Im wynter nach michel, angehen zu V auren, abgehenn des abends zu VI auren etc. etc.
Der gewöhnliche Tagelohn ohne Kost betrug also nur 3 Albus oder 321/2 Pfennig nach unserer Währung im Sommer, dabei dauerte die Arbeitszeit von 4 Uhr morgens bis 7 Uhr abends.
Von damaligen Preisen gibt auch das einen Begriff, dass 1541 Graf Wilhelm die Blashütte zu Ober-Fischbach für 20 Gulden und 1 Malter Korn kaufte.
Das Stahlschmiedegewerbe im Siegerland behielt im 16. Jahr- hundert noch seinen mittelalterlichen Charakter bei. Die Stahl- schmiede bildeten eine geschlossene Zunft; sie durften das Land nicht verlassen. In den Zunftbriefen von 1504 war schon bestimmt, dass jeder Stahlschmied schwören musste, nicht ausser Landes Stahl zu schmieden oder einen Fremden das Handwerk zu lehren. Die Stahlfeuer, die sich meistens innerhalb der festen Mauern der Stadt Siegen selbst befanden, wurden noch mit Hand- oder Tretbälgen be- dient. Um dem in den sechziger Jahren daniederliegenden Stahl- gewerbe aufzuhelfen, wurde in einer erhaltenen Urkunde vom 14. April 1563 vorgeschlagen 1): Gute und getreue Stahlschmiede -- wo derer in der Stadt Siegen nicht genug zu bekommen und jetzt vor- handen wären -- in die Stadt, doch unvereidet, Stahl zu schmieden anzunehmen und zuzulassen. Ferner nicht allein den Stahl so inner- halb der Stadt Ringmauern geschmiedet, sondern auch andern gut geschmiedeten Stahl, der aus gutem Eisen gemacht worden, zur Erhaltung des Handels in das herrschaftliche Zeichen zu binden etc. -- Vordem hatten also nur die vereidigten Meister in der Stadt Siegen das Recht, ihrem Stahl das herrschaftliche Zeichen aufzuschlagen. Es war dies das Wappen der Grafschaft Vianden. Stahlhämmer mit Wasser- betrieb kamen erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur Ein- führung. Daraus erklärt sich auch eine Angabe aus dem Jahre 1544 über die lange Arbeitszeit beim Stahlschmieden. Es heisst dort näm- lich: "Sechs Centner rar und ein halb Pfund machen einen Karren Stahl. Dazu muss man zu schmieden haben 20 Tage."
In einem Gutachten des Stahlschmiedegewerbes zu Siegen über die Hebung des Stahls von 1567 werden dieselben Vorschläge ge- macht wie oben; ferner dass der Preis von 52 Thaler für den Karren Stahl aufrecht erhalten werden solle, dafür aber auch nur reiner Siegener Chur geliefert und nur dieser mit dem fürstlichen Wappen
1) Siehe Becher, a. a. O., S. 533.
46*
Nassau.
Im wynter nach michel, angehen zu V auren, abgehenn des abends zu VI auren etc. etc.
Der gewöhnliche Tagelohn ohne Kost betrug also nur 3 Albus oder 32½ Pfennig nach unserer Währung im Sommer, dabei dauerte die Arbeitszeit von 4 Uhr morgens bis 7 Uhr abends.
Von damaligen Preisen gibt auch das einen Begriff, daſs 1541 Graf Wilhelm die Blashütte zu Ober-Fischbach für 20 Gulden und 1 Malter Korn kaufte.
