität der Metalle, wobei sie fanden, daſs die Spannkraft oder Elastizität, d. h. die Kraft, mit welcher die Teilchen eines Körpers, welche durch Druck oder Zug aus ihrer Lage gebracht worden sind, innerhalb der Elastizitätsgrenze wieder in ihre ursprüngliche Lage zurückzukehren streben, dem Drucke proportional ist. Musschenbroek 1) verdankt man ferner die ersten genauen Untersuchungen über die Ausdehnung der Metalle, namentlich von Eisen und Stahl in der Wärme. Er bediente sich zum Messen der Ausdehnungen eines von ihm erfundenen Mikrometers, eines kleinen Instrumentes, welches ver- mittelst eines Zeigers, wie bei einer Uhr, die kleinsten Ausdehnungen der Metalle bis auf den 12500. Teil eines Zolls angab, wenn man die kleinen Zaine der verschiedenen Metalle über einer Weingeistlampe erhitzte. Musschenbroek fand, daſs sich das Eisen vom Gefrierpunkte bis zum Siedepunkte des Wassers um 0,00073 ausdehnt. Er fand ferner, daſs sich das Eisen weniger ausdehnt als Kupfer, Messing, Zinn und Blei. Vergleichende Versuche ergaben: Ausdehnung von Eisen 18 do. „ Silber 24 do. „ Gold 31 do. „ Blei 36 (1 Toise = 33000). Weiches Eisen dehnt sich weniger aus als Stahl. Die Ausdehnung steht in keinem nachweisbaren Zusammenhange mit dem spezifischen Gewicht oder der Zähigkeit; eher scheint sie in einer gewissen Be- ziehung zu der Schmelzbarkeit der Metalle zu stehen. Rinman fand die Ausdehnung bis zur Weiſsglut bei Stabeisen zu 7/560 Stahl, 10/560 1) Musschenbroek, Introductio ad philosophiam naturalem, Tome II, p. 1527 etc.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/101>, abgerufen am 28.11.2024.