Weit geringeren Einfluss als die Mechanik hatte im 17. Jahr- hundert die Chemie auf die Fortschritte des Eisenhüttenwesens. Auch in diesem Jahrhundert blieb diese mehr eine spekulative Wissen- schaft, die die Praxis nur wenig beeinflusste. Auf das Eisenhütten- wesen insbesondere wirkte sie in keinerlei Weise ein, selbst die Probierkunst machte keine Fortschritte. Die Schmelzprobe und das Ausziehen mit dem Magneten blieb die einzige Eisenerzprobe. Nebenbei sei hier nur bemerkt, dass Boyle 1671 die erste Angabe über Tinte aus Galläpfeln und Eisenvitriol machte.
Auf theoretischem Gebiete dagegen bereitete sich im Laufe des Jahrhunderts der Umschwung vor, welcher am Ausgang desselben zur Phlogistontheorie führte. Bis zur Mitte des Jahrhunderts blieb die medizinische Chemie (Jatrochemie) allein herrschend. Die be- deutendsten Vertreter dieser Richtung waren Andreas Libavius, Johann van Helmont und Rudolf Glauber, die zwar mancherlei Entdeckungen auf chemischem Gebiete machten, der Erkenntnis des Zusammenhanges der chemischen Kräfte aber nur wenig näher kamen. Wichtiger war in dieser Beziehung die Thätigkeit mehrerer hervor- ragender Chemiker in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Es waren dies besonders Robert Boyle, Kunkel, der Entdecker des Phosphors, und Joh. Joach. Becher; diese wagten es bereits, an der überlieferten Grundanschauung über das Wesen der Metalle zu rütteln. Bis dahin war es Dogma gewesen, dass die Metalle zu- sammengesetzte Körper seien, gebildet aus Quecksilber, Schwefel und Salz. Boyle zog zuerst diese alte Lehre in Zweifel und behauptete, der Gehalt von Schwefel und Salz in den Metallen sei nicht er- wiesen. Ebenso suchte Kunkel den Nachweis zu liefern, dass Schwefel in den reinen Metallen nicht enthalten sei. Beide aber, sowie überhaupt die Chemiker jener Zeit, hielten noch daran fest, dass das Quecksilber, die Grundlage der Metallicität, in allen Metallen enthalten sei. Becher, ein vielseitiges Genie ohne grosse Tiefe, zu- gleich Chemiker, Mechaniker und Technologe, hielt zwar ebenfalls an der merkurialen Grundlage der Metalle fest, nahm aber in den Metallen, wie in allen verbrennbaren Körpern eine selbständige brennbare Erde (terra pinguis) an, welche Ursache und Grund der Verbrennung sei. Dadurch führte er zu der Lehre vom Phlogiston
Beck, Geschichte des Eisens. 61
Die Chemie im 17. Jahrhundert.
Die Chemie im 17. Jahrhundert.
Weit geringeren Einfluſs als die Mechanik hatte im 17. Jahr- hundert die Chemie auf die Fortschritte des Eisenhüttenwesens. Auch in diesem Jahrhundert blieb diese mehr eine spekulative Wissen- schaft, die die Praxis nur wenig beeinfluſste. Auf das Eisenhütten- wesen insbesondere wirkte sie in keinerlei Weise ein, selbst die Probierkunst machte keine Fortschritte. Die Schmelzprobe und das Ausziehen mit dem Magneten blieb die einzige Eisenerzprobe. Nebenbei sei hier nur bemerkt, daſs Boyle 1671 die erste Angabe über Tinte aus Galläpfeln und Eisenvitriol machte.
