an die Überlegenheit der schmiedeisernen Geschütze, namentlich langer Schlangen, und hielt an deren Herstellung mit der ihm eigen- tümlichen Hartnäckigkeit fest, obgleich seine Zeitgenossen nichts davon wissen wollten. Besondere Erfolge hat er mit seinen grossen Geschützen allerdings nicht erzielt. -- Algernon, der Landesfiskal des Herzogs, berichtet darüber: "Es haben auch seine fürstlichen Gnaden unter andern geschmiedeten Stücken und Doppelhaken, nach dieser Zeit zu Gittelde erstlich ein Stück zu 16 Schuhen, der eiserne Wildemann genannt, und hernach eine Feldschlange 36 Fuss lang, mit einem Keil von hinten zu laden, von eitlem, zwei- geschmolzenem Eisen auf einen eigenen Block schmieden und anhero (nach Wolfenbüttel) führen, auch in meinem Beiseyn aus der Schlange auf dem Mühlenberge hinter dem Schloss nach Bleckenstedt hinaus, drei Schüsse nach einander thun lassen, da der neue Keil im ersten Schuss zerbrach und ein alter aus dem Zeughause geholt ward, der die beiden andern Schüsse aushielt und noch darinnen steckt, und liegt die Schlange noch daselbst, nach Braunschweig hinaus auf zwei eisernen Rädern, die S. F. Gn. noch zu Gittelde hat giessen lassen. Die ebengedachten Schüsse gingen neben Hallendorf ins Holz hinein, eine gute Weile wegs unter der Festung ins Wasser." -- Die beiden Rohre erlebten mancherlei Schicksale, wovon später noch Erwähnung geschehen wird. Nach manchen Irrfahrten fand endlich das erst- genannte Geschütz, der wilde Mann, seine Ruhestätte in der Waffen- sammlung des Königl. Zeughauses zu Berlin. Das Rohr ist aus spiralförmig aufgerollten Eisenstücken geschweisst und geschmiedet 1). Es hat eine Länge von 5,78 m und einen Drachenkopf zur Mündung. Im Katalog des Königl. Zeughauses findet sich unter Nr. 39 der Geschütz-Sammlung folgende Beschreibung: "Braunschweigisches vierundzwanzigpfündiges eisernes Hinterladungsgeschütz." "Auf dem langen Felde unter einer Herzogskrone befinden sich die grossen lateinischen Buchstaben H. J. (Herzog Julius), daneben die Jahreszahl 15--86, darunter in einer kranzartigen Umrahmung der Harzer wilde Mann, darüber ein Band mit der teilweise ausgerosteten In- schrift:
ICH HEIS DER WILDE M(an) UND (breche was nicht) BIEGEN KAN.
Am unteren Ende des langen Feldes auf dem achteckigen Teil des Geschützes liest man:
1) Siehe Dr. H. Wedding, Beiträge zur Geschichte des Eisenhüttenwesens im Harz, in der Zeitschrift des Harzvereins, Bd. XIV, S. 10.
Beck, Geschichte des Eisens. 29
Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
an die Überlegenheit der schmiedeisernen Geschütze, namentlich langer Schlangen, und hielt an deren Herstellung mit der ihm eigen- tümlichen Hartnäckigkeit fest, obgleich seine Zeitgenossen nichts davon wissen wollten. Besondere Erfolge hat er mit seinen groſsen Geschützen allerdings nicht erzielt. — Algernon, der Landesfiskal des Herzogs, berichtet darüber: „Es haben auch seine fürstlichen Gnaden unter andern geschmiedeten Stücken und Doppelhaken, nach dieser Zeit zu Gittelde erstlich ein Stück zu 16 Schuhen, der eiserne Wildemann genannt, und hernach eine Feldschlange 36 Fuſs lang, mit einem Keil von hinten zu laden, von eitlem, zwei- geschmolzenem Eisen auf einen eigenen Block schmieden und anhero (nach Wolfenbüttel) führen, auch in meinem Beiseyn aus der Schlange auf dem Mühlenberge hinter dem Schloſs nach Bleckenstedt hinaus, drei Schüsse nach einander thun lassen, da der neue Keil im ersten Schuſs zerbrach und ein alter aus dem Zeughause geholt ward, der die beiden andern Schüsse aushielt und noch darinnen steckt, und liegt die Schlange noch daselbst, nach Braunschweig hinaus auf zwei eisernen Rädern, die S. F. Gn. noch zu Gittelde hat gieſsen lassen. Die ebengedachten Schüsse gingen neben Hallendorf ins Holz hinein, eine gute Weile wegs unter der Festung ins Wasser.“ — Die beiden Rohre erlebten mancherlei Schicksale, wovon später noch Erwähnung geschehen wird. Nach manchen Irrfahrten fand endlich das erst- genannte Geschütz, der wilde Mann, seine Ruhestätte in der Waffen- sammlung des Königl. Zeughauses zu Berlin. Das Rohr ist aus spiralförmig aufgerollten Eisenstücken geschweiſst und geschmiedet 1). Es hat eine Länge von 5,78 m und einen Drachenkopf zur Mündung. Im Katalog des Königl. Zeughauses findet sich unter Nr. 39 der Geschütz-Sammlung folgende Beschreibung: „Braunschweigisches vierundzwanzigpfündiges eisernes Hinterladungsgeschütz.“ „Auf dem langen Felde unter einer Herzogskrone befinden sich die groſsen lateinischen Buchstaben H. J. (Herzog Julius), daneben die Jahreszahl 15—86, darunter in einer kranzartigen Umrahmung der Harzer wilde Mann, darüber ein Band mit der teilweise ausgerosteten In- schrift:
ICH HEIS DER WILDE M(an) UND (breche was nicht) BIEGEN KAN.
