bildete einen besonders wichtigen Gegenstand des Ilsenburgischen Handels 1).
Für so umfangreiche Fabrikation war viel Eisen erforderlich. Bei dem Bau der Messinghütte hatte die Klosterschmiede ausgeholfen. Im Jahre 1546 erbaute Graf Wolfgang einen Hochofen (ustrina) und richtete neue Eisenhämmer für Stabeisen und Bleche ein. Schon früher hatten bei Ilsenburg Rennwerke und Eisenhämmer bestanden, die aber gegen Ende des 15. Jahrhunderts zurückgegangen waren. Sie erhielten ihr Erz vom Büchenberg. Die alten Rennfeuer auf den Ro- dungen unterhalb der heutigen Ilsenburg kamen zum Erliegen, als sich die Eisenindustrie inmitten des Eisensteinzuges lebhaft entwickelte, da sie die Kosten des weiten Erztransportes nicht vertragen konnten. Backenrode war 1480 eingegangen, und mit Benzingerode ging es 1496 sehr schwach. Die neue Hütte kam teils durch die grossartige Messing- fabrikation, teils durch ihre Gusswaren rasch in Blüte. Graf Wolf- gang und seine ganze Familie kam dagegen immer mehr ins Gedränge. Die neuen Anlagen und der ausgedehnte Betrieb verschlang zu grosse Summen; noch kostspieliger aber waren die grossartigen und doch erfolglosen Versuche der Wasserlösung mit Heinzenkünsten. das Geld musste grossenteils durch Anlehen aufgebracht werden. Die "Vorlage", d. h. das von den Grafen vorgeschossene Betriebskapital der Ilsen- burger Messinghütten, betrug allein 60000 Gulden. Als Graf Wolf- gang am 8. März 1552 starb, war die gräfliche Familie, trotz alles äusseren Glanzes, finanziell in sehr übler Lage, welche durch gross- artige Hofhaltung, übertriebene Prachtentfaltung und die Uneinigkeit der Brüder noch verschlimmert wurde. Graf Wolfgang hatte 1549 von den Gebrüdern von Halle zu Hildesheim 9000 Goldgulden er- borgt; Graf Heinrich lieh noch 100 Gulden dazu, alles zu 6 Prozent; dagegen verschrieb er das ganze Amt Elbingerode, welches dann auch bald verfiel. Die Gebrüder von Halle setzten sich am 11. März 1559, allerdings mit Gewalt, in Besitz. Die Eisen- und Holzhandlung war ihnen nicht verschrieben, aber sie nahmen sie gleichfalls. 1584 wur- den die Elbingeroder Bergwerke an Statius von Münchhausen ver- pfändet. Noch viele andere Werke gelangten durch Verpachtung und Verpfändung um jene Zeit in andere Hände.
Zu Braunlage war in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine Eisenhütte im Gange 2), die zugleich mit einer auf der Kaltenesse,
1) Siehe Jacobs, die Hüttenwerke zu Ilsenburg, Zeitschrift des Harzvereins, Bd. XIII, S. 256.
2) Siehe Stübner, a. a. O., S. 310.
Beck, Geschichte des Eisens. 49
Stolberg und der Unterharz.
bildete einen besonders wichtigen Gegenstand des Ilsenburgischen Handels 1).
Für so umfangreiche Fabrikation war viel Eisen erforderlich. Bei dem Bau der Messinghütte hatte die Klosterschmiede ausgeholfen. Im Jahre 1546 erbaute Graf Wolfgang einen Hochofen (ustrina) und richtete neue Eisenhämmer für Stabeisen und Bleche ein. Schon früher hatten bei Ilsenburg Rennwerke und Eisenhämmer bestanden, die aber gegen Ende des 15. Jahrhunderts zurückgegangen waren. Sie erhielten ihr Erz vom Büchenberg. Die alten Rennfeuer auf den Ro- dungen unterhalb der heutigen Ilsenburg kamen zum Erliegen, als sich die Eisenindustrie inmitten des Eisensteinzuges lebhaft entwickelte, da sie die Kosten des weiten Erztransportes nicht vertragen konnten. Backenrode war 1480 eingegangen, und mit Benzingerode ging es 1496 sehr schwach. Die neue Hütte kam teils durch die groſsartige Messing- fabrikation, teils durch ihre Guſswaren rasch in Blüte. Graf Wolf- gang und seine ganze Familie kam dagegen immer mehr ins Gedränge. Die neuen Anlagen und der ausgedehnte Betrieb verschlang zu groſse Summen; noch kostspieliger aber waren die groſsartigen und doch erfolglosen Versuche der Wasserlösung mit Heinzenkünsten. das Geld muſste groſsenteils durch Anlehen aufgebracht werden. Die „Vorlage“, d. h. das von den Grafen vorgeschossene Betriebskapital der Ilsen- burger Messinghütten, betrug allein 60000 Gulden. Als Graf Wolf- gang am 8. März 1552 starb, war die gräfliche Familie, trotz alles äuſseren Glanzes, finanziell in sehr übler Lage, welche durch groſs- artige Hofhaltung, übertriebene Prachtentfaltung und die Uneinigkeit der Brüder noch verschlimmert wurde. Graf Wolfgang hatte 1549 von den Gebrüdern von Halle zu Hildesheim 9000 Goldgulden er- borgt; Graf Heinrich lieh noch 100 Gulden dazu, alles zu 6 Prozent; dagegen verschrieb er das ganze Amt Elbingerode, welches dann auch bald verfiel. Die Gebrüder von Halle setzten sich am 11. März 1559, allerdings mit Gewalt, in Besitz. Die Eisen- und Holzhandlung war ihnen nicht verschrieben, aber sie nahmen sie gleichfalls. 1584 wur- den die Elbingeroder Bergwerke an Statius von Münchhausen ver- pfändet. Noch viele andere Werke gelangten durch Verpachtung und Verpfändung um jene Zeit in andere Hände.
