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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Russland.

Ein wichtiges Ereignis für Russland, das in seinen Folgen auch
für die Eisenindustrie von besonderer Bedeutung wurde, war die
Fahrt um das Nordkap, die Entdeckung des Weissen Meeres und die
erste Anseglung der Dwinamündung durch den Engländer Chancellor.
Iwan der Schreckliche liess die Fremdlinge nach Moskau führen, nahm
sie gut auf, weil er mit der Hansa zerfallen war und errichtete einen
Handelsvertrag mit England. Dort bildete sich alsbald eine russische
Handelsgesellschaft, welche einen Freibrief erhielt und 1566 vom
Parlament bestätigt wurde. Der Ort Cholmogor am Ausfluss der
Dwina diente als Umschlagsplatz, bis später 1584 eine neue Stadt,
Archangel, gegründet wurde. Es entstand eine regelmässige Handels-
verbindung mit England und Holland, und Archangel wurde der be-
deutendste Hafen Russlands. Durch diese Ereignisse erwarben sich
die Engländer die grösste Gunst des Zaren, die sie auch alsbald aus-
nutzten zum Nachteil der deutschen Kaufleute, welche durch die
Eroberung Narwas durch die Russen eine neue Niederlage erlitten
hatten. Durch Vermittelung des englischen Gesandten Jenkison, welcher
einen Auftrag des Zaren an den Schah von Persien zu dessen Zu-
friedenheit ausgeführt hatte, gestattete er den englischen Kaufleuten
1559 an der Witschegda sich niederzulassen, dort Eisen zu suchen
und zu schmelzen unter der Bedingung, dass sie den Russen das
Verfahren lehrten und bei der Ausfuhr nach England für jedes Pfund
einen Denga (half penny) zahlten. Damit war der Anfang der Eisen-
ausfuhr Russlands nach England gemacht. Ganz Russland stand
damals den Engländern offen; sie allein durften überall handeln und
selbst ihre Münzen im Lande schlagen. Aber die Engländer miss-
brauchten im Uebermut ihre Vorrechte, insbesondere durch masslose
Preisauftreibungen, und die vorsichtigeren Holländer verstanden es,
allmählich die Engländer zu verdrängen, nachdem Boris Godunow,
der Lenker des Reiches, ihnen die gleichen Rechte eingeräumt hatte.

Wir haben bereits erwähnt, dass schon Iwan der Grosse bemüht
war, fremde Handwerksleute und Bergleute nach Russland zu ziehen. Im
Jahre 1475 wurde ein gewisser Aristoteles Fioraventi aus Bologna
nach Russland berufen, der den Russen das Giessen und den Gebrauch
von Kanonen lehrte. In Moskau wurden schwere Stücke gegossen.
Man nahm auch deutsche Büchsenmacher in Dienst, welche eiserne
Kugeln gossen.

Iwan IV., "der Schreckliche", unterhielt ein grosses stehendes
Heer. Er errichtete das nationale Korps der Strelitzen, welche vor-
züglich bewaffnet waren, aber nicht nur diese, sondern seine ganze

Ruſsland.

Ein wichtiges Ereignis für Ruſsland, das in seinen Folgen auch
für die Eisenindustrie von besonderer Bedeutung wurde, war die
Fahrt um das Nordkap, die Entdeckung des Weiſsen Meeres und die
erste Anseglung der Dwinamündung durch den Engländer Chancellor.
Iwan der Schreckliche lieſs die Fremdlinge nach Moskau führen, nahm
sie gut auf, weil er mit der Hansa zerfallen war und errichtete einen
Handelsvertrag mit England. Dort bildete sich alsbald eine russische
Handelsgesellschaft, welche einen Freibrief erhielt und 1566 vom
Parlament bestätigt wurde. Der Ort Cholmogor am Ausfluſs der
Dwina diente als Umschlagsplatz, bis später 1584 eine neue Stadt,
Archangel, gegründet wurde. Es entstand eine regelmäſsige Handels-
verbindung mit England und Holland, und Archangel wurde der be-
deutendste Hafen Ruſslands. Durch diese Ereignisse erwarben sich
die Engländer die gröſste Gunst des Zaren, die sie auch alsbald aus-
nutzten zum Nachteil der deutschen Kaufleute, welche durch die
Eroberung Narwas durch die Russen eine neue Niederlage erlitten
hatten. Durch Vermittelung des englischen Gesandten Jenkison, welcher
einen Auftrag des Zaren an den Schah von Persien zu dessen Zu-
friedenheit ausgeführt hatte, gestattete er den englischen Kaufleuten
1559 an der Witschegda sich niederzulassen, dort Eisen zu suchen
und zu schmelzen unter der Bedingung, daſs sie den Russen das
Verfahren lehrten und bei der Ausfuhr nach England für jedes Pfund
einen Denga (half penny) zahlten. Damit war der Anfang der Eisen-
ausfuhr Ruſslands nach England gemacht. Ganz Ruſsland stand
damals den Engländern offen; sie allein durften überall handeln und
selbst ihre Münzen im Lande schlagen. Aber die Engländer miſs-
brauchten im Uebermut ihre Vorrechte, insbesondere durch maſslose
Preisauftreibungen, und die vorsichtigeren Holländer verstanden es,
allmählich die Engländer zu verdrängen, nachdem Boris Godunow,
der Lenker des Reiches, ihnen die gleichen Rechte eingeräumt hatte.

