Sehr bedeutend war die Eisenindustrie in der hennebergischen Herrschaft Schmalkalden, welche 1583 nach Aussterben der henne- bergischen Grafen an Hessen fiel. Schon vordem standen Hessen und Schmalkalden in Wechselbeziehung, namentlich durch den Eisen- handel. Die Schmalkaldener Eisenwerke bezogen ihren Bedarf an Guss- waren grossenteils von den hessischen Hütten, während umgekehrt Hessen nicht nur viele Schmiedewaren, namentlich Waffen, von Schmal- kalden bezog, sondern auch die Schmiede, insbesondere die Blech- schmiede meist aus Schmalkalden verschrieben wurden, die dann mit Kind und Kegel angezogen kamen. So kam es, dass für einen solchen Überzug einmal ein ganzer Gulden vergütet werden musste (!).
Schmalkalden und Suhl sind alte historische Mittelpunkte für das Eisengewerbe in Deutschland, und wir haben schon oft Ver- anlassung gehabt, diese beiden Eisenstädte zu nennen. Bereits im ersten Bande (S. 824) haben wir geschildert, wie in Schmalkalden der steirische Stückofenbetrieb, infolge der Übereinstimmung der Erze, schon sehr früh Eingang fand und sich lange Zeit erhielt, nachdem der Hochofenprozess und das Verfrischen schon allgemeine Verbreitung gewonnen hatten. Wir haben diesen Betrieb sowohl dort als oben (S. 173) ausführlich geschildert. Wie in Kärnten dann an die Stelle der Stücköfen nicht Hochöfen mit offener Brust, sondern Flossöfen mit geschlossener Brust traten, so geschah dies auch in Schmalkalden, nur nannte man diese Öfen hier Blauöfen. Auch diese haben wir bei dem betreffenden Kapitel (S. 177) bereits be- schrieben und können hier einfach darauf verweisen. Es bleibt uns hier nur übrig, eine kurze Übersicht der Entwickelung der Eisen- industrie in Schmalkalden, Suhl, wie überhaupt in Thüringen zu geben.
Die Sage, dass der Bergbau bei Schmalkalden schon zur Zeit Christi betrieben worden sei, die Überlieferung, dass am Stahlberg seit 385 Eisenstein gewonnen werde und steirische Schmiede dort Eisen- hütten angelegt hätten, beweisen das hohe Alter der dortigen Eisen- industrie. Zur Zeit, als slawische Völkerschaften sich im Thüringer Wald ansässig machten, befand sich der Eisensteinbergbau in dieser Gegend schon in einem fortgeschrittenen Zustande seiner Entwicke- lung 1). Bei Vesser und Schmiedefeld wurde in karolingischer Zeit
1) Siehe Fulda, Über den Schmalkaldener Bergbau, S. 9.
Beck, Geschichte des Eisens. 48
Thüringen.
Thüringen.
Sehr bedeutend war die Eisenindustrie in der hennebergischen Herrschaft Schmalkalden, welche 1583 nach Aussterben der henne- bergischen Grafen an Hessen fiel. Schon vordem standen Hessen und Schmalkalden in Wechselbeziehung, namentlich durch den Eisen- handel. Die Schmalkaldener Eisenwerke bezogen ihren Bedarf an Guſs- waren groſsenteils von den hessischen Hütten, während umgekehrt Hessen nicht nur viele Schmiedewaren, namentlich Waffen, von Schmal- kalden bezog, sondern auch die Schmiede, insbesondere die Blech- schmiede meist aus Schmalkalden verschrieben wurden, die dann mit Kind und Kegel angezogen kamen. So kam es, daſs für einen solchen Überzug einmal ein ganzer Gulden vergütet werden muſste (!).
