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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Schweden und Norwegen.
wurden seit Alters her alle Staatsabgaben in Eisen geleistet, -- nicht
in Osmund, sondern in Roheisen, d. h. Hochofeneisen geleistet werden
mussten, indem, wie es in dem Befehl heisst, das "Osmundeisen im
Inland nicht zu brauchen sei und im Ausland nicht geachtet
werde
". Zugleich befahl er, dass das Roheisen in Gänse gegossen werde,
wodurch das Zerschlagen nach der alten Methode aufhörte. Hätte der
König diese beiden Verordnungen mit Strenge durchgeführt, so würde
die ganze Eisenindustrie Schwedens ins Stocken geraten sein. So erliess
er sie und drückte auf ihre Durchführung, nur wo es anging, wie zu
Nora, Linde und Skinskatteberg, war aber zufrieden, dass das Land sich
erst nach und nach in diesen neuen, ganz veränderten Zustand hinein-
fand. Indessen war er eifrig thätig, für die neue Art der Eisenindustrie
Kräfte heranzuziehen. Durch das strenge Ausfuhrverbot des Os-
munds waren plötzlich eine grosse Zahl von Schmieden, in und um
Danzig brotlos geworden, denn diese hatten sich dort angesiedelt,
um das billige schwedische Osmundeisen in Stabeisen umzuschmieden und
es mit grossem Nutzen auf denselben Schiffen wieder nach Schweden zu
schicken. Diese plötzlich verarmten Schmiede folgten gern des Königs
Einladung, nach Schweden zu kommen und dort ihr Gewerbe weiter
zu betreiben. Dies geschah aber nicht mehr zur Bereicherung der
Hansestadt Danzig, sondern zum Nutzen Schwedens. Dass Gustav I.
durch Deutsche Hochöfen und Frischhütten anlegen liess, steht fest.
Ob schon vordem Hochöfen in Schweden bestanden haben, wie hie
und da angenommen wird1), mit dem Hinweis darauf, dass die schwe-
dische Art der Hochofenzustellung eine nationale sei, ist zweifelhaft.
War es aber der Fall, so waren auch diese sicherlich von Deutschen
angelegt; denn die ältesten Ausdrücke, welche sich auf diesen Betrieb
beziehen, sind deutsch und aus der deutschen Sprache in die schwe-
dische übergegangen. Dies bestätigt auch Garney2), der angiebt, die
Worte Hytta und Masmästare (Hütte und Massenhüttenmeister) seien
deutsch. Derselbe glaubt, dass die ältesten Öfen den deutschen
Stuck- und Flossöfen entsprochen, also mit geschlossener Brust ge-
arbeitet hätten. Roheisen wird zur Zeit Gustav I. Wasa schon häufig
erwähnt. Es war in Galten oder Tacken gegossen. Letzteres ist wohl
auch das niederdeutsche Wort Tacken (neu hochdeutsch Zacken =
Platten), welches den deutschen Hüttenleuten geläufig war. Galten
entspricht dem deutschen Ausdruck "Gans" oder noch mehr dem

1) Meyer, Eisenhüttenwesen in Schweden, S. 6.
2) Joh. Carl Garney's Abhandlung vom Bau und Betrieb der Hochöfen
in Schweden. Deutsch von Blumhof, Freiberg 1800.

Schweden und Norwegen.
wurden seit Alters her alle Staatsabgaben in Eisen geleistet, — nicht
in Osmund, sondern in Roheisen, d. h. Hochofeneisen geleistet werden
muſsten, indem, wie es in dem Befehl heiſst, das „Osmundeisen im
Inland nicht zu brauchen sei und im Ausland nicht geachtet
werde
“. Zugleich befahl er, daſs das Roheisen in Gänse gegossen werde,
wodurch das Zerschlagen nach der alten Methode aufhörte. Hätte der
König diese beiden Verordnungen mit Strenge durchgeführt, so würde
die ganze Eisenindustrie Schwedens ins Stocken geraten sein. So erlieſs
er sie und drückte auf ihre Durchführung, nur wo es anging, wie zu
Nora, Linde und Skinskatteberg, war aber zufrieden, daſs das Land sich
erst nach und nach in diesen neuen, ganz veränderten Zustand hinein-
fand. Indessen war er eifrig thätig, für die neue Art der Eisenindustrie
Kräfte heranzuziehen. Durch das strenge Ausfuhrverbot des Os-
munds waren plötzlich eine groſse Zahl von Schmieden, in und um
Danzig brotlos geworden, denn diese hatten sich dort angesiedelt,
um das billige schwedische Osmundeisen in Stabeisen umzuschmieden und
es mit groſsem Nutzen auf denselben Schiffen wieder nach Schweden zu
schicken. Diese plötzlich verarmten Schmiede folgten gern des Königs
Einladung, nach Schweden zu kommen und dort ihr Gewerbe weiter
zu betreiben. Dies geschah aber nicht mehr zur Bereicherung der
Hansestadt Danzig, sondern zum Nutzen Schwedens. Daſs Gustav I.
durch Deutsche Hochöfen und Frischhütten anlegen lieſs, steht fest.
Ob schon vordem Hochöfen in Schweden bestanden haben, wie hie
und da angenommen wird1), mit dem Hinweis darauf, daſs die schwe-
dische Art der Hochofenzustellung eine nationale sei, ist zweifelhaft.
War es aber der Fall, so waren auch diese sicherlich von Deutschen
angelegt; denn die ältesten Ausdrücke, welche sich auf diesen Betrieb
beziehen, sind deutsch und aus der deutschen Sprache in die schwe-
dische übergegangen. Dies bestätigt auch Garney2), der angiebt, die
Worte Hytta und Masmästare (Hütte und Massenhüttenmeister) seien
deutsch. Derselbe glaubt, daſs die ältesten Öfen den deutschen
Stuck- und Floſsöfen entsprochen, also mit geschlossener Brust ge-
arbeitet hätten. Roheisen wird zur Zeit Gustav I. Wasa schon häufig
erwähnt. Es war in Galten oder Tacken gegossen. Letzteres ist wohl
auch das niederdeutsche Wort Tacken (neu hochdeutsch Zacken =
Platten), welches den deutschen Hüttenleuten geläufig war. Galten
entspricht dem deutschen Ausdruck „Gans“ oder noch mehr dem