Wir haben bereits erwähnt, daſs schon Iwan der Groſse bemüht
war, fremde Handwerksleute und Bergleute nach Ruſsland zu ziehen. Im
Jahre 1475 wurde ein gewisser Aristoteles Fioraventi aus Bologna
nach Ruſsland berufen, der den Russen das Gieſsen und den Gebrauch
von Kanonen lehrte. In Moskau wurden schwere Stücke gegossen.
Man nahm auch deutsche Büchsenmacher in Dienst, welche eiserne
Kugeln gossen.

Iwan IV., „der Schreckliche“, unterhielt ein groſses stehendes
Heer. Er errichtete das nationale Korps der Strelitzen, welche vor-
züglich bewaffnet waren, aber nicht nur diese, sondern seine ganze

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[907/0927] Ruſsland. Ein wichtiges Ereignis für Ruſsland, das in seinen Folgen auch für die Eisenindustrie von besonderer Bedeutung wurde, war die Fahrt um das Nordkap, die Entdeckung des Weiſsen Meeres und die erste Anseglung der Dwinamündung durch den Engländer Chancellor. Iwan der Schreckliche lieſs die Fremdlinge nach Moskau führen, nahm sie gut auf, weil er mit der Hansa zerfallen war und errichtete einen Handelsvertrag mit England. Dort bildete sich alsbald eine russische Handelsgesellschaft, welche einen Freibrief erhielt und 1566 vom Parlament bestätigt wurde. Der Ort Cholmogor am Ausfluſs der Dwina diente als Umschlagsplatz, bis später 1584 eine neue Stadt, Archangel, gegründet wurde. Es entstand eine regelmäſsige Handels- verbindung mit England und Holland, und Archangel wurde der be- deutendste Hafen Ruſslands. Durch diese Ereignisse erwarben sich die Engländer die gröſste Gunst des Zaren, die sie auch alsbald aus- nutzten zum Nachteil der deutschen Kaufleute, welche durch die Eroberung Narwas durch die Russen eine neue Niederlage erlitten hatten. Durch Vermittelung des englischen Gesandten Jenkison, welcher einen Auftrag des Zaren an den Schah von Persien zu dessen Zu- friedenheit ausgeführt hatte, gestattete er den englischen Kaufleuten 1559 an der Witschegda sich niederzulassen, dort Eisen zu suchen und zu schmelzen unter der Bedingung, daſs sie den Russen das Verfahren lehrten und bei der Ausfuhr nach England für jedes Pfund einen Denga (half penny) zahlten. Damit war der Anfang der Eisen- ausfuhr Ruſslands nach England gemacht. Ganz Ruſsland stand damals den Engländern offen; sie allein durften überall handeln und selbst ihre Münzen im Lande schlagen. Aber die Engländer miſs- brauchten im Uebermut ihre Vorrechte, insbesondere durch maſslose Preisauftreibungen, und die vorsichtigeren Holländer verstanden es, allmählich die Engländer zu verdrängen, nachdem Boris Godunow, der Lenker des Reiches, ihnen die gleichen Rechte eingeräumt hatte. Wir haben bereits erwähnt, daſs schon Iwan der Groſse bemüht war, fremde Handwerksleute und Bergleute nach Ruſsland zu ziehen. Im Jahre 1475 wurde ein gewisser Aristoteles Fioraventi aus Bologna nach Ruſsland berufen, der den Russen das Gieſsen und den Gebrauch von Kanonen lehrte. In Moskau wurden schwere Stücke gegossen. Man nahm auch deutsche Büchsenmacher in Dienst, welche eiserne Kugeln gossen. Iwan IV., „der Schreckliche“, unterhielt ein groſses stehendes Heer. Er errichtete das nationale Korps der Strelitzen, welche vor- züglich bewaffnet waren, aber nicht nur diese, sondern seine ganze

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 907. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/927>, abgerufen am 22.11.2024.