das Erz in das entgegengesetzte Halboval, bedeckt es mit Kohlen und trägt, wenn sie verbrannt sind, frische nach. Das mit Gewalt gegen das Erz getriebene Feuer bringt es zum Schmelzen, die Schlacke fliesst und sondert sich ab. Von Zeit zu Zeit lässt man sie aus dem Schlackenstich am Boden abfliessen, während das Eisen sich vereinigt. Dieses wird noch beschleunigt mittels einer Eisenstange, mit der man durch einen Einschnitt oben im Herd rührt. Auf dem Boden an- gelangt, von Schlacken entblösst, hat es keine genügende Hitze flüssig zu bleiben, und bildet einen weichen Klumpen, dessen Grösse mit dem Eisennachsatze zunimmt. Der Einsatz von 600 Pfund Erz schmilzt in vier Stunden nieder. Während ein Arbeiter den Klumpen vom Grunde aufbricht und in die Höhe hebt, fassen ihn andere mit Zangen und bringen ihn unter einen Viercentnerhammer. Die weitere Arbeit betrifft mehr den Schmied als den Schmelzer. -- Die Luppen kommen heisser unter den Hammer als Frischluppen, doch ist dies nur bei leicht schmelzbaren Erzen möglich. Man schmilzt in den navarrischen Herden 5 bis 6, in den biscayischen 7 bis 8 Centner gut geröstetes Erz in 4 bis 5 Stunden auf eine Luppe ein. Der erste Einsatz beträgt 2 bis 3 Centner, das Übrige wird nachgesetzt. Der Kohlenverbrauch betrug nur so viel als das Gewicht des Eisens. Aus 675 Pfund Erz sollte man 225 Pfund Eisen ausbringen. Zuschläge oder Flussmittel wurden nicht angewendet.
Obgleich diese Schilderung den Verlauf des Erzschmelzens zu Anfang des vorigen Jahrhunderts betrifft, so haben wir sie doch hier mitgeteilt, weil es die älteste genauere Schilderung des biscayischen Eisenschmelzens ist und die Verhältnisse im 16. Jahrhundert bereits ähnliche gewesen sein werden.
Das vorzügliche Material, welches die kantabrischen Hütten lieferten, wurde Veranlassung zu einer umfangreichen, mannig- faltigen Schmiedeindustrie. Ausser den Waffen, die wir schon erwähnt haben, wurden für den amerikanischen Tauschhandel massenhaft Messer, Beile und Werkzeuge angefertigt; waren dies doch die den Indianern willkommensten Gegenstände. Für den europäischen Handel wurde Stangeneisen geschmiedet. Für Spanien, ausser den genannten Artikeln, Kleineisenzeug, Nägel und Artikel aller Art. Man hat Bilbao deshalb das Birmingham Spaniens genannt. Hoch- öfen gab es dagegen keine, und Gusseisen scheint man in Spanien im 16. Jahrhundert noch nicht angefertigt zu haben. Die gusseisernen Kanonen zur Bemannung ihrer Kriegsschiffe mussten die Spanier aus England beziehen.
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Italien, Spanien und Frankreich.
das Erz in das entgegengesetzte Halboval, bedeckt es mit Kohlen und trägt, wenn sie verbrannt sind, frische nach. Das mit Gewalt gegen das Erz getriebene Feuer bringt es zum Schmelzen, die Schlacke flieſst und sondert sich ab. Von Zeit zu Zeit läſst man sie aus dem Schlackenstich am Boden abflieſsen, während das Eisen sich vereinigt. Dieses wird noch beschleunigt mittels einer Eisenstange, mit der man durch einen Einschnitt oben im Herd rührt. Auf dem Boden an- gelangt, von Schlacken entblöſst, hat es keine genügende Hitze flüssig zu bleiben, und bildet einen weichen Klumpen, dessen Gröſse mit dem Eisennachsatze zunimmt. Der Einsatz von 600 Pfund Erz schmilzt in vier Stunden nieder. Während ein Arbeiter den Klumpen vom Grunde aufbricht und in die Höhe hebt, fassen ihn andere mit Zangen und bringen ihn unter einen Viercentnerhammer. Die weitere Arbeit betrifft mehr den Schmied als den Schmelzer. — Die Luppen kommen heiſser unter den Hammer als Frischluppen, doch ist dies nur bei leicht schmelzbaren Erzen möglich. Man schmilzt in den navarrischen Herden 5 bis 6, in den biscayischen 7 bis 8 Centner gut geröstetes Erz in 4 bis 5 Stunden auf eine Luppe ein. Der erste Einsatz beträgt 2 bis 3 Centner, das Übrige wird nachgesetzt. Der Kohlenverbrauch betrug nur so viel als das Gewicht des Eisens. Aus 675 Pfund Erz sollte man 225 Pfund Eisen ausbringen. Zuschläge oder Fluſsmittel wurden nicht angewendet.
