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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Stolberg und der Unterharz.

So stand denn bereits im Beginn des 16. Jahrhunderts sowohl
das Stahlgewerbe in Stolberg als die Eisenindustrie im Unterharze
in voller Blüte. Gusswaren wurden aber noch nicht gemacht. Die
Eisenhütten waren teils Rennwerke, teils Stückhütten. Zu den letz-
teren gehörten die "Massenhütten", welche auf Rohstahl betrieben
wurden, die jedenfalls den schmalkaldischen Blauöfen entsprachen.
Sie machten wohl auch schon neben der Masse, dem Stück, zuweilen
geflossenes Rohstahleisen, worauf sich der in Urkunden vorkommende
Ausdruck "Floss und Isenwergk" bezieht. Bei der Verpfändung des
Amtes Günthersberg von Seiten Anhalts an Stolberg 1498 wird letz-
terem nur gestattet, auf "Floss und Isenwergk" zu bauen. (Wernig.
Archiv.)

1543 wird im Stolbergischen eine "Stahlhütte" erwähnt.

In dem Elbingerode-Hüttenroder Eisensteinrevier gab es 1506
zahlreiche Gruben 1), die reiche Ausbeute erzielten. Das Recht, Eisen-
stein zu brechen, wurde von der Herrschaft gegen einen Zins erteilt.
Die Betreiber waren Eigenlöhner, d. h. Bergleute, die das Erz selbst
gewannen und verkauften, und sich dadurch selbst lohnten. Der
Bergbau wurde meist in offenen Tagebauten mit natürlichem Wasser-
abflusse betrieben. Erst 1564 begannen die Wasser dem Betriebe
Schwierigkeiten zu bereiten, und 1570 trat an einzelnen Stellen
Mangel an lohnendem Eisenerz ein. Man sah sich gezwungen, das
Wasser durch künstliche Hebevorrichtungen, Künste, zu entfernen.
Die Erfinder und Erbauer solcher Wassermaschinen hiessen Künstler,
deren Wissen hoch geehrt und hoch bezahlt wurde. Sie verbanden
sich mit Spekulanten zu Gesellschaften, die es übernahmen, gegen
hohe Bezahlung ersoffene Gruben aufzuwältigen u. s. w. Eine solche
Gesellschaft von Künstlern mietete z. B. einmal allen Eisenstein im
Amte Elbingerode, der unter Wasser stand; aber der Erfolg entsprach
nicht den Hoffnungen.

Die auf Elbingerodischem und Blankenburgischem Gebiete ge-
wonnenen Fisensteine wurden nicht nur auf dortigen Hütten, sondern
auch auf den Hütten der Nachbargebiete verhüttet, so zu Ilsenburg,
Kuhfurt, Trudenstein, Kollinberge, Zorge, Falsfelde, Sorge, Tanne,
Benneckenstein, Oder, Lauterberg.

1506 werden Eisenhütten bei Lüdershof und Muxholl erwähnt.
Wedding hat urkundliche Nachrichten über unterharzer Hütten aus
der Zeit vom 16. Jahrhundert zusammengestellt.


1) Siehe Wedding, a. a. O., S. 11.
Stolberg und der Unterharz.

So stand denn bereits im Beginn des 16. Jahrhunderts sowohl
das Stahlgewerbe in Stolberg als die Eisenindustrie im Unterharze
in voller Blüte. Guſswaren wurden aber noch nicht gemacht. Die
Eisenhütten waren teils Rennwerke, teils Stückhütten. Zu den letz-
teren gehörten die „Massenhütten“, welche auf Rohstahl betrieben
wurden, die jedenfalls den schmalkaldischen Blauöfen entsprachen.
Sie machten wohl auch schon neben der Masse, dem Stück, zuweilen
geflossenes Rohstahleisen, worauf sich der in Urkunden vorkommende
Ausdruck „Floſs und Isenwergk“ bezieht. Bei der Verpfändung des
Amtes Günthersberg von Seiten Anhalts an Stolberg 1498 wird letz-
terem nur gestattet, auf „Floſs und Isenwergk“ zu bauen. (Wernig.
Archiv.)

1543 wird im Stolbergischen eine „Stahlhütte“ erwähnt.

