Wielinge, d. h. die Mündung der Westerschelde in Zwin und Damme und andern kleineren Plätzen, Häfen zur Aufnahme grösserer Schiffe darböten; nur ausnahmsweise wagte man sich nach Antwerpen oder Bergen-op-Zoom. Da nun Brügge, wenn auch selbst nicht am Meere gelegen, von altersher durch Verträge mit Sluyz über den Hafen Zwin verfügte, Damme zu seinem Gebiete zählte und mit beiden durch Kanäle in Verbindung stand, so bot sich dieses schon durch die ge- nannten Hafenplätze für alle von der Ostsee nach Westen segelnden Schiffe als den besten Anlaufplatz dar, um so mehr, da diese mit Holz, Getreide u. s. w. befrachteten Schiffe immer schwere Ladung und entsprechenden Tiefgang hatten. Alle Schiffe, die durch den Kanal nach Frankreich, Spanien und nach Lissabon fuhren, legten hier erst an, um Proviant u. s. w. einzunehmen.
Als von Danzig in Flandern eingeführte Waren werden ge- nannt: Wagenschoss, Klappholz, Knarrholz, lange Riemen, Pipenstäbe, Tonnen- und Bogenholz (einmal 1386 auch 4500 Sparren an die von Sluyz zur Befestigung ihrer Stadt), sodann Getreide, namentlich Roggen, roh oder als Mehl, Asche in verschiedenen Sorten, Wachs, Pech, Teer, Rauchwaren, darunter auch Zobel und Marder, Flachs, Garn, namentlich Fischgarn, Osemund, Landeisen und Kupfer. Von Fischen: Störe in Fässern verpackt und Häringe, deren Fang an der flandrischen Küste nach einer amtlichen Erklärung von 1434 in früherer Zeit zu Gunsten der deutschen Kaufleute und erst um diese Zeit gegen eine besondere Abgabe freigegeben wurde; ausserdem noch Seehundsfelle, Bier und Wolle.
Die meisten Waren wurden nach Brügge gebracht, wo von den- selben an das Kontor eine bestimmte Abgabe und zuweilen noch überdies zur Bestreitung besonderer Bedürfnisse ein Pfundgeld zu ent- richten war. Nur selten, scheint es, fanden sich mit den Waren die Eigentümer selbst zum Verkaufe daselbst ein, sondern sie sandten hierzu entweder einen oder mehrere mit Vollmachten versehene "Kaufmannsknechte" mit, oder sie konsignierten die Waren an ihre in Brügge verweilenden "Lieger" (Faktoren, Kommissionäre, Agenten), in der Regel selbständige hanseatische Kaufleute, welche für den Ver- sender den Kauf abschlossen und die Rimessen zuweilen in Wechseln, meist aber in flandrischer Ware entsendeten, worüber von Zeit zu Zeit eine gegenseitige Verrechnung (wedderleging) stattfand. Neben den deutschen "Liegern" spielten die flandrischen Hausbesitzer in den Geschäften der Fremden eine wichtige Rolle, indem sie ihren deut- schen Hausgenossen nicht nur als die gesetzlichen Makler beim Um-
Der Eisenhandel und die deutsche Hansa.
Wielinge, d. h. die Mündung der Westerschelde in Zwin und Damme und andern kleineren Plätzen, Häfen zur Aufnahme gröſserer Schiffe darböten; nur ausnahmsweise wagte man sich nach Antwerpen oder Bergen-op-Zoom. Da nun Brügge, wenn auch selbst nicht am Meere gelegen, von altersher durch Verträge mit Sluyz über den Hafen Zwin verfügte, Damme zu seinem Gebiete zählte und mit beiden durch Kanäle in Verbindung stand, so bot sich dieses schon durch die ge- nannten Hafenplätze für alle von der Ostsee nach Westen segelnden Schiffe als den besten Anlaufplatz dar, um so mehr, da diese mit Holz, Getreide u. s. w. befrachteten Schiffe immer schwere Ladung und entsprechenden Tiefgang hatten. Alle Schiffe, die durch den Kanal nach Frankreich, Spanien und nach Lissabon fuhren, legten hier erst an, um Proviant u. s. w. einzunehmen.
Als von Danzig in Flandern eingeführte Waren werden ge- nannt: Wagenschoſs, Klappholz, Knarrholz, lange Riemen, Pipenstäbe, Tonnen- und Bogenholz (einmal 1386 auch 4500 Sparren an die von Sluyz zur Befestigung ihrer Stadt), sodann Getreide, namentlich Roggen, roh oder als Mehl, Asche in verschiedenen Sorten, Wachs, Pech, Teer, Rauchwaren, darunter auch Zobel und Marder, Flachs, Garn, namentlich Fischgarn, Osemund, Landeisen und Kupfer. Von Fischen: Störe in Fässern verpackt und Häringe, deren Fang an der flandrischen Küste nach einer amtlichen Erklärung von 1434 in früherer Zeit zu Gunsten der deutschen Kaufleute und erst um diese Zeit gegen eine besondere Abgabe freigegeben wurde; auſserdem noch Seehundsfelle, Bier und Wolle.