Zu Braunlage war in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine Eisenhütte im Gange 2), die zugleich mit einer auf der Kaltenesse,
1) Siehe Jacobs, die Hüttenwerke zu Ilsenburg, Zeitschrift des Harzvereins, Bd. XIII, S. 256.
2) Siehe Stübner, a. a. O., S. 310.
Beck, Geschichte des Eisens. 49
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Stolberg und der Unterharz.
bildete einen besonders wichtigen Gegenstand des Ilsenburgischen
Handels 1).
Für so umfangreiche Fabrikation war viel Eisen erforderlich. Bei
dem Bau der Messinghütte hatte die Klosterschmiede ausgeholfen. Im
Jahre 1546 erbaute Graf Wolfgang einen Hochofen (ustrina) und
richtete neue Eisenhämmer für Stabeisen und Bleche ein. Schon
früher hatten bei Ilsenburg Rennwerke und Eisenhämmer bestanden,
die aber gegen Ende des 15. Jahrhunderts zurückgegangen waren. Sie
erhielten ihr Erz vom Büchenberg. Die alten Rennfeuer auf den Ro-
dungen unterhalb der heutigen Ilsenburg kamen zum Erliegen, als
sich die Eisenindustrie inmitten des Eisensteinzuges lebhaft entwickelte,
da sie die Kosten des weiten Erztransportes nicht vertragen konnten.
Backenrode war 1480 eingegangen, und mit Benzingerode ging es 1496
sehr schwach. Die neue Hütte kam teils durch die groſsartige Messing-
fabrikation, teils durch ihre Guſswaren rasch in Blüte. Graf Wolf-
gang und seine ganze Familie kam dagegen immer mehr ins Gedränge.
Die neuen Anlagen und der ausgedehnte Betrieb verschlang zu groſse
Summen; noch kostspieliger aber waren die groſsartigen und doch
erfolglosen Versuche der Wasserlösung mit Heinzenkünsten. das Geld
muſste groſsenteils durch Anlehen aufgebracht werden. Die „Vorlage“,
d. h. das von den Grafen vorgeschossene Betriebskapital der Ilsen-
burger Messinghütten, betrug allein 60000 Gulden. Als Graf Wolf-
gang am 8. März 1552 starb, war die gräfliche Familie, trotz alles
äuſseren Glanzes, finanziell in sehr übler Lage, welche durch groſs-
artige Hofhaltung, übertriebene Prachtentfaltung und die Uneinigkeit
der Brüder noch verschlimmert wurde. Graf Wolfgang hatte 1549
von den Gebrüdern von Halle zu Hildesheim 9000 Goldgulden er-
borgt; Graf Heinrich lieh noch 100 Gulden dazu, alles zu 6 Prozent;
dagegen verschrieb er das ganze Amt Elbingerode, welches dann auch
bald verfiel. Die Gebrüder von Halle setzten sich am 11. März 1559,
allerdings mit Gewalt, in Besitz. Die Eisen- und Holzhandlung war
ihnen nicht verschrieben, aber sie nahmen sie gleichfalls. 1584 wur-
den die Elbingeroder Bergwerke an Statius von Münchhausen ver-
pfändet. Noch viele andere Werke gelangten durch Verpachtung
und Verpfändung um jene Zeit in andere Hände.
Zu Braunlage war in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts
eine Eisenhütte im Gange 2), die zugleich mit einer auf der Kaltenesse,
1) Siehe Jacobs, die Hüttenwerke zu Ilsenburg, Zeitschrift des Harzvereins,
Bd. XIII, S. 256.
2) Siehe Stübner, a. a. O., S. 310.
Beck, Geschichte des Eisens. 49
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 769. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/789>, abgerufen am 22.11.2024.
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