nicht etwa "gescholten" war. In ältester Zeit sassen Meister und Gesellen zusammen, später getrennt. Es bildete sich die Bruder- schaft der Gesellen, die getrennt von den Meistern ihre Auflage hielten. Da sie aber Anrecht an der "Lade", d. h. an dem Innungs- vermögen hatten, so kauften sich die Meister durch bares Geld von den Gesellen los und hieraus wurden die Geschenke und Reise- unterstützungen bezahlt. Nicht alle Zünfte gaben Geldgeschenke, auch die Schmiede nicht, obgleich sie sonst zu den geschenkten Handwerken gehörten.
Bei den Auflagen bestanden ebenfalls ganz bestimmte Gebräuche. In Magdeburg ging es beispielsweise folgendermassen zu1): Wenn die Bruderschaft beisammen war, klopfte der Altgeselle mit einem Ham- mer dreimal auf den Tisch und sprach: "Mit Gunst, ihr Gesellen, seid still! Es sind heute sechs Wochen, dass wir zuletzt Auflage gehalten haben; es mag gleich kürzer oder länger sein, so ist hier in Magde- burg Handwerksgebrauch und Gewohnheit, dass wir nicht nach fünf, sondern nach sechs Wochen auf der Herberge zusammenkommen, Umfrage und Auflage halten. Mit Gruss zum erstenmal bei der Buse. Der Knappmeister wird dem ehrbaren Handwerk und mir zu Gefallen die Lade auftragen nach Handwerksgebrauch und Gewohnheit."
Mit allerlei Reden und Ceremonien stellte alsdann der Knapp- meister die Lade auf den Tisch, öffnet sie in vorschriftsmässiger
[Abbildung]
Fig. 195.
Weise und nimmt die darin befindlichen Bücher, sowie Tinte, Feder und Kreide heraus. Alsdann zeichnet er mit Kreide den Gesellenkreis, aus einem inneren ge- schlossenen und einem äusseren offenen bestehend, zwischen welche die Namen der Gesellen eingeschrieben werden. Sodann ruft er die Werkstätten, welche die Auflage zahlen sollen, der Reihe nach auf. Zuletzt werden die fremden Gesellen zum Einschreiben aufgefordert. Der fremde Geselle berührt den Hammer und es folgt der oben erwähnte Gesellengruss. Nur ein "gemachter" Geselle konnte an der Auflage teilnehmen. War er noch nicht unter den vorgeschriebenen Formeln losgesprochen, so galt er als Jünger, wenn er auch als Geselle oder Knecht bei einem Meister um Wochenlohn arbeitete. Solcher durfte
1) Siehe C. L. Stock, Grundzüge der gesellschaftlichen Verfassung, S. 77 und Berlepsch, a. a. O., S. 65.
Zünfte der Eisenarbeiter.
nicht etwa „gescholten“ war. In ältester Zeit saſsen Meister und Gesellen zusammen, später getrennt. Es bildete sich die Bruder- schaft der Gesellen, die getrennt von den Meistern ihre Auflage hielten. Da sie aber Anrecht an der „Lade“, d. h. an dem Innungs- vermögen hatten, so kauften sich die Meister durch bares Geld von den Gesellen los und hieraus wurden die Geschenke und Reise- unterstützungen bezahlt. Nicht alle Zünfte gaben Geldgeschenke, auch die Schmiede nicht, obgleich sie sonst zu den geschenkten Handwerken gehörten.
Bei den Auflagen bestanden ebenfalls ganz bestimmte Gebräuche. In Magdeburg ging es beispielsweise folgendermaſsen zu1): Wenn die Bruderschaft beisammen war, klopfte der Altgeselle mit einem Ham- mer dreimal auf den Tisch und sprach: „Mit Gunst, ihr Gesellen, seid still! Es sind heute sechs Wochen, daſs wir zuletzt Auflage gehalten haben; es mag gleich kürzer oder länger sein, so ist hier in Magde- burg Handwerksgebrauch und Gewohnheit, daſs wir nicht nach fünf, sondern nach sechs Wochen auf der Herberge zusammenkommen, Umfrage und Auflage halten. Mit Gruſs zum erstenmal bei der Buse. Der Knappmeister wird dem ehrbaren Handwerk und mir zu Gefallen die Lade auftragen nach Handwerksgebrauch und Gewohnheit.“
Mit allerlei Reden und Ceremonien stellte alsdann der Knapp- meister die Lade auf den Tisch, öffnet sie in vorschriftsmäſsiger
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Fig. 195.
