G Loch, aus dem die Späne von dem bearbeiteten Blei her- auskommen.
H Kurbel oder Hebel, mit welchen man die Räder (Walzen) umdreht.
Wir haben hier das erste Faconwalzwerk vor uns, und zwar in Kombination mit einem Schneidewerk, denn augenscheinlich schnitten die scharfen Ränder der scheibenförmigen Walzen die überstehenden Ränder des Fensterbleies ab. Freilich ist der Apparat nur klein, für Handbetrieb und nur für ein so weiches Metall wie Blei verwendbar.
Eines ganz ähnlichen Walzwerkes bedienten sich die "Flinder- schlager" und Rechenpfennigmacher in Nürnberg und ist ein solches in Weigels Hauptständen, S. 320, abgebildet.
Dem Bestreben, dasselbe Prinzip bei der Verarbeitung des Eisens anzuwenden, standen grosse Schwierigkeiten im Wege, demungeachtet gelang dies bis zu einem gewissen Grade bereits im 16. Jahr- hundert, nicht zwar in der Form unsrer Walzwerke, sondern in der Form der Schneidewerke mit einer Vorwalze. Das Ausschmieden dünner Stäbe, sowie das Spalten des Eisens mit dem Meissel waren beschwerliche Arbeiten, deshalb suchte man dieselben durch Be- nutzung von Maschinenkräften zu erleichtern. Die Messingdraht- zieher in Nürnberg zerschnitten die gegossenen Messingplatten mit einem von einem Wasserrad getriebenen Sägewerk 1). Schon früher hatte man in der Goldschmiedekunst kleine schneidende Scheiben hierfür verwendet. Man benutzte dieses Prinzip und konstruierte grössere Stahlscheiben, welche gegeneinander liefen und das da- zwischen gebrachte Flacheisen zerschnitten. Dabei blieb man aber nicht stehen, sondern verband eine Anzahl solcher Scheiben zu einem walzenförmigen Körper, zwei solcher Schneidewalzen liess man in entgegengesetzter Umdrehung gegeneinander laufen und konnte mit denselben aus einem Flachstabe eine ganze Anzahl von dünnen Stäben, entsprechend der Zahl der Scheiben einer Walze, gleichzeitig schneiden. Um diese Stäbe von gleicher Stärke zu erhalten, was durch Ausschmieden der Platinen nicht in der genügenden Gleich- mässigkeit geschah, liess man die vorgeschmiedeten Platinen erst durch ein Paar Glattwalzen laufen, wodurch sie gestreckt wurden und einen ganz bestimmten Querschnitt erhielten. So entstanden die Eisenschneidemühlen oder Eisenspaltereien, welche vor Erfindung der Feinwalzen eine wichtige Rolle in der Eisenfabrikation, namentlich
1) Siehe Weigel, a. a. O., S. 295.
Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert.
G Loch, aus dem die Späne von dem bearbeiteten Blei her- auskommen.
H Kurbel oder Hebel, mit welchen man die Räder (Walzen) umdreht.
Wir haben hier das erste Façonwalzwerk vor uns, und zwar in Kombination mit einem Schneidewerk, denn augenscheinlich schnitten die scharfen Ränder der scheibenförmigen Walzen die überstehenden Ränder des Fensterbleies ab. Freilich ist der Apparat nur klein, für Handbetrieb und nur für ein so weiches Metall wie Blei verwendbar.
Eines ganz ähnlichen Walzwerkes bedienten sich die „Flinder- schlager“ und Rechenpfennigmacher in Nürnberg und ist ein solches in Weigels Hauptständen, S. 320, abgebildet.