1) Meyer, Eisenhüttenwesen in Schweden, S. 6.
2) Joh. Carl Garney’s Abhandlung vom Bau und Betrieb der Hochöfen
in Schweden. Deutsch von Blumhof, Freiberg 1800.
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[902/0922] Schweden und Norwegen. wurden seit Alters her alle Staatsabgaben in Eisen geleistet, — nicht in Osmund, sondern in Roheisen, d. h. Hochofeneisen geleistet werden muſsten, indem, wie es in dem Befehl heiſst, das „Osmundeisen im Inland nicht zu brauchen sei und im Ausland nicht geachtet werde“. Zugleich befahl er, daſs das Roheisen in Gänse gegossen werde, wodurch das Zerschlagen nach der alten Methode aufhörte. Hätte der König diese beiden Verordnungen mit Strenge durchgeführt, so würde die ganze Eisenindustrie Schwedens ins Stocken geraten sein. So erlieſs er sie und drückte auf ihre Durchführung, nur wo es anging, wie zu Nora, Linde und Skinskatteberg, war aber zufrieden, daſs das Land sich erst nach und nach in diesen neuen, ganz veränderten Zustand hinein- fand. Indessen war er eifrig thätig, für die neue Art der Eisenindustrie Kräfte heranzuziehen. Durch das strenge Ausfuhrverbot des Os- munds waren plötzlich eine groſse Zahl von Schmieden, in und um Danzig brotlos geworden, denn diese hatten sich dort angesiedelt, um das billige schwedische Osmundeisen in Stabeisen umzuschmieden und es mit groſsem Nutzen auf denselben Schiffen wieder nach Schweden zu schicken. Diese plötzlich verarmten Schmiede folgten gern des Königs Einladung, nach Schweden zu kommen und dort ihr Gewerbe weiter zu betreiben. Dies geschah aber nicht mehr zur Bereicherung der Hansestadt Danzig, sondern zum Nutzen Schwedens. Daſs Gustav I. durch Deutsche Hochöfen und Frischhütten anlegen lieſs, steht fest. Ob schon vordem Hochöfen in Schweden bestanden haben, wie hie und da angenommen wird 1), mit dem Hinweis darauf, daſs die schwe- dische Art der Hochofenzustellung eine nationale sei, ist zweifelhaft. War es aber der Fall, so waren auch diese sicherlich von Deutschen angelegt; denn die ältesten Ausdrücke, welche sich auf diesen Betrieb beziehen, sind deutsch und aus der deutschen Sprache in die schwe- dische übergegangen. Dies bestätigt auch Garney 2), der angiebt, die Worte Hytta und Masmästare (Hütte und Massenhüttenmeister) seien deutsch. Derselbe glaubt, daſs die ältesten Öfen den deutschen Stuck- und Floſsöfen entsprochen, also mit geschlossener Brust ge- arbeitet hätten. Roheisen wird zur Zeit Gustav I. Wasa schon häufig erwähnt. Es war in Galten oder Tacken gegossen. Letzteres ist wohl auch das niederdeutsche Wort Tacken (neu hochdeutsch Zacken = Platten), welches den deutschen Hüttenleuten geläufig war. Galten entspricht dem deutschen Ausdruck „Gans“ oder noch mehr dem 1) Meyer, Eisenhüttenwesen in Schweden, S. 6. 2) Joh. Carl Garney’s Abhandlung vom Bau und Betrieb der Hochöfen in Schweden. Deutsch von Blumhof, Freiberg 1800.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 902. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/922>, abgerufen am 22.11.2024.