Weise und nimmt die darin befindlichen Bücher, sowie Tinte, Feder und Kreide heraus. Alsdann zeichnet er mit Kreide den Gesellenkreis, aus einem inneren ge- schlossenen und einem äuſseren offenen bestehend, zwischen welche die Namen der Gesellen eingeschrieben werden. Sodann ruft er die Werkstätten, welche die Auflage zahlen sollen, der Reihe nach auf. Zuletzt werden die fremden Gesellen zum Einschreiben aufgefordert. Der fremde Geselle berührt den Hammer und es folgt der oben erwähnte Gesellengruſs. Nur ein „gemachter“ Geselle konnte an der Auflage teilnehmen. War er noch nicht unter den vorgeschriebenen Formeln losgesprochen, so galt er als Jünger, wenn er auch als Geselle oder Knecht bei einem Meister um Wochenlohn arbeitete. Solcher durfte
1) Siehe C. L. Stock, Grundzüge der gesellschaftlichen Verfassung, S. 77 und Berlepsch, a. a. O., S. 65.
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[564/0584]
Zünfte der Eisenarbeiter.
nicht etwa „gescholten“ war. In ältester Zeit saſsen Meister und
Gesellen zusammen, später getrennt. Es bildete sich die Bruder-
schaft der Gesellen, die getrennt von den Meistern ihre Auflage
hielten. Da sie aber Anrecht an der „Lade“, d. h. an dem Innungs-
vermögen hatten, so kauften sich die Meister durch bares Geld
von den Gesellen los und hieraus wurden die Geschenke und Reise-
unterstützungen bezahlt. Nicht alle Zünfte gaben Geldgeschenke,
auch die Schmiede nicht, obgleich sie sonst zu den geschenkten
Handwerken gehörten.
Bei den Auflagen bestanden ebenfalls ganz bestimmte Gebräuche.
In Magdeburg ging es beispielsweise folgendermaſsen zu 1): Wenn die
Bruderschaft beisammen war, klopfte der Altgeselle mit einem Ham-
mer dreimal auf den Tisch und sprach: „Mit Gunst, ihr Gesellen, seid
still! Es sind heute sechs Wochen, daſs wir zuletzt Auflage gehalten
haben; es mag gleich kürzer oder länger sein, so ist hier in Magde-
burg Handwerksgebrauch und Gewohnheit, daſs wir nicht nach fünf,
sondern nach sechs Wochen auf der Herberge zusammenkommen,
Umfrage und Auflage halten. Mit Gruſs zum erstenmal bei der Buse.
Der Knappmeister wird dem ehrbaren Handwerk und mir zu Gefallen
die Lade auftragen nach Handwerksgebrauch und Gewohnheit.“
Mit allerlei Reden und Ceremonien stellte alsdann der Knapp-
meister die Lade auf den Tisch, öffnet sie in vorschriftsmäſsiger
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Bücher, sowie Tinte, Feder und Kreide
heraus. Alsdann zeichnet er mit Kreide
den Gesellenkreis, aus einem inneren ge-
schlossenen und einem äuſseren offenen
bestehend, zwischen welche die Namen der
Gesellen eingeschrieben werden. Sodann
ruft er die Werkstätten, welche die Auflage
zahlen sollen, der Reihe nach auf. Zuletzt
werden die fremden Gesellen zum Einschreiben aufgefordert. Der
fremde Geselle berührt den Hammer und es folgt der oben erwähnte
Gesellengruſs. Nur ein „gemachter“ Geselle konnte an der Auflage
teilnehmen. War er noch nicht unter den vorgeschriebenen Formeln
losgesprochen, so galt er als Jünger, wenn er auch als Geselle oder
Knecht bei einem Meister um Wochenlohn arbeitete. Solcher durfte
1) Siehe C. L. Stock, Grundzüge der gesellschaftlichen Verfassung, S. 77
und Berlepsch, a. a. O., S. 65.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/584>, abgerufen am 25.11.2024.
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