Zeit aber war die Einführung der Holzblasebälge ein grosser Fort- schritt und sie verdrängten die Lederbälge in den Eisenhütten grössten- teils. Nur in einzelnen Gegenden, wie im Siegerland, wo man zäh an dem Überlieferten festhielt, erhielten sich bei den Schmelzhütten zum Teil, besonders aber bei den Rohstahl- und Frischfeuern die Leder- bälge. Der Hauptgrund lag darin, dass man bei denselben mit schwächerem Aufschlagwasser auskam, und dass man sie, wenn es darauf ankam, rascher wechseln lassen konnte, wodurch man die bei Rohstahlfrischen nur zeitweilig erforderliche starke Pressung von 2 bis 21/2 Pfund auf den Quadratzoll doch erreichte. Allerdings konstruierte man diese Bälge auch stärker, machte die Böden aus sechs Zoll starken Bohlen und nahm dazu zwei grosse, gutgegerbte Ochsenhäute. Solche Bälge sollen dann ebenfalls zuweilen 20 Jahre gehalten haben.
Dass die Erfindung der Holzblasebälge in Deutschland gemacht wurde, ist unbestritten; dass sie um 1620 zuerst am Harz eingeführt wurden, steht ebenfalls fest. Wer aber der Erfinder war, darüber gehen die Angaben auseinander.
Die Idee der Erfindung hatte bereits im 16. Jahrhundert der Nürnberger Meister Hans Lobsinger1). Derselbe übergab im Jahre 1550 dem Rat zu Nürnberg ein Verzeichnis seiner vorzüglichsten künstlichen Werke; unter diesen werden aufgeführt: "kleine und grosse Blass-Bälge ohne Leder von zirem Holz, die zu Schmeltz- und andern Hütten, auch zu Orgeln, dergleichen er verschieden machte, dienlich waren, wie auch kupferne Blassbälge, die beständig einen gleichen Wind gaben". Eine praktische Verwendung haben aber diese Holzbälge Lobsingers, von deren Konstruktion wir nichts wissen, im Hüttenwesen damals noch nicht gefunden. Die Holzbälge tauchten um 1620 am Harz plötzlich auf und fanden rasche Ver- breitung.
Samuel Reyher schreibt 1669 in seiner Dissertation de aere 2): vor 40 Jahren seien zwei Müller, Martin und Nikolaus Schellhorn,
Tiemann, Eisenhüttenkunde, S. 295. Beckmann, Beiträge zur Geschichte der Erfindungen, I. 319 bis 330. Poppe, Geschichte der Technologie, II, S. 389. Blumhof, Encyklopädie der Eisenhüttenkunde, II, S. 224 bis 232 und Tab. XIV, Fig. 1 bis 3. Karsten, Handbuch der Eisenhüttenkunde, dritte Auflage, Bd. II, S. 495 bis 509, Tab. VI, 10 bis 15. Scherer, Eisenhüttenkunde, I, S. 410.
1) Siehe Doppelmayer, a. a. O., S. 291.
2) Köln, 40, 1669. Neue Auflage. Hamburg, 1725, 40, p. 67.
Gebläse im 17. Jahrhundert.
Zeit aber war die Einführung der Holzblasebälge ein groſser Fort- schritt und sie verdrängten die Lederbälge in den Eisenhütten gröſsten- teils. Nur in einzelnen Gegenden, wie im Siegerland, wo man zäh an dem Überlieferten festhielt, erhielten sich bei den Schmelzhütten zum Teil, besonders aber bei den Rohstahl- und Frischfeuern die Leder- bälge. Der Hauptgrund lag darin, daſs man bei denselben mit schwächerem Aufschlagwasser auskam, und daſs man sie, wenn es darauf ankam, rascher wechseln lassen konnte, wodurch man die bei Rohstahlfrischen nur zeitweilig erforderliche starke Pressung von 2 bis 2½ Pfund auf den Quadratzoll doch erreichte. Allerdings konstruierte man diese Bälge auch stärker, machte die Böden aus sechs Zoll starken Bohlen und nahm dazu zwei groſse, gutgegerbte Ochsenhäute. Solche Bälge sollen dann ebenfalls zuweilen 20 Jahre gehalten haben.
Daſs die Erfindung der Holzblasebälge in Deutschland gemacht wurde, ist unbestritten; daſs sie um 1620 zuerst am Harz eingeführt wurden, steht ebenfalls fest. Wer aber der Erfinder war, darüber gehen die Angaben auseinander.
