Als Stückgiesser scheint er hochberühmt gewesen zu sein und als solcher hauptsächlich wurde er von Fürsten und Städten berufen. Er beschreibt die Flammöfen zum Schmelzen des Kanonen- und Glockenmetalles nach den Verbesserungen, die er selbst dabei gemacht und wie er sie konstruiert habe. "Ich will Euch nur von der Art von Öfen sprechen, welche ich ausgeführt habe, so oft ich dazu Ge- legenheit hatte, wobei ich von keiner der oben erwähnten Formen Gebrauch machte, sondern von allen diejenigen Teile nahm, welche mir am zweckmässigsten schienen."
Ebenso beschreibt er Maschinen zum Ausbohren der Geschütze seiner eigenen Erfindung. Er spricht dabei von Erfahrungen, die er an unterschiedlichen Plätzen gemacht habe, wie z. B. zu Florenz, und von verschiedenen von ihm angewendeten Konstruktionen. So bohrte er schwere Stücke aus mittels einer starken Holzspindel, in der acht Bohrmesser eingesetzt waren. Das Riesengeschütz Leofante aber bohrte er mit einem grossen "französischen Bohrer", wahrscheinlich einem Radbohrer, aus.
Aus alledem ersehen wir, dass er ein thätiger, erfindungsreicher Ingenieur war 1). Sein Todestag ist uns ebenso unbekannt, wie der Tag seiner Geburt und wir wissen nicht, wo seine Gebeine beigesetzt worden sind.
Vanuccio Biringuccio war ein Mann der ausübenden Praxis und dies drückt auch seinem Buche den Stempel auf. Es ist nicht in gewähltem Latein geschrieben, wie das des Agricola, sondern in seiner Muttersprache, leichthin erzählend, sogar des Autors toscanischen Dialekt nicht verleugnend. Es ist nicht so gelehrt und im einzelnen durchdacht und abgemessen, wie Agricolas Schriften, aber seine Ausdrucksweise ist gefällig, klar und lebendig. Meisterhaft sind seine Schilderungen und Beschreibungen technischer Vorgänge, anschaulich und unmittelbar, wie dies nur derjenige vermag, welcher die Dinge, die er beschreibt, selbst kennt und erlebt hat. Dabei hält er sich fern von aller Pedanterie und bleibt auch in ausführlichen Einzel- beschreibungen noch fesselnd. Die leichte Briefform unterstützt dies wesentlich. Sie ist zwar nicht ganz streng festgehalten, aber indem der Verfasser immer eine dritte Person anspricht und ihr die Dinge, die er vorträgt, zu verdeutlichen bestrebt ist, wird er von selbst deut- lich und der Leser versetzt sich unwillkürlich an die Stelle des Angeredeten. Der Zweck, zu belehren, liegt schon in dieser Form,
1) Siehe auch Theodor Beck, Civilingenieur, S. 561.
Beck, Geschichte des Eisens. 4
Vanuccio Biringuccio.
Als Stückgieſser scheint er hochberühmt gewesen zu sein und als solcher hauptsächlich wurde er von Fürsten und Städten berufen. Er beschreibt die Flammöfen zum Schmelzen des Kanonen- und Glockenmetalles nach den Verbesserungen, die er selbst dabei gemacht und wie er sie konstruiert habe. „Ich will Euch nur von der Art von Öfen sprechen, welche ich ausgeführt habe, so oft ich dazu Ge- legenheit hatte, wobei ich von keiner der oben erwähnten Formen Gebrauch machte, sondern von allen diejenigen Teile nahm, welche mir am zweckmäſsigsten schienen.“
Ebenso beschreibt er Maschinen zum Ausbohren der Geschütze seiner eigenen Erfindung. Er spricht dabei von Erfahrungen, die er an unterschiedlichen Plätzen gemacht habe, wie z. B. zu Florenz, und von verschiedenen von ihm angewendeten Konstruktionen. So bohrte er schwere Stücke aus mittels einer starken Holzspindel, in der acht Bohrmesser eingesetzt waren. Das Riesengeschütz Leofante aber bohrte er mit einem groſsen „französischen Bohrer“, wahrscheinlich einem Radbohrer, aus.
Aus alledem ersehen wir, daſs er ein thätiger, erfindungsreicher Ingenieur war 1). Sein Todestag ist uns ebenso unbekannt, wie der Tag seiner Geburt und wir wissen nicht, wo seine Gebeine beigesetzt worden sind.
