Mit Branca gleichzeitig lebte Salomon de Caus (auch de Caux), dem französische Gelehrte sehr mit Unrecht die Er- findung der Dampfmaschine zugeschrieben haben. Eine Kraftmaschine hat er überhaupt nicht erfunden, wohl aber benutzte er ebenfalls den Dampf in geistreicher Weise zum Heben und Drücken des Wassers nach dem Princip des Heronsballes. Salomon de Caus, geb. 1576 zu Dieppe, war Architekt und seine Specialität war, entsprechend dem Geschmack
[Abbildung]
Fig. 199.
seiner Zeit, die Anlage grosser Gärten mit Wasserkünsten u. s. w. Dadurch, dass er Zeichenlehrer der Prinzessin Elisabeth von England war, kam er, als diese sich mit dem Pfalzgrafen Friedrich verheiratete, mit dieser nach Deutschland und erhielt den Auftrag, den Garten des Heidel- berger Schlosses neu anzulegen und mit Wasserkünsten zu versehen. Da- mals (1615) schrieb de Caus ein interessantes Buch: Die Ursachen der bewegenden Kräfte, worin aller- lei Arten von Spingbrunnen und andern Brunnen abgebildet sind. Darin wird auch der Dampf als eine der bewegenden Kräfte, um Wasser über sein Niveau zu he- ben -- denn um etwas anderes handelt es sich in der Schrift über- haupt nicht --, angeführt. Er illu- striert dies durch einen Kugel- kessel, im dem ein eingenietetes Rohr bis nahe zum Boden ge- führt ist. Wird der mit Wasser gefüllte Kessel geheizt, so drückt der Dampf das Wasser durch das Rohr in die Höhe, so dass ein Springbrunnen entsteht (Fig. 199). Dass diese einfache Anwendung des Heronsballes nicht als Erfindung der Dampfmaschine be- zeichnet werden kann, bedarf keiner weiteren Ausführung.
Haben die Franzosen sich bemüht, ihren Landsmann de Caus zum Erfinder der Dampfmaschine zu stempeln, so schrieben die Eng- länder mit demselben Eifer und mit demselben Unrecht die Priorität der Erfindung ihrem Landsmann E. Sommerset, Marquis of Worcester, zu, der in einer 1663 erschienenen Schrift: Einhundert
Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert.
Mit Branca gleichzeitig lebte Salomon de Caus (auch de Caux), dem französische Gelehrte sehr mit Unrecht die Er- findung der Dampfmaschine zugeschrieben haben. Eine Kraftmaschine hat er überhaupt nicht erfunden, wohl aber benutzte er ebenfalls den Dampf in geistreicher Weise zum Heben und Drücken des Wassers nach dem Princip des Heronsballes. Salomon de Caus, geb. 1576 zu Dieppe, war Architekt und seine Specialität war, entsprechend dem Geschmack
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Fig. 199.
seiner Zeit, die Anlage groſser Gärten mit Wasserkünsten u. s. w. Dadurch, daſs er Zeichenlehrer der Prinzessin Elisabeth von England war, kam er, als diese sich mit dem Pfalzgrafen Friedrich verheiratete, mit dieser nach Deutschland und erhielt den Auftrag, den Garten des Heidel- berger Schlosses neu anzulegen und mit Wasserkünsten zu versehen. Da- mals (1615) schrieb de Caus ein interessantes Buch: Die Ursachen der bewegenden Kräfte, worin aller- lei Arten von Spingbrunnen und andern Brunnen abgebildet sind. Darin wird auch der Dampf als eine der bewegenden Kräfte, um Wasser über sein Niveau zu he- ben — denn um etwas anderes handelt es sich in der Schrift über- haupt nicht —, angeführt. Er illu- striert dies durch einen Kugel- kessel, im dem ein eingenietetes Rohr bis nahe zum Boden ge- führt ist. Wird der mit Wasser gefüllte Kessel geheizt, so drückt der Dampf das Wasser durch das Rohr in die Höhe, so daſs ein Springbrunnen entsteht (Fig. 199). Daſs diese einfache Anwendung des Heronsballes nicht als Erfindung der Dampfmaschine be- zeichnet werden kann, bedarf keiner weiteren Ausführung.
Haben die Franzosen sich bemüht, ihren Landsmann de Caus zum Erfinder der Dampfmaschine zu stempeln, so schrieben die Eng- länder mit demselben Eifer und mit demselben Unrecht die Priorität der Erfindung ihrem Landsmann E. Sommerset, Marquis of Worcester, zu, der in einer 1663 erschienenen Schrift: Einhundert
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Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert.
Mit Branca gleichzeitig lebte Salomon de Caus (auch
de Caux), dem französische Gelehrte sehr mit Unrecht die Er-
findung der Dampfmaschine zugeschrieben haben. Eine Kraftmaschine
hat er überhaupt nicht erfunden, wohl aber benutzte er ebenfalls den
Dampf in geistreicher Weise zum Heben und Drücken des Wassers nach
dem Princip des Heronsballes. Salomon de Caus, geb. 1576 zu Dieppe,
war Architekt und seine Specialität war, entsprechend dem Geschmack
[Abbildung Fig. 199.]
seiner Zeit, die Anlage groſser Gärten
mit Wasserkünsten u. s. w. Dadurch,
daſs er Zeichenlehrer der Prinzessin
Elisabeth von England war, kam er,
als diese sich mit dem Pfalzgrafen
Friedrich verheiratete, mit dieser
nach Deutschland und erhielt den
Auftrag, den Garten des Heidel-
berger Schlosses neu anzulegen und
mit Wasserkünsten zu versehen. Da-
mals (1615) schrieb de Caus ein
interessantes Buch: Die Ursachen
der bewegenden Kräfte, worin aller-
lei Arten von Spingbrunnen und
andern Brunnen abgebildet sind.
Darin wird auch der Dampf als
eine der bewegenden Kräfte, um
Wasser über sein Niveau zu he-
ben — denn um etwas anderes
handelt es sich in der Schrift über-
haupt nicht —, angeführt. Er illu-
striert dies durch einen Kugel-
kessel, im dem ein eingenietetes Rohr bis nahe zum Boden ge-
führt ist. Wird der mit Wasser gefüllte Kessel geheizt, so drückt
der Dampf das Wasser durch das Rohr in die Höhe, so daſs ein
Springbrunnen entsteht (Fig. 199). Daſs diese einfache Anwendung
des Heronsballes nicht als Erfindung der Dampfmaschine be-
zeichnet werden kann, bedarf keiner weiteren Ausführung.
Haben die Franzosen sich bemüht, ihren Landsmann de Caus
zum Erfinder der Dampfmaschine zu stempeln, so schrieben die Eng-
länder mit demselben Eifer und mit demselben Unrecht die Priorität
der Erfindung ihrem Landsmann E. Sommerset, Marquis of
Worcester, zu, der in einer 1663 erschienenen Schrift: Einhundert
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 922. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/944>, abgerufen am 22.11.2024.
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