Das Stahlschmiedegewerbe im Siegerland behielt im 16. Jahr- hundert noch seinen mittelalterlichen Charakter bei. Die Stahl- schmiede bildeten eine geschlossene Zunft; sie durften das Land nicht verlassen. In den Zunftbriefen von 1504 war schon bestimmt, daſs jeder Stahlschmied schwören muſste, nicht auſser Landes Stahl zu schmieden oder einen Fremden das Handwerk zu lehren. Die Stahlfeuer, die sich meistens innerhalb der festen Mauern der Stadt Siegen selbst befanden, wurden noch mit Hand- oder Tretbälgen be- dient. Um dem in den sechziger Jahren daniederliegenden Stahl- gewerbe aufzuhelfen, wurde in einer erhaltenen Urkunde vom 14. April 1563 vorgeschlagen 1): Gute und getreue Stahlschmiede — wo derer in der Stadt Siegen nicht genug zu bekommen und jetzt vor- handen wären — in die Stadt, doch unvereidet, Stahl zu schmieden anzunehmen und zuzulassen. Ferner nicht allein den Stahl so inner- halb der Stadt Ringmauern geschmiedet, sondern auch andern gut geschmiedeten Stahl, der aus gutem Eisen gemacht worden, zur Erhaltung des Handels in das herrschaftliche Zeichen zu binden etc. — Vordem hatten also nur die vereidigten Meister in der Stadt Siegen das Recht, ihrem Stahl das herrschaftliche Zeichen aufzuschlagen. Es war dies das Wappen der Grafschaft Vianden. Stahlhämmer mit Wasser- betrieb kamen erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur Ein- führung. Daraus erklärt sich auch eine Angabe aus dem Jahre 1544 über die lange Arbeitszeit beim Stahlschmieden. Es heiſst dort näm- lich: „Sechs Centner rar und ein halb Pfund machen einen Karren Stahl. Dazu muſs man zu schmieden haben 20 Tage.“
In einem Gutachten des Stahlschmiedegewerbes zu Siegen über die Hebung des Stahls von 1567 werden dieselben Vorschläge ge- macht wie oben; ferner daſs der Preis von 52 Thaler für den Karren Stahl aufrecht erhalten werden solle, dafür aber auch nur reiner Siegener Chur geliefert und nur dieser mit dem fürstlichen Wappen
1) Siehe Becher, a. a. O., S. 533.
46*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><list><item><list><pbfacs="#f0743"n="723"/><fwplace="top"type="header">Nassau.</fw><lb/><item>Im wynter nach michel, angehen zu V auren, abgehenn des<lb/>
abends zu VI auren etc. etc.</item></list></item></list><lb/><p>Der gewöhnliche Tagelohn ohne Kost betrug also nur 3 Albus<lb/>
oder 32½ Pfennig nach unserer Währung im Sommer, dabei dauerte<lb/>
die Arbeitszeit von 4 Uhr morgens bis 7 Uhr abends.</p><lb/><p>Von damaligen Preisen gibt auch das einen Begriff, daſs 1541<lb/>
Graf Wilhelm die Blashütte zu Ober-Fischbach für 20 Gulden und<lb/>
1 Malter Korn kaufte.</p><lb/><p>Das Stahlschmiedegewerbe im Siegerland behielt im 16. Jahr-<lb/>
hundert noch seinen mittelalterlichen Charakter bei. Die Stahl-<lb/>
schmiede bildeten eine geschlossene Zunft; sie durften das Land<lb/>
nicht verlassen. In den Zunftbriefen von 1504 war schon bestimmt,<lb/>
daſs jeder Stahlschmied schwören muſste, nicht auſser Landes Stahl<lb/>
zu schmieden oder einen Fremden das Handwerk zu lehren. Die<lb/>
Stahlfeuer, die sich meistens innerhalb der festen Mauern der Stadt<lb/>
Siegen selbst befanden, wurden noch mit Hand- oder Tretbälgen be-<lb/>
dient. Um dem in den sechziger Jahren daniederliegenden Stahl-<lb/>
gewerbe aufzuhelfen, wurde in einer erhaltenen Urkunde vom 14. April<lb/>
1563 vorgeschlagen <noteplace="foot"n="1)">Siehe <hirendition="#g">Becher</hi>, a. a. O., S. 533.</note>: Gute und getreue Stahlschmiede — wo derer<lb/><hirendition="#g">in der Stadt Siegen</hi> nicht genug zu bekommen und jetzt vor-<lb/>
handen wären — in die Stadt, doch unvereidet, Stahl zu schmieden<lb/>
anzunehmen und zuzulassen. Ferner nicht allein den Stahl so <hirendition="#g">inner-<lb/>
halb der Stadt Ringmauern</hi> geschmiedet, sondern auch andern<lb/>
gut geschmiedeten Stahl, der aus gutem Eisen gemacht worden, zur<lb/>
Erhaltung des Handels in das herrschaftliche Zeichen zu binden etc. —<lb/>
Vordem hatten also nur die vereidigten Meister in der Stadt Siegen<lb/>
das Recht, ihrem Stahl das herrschaftliche Zeichen aufzuschlagen. Es<lb/>
war dies das Wappen der Grafschaft Vianden. Stahlhämmer mit Wasser-<lb/>
betrieb kamen erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur Ein-<lb/>
führung. Daraus erklärt sich auch eine Angabe aus dem Jahre 1544<lb/>
über die lange Arbeitszeit beim Stahlschmieden. Es heiſst dort näm-<lb/>
lich: „Sechs Centner rar und ein halb Pfund machen einen Karren<lb/>
Stahl. Dazu muſs man zu schmieden haben <hirendition="#g">20 Tage</hi>.“</p><lb/><p>In einem Gutachten des Stahlschmiedegewerbes zu Siegen über<lb/>
die Hebung des Stahls von 1567 werden dieselben Vorschläge ge-<lb/>
macht wie oben; ferner daſs der Preis von 52 Thaler für den Karren<lb/>
Stahl aufrecht erhalten werden solle, dafür aber auch nur reiner<lb/>
Siegener Chur geliefert und nur dieser mit dem fürstlichen Wappen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">46*</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[723/0743]
Nassau.