Dem Bestreben, dasſelbe Prinzip bei der Verarbeitung des Eisens anzuwenden, standen groſse Schwierigkeiten im Wege, demungeachtet gelang dies bis zu einem gewissen Grade bereits im 16. Jahr- hundert, nicht zwar in der Form unsrer Walzwerke, sondern in der Form der Schneidewerke mit einer Vorwalze. Das Ausschmieden dünner Stäbe, sowie das Spalten des Eisens mit dem Meiſsel waren beschwerliche Arbeiten, deshalb suchte man dieselben durch Be- nutzung von Maschinenkräften zu erleichtern. Die Messingdraht- zieher in Nürnberg zerschnitten die gegossenen Messingplatten mit einem von einem Wasserrad getriebenen Sägewerk 1). Schon früher hatte man in der Goldschmiedekunst kleine schneidende Scheiben hierfür verwendet. Man benutzte dieses Prinzip und konstruierte gröſsere Stahlscheiben, welche gegeneinander liefen und das da- zwischen gebrachte Flacheisen zerschnitten. Dabei blieb man aber nicht stehen, sondern verband eine Anzahl solcher Scheiben zu einem walzenförmigen Körper, zwei solcher Schneidewalzen lieſs man in entgegengesetzter Umdrehung gegeneinander laufen und konnte mit denselben aus einem Flachstabe eine ganze Anzahl von dünnen Stäben, entsprechend der Zahl der Scheiben einer Walze, gleichzeitig schneiden. Um diese Stäbe von gleicher Stärke zu erhalten, was durch Ausschmieden der Platinen nicht in der genügenden Gleich- mäſsigkeit geschah, lieſs man die vorgeschmiedeten Platinen erst durch ein Paar Glattwalzen laufen, wodurch sie gestreckt wurden und einen ganz bestimmten Querschnitt erhielten. So entstanden die Eisenschneidemühlen oder Eisenspaltereien, welche vor Erfindung der Feinwalzen eine wichtige Rolle in der Eisenfabrikation, namentlich
1) Siehe Weigel, a. a. O., S. 295.
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Die Walz- und Schneidewerke im 17. Jahrhundert.
G Loch, aus dem die Späne von dem bearbeiteten Blei her-
auskommen.
H Kurbel oder Hebel, mit welchen man die Räder (Walzen)
umdreht.
Wir haben hier das erste Façonwalzwerk vor uns, und zwar in
Kombination mit einem Schneidewerk, denn augenscheinlich schnitten
die scharfen Ränder der scheibenförmigen Walzen die überstehenden
Ränder des Fensterbleies ab. Freilich ist der Apparat nur klein, für
Handbetrieb und nur für ein so weiches Metall wie Blei verwendbar.
Eines ganz ähnlichen Walzwerkes bedienten sich die „Flinder-
schlager“ und Rechenpfennigmacher in Nürnberg und ist ein solches
in Weigels Hauptständen, S. 320, abgebildet.
Dem Bestreben, dasſelbe Prinzip bei der Verarbeitung des Eisens
anzuwenden, standen groſse Schwierigkeiten im Wege, demungeachtet
gelang dies bis zu einem gewissen Grade bereits im 16. Jahr-
hundert, nicht zwar in der Form unsrer Walzwerke, sondern in
der Form der Schneidewerke mit einer Vorwalze. Das Ausschmieden
dünner Stäbe, sowie das Spalten des Eisens mit dem Meiſsel waren
beschwerliche Arbeiten, deshalb suchte man dieselben durch Be-
nutzung von Maschinenkräften zu erleichtern. Die Messingdraht-
zieher in Nürnberg zerschnitten die gegossenen Messingplatten mit
einem von einem Wasserrad getriebenen Sägewerk 1). Schon früher
hatte man in der Goldschmiedekunst kleine schneidende Scheiben
hierfür verwendet. Man benutzte dieses Prinzip und konstruierte
gröſsere Stahlscheiben, welche gegeneinander liefen und das da-
zwischen gebrachte Flacheisen zerschnitten. Dabei blieb man aber
nicht stehen, sondern verband eine Anzahl solcher Scheiben zu einem
walzenförmigen Körper, zwei solcher Schneidewalzen lieſs man in
entgegengesetzter Umdrehung gegeneinander laufen und konnte mit
denselben aus einem Flachstabe eine ganze Anzahl von dünnen
Stäben, entsprechend der Zahl der Scheiben einer Walze, gleichzeitig
schneiden. Um diese Stäbe von gleicher Stärke zu erhalten, was
durch Ausschmieden der Platinen nicht in der genügenden Gleich-
mäſsigkeit geschah, lieſs man die vorgeschmiedeten Platinen erst
durch ein Paar Glattwalzen laufen, wodurch sie gestreckt wurden
und einen ganz bestimmten Querschnitt erhielten. So entstanden die
Eisenschneidemühlen oder Eisenspaltereien, welche vor Erfindung der
Feinwalzen eine wichtige Rolle in der Eisenfabrikation, namentlich
1) Siehe Weigel, a. a. O., S. 295.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 951. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/973>, abgerufen am 22.11.2024.
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