Die meisten Waren wurden nach Brügge gebracht, wo von den- selben an das Kontor eine bestimmte Abgabe und zuweilen noch überdies zur Bestreitung besonderer Bedürfnisse ein Pfundgeld zu ent- richten war. Nur selten, scheint es, fanden sich mit den Waren die Eigentümer selbst zum Verkaufe daselbst ein, sondern sie sandten hierzu entweder einen oder mehrere mit Vollmachten versehene „Kaufmannsknechte“ mit, oder sie konsignierten die Waren an ihre in Brügge verweilenden „Lieger“ (Faktoren, Kommissionäre, Agenten), in der Regel selbständige hanseatische Kaufleute, welche für den Ver- sender den Kauf abschlossen und die Rimessen zuweilen in Wechseln, meist aber in flandrischer Ware entsendeten, worüber von Zeit zu Zeit eine gegenseitige Verrechnung (wedderleging) stattfand. Neben den deutschen „Liegern“ spielten die flandrischen Hausbesitzer in den Geschäften der Fremden eine wichtige Rolle, indem sie ihren deut- schen Hausgenossen nicht nur als die gesetzlichen Makler beim Um-
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Der Eisenhandel und die deutsche Hansa.
Wielinge, d. h. die Mündung der Westerschelde in Zwin und Damme
und andern kleineren Plätzen, Häfen zur Aufnahme gröſserer Schiffe
darböten; nur ausnahmsweise wagte man sich nach Antwerpen oder
Bergen-op-Zoom. Da nun Brügge, wenn auch selbst nicht am Meere
gelegen, von altersher durch Verträge mit Sluyz über den Hafen Zwin
verfügte, Damme zu seinem Gebiete zählte und mit beiden durch
Kanäle in Verbindung stand, so bot sich dieses schon durch die ge-
nannten Hafenplätze für alle von der Ostsee nach Westen segelnden
Schiffe als den besten Anlaufplatz dar, um so mehr, da diese mit Holz,
Getreide u. s. w. befrachteten Schiffe immer schwere Ladung und
entsprechenden Tiefgang hatten. Alle Schiffe, die durch den Kanal
nach Frankreich, Spanien und nach Lissabon fuhren, legten hier erst
an, um Proviant u. s. w. einzunehmen.
Als von Danzig in Flandern eingeführte Waren werden ge-
nannt: Wagenschoſs, Klappholz, Knarrholz, lange Riemen, Pipenstäbe,
Tonnen- und Bogenholz (einmal 1386 auch 4500 Sparren an die von
Sluyz zur Befestigung ihrer Stadt), sodann Getreide, namentlich
Roggen, roh oder als Mehl, Asche in verschiedenen Sorten, Wachs,
Pech, Teer, Rauchwaren, darunter auch Zobel und Marder, Flachs,
Garn, namentlich Fischgarn, Osemund, Landeisen und Kupfer.
Von Fischen: Störe in Fässern verpackt und Häringe, deren Fang an
der flandrischen Küste nach einer amtlichen Erklärung von 1434 in
früherer Zeit zu Gunsten der deutschen Kaufleute und erst um diese
Zeit gegen eine besondere Abgabe freigegeben wurde; auſserdem noch
Seehundsfelle, Bier und Wolle.
Die meisten Waren wurden nach Brügge gebracht, wo von den-
selben an das Kontor eine bestimmte Abgabe und zuweilen noch
überdies zur Bestreitung besonderer Bedürfnisse ein Pfundgeld zu ent-
richten war. Nur selten, scheint es, fanden sich mit den Waren die
Eigentümer selbst zum Verkaufe daselbst ein, sondern sie sandten
hierzu entweder einen oder mehrere mit Vollmachten versehene
„Kaufmannsknechte“ mit, oder sie konsignierten die Waren an ihre
in Brügge verweilenden „Lieger“ (Faktoren, Kommissionäre, Agenten),
in der Regel selbständige hanseatische Kaufleute, welche für den Ver-
sender den Kauf abschlossen und die Rimessen zuweilen in Wechseln,
meist aber in flandrischer Ware entsendeten, worüber von Zeit zu
Zeit eine gegenseitige Verrechnung (wedderleging) stattfand. Neben
den deutschen „Liegern“ spielten die flandrischen Hausbesitzer in den
Geschäften der Fremden eine wichtige Rolle, indem sie ihren deut-
schen Hausgenossen nicht nur als die gesetzlichen Makler beim Um-
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 588. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/608>, abgerufen am 22.11.2024.
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