Schmalkalden und Suhl sind alte historische Mittelpunkte für das Eisengewerbe in Deutschland, und wir haben schon oft Ver- anlassung gehabt, diese beiden Eisenstädte zu nennen. Bereits im ersten Bande (S. 824) haben wir geschildert, wie in Schmalkalden der steirische Stückofenbetrieb, infolge der Übereinstimmung der Erze, schon sehr früh Eingang fand und sich lange Zeit erhielt, nachdem der Hochofenprozeſs und das Verfrischen schon allgemeine Verbreitung gewonnen hatten. Wir haben diesen Betrieb sowohl dort als oben (S. 173) ausführlich geschildert. Wie in Kärnten dann an die Stelle der Stücköfen nicht Hochöfen mit offener Brust, sondern Floſsöfen mit geschlossener Brust traten, so geschah dies auch in Schmalkalden, nur nannte man diese Öfen hier Blauöfen. Auch diese haben wir bei dem betreffenden Kapitel (S. 177) bereits be- schrieben und können hier einfach darauf verweisen. Es bleibt uns hier nur übrig, eine kurze Übersicht der Entwickelung der Eisen- industrie in Schmalkalden, Suhl, wie überhaupt in Thüringen zu geben.
Die Sage, daſs der Bergbau bei Schmalkalden schon zur Zeit Christi betrieben worden sei, die Überlieferung, daſs am Stahlberg seit 385 Eisenstein gewonnen werde und steirische Schmiede dort Eisen- hütten angelegt hätten, beweisen das hohe Alter der dortigen Eisen- industrie. Zur Zeit, als slawische Völkerschaften sich im Thüringer Wald ansässig machten, befand sich der Eisensteinbergbau in dieser Gegend schon in einem fortgeschrittenen Zustande seiner Entwicke- lung 1). Bei Vesser und Schmiedefeld wurde in karolingischer Zeit
1) Siehe Fulda, Über den Schmalkaldener Bergbau, S. 9.
Beck, Geschichte des Eisens. 48
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0773"n="753"/><fwplace="top"type="header">Thüringen.</fw><lb/><divn="4"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Thüringen</hi>.</hi></head><lb/><p>Sehr bedeutend war die Eisenindustrie in der hennebergischen<lb/>
Herrschaft <hirendition="#g">Schmalkalden</hi>, welche 1583 nach Aussterben der henne-<lb/>
bergischen Grafen an Hessen fiel. Schon vordem standen Hessen und<lb/>
Schmalkalden in Wechselbeziehung, namentlich durch den Eisen-<lb/>
handel. Die Schmalkaldener Eisenwerke bezogen ihren Bedarf an Guſs-<lb/>
waren groſsenteils von den hessischen Hütten, während umgekehrt<lb/>
Hessen nicht nur viele Schmiedewaren, namentlich Waffen, von Schmal-<lb/>
kalden bezog, sondern auch die Schmiede, insbesondere die Blech-<lb/>
schmiede meist aus Schmalkalden verschrieben wurden, die dann mit<lb/>
Kind und Kegel angezogen kamen. So kam es, daſs für einen solchen<lb/>
Überzug einmal ein ganzer Gulden vergütet werden muſste (!).</p><lb/><p>Schmalkalden und Suhl sind alte historische Mittelpunkte für<lb/>
das Eisengewerbe in Deutschland, und wir haben schon oft Ver-<lb/>
anlassung gehabt, diese beiden Eisenstädte zu nennen. Bereits im<lb/>
ersten Bande (S. 824) haben wir geschildert, wie in Schmalkalden<lb/>
der steirische Stückofenbetrieb, infolge der Übereinstimmung der<lb/>
Erze, schon sehr früh Eingang fand und sich lange Zeit erhielt,<lb/>
nachdem der Hochofenprozeſs und das Verfrischen schon allgemeine<lb/>
Verbreitung gewonnen hatten. Wir haben diesen Betrieb sowohl<lb/>
dort als oben (S. 173) ausführlich geschildert. Wie in Kärnten dann<lb/>
an die Stelle der Stücköfen nicht Hochöfen mit offener Brust, sondern<lb/>
Floſsöfen mit geschlossener Brust traten, so geschah dies auch in<lb/>
Schmalkalden, nur nannte man diese Öfen hier Blauöfen. Auch<lb/>
diese haben wir bei dem betreffenden Kapitel (S. 177) bereits be-<lb/>
schrieben und können hier einfach darauf verweisen. Es bleibt uns<lb/>
hier nur übrig, eine kurze Übersicht der Entwickelung der Eisen-<lb/>
industrie in Schmalkalden, Suhl, wie überhaupt in Thüringen zu geben.</p><lb/><p>Die Sage, daſs der Bergbau bei <hirendition="#g">Schmalkalden</hi> schon zur Zeit<lb/>
Christi betrieben worden sei, die Überlieferung, daſs am Stahlberg seit<lb/>
385 Eisenstein gewonnen werde und steirische Schmiede dort Eisen-<lb/>
hütten angelegt hätten, beweisen das hohe Alter der dortigen Eisen-<lb/>
industrie. Zur Zeit, als slawische Völkerschaften sich im Thüringer<lb/>
Wald ansässig machten, befand sich der Eisensteinbergbau in dieser<lb/>
Gegend schon in einem fortgeschrittenen Zustande seiner Entwicke-<lb/>
lung <noteplace="foot"n="1)">Siehe Fulda, Über den Schmalkaldener Bergbau, S. 9.</note>. Bei Vesser und Schmiedefeld wurde in karolingischer Zeit<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Beck</hi>, Geschichte des Eisens. 48</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[753/0773]
Thüringen.