Obgleich diese Schilderung den Verlauf des Erzschmelzens zu Anfang des vorigen Jahrhunderts betrifft, so haben wir sie doch hier mitgeteilt, weil es die älteste genauere Schilderung des biscayischen Eisenschmelzens ist und die Verhältnisse im 16. Jahrhundert bereits ähnliche gewesen sein werden.
Das vorzügliche Material, welches die kantabrischen Hütten lieferten, wurde Veranlassung zu einer umfangreichen, mannig- faltigen Schmiedeindustrie. Auſser den Waffen, die wir schon erwähnt haben, wurden für den amerikanischen Tauschhandel massenhaft Messer, Beile und Werkzeuge angefertigt; waren dies doch die den Indianern willkommensten Gegenstände. Für den europäischen Handel wurde Stangeneisen geschmiedet. Für Spanien, auſser den genannten Artikeln, Kleineisenzeug, Nägel und Artikel aller Art. Man hat Bilbao deshalb das Birmingham Spaniens genannt. Hoch- öfen gab es dagegen keine, und Guſseisen scheint man in Spanien im 16. Jahrhundert noch nicht angefertigt zu haben. Die guſseisernen Kanonen zur Bemannung ihrer Kriegsschiffe muſsten die Spanier aus England beziehen.
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Italien, Spanien und Frankreich.
das Erz in das entgegengesetzte Halboval, bedeckt es mit Kohlen
und trägt, wenn sie verbrannt sind, frische nach. Das mit Gewalt
gegen das Erz getriebene Feuer bringt es zum Schmelzen, die Schlacke
flieſst und sondert sich ab. Von Zeit zu Zeit läſst man sie aus dem
Schlackenstich am Boden abflieſsen, während das Eisen sich vereinigt.
Dieses wird noch beschleunigt mittels einer Eisenstange, mit der man
durch einen Einschnitt oben im Herd rührt. Auf dem Boden an-
gelangt, von Schlacken entblöſst, hat es keine genügende Hitze flüssig
zu bleiben, und bildet einen weichen Klumpen, dessen Gröſse mit
dem Eisennachsatze zunimmt. Der Einsatz von 600 Pfund Erz
schmilzt in vier Stunden nieder. Während ein Arbeiter den Klumpen
vom Grunde aufbricht und in die Höhe hebt, fassen ihn andere mit
Zangen und bringen ihn unter einen Viercentnerhammer. Die weitere
Arbeit betrifft mehr den Schmied als den Schmelzer. — Die Luppen
kommen heiſser unter den Hammer als Frischluppen, doch ist dies
nur bei leicht schmelzbaren Erzen möglich. Man schmilzt in den
navarrischen Herden 5 bis 6, in den biscayischen 7 bis 8 Centner
gut geröstetes Erz in 4 bis 5 Stunden auf eine Luppe ein. Der erste
Einsatz beträgt 2 bis 3 Centner, das Übrige wird nachgesetzt. Der
Kohlenverbrauch betrug nur so viel als das Gewicht des Eisens. Aus
675 Pfund Erz sollte man 225 Pfund Eisen ausbringen. Zuschläge
oder Fluſsmittel wurden nicht angewendet.
Obgleich diese Schilderung den Verlauf des Erzschmelzens zu
Anfang des vorigen Jahrhunderts betrifft, so haben wir sie doch hier
mitgeteilt, weil es die älteste genauere Schilderung des biscayischen
Eisenschmelzens ist und die Verhältnisse im 16. Jahrhundert bereits
ähnliche gewesen sein werden.
Das vorzügliche Material, welches die kantabrischen Hütten
lieferten, wurde Veranlassung zu einer umfangreichen, mannig-
faltigen Schmiedeindustrie. Auſser den Waffen, die wir schon erwähnt
haben, wurden für den amerikanischen Tauschhandel massenhaft
Messer, Beile und Werkzeuge angefertigt; waren dies doch die den
Indianern willkommensten Gegenstände. Für den europäischen
Handel wurde Stangeneisen geschmiedet. Für Spanien, auſser den
genannten Artikeln, Kleineisenzeug, Nägel und Artikel aller Art.
Man hat Bilbao deshalb das Birmingham Spaniens genannt. Hoch-
öfen gab es dagegen keine, und Guſseisen scheint man in Spanien
im 16. Jahrhundert noch nicht angefertigt zu haben. Die guſseisernen
Kanonen zur Bemannung ihrer Kriegsschiffe muſsten die Spanier aus
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 867. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/887>, abgerufen am 22.11.2024.
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