Am unteren Ende des langen Feldes auf dem achteckigen Teil des Geschützes liest man:
1) Siehe Dr. H. Wedding, Beiträge zur Geschichte des Eisenhüttenwesens im Harz, in der Zeitschrift des Harzvereins, Bd. XIV, S. 10.
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Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
an die Überlegenheit der schmiedeisernen Geschütze, namentlich
langer Schlangen, und hielt an deren Herstellung mit der ihm eigen-
tümlichen Hartnäckigkeit fest, obgleich seine Zeitgenossen nichts
davon wissen wollten. Besondere Erfolge hat er mit seinen groſsen
Geschützen allerdings nicht erzielt. — Algernon, der Landesfiskal
des Herzogs, berichtet darüber: „Es haben auch seine fürstlichen
Gnaden unter andern geschmiedeten Stücken und Doppelhaken, nach
dieser Zeit zu Gittelde erstlich ein Stück zu 16 Schuhen, der eiserne
Wildemann genannt, und hernach eine Feldschlange 36 Fuſs lang,
mit einem Keil von hinten zu laden, von eitlem, zwei-
geschmolzenem Eisen auf einen eigenen Block schmieden und anhero
(nach Wolfenbüttel) führen, auch in meinem Beiseyn aus der Schlange
auf dem Mühlenberge hinter dem Schloſs nach Bleckenstedt hinaus,
drei Schüsse nach einander thun lassen, da der neue Keil im ersten
Schuſs zerbrach und ein alter aus dem Zeughause geholt ward, der
die beiden andern Schüsse aushielt und noch darinnen steckt, und
liegt die Schlange noch daselbst, nach Braunschweig hinaus auf zwei
eisernen Rädern, die S. F. Gn. noch zu Gittelde hat gieſsen lassen.
Die ebengedachten Schüsse gingen neben Hallendorf ins Holz hinein,
eine gute Weile wegs unter der Festung ins Wasser.“ — Die beiden
Rohre erlebten mancherlei Schicksale, wovon später noch Erwähnung
geschehen wird. Nach manchen Irrfahrten fand endlich das erst-
genannte Geschütz, der wilde Mann, seine Ruhestätte in der Waffen-
sammlung des Königl. Zeughauses zu Berlin. Das Rohr ist aus
spiralförmig aufgerollten Eisenstücken geschweiſst und geschmiedet 1).
Es hat eine Länge von 5,78 m und einen Drachenkopf zur Mündung.
Im Katalog des Königl. Zeughauses findet sich unter Nr. 39 der
Geschütz-Sammlung folgende Beschreibung: „Braunschweigisches
vierundzwanzigpfündiges eisernes Hinterladungsgeschütz.“ „Auf dem
langen Felde unter einer Herzogskrone befinden sich die groſsen
lateinischen Buchstaben H. J. (Herzog Julius), daneben die Jahreszahl
15—86, darunter in einer kranzartigen Umrahmung der Harzer
wilde Mann, darüber ein Band mit der teilweise ausgerosteten In-
schrift:
ICH HEIS DER WILDE M(an)
UND (breche was nicht) BIEGEN KAN.
Am unteren Ende des langen Feldes auf dem achteckigen Teil
des Geschützes liest man:
1) Siehe Dr. H. Wedding, Beiträge zur Geschichte des Eisenhüttenwesens im
Harz, in der Zeitschrift des Harzvereins, Bd. XIV, S. 10.
Beck, Geschichte des Eisens. 29
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/469>, abgerufen am 22.11.2024.
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