Vanuccio Biringuccio war ein Mann der ausübenden Praxis und dies drückt auch seinem Buche den Stempel auf. Es ist nicht in gewähltem Latein geschrieben, wie das des Agricola, sondern in seiner Muttersprache, leichthin erzählend, sogar des Autors toscanischen Dialekt nicht verleugnend. Es ist nicht so gelehrt und im einzelnen durchdacht und abgemessen, wie Agricolas Schriften, aber seine Ausdrucksweise ist gefällig, klar und lebendig. Meisterhaft sind seine Schilderungen und Beschreibungen technischer Vorgänge, anschaulich und unmittelbar, wie dies nur derjenige vermag, welcher die Dinge, die er beschreibt, selbst kennt und erlebt hat. Dabei hält er sich fern von aller Pedanterie und bleibt auch in ausführlichen Einzel- beschreibungen noch fesselnd. Die leichte Briefform unterstützt dies wesentlich. Sie ist zwar nicht ganz streng festgehalten, aber indem der Verfasser immer eine dritte Person anspricht und ihr die Dinge, die er vorträgt, zu verdeutlichen bestrebt ist, wird er von selbst deut- lich und der Leser versetzt sich unwillkürlich an die Stelle des Angeredeten. Der Zweck, zu belehren, liegt schon in dieser Form,
1) Siehe auch Theodor Beck, Civilingenieur, S. 561.
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Vanuccio Biringuccio.
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Er beschreibt die Flammöfen zum Schmelzen des Kanonen- und
Glockenmetalles nach den Verbesserungen, die er selbst dabei gemacht
und wie er sie konstruiert habe. „Ich will Euch nur von der Art
von Öfen sprechen, welche ich ausgeführt habe, so oft ich dazu Ge-
legenheit hatte, wobei ich von keiner der oben erwähnten Formen
Gebrauch machte, sondern von allen diejenigen Teile nahm, welche
mir am zweckmäſsigsten schienen.“
Ebenso beschreibt er Maschinen zum Ausbohren der Geschütze
seiner eigenen Erfindung. Er spricht dabei von Erfahrungen, die er
an unterschiedlichen Plätzen gemacht habe, wie z. B. zu Florenz, und
von verschiedenen von ihm angewendeten Konstruktionen. So bohrte
er schwere Stücke aus mittels einer starken Holzspindel, in der acht
Bohrmesser eingesetzt waren. Das Riesengeschütz Leofante aber
bohrte er mit einem groſsen „französischen Bohrer“, wahrscheinlich
einem Radbohrer, aus.
Aus alledem ersehen wir, daſs er ein thätiger, erfindungsreicher
Ingenieur war 1). Sein Todestag ist uns ebenso unbekannt, wie der
Tag seiner Geburt und wir wissen nicht, wo seine Gebeine beigesetzt
worden sind.
Vanuccio Biringuccio war ein Mann der ausübenden Praxis
und dies drückt auch seinem Buche den Stempel auf. Es ist nicht
in gewähltem Latein geschrieben, wie das des Agricola, sondern in
seiner Muttersprache, leichthin erzählend, sogar des Autors toscanischen
Dialekt nicht verleugnend. Es ist nicht so gelehrt und im einzelnen
durchdacht und abgemessen, wie Agricolas Schriften, aber seine
Ausdrucksweise ist gefällig, klar und lebendig. Meisterhaft sind seine
Schilderungen und Beschreibungen technischer Vorgänge, anschaulich
und unmittelbar, wie dies nur derjenige vermag, welcher die Dinge,
die er beschreibt, selbst kennt und erlebt hat. Dabei hält er sich
fern von aller Pedanterie und bleibt auch in ausführlichen Einzel-
beschreibungen noch fesselnd. Die leichte Briefform unterstützt dies
wesentlich. Sie ist zwar nicht ganz streng festgehalten, aber indem
der Verfasser immer eine dritte Person anspricht und ihr die Dinge,
die er vorträgt, zu verdeutlichen bestrebt ist, wird er von selbst deut-
lich und der Leser versetzt sich unwillkürlich an die Stelle des
Angeredeten. Der Zweck, zu belehren, liegt schon in dieser Form,
1) Siehe auch Theodor Beck, Civilingenieur, S. 561.
Beck, Geschichte des Eisens. 4
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/69>, abgerufen am 25.11.2024.
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