Im wynter nach michel, angehen zu V auren, abgehenn des
abends zu VI auren etc. etc.
Der gewöhnliche Tagelohn ohne Kost betrug also nur 3 Albus
oder 32½ Pfennig nach unserer Währung im Sommer, dabei dauerte
die Arbeitszeit von 4 Uhr morgens bis 7 Uhr abends.
Von damaligen Preisen gibt auch das einen Begriff, daſs 1541
Graf Wilhelm die Blashütte zu Ober-Fischbach für 20 Gulden und
1 Malter Korn kaufte.
Das Stahlschmiedegewerbe im Siegerland behielt im 16. Jahr-
hundert noch seinen mittelalterlichen Charakter bei. Die Stahl-
schmiede bildeten eine geschlossene Zunft; sie durften das Land
nicht verlassen. In den Zunftbriefen von 1504 war schon bestimmt,
daſs jeder Stahlschmied schwören muſste, nicht auſser Landes Stahl
zu schmieden oder einen Fremden das Handwerk zu lehren. Die
Stahlfeuer, die sich meistens innerhalb der festen Mauern der Stadt
Siegen selbst befanden, wurden noch mit Hand- oder Tretbälgen be-
dient. Um dem in den sechziger Jahren daniederliegenden Stahl-
gewerbe aufzuhelfen, wurde in einer erhaltenen Urkunde vom 14. April
1563 vorgeschlagen 1): Gute und getreue Stahlschmiede — wo derer
in der Stadt Siegen nicht genug zu bekommen und jetzt vor-
handen wären — in die Stadt, doch unvereidet, Stahl zu schmieden
anzunehmen und zuzulassen. Ferner nicht allein den Stahl so inner-
halb der Stadt Ringmauern geschmiedet, sondern auch andern
gut geschmiedeten Stahl, der aus gutem Eisen gemacht worden, zur
Erhaltung des Handels in das herrschaftliche Zeichen zu binden etc. —
Vordem hatten also nur die vereidigten Meister in der Stadt Siegen
das Recht, ihrem Stahl das herrschaftliche Zeichen aufzuschlagen. Es
war dies das Wappen der Grafschaft Vianden. Stahlhämmer mit Wasser-
betrieb kamen erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur Ein-
führung. Daraus erklärt sich auch eine Angabe aus dem Jahre 1544
über die lange Arbeitszeit beim Stahlschmieden. Es heiſst dort näm-
lich: „Sechs Centner rar und ein halb Pfund machen einen Karren
Stahl. Dazu muſs man zu schmieden haben 20 Tage.“
In einem Gutachten des Stahlschmiedegewerbes zu Siegen über
die Hebung des Stahls von 1567 werden dieselben Vorschläge ge-
macht wie oben; ferner daſs der Preis von 52 Thaler für den Karren
Stahl aufrecht erhalten werden solle, dafür aber auch nur reiner
Siegener Chur geliefert und nur dieser mit dem fürstlichen Wappen
1) Siehe Becher, a. a. O., S. 533.
46*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 723. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/743>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.