Auf theoretischem Gebiete dagegen bereitete sich im Laufe des Jahrhunderts der Umschwung vor, welcher am Ausgang desselben zur Phlogistontheorie führte. Bis zur Mitte des Jahrhunderts blieb die medizinische Chemie (Jatrochemie) allein herrschend. Die be- deutendsten Vertreter dieser Richtung waren Andreas Libavius, Johann van Helmont und Rudolf Glauber, die zwar mancherlei Entdeckungen auf chemischem Gebiete machten, der Erkenntnis des Zusammenhanges der chemischen Kräfte aber nur wenig näher kamen. Wichtiger war in dieser Beziehung die Thätigkeit mehrerer hervor- ragender Chemiker in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Es waren dies besonders Robert Boyle, Kunkel, der Entdecker des Phosphors, und Joh. Joach. Becher; diese wagten es bereits, an der überlieferten Grundanschauung über das Wesen der Metalle zu rütteln. Bis dahin war es Dogma gewesen, daſs die Metalle zu- sammengesetzte Körper seien, gebildet aus Quecksilber, Schwefel und Salz. Boyle zog zuerst diese alte Lehre in Zweifel und behauptete, der Gehalt von Schwefel und Salz in den Metallen sei nicht er- wiesen. Ebenso suchte Kunkel den Nachweis zu liefern, daſs Schwefel in den reinen Metallen nicht enthalten sei. Beide aber, sowie überhaupt die Chemiker jener Zeit, hielten noch daran fest, daſs das Quecksilber, die Grundlage der Metallicität, in allen Metallen enthalten sei. Becher, ein vielseitiges Genie ohne groſse Tiefe, zu- gleich Chemiker, Mechaniker und Technologe, hielt zwar ebenfalls an der merkurialen Grundlage der Metalle fest, nahm aber in den Metallen, wie in allen verbrennbaren Körpern eine selbständige brennbare Erde (terra pinguis) an, welche Ursache und Grund der Verbrennung sei. Dadurch führte er zu der Lehre vom Phlogiston
Beck, Geschichte des Eisens. 61
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Die Chemie im 17. Jahrhundert.
Die Chemie im 17. Jahrhundert.
Weit geringeren Einfluſs als die Mechanik hatte im 17. Jahr-
hundert die Chemie auf die Fortschritte des Eisenhüttenwesens.
Auch in diesem Jahrhundert blieb diese mehr eine spekulative Wissen-
schaft, die die Praxis nur wenig beeinfluſste. Auf das Eisenhütten-
wesen insbesondere wirkte sie in keinerlei Weise ein, selbst die
Probierkunst machte keine Fortschritte. Die Schmelzprobe und das
Ausziehen mit dem Magneten blieb die einzige Eisenerzprobe. Nebenbei
sei hier nur bemerkt, daſs Boyle 1671 die erste Angabe über Tinte
aus Galläpfeln und Eisenvitriol machte.
Auf theoretischem Gebiete dagegen bereitete sich im Laufe des
Jahrhunderts der Umschwung vor, welcher am Ausgang desselben zur
Phlogistontheorie führte. Bis zur Mitte des Jahrhunderts blieb die
medizinische Chemie (Jatrochemie) allein herrschend. Die be-
deutendsten Vertreter dieser Richtung waren Andreas Libavius,
Johann van Helmont und Rudolf Glauber, die zwar mancherlei
Entdeckungen auf chemischem Gebiete machten, der Erkenntnis des
Zusammenhanges der chemischen Kräfte aber nur wenig näher kamen.
Wichtiger war in dieser Beziehung die Thätigkeit mehrerer hervor-
ragender Chemiker in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Es
waren dies besonders Robert Boyle, Kunkel, der Entdecker des
Phosphors, und Joh. Joach. Becher; diese wagten es bereits, an
der überlieferten Grundanschauung über das Wesen der Metalle zu
rütteln. Bis dahin war es Dogma gewesen, daſs die Metalle zu-
sammengesetzte Körper seien, gebildet aus Quecksilber, Schwefel und
Salz. Boyle zog zuerst diese alte Lehre in Zweifel und behauptete,
der Gehalt von Schwefel und Salz in den Metallen sei nicht er-
wiesen. Ebenso suchte Kunkel den Nachweis zu liefern, daſs
Schwefel in den reinen Metallen nicht enthalten sei. Beide aber,
sowie überhaupt die Chemiker jener Zeit, hielten noch daran fest,
daſs das Quecksilber, die Grundlage der Metallicität, in allen Metallen
enthalten sei. Becher, ein vielseitiges Genie ohne groſse Tiefe, zu-
gleich Chemiker, Mechaniker und Technologe, hielt zwar ebenfalls an
der merkurialen Grundlage der Metalle fest, nahm aber in den
Metallen, wie in allen verbrennbaren Körpern eine selbständige
brennbare Erde (terra pinguis) an, welche Ursache und Grund der
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 961. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/983>, abgerufen am 22.11.2024.
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