Die Idee der Erfindung hatte bereits im 16. Jahrhundert der Nürnberger Meister Hans Lobsinger1). Derselbe übergab im Jahre 1550 dem Rat zu Nürnberg ein Verzeichnis seiner vorzüglichsten künstlichen Werke; unter diesen werden aufgeführt: „kleine und groſse Blaſs-Bälge ohne Leder von zirem Holz, die zu Schmeltz- und andern Hütten, auch zu Orgeln, dergleichen er verschieden machte, dienlich waren, wie auch kupferne Blaſsbälge, die beständig einen gleichen Wind gaben“. Eine praktische Verwendung haben aber diese Holzbälge Lobsingers, von deren Konstruktion wir nichts wissen, im Hüttenwesen damals noch nicht gefunden. Die Holzbälge tauchten um 1620 am Harz plötzlich auf und fanden rasche Ver- breitung.
Samuel Reyher schreibt 1669 in seiner Dissertation de aëre 2): vor 40 Jahren seien zwei Müller, Martin und Nikolaus Schellhorn,
Tiemann, Eisenhüttenkunde, S. 295. Beckmann, Beiträge zur Geschichte der Erfindungen, I. 319 bis 330. Poppe, Geschichte der Technologie, II, S. 389. Blumhof, Encyklopädie der Eisenhüttenkunde, II, S. 224 bis 232 und Tab. XIV, Fig. 1 bis 3. Karsten, Handbuch der Eisenhüttenkunde, dritte Auflage, Bd. II, S. 495 bis 509, Tab. VI, 10 bis 15. Scherer, Eisenhüttenkunde, I, S. 410.
1) Siehe Doppelmayer, a. a. O., S. 291.
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Gebläse im 17. Jahrhundert.
Zeit aber war die Einführung der Holzblasebälge ein groſser Fort-
schritt und sie verdrängten die Lederbälge in den Eisenhütten gröſsten-
teils. Nur in einzelnen Gegenden, wie im Siegerland, wo man zäh an
dem Überlieferten festhielt, erhielten sich bei den Schmelzhütten zum
Teil, besonders aber bei den Rohstahl- und Frischfeuern die Leder-
bälge. Der Hauptgrund lag darin, daſs man bei denselben mit
schwächerem Aufschlagwasser auskam, und daſs man sie, wenn es
darauf ankam, rascher wechseln lassen konnte, wodurch man die bei
Rohstahlfrischen nur zeitweilig erforderliche starke Pressung von 2 bis
2½ Pfund auf den Quadratzoll doch erreichte. Allerdings konstruierte
man diese Bälge auch stärker, machte die Böden aus sechs Zoll starken
Bohlen und nahm dazu zwei groſse, gutgegerbte Ochsenhäute. Solche
Bälge sollen dann ebenfalls zuweilen 20 Jahre gehalten haben.
Daſs die Erfindung der Holzblasebälge in Deutschland gemacht
wurde, ist unbestritten; daſs sie um 1620 zuerst am Harz eingeführt
wurden, steht ebenfalls fest. Wer aber der Erfinder war, darüber
gehen die Angaben auseinander.
Die Idee der Erfindung hatte bereits im 16. Jahrhundert der
Nürnberger Meister Hans Lobsinger 1). Derselbe übergab im Jahre
1550 dem Rat zu Nürnberg ein Verzeichnis seiner vorzüglichsten
künstlichen Werke; unter diesen werden aufgeführt: „kleine und
groſse Blaſs-Bälge ohne Leder von zirem Holz, die zu Schmeltz- und
andern Hütten, auch zu Orgeln, dergleichen er verschieden machte,
dienlich waren, wie auch kupferne Blaſsbälge, die beständig einen
gleichen Wind gaben“. Eine praktische Verwendung haben aber
diese Holzbälge Lobsingers, von deren Konstruktion wir nichts
wissen, im Hüttenwesen damals noch nicht gefunden. Die Holzbälge
tauchten um 1620 am Harz plötzlich auf und fanden rasche Ver-
breitung.
Samuel Reyher schreibt 1669 in seiner Dissertation de aëre 2):
vor 40 Jahren seien zwei Müller, Martin und Nikolaus Schellhorn,
2)
1) Siehe Doppelmayer, a. a. O., S. 291.
2) Köln, 40, 1669. Neue Auflage. Hamburg, 1725, 40, p. 67.
2) Tiemann, Eisenhüttenkunde, S. 295.
Beckmann, Beiträge zur Geschichte der Erfindungen, I. 319 bis 330.
Poppe, Geschichte der Technologie, II, S. 389.
Blumhof, Encyklopädie der Eisenhüttenkunde, II, S. 224 bis 232 und
Tab. XIV, Fig. 1 bis 3.
Karsten, Handbuch der Eisenhüttenkunde, dritte Auflage, Bd. II,
S. 495 bis 509, Tab. VI, 10 bis 15.
Scherer, Eisenhüttenkunde, I, S. 410.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 941. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/963>, abgerufen am 22.11.2024.
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