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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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England.
Qualitätsproben mit demselben in Gegenwart von Sir Robert Con-
stable
und seinem Vetter John Lee gemacht werden sollten. Als
Sir Henry Lee bald danach an den königlichen Hof kam, drang
der Staatssekretär in ihn, vergleichende Versuche in der königlichen
Fabrik zu Greenwich machen zu lassen, was er alsbald that. "Ich
wählte eine gute und starke Pistole, nahm sehr gutes Pulver, wog
dasselbe ab, ebenso die Kugeln, und mit der gleichen Ladung ver-
suchte ich erst die eine und dann die andere (aus Innsbruck- und
Shropshire-Eisen); die in der königlichen Werkstatt aus ungarischem
Eisen ("mettell of Hungere") angefertigte hielt aus und ausser einer
kleinen Kugelspur war nichts verletzt, die andere platzte glatt durch
und zerriss noch einen Balken der Schutzwehr in der Länge eines
Fingers. Soviel von diesem englischen Metall. Und nun bitte ich
Ihrer Majestät vorzustellen, welches Unheil die ganze Zunft der
Waffenschmiede treffen könnte, die mit Weib und Kindern von ihrem
Gewerbe leben, meist arm sind und doch nur schwer entbehrt wer-
den können bei irgend welchen Unruhen oder im Kriege zu Land
oder zur See. Würde ein so wichtiges Geschäft in die Hände einiger
weniger gelangen, so ginge die ganze Zunft der Waffenschmiede zu
Grunde. Man hat ja wohl einige geätzte Stücke mit dem englischen
Eisen gemacht, aber wofür? Es ist besser eine Rüstung von schlech-
tem Aussehen und gutem Material zu haben, als eine von gutem
Aussehen und schlechtem Material, obgleich kein Grund vorliegt, dass
man dem guten Metall nicht auch schöne Gestalt gäbe. Und man
sollte einen gehörigen Vorrat guten Eisens jährlich beschaffen, umso-
mehr, als es den Anschein hat, dass die Welt bald mehr davon nötig
haben wird. Wenige Dinge bedürfen so sehr der Förderung. Würde
aber dieser Handel in die Hände weniger gebracht, so würden
diese nur danach trachten, sich zu bereichern. Wie aber würde
Ihre Majestät bedient und der Not der andern abgeholfen? Ich bin
der unterthänige Gesuchsteller für dieselben, weil ich es für ein Be-
dürfnis für unser Land und für eine Wohlthat für die armen Ge-
werbetreibenden halte."

Königin Elisabeth war aber damals den Deutschen, insonderheit
den Hanseaten, wenig geneigt. Sie beschuldigte dieselben, die Spanier
gegen sie unterstützt zu haben. 1589 liess sie 60 hanseatische Schiffe
in der Tajomündung wegnehmen und gründete damit die englische
Handelsflotte. Nicht lange danach brach sie alle Verbindungen mit
der Hansa, schloss den Stahlhof und vertrieb die deutschen Kaufleute
aus London. Hierzu gab der Umstand Veranlassung, dass im Jahre

England.
Qualitätsproben mit demselben in Gegenwart von Sir Robert Con-
stable
und seinem Vetter John Lee gemacht werden sollten. Als
Sir Henry Lee bald danach an den königlichen Hof kam, drang
der Staatssekretär in ihn, vergleichende Versuche in der königlichen
Fabrik zu Greenwich machen zu lassen, was er alsbald that. „Ich
wählte eine gute und starke Pistole, nahm sehr gutes Pulver, wog
dasselbe ab, ebenso die Kugeln, und mit der gleichen Ladung ver-
suchte ich erst die eine und dann die andere (aus Innsbruck- und
Shropshire-Eisen); die in der königlichen Werkstatt aus ungarischem
Eisen („mettell of Hungere“) angefertigte hielt aus und auſser einer
kleinen Kugelspur war nichts verletzt, die andere platzte glatt durch
und zerriſs noch einen Balken der Schutzwehr in der Länge eines
Fingers. Soviel von diesem englischen Metall. Und nun bitte ich
Ihrer Majestät vorzustellen, welches Unheil die ganze Zunft der
Waffenschmiede treffen könnte, die mit Weib und Kindern von ihrem
Gewerbe leben, meist arm sind und doch nur schwer entbehrt wer-
den können bei irgend welchen Unruhen oder im Kriege zu Land
oder zur See. Würde ein so wichtiges Geschäft in die Hände einiger
weniger gelangen, so ginge die ganze Zunft der Waffenschmiede zu
Grunde. Man hat ja wohl einige geätzte Stücke mit dem englischen
Eisen gemacht, aber wofür? Es ist besser eine Rüstung von schlech-
tem Aussehen und gutem Material zu haben, als eine von gutem
Aussehen und schlechtem Material, obgleich kein Grund vorliegt, daſs
man dem guten Metall nicht auch schöne Gestalt gäbe. Und man
sollte einen gehörigen Vorrat guten Eisens jährlich beschaffen, umso-
mehr, als es den Anschein hat, daſs die Welt bald mehr davon nötig
haben wird. Wenige Dinge bedürfen so sehr der Förderung. Würde
aber dieser Handel in die Hände weniger gebracht, so würden
diese nur danach trachten, sich zu bereichern. Wie aber würde
Ihre Majestät bedient und der Not der andern abgeholfen? Ich bin
der unterthänige Gesuchsteller für dieselben, weil ich es für ein Be-
dürfnis für unser Land und für eine Wohlthat für die armen Ge-
werbetreibenden halte.“

