gedehnten Bergbau kamen auch die Eisenwerke zu grosser Blüte. Im Lechthal waren im Jahre 1472 solche im Gange. Predazzo hatte so wichtige Eisenbergwerke, dass 1490 über 1000 Knappen hier gewesen sein sollen. Im 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts war zu Fulpmes ein fürstlicher Eisenhammer und ein Bergamt. Alt und bedeutend waren die Gruben und Eisen- werke in Pillersee an der Grenze des Pinzgau. Am Pillersee, wo die besten Eisenbergwerke sehr hoch im Gebirge liegen, geschah die Förderung in grossen Säcken von Schweinshaut. Der Knecht fuhr auf dem Sack die steile Bergwand herunter, mit einem langen Stocke, den er rückwärts unter dem Arme hielt und der ihm als Steuerruder wie als Bremse diente. Abgerichtete Hunde trugen die leeren Säcke wieder hinauf. Diese Förderung, welche auch bei andern Bergwerken im Hochgebirge in Anwendung war, beschreibt schon Agricola in de re metallica.
Ferner waren Eisenbergwerke zum Heiligen Kreuz bei Schwatz und zu Puch am Ringenwechsel; zu Kleinboden im Zillerthal, in Aren und in Persen; zu Orsana auf dem Sulz, im Thale Primör. Dem Hochstift Brixen gehörte das Eisenbergwerk zu Valparola in der Herrschaft Andraz oder Puchenstein; dieses hatte sein Hüttenwerk zu Capril, welches schon im venetianischen Gebiete lag. Die Gruben im Montafun gehörten zum Berggerichte Ümbst und die Eisengruben bei Fügen zu St. Pancratz im Zillerthal in die salzburgische Probstei Zell. Zu Aren wurde Magneteisenstein gewonnen.
Die Verhüttung der Erze geschah wie in Steiermark in Stück- öfen. Zu Pillersee wurde Draht gemacht. An der Grenze gegen Italien, wo es viele Eisenhämmer und Hütten gab, wendete man früh eine Art Wassertrommelgebläse an. Der Wind wurde durch einen Wasserfall in einem geschlossenen Raum in die Höhe gedrückt und durch ein hölzernes Rohr dem Feuer zugeleitet. Sterzingen hatte Klingen- und Messerschmiede, Trient war berühmt durch eine be- sondere Art feiner Taschenmesser. Mila oder Mühlach bei Innsbruck war in grossem Rufe wegen seiner Harnischschmiede 1). Hier war die berühmte Plattnerei, welche Kaiser Maximilian bei Innsbruck an- gelegt hatte (siehe oben S. 350), deren Harnische nach allen Ländern Europas gingen.
Auch in Tirol ergriffen die Bergleute und die Gewerken die Reformation mit Begeisterung, doch wurde dieselbe von den öster-
1) Die von Sebast. Münster, Cosmographia L, IV und von Pet. Bertius, Rer. Germ. L, III gerühmt worden.
Tirol.
gedehnten Bergbau kamen auch die Eisenwerke zu groſser Blüte. Im Lechthal waren im Jahre 1472 solche im Gange. Predazzo hatte so wichtige Eisenbergwerke, daſs 1490 über 1000 Knappen hier gewesen sein sollen. Im 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts war zu Fulpmes ein fürstlicher Eisenhammer und ein Bergamt. Alt und bedeutend waren die Gruben und Eisen- werke in Pillersee an der Grenze des Pinzgau. Am Pillersee, wo die besten Eisenbergwerke sehr hoch im Gebirge liegen, geschah die Förderung in groſsen Säcken von Schweinshaut. Der Knecht fuhr auf dem Sack die steile Bergwand herunter, mit einem langen Stocke, den er rückwärts unter dem Arme hielt und der ihm als Steuerruder wie als Bremse diente. Abgerichtete Hunde trugen die leeren Säcke wieder hinauf. Diese Förderung, welche auch bei andern Bergwerken im Hochgebirge in Anwendung war, beschreibt schon Agricola in de re metallica.
Ferner waren Eisenbergwerke zum Heiligen Kreuz bei Schwatz und zu Puch am Ringenwechsel; zu Kleinboden im Zillerthal, in Aren und in Persen; zu Orsana auf dem Sulz, im Thale Primör. Dem Hochstift Brixen gehörte das Eisenbergwerk zu Valparola in der Herrschaft Andraz oder Puchenstein; dieses hatte sein Hüttenwerk zu Capril, welches schon im venetianischen Gebiete lag. Die Gruben im Montafun gehörten zum Berggerichte Ümbst und die Eisengruben bei Fügen zu St. Pancratz im Zillerthal in die salzburgische Probstei Zell. Zu Aren wurde Magneteisenstein gewonnen.