Thüringen.
Sehr bedeutend war die Eisenindustrie in der hennebergischen
Herrschaft Schmalkalden, welche 1583 nach Aussterben der henne-
bergischen Grafen an Hessen fiel. Schon vordem standen Hessen und
Schmalkalden in Wechselbeziehung, namentlich durch den Eisen-
handel. Die Schmalkaldener Eisenwerke bezogen ihren Bedarf an Guſs-
waren groſsenteils von den hessischen Hütten, während umgekehrt
Hessen nicht nur viele Schmiedewaren, namentlich Waffen, von Schmal-
kalden bezog, sondern auch die Schmiede, insbesondere die Blech-
schmiede meist aus Schmalkalden verschrieben wurden, die dann mit
Kind und Kegel angezogen kamen. So kam es, daſs für einen solchen
Überzug einmal ein ganzer Gulden vergütet werden muſste (!).
Schmalkalden und Suhl sind alte historische Mittelpunkte für
das Eisengewerbe in Deutschland, und wir haben schon oft Ver-
anlassung gehabt, diese beiden Eisenstädte zu nennen. Bereits im
ersten Bande (S. 824) haben wir geschildert, wie in Schmalkalden
der steirische Stückofenbetrieb, infolge der Übereinstimmung der
Erze, schon sehr früh Eingang fand und sich lange Zeit erhielt,
nachdem der Hochofenprozeſs und das Verfrischen schon allgemeine
Verbreitung gewonnen hatten. Wir haben diesen Betrieb sowohl
dort als oben (S. 173) ausführlich geschildert. Wie in Kärnten dann
an die Stelle der Stücköfen nicht Hochöfen mit offener Brust, sondern
Floſsöfen mit geschlossener Brust traten, so geschah dies auch in
Schmalkalden, nur nannte man diese Öfen hier Blauöfen. Auch
diese haben wir bei dem betreffenden Kapitel (S. 177) bereits be-
schrieben und können hier einfach darauf verweisen. Es bleibt uns
hier nur übrig, eine kurze Übersicht der Entwickelung der Eisen-
industrie in Schmalkalden, Suhl, wie überhaupt in Thüringen zu geben.
Die Sage, daſs der Bergbau bei Schmalkalden schon zur Zeit
Christi betrieben worden sei, die Überlieferung, daſs am Stahlberg seit
385 Eisenstein gewonnen werde und steirische Schmiede dort Eisen-
hütten angelegt hätten, beweisen das hohe Alter der dortigen Eisen-
industrie. Zur Zeit, als slawische Völkerschaften sich im Thüringer
Wald ansässig machten, befand sich der Eisensteinbergbau in dieser
Gegend schon in einem fortgeschrittenen Zustande seiner Entwicke-
lung 1). Bei Vesser und Schmiedefeld wurde in karolingischer Zeit
1) Siehe Fulda, Über den Schmalkaldener Bergbau, S. 9.
Beck, Geschichte des Eisens. 48
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 753. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/773>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.