Königin Elisabeth war aber damals den Deutschen, insonderheit
den Hanseaten, wenig geneigt. Sie beschuldigte dieselben, die Spanier
gegen sie unterstützt zu haben. 1589 lieſs sie 60 hanseatische Schiffe
in der Tajomündung wegnehmen und gründete damit die englische
Handelsflotte. Nicht lange danach brach sie alle Verbindungen mit
der Hansa, schloſs den Stahlhof und vertrieb die deutschen Kaufleute
aus London. Hierzu gab der Umstand Veranlassung, daſs im Jahre

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[894/0914] England. Qualitätsproben mit demselben in Gegenwart von Sir Robert Con- stable und seinem Vetter John Lee gemacht werden sollten. Als Sir Henry Lee bald danach an den königlichen Hof kam, drang der Staatssekretär in ihn, vergleichende Versuche in der königlichen Fabrik zu Greenwich machen zu lassen, was er alsbald that. „Ich wählte eine gute und starke Pistole, nahm sehr gutes Pulver, wog dasselbe ab, ebenso die Kugeln, und mit der gleichen Ladung ver- suchte ich erst die eine und dann die andere (aus Innsbruck- und Shropshire-Eisen); die in der königlichen Werkstatt aus ungarischem Eisen („mettell of Hungere“) angefertigte hielt aus und auſser einer kleinen Kugelspur war nichts verletzt, die andere platzte glatt durch und zerriſs noch einen Balken der Schutzwehr in der Länge eines Fingers. Soviel von diesem englischen Metall. Und nun bitte ich Ihrer Majestät vorzustellen, welches Unheil die ganze Zunft der Waffenschmiede treffen könnte, die mit Weib und Kindern von ihrem Gewerbe leben, meist arm sind und doch nur schwer entbehrt wer- den können bei irgend welchen Unruhen oder im Kriege zu Land oder zur See. Würde ein so wichtiges Geschäft in die Hände einiger weniger gelangen, so ginge die ganze Zunft der Waffenschmiede zu Grunde. Man hat ja wohl einige geätzte Stücke mit dem englischen Eisen gemacht, aber wofür? Es ist besser eine Rüstung von schlech- tem Aussehen und gutem Material zu haben, als eine von gutem Aussehen und schlechtem Material, obgleich kein Grund vorliegt, daſs man dem guten Metall nicht auch schöne Gestalt gäbe. Und man sollte einen gehörigen Vorrat guten Eisens jährlich beschaffen, umso- mehr, als es den Anschein hat, daſs die Welt bald mehr davon nötig haben wird. Wenige Dinge bedürfen so sehr der Förderung. Würde aber dieser Handel in die Hände weniger gebracht, so würden diese nur danach trachten, sich zu bereichern. Wie aber würde Ihre Majestät bedient und der Not der andern abgeholfen? Ich bin der unterthänige Gesuchsteller für dieselben, weil ich es für ein Be- dürfnis für unser Land und für eine Wohlthat für die armen Ge- werbetreibenden halte.“ Königin Elisabeth war aber damals den Deutschen, insonderheit den Hanseaten, wenig geneigt. Sie beschuldigte dieselben, die Spanier gegen sie unterstützt zu haben. 1589 lieſs sie 60 hanseatische Schiffe in der Tajomündung wegnehmen und gründete damit die englische Handelsflotte. Nicht lange danach brach sie alle Verbindungen mit der Hansa, schloſs den Stahlhof und vertrieb die deutschen Kaufleute aus London. Hierzu gab der Umstand Veranlassung, daſs im Jahre

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 894. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/914>, abgerufen am 22.11.2024.