Die Verhüttung der Erze geschah wie in Steiermark in Stück- öfen. Zu Pillersee wurde Draht gemacht. An der Grenze gegen Italien, wo es viele Eisenhämmer und Hütten gab, wendete man früh eine Art Wassertrommelgebläse an. Der Wind wurde durch einen Wasserfall in einem geschlossenen Raum in die Höhe gedrückt und durch ein hölzernes Rohr dem Feuer zugeleitet. Sterzingen hatte Klingen- und Messerschmiede, Trient war berühmt durch eine be- sondere Art feiner Taschenmesser. Mila oder Mühlach bei Innsbruck war in groſsem Rufe wegen seiner Harnischschmiede 1). Hier war die berühmte Plattnerei, welche Kaiser Maximilian bei Innsbruck an- gelegt hatte (siehe oben S. 350), deren Harnische nach allen Ländern Europas gingen.
Auch in Tirol ergriffen die Bergleute und die Gewerken die Reformation mit Begeisterung, doch wurde dieselbe von den öster-
1) Die von Sebast. Münster, Cosmographia L, IV und von Pet. Bertius, Rer. Germ. L, III gerühmt worden.
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Tirol.
gedehnten Bergbau kamen auch die Eisenwerke zu groſser Blüte.
Im Lechthal waren im Jahre 1472 solche im Gange. Predazzo
hatte so wichtige Eisenbergwerke, daſs 1490 über 1000 Knappen
hier gewesen sein sollen. Im 15. und in der ersten Hälfte des
16. Jahrhunderts war zu Fulpmes ein fürstlicher Eisenhammer und
ein Bergamt. Alt und bedeutend waren die Gruben und Eisen-
werke in Pillersee an der Grenze des Pinzgau. Am Pillersee, wo
die besten Eisenbergwerke sehr hoch im Gebirge liegen, geschah
die Förderung in groſsen Säcken von Schweinshaut. Der Knecht
fuhr auf dem Sack die steile Bergwand herunter, mit einem langen
Stocke, den er rückwärts unter dem Arme hielt und der ihm als
Steuerruder wie als Bremse diente. Abgerichtete Hunde trugen die
leeren Säcke wieder hinauf. Diese Förderung, welche auch bei andern
Bergwerken im Hochgebirge in Anwendung war, beschreibt schon
Agricola in de re metallica.
Ferner waren Eisenbergwerke zum Heiligen Kreuz bei Schwatz
und zu Puch am Ringenwechsel; zu Kleinboden im Zillerthal, in Aren
und in Persen; zu Orsana auf dem Sulz, im Thale Primör. Dem
Hochstift Brixen gehörte das Eisenbergwerk zu Valparola in der
Herrschaft Andraz oder Puchenstein; dieses hatte sein Hüttenwerk
zu Capril, welches schon im venetianischen Gebiete lag. Die Gruben
im Montafun gehörten zum Berggerichte Ümbst und die Eisengruben
bei Fügen zu St. Pancratz im Zillerthal in die salzburgische Probstei
Zell. Zu Aren wurde Magneteisenstein gewonnen.
Die Verhüttung der Erze geschah wie in Steiermark in Stück-
öfen. Zu Pillersee wurde Draht gemacht. An der Grenze gegen
Italien, wo es viele Eisenhämmer und Hütten gab, wendete man früh
eine Art Wassertrommelgebläse an. Der Wind wurde durch einen
Wasserfall in einem geschlossenen Raum in die Höhe gedrückt und
durch ein hölzernes Rohr dem Feuer zugeleitet. Sterzingen hatte
Klingen- und Messerschmiede, Trient war berühmt durch eine be-
sondere Art feiner Taschenmesser. Mila oder Mühlach bei Innsbruck
war in groſsem Rufe wegen seiner Harnischschmiede 1). Hier war die
berühmte Plattnerei, welche Kaiser Maximilian bei Innsbruck an-
gelegt hatte (siehe oben S. 350), deren Harnische nach allen Ländern
Europas gingen.
Auch in Tirol ergriffen die Bergleute und die Gewerken die
Reformation mit Begeisterung, doch wurde dieselbe von den öster-
1) Die von Sebast. Münster, Cosmographia L, IV und von Pet. Bertius,
Rer. Germ. L, III gerühmt worden.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 658. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/678>, abgerufen am 22.11.2024.
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