In dem Elbingerode-Hüttenroder Eisensteinrevier gab es 1506
zahlreiche Gruben 1), die reiche Ausbeute erzielten. Das Recht, Eisen-
stein zu brechen, wurde von der Herrschaft gegen einen Zins erteilt.
Die Betreiber waren Eigenlöhner, d. h. Bergleute, die das Erz selbst
gewannen und verkauften, und sich dadurch selbst lohnten. Der
Bergbau wurde meist in offenen Tagebauten mit natürlichem Wasser-
abflusse betrieben. Erst 1564 begannen die Wasser dem Betriebe
Schwierigkeiten zu bereiten, und 1570 trat an einzelnen Stellen
Mangel an lohnendem Eisenerz ein. Man sah sich gezwungen, das
Wasser durch künstliche Hebevorrichtungen, Künste, zu entfernen.
Die Erfinder und Erbauer solcher Wassermaschinen hieſsen Künstler,
deren Wissen hoch geehrt und hoch bezahlt wurde. Sie verbanden
sich mit Spekulanten zu Gesellschaften, die es übernahmen, gegen
hohe Bezahlung ersoffene Gruben aufzuwältigen u. s. w. Eine solche
Gesellschaft von Künstlern mietete z. B. einmal allen Eisenstein im
Amte Elbingerode, der unter Wasser stand; aber der Erfolg entsprach
nicht den Hoffnungen.

Die auf Elbingerodischem und Blankenburgischem Gebiete ge-
wonnenen Fisensteine wurden nicht nur auf dortigen Hütten, sondern
auch auf den Hütten der Nachbargebiete verhüttet, so zu Ilsenburg,
Kuhfurt, Trudenstein, Kollinberge, Zorge, Falsfelde, Sorge, Tanne,
Benneckenstein, Oder, Lauterberg.

1506 werden Eisenhütten bei Lüdershof und Muxholl erwähnt.
Wedding hat urkundliche Nachrichten über unterharzer Hütten aus
der Zeit vom 16. Jahrhundert zusammengestellt.


1) Siehe Wedding, a. a. O., S. 11.
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[765/0785] Stolberg und der Unterharz. So stand denn bereits im Beginn des 16. Jahrhunderts sowohl das Stahlgewerbe in Stolberg als die Eisenindustrie im Unterharze in voller Blüte. Guſswaren wurden aber noch nicht gemacht. Die Eisenhütten waren teils Rennwerke, teils Stückhütten. Zu den letz- teren gehörten die „Massenhütten“, welche auf Rohstahl betrieben wurden, die jedenfalls den schmalkaldischen Blauöfen entsprachen. Sie machten wohl auch schon neben der Masse, dem Stück, zuweilen geflossenes Rohstahleisen, worauf sich der in Urkunden vorkommende Ausdruck „Floſs und Isenwergk“ bezieht. Bei der Verpfändung des Amtes Günthersberg von Seiten Anhalts an Stolberg 1498 wird letz- terem nur gestattet, auf „Floſs und Isenwergk“ zu bauen. (Wernig. Archiv.) 1543 wird im Stolbergischen eine „Stahlhütte“ erwähnt. In dem Elbingerode-Hüttenroder Eisensteinrevier gab es 1506 zahlreiche Gruben 1), die reiche Ausbeute erzielten. Das Recht, Eisen- stein zu brechen, wurde von der Herrschaft gegen einen Zins erteilt. Die Betreiber waren Eigenlöhner, d. h. Bergleute, die das Erz selbst gewannen und verkauften, und sich dadurch selbst lohnten. Der Bergbau wurde meist in offenen Tagebauten mit natürlichem Wasser- abflusse betrieben. Erst 1564 begannen die Wasser dem Betriebe Schwierigkeiten zu bereiten, und 1570 trat an einzelnen Stellen Mangel an lohnendem Eisenerz ein. Man sah sich gezwungen, das Wasser durch künstliche Hebevorrichtungen, Künste, zu entfernen. Die Erfinder und Erbauer solcher Wassermaschinen hieſsen Künstler, deren Wissen hoch geehrt und hoch bezahlt wurde. Sie verbanden sich mit Spekulanten zu Gesellschaften, die es übernahmen, gegen hohe Bezahlung ersoffene Gruben aufzuwältigen u. s. w. Eine solche Gesellschaft von Künstlern mietete z. B. einmal allen Eisenstein im Amte Elbingerode, der unter Wasser stand; aber der Erfolg entsprach nicht den Hoffnungen. Die auf Elbingerodischem und Blankenburgischem Gebiete ge- wonnenen Fisensteine wurden nicht nur auf dortigen Hütten, sondern auch auf den Hütten der Nachbargebiete verhüttet, so zu Ilsenburg, Kuhfurt, Trudenstein, Kollinberge, Zorge, Falsfelde, Sorge, Tanne, Benneckenstein, Oder, Lauterberg. 1506 werden Eisenhütten bei Lüdershof und Muxholl erwähnt. Wedding hat urkundliche Nachrichten über unterharzer Hütten aus der Zeit vom 16. Jahrhundert zusammengestellt. 1) Siehe Wedding, a. a. O., S. 11.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 765. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/785>, abgerufen am 22.11.2024.