Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Österreich die Schmiede, welche sich dazu hergaben, die Sensen indieser Weise in Waffen umzugestalten, mit dem Tode bestraft. Das eigentümliche Sensenschwert mit einem Kalender in Runen- Alle diese Sensen und Sensenwaffen waren mit der Hand ge- [Abbildung]
Fig. 132. selbst aussuchen und verschmieden. Wohl erst inder zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ging man dazu über, das Schmieden mit Wasserhämmern in dem so- genannten "Sensenhammer" oder der "Blattschmiede" vorzunehmen. In Steiermark, das wegen seiner blauen Sensen in ganz Europa berühmt war, machte man dieselben aus Mock und Kernstahl oder Rohstahl. Beide wurden zu flachen Stäben ausgereckt, doch schmiedete man die Stahlstäbe dünner aus. Alsdann wurden sie in Stücke von etwa 4 Zoll abgehauen, doch so, dass die Stückchen Stahl kürzer waren, als die Stückchen Mock. Von beiden Sorten wurden nun je ein Stück aufeinander gelegt und mit der Feuer- zange gefasst und zwar so, dass sie oben gleich waren, an der unteren Seite also der Mock überstand. Sie erhielten Schweisshitze und wurden unter dem Hammer ganz gemacht und ausgereckt, wobei man es nach vorn etwas dünner ausschmiedete. Alsdann wurde eine zweite Schweisshitze gegeben und das Stück vollends dergestalt gereckt, dass es nach hinten immer etwas stärker und breiter wurde und auch zugleich der Winkel entstand, den man den "Hamm" nannte und welcher meistens aus dem hervorragenden Stück Mock bestand. Das ausgereckte Stück wurde eine "Schiene" genannt. Diese wurde zunächst an ihrem vorderen Teil in einer kleinen Esse rotwarm und mit einem Handhammer etwas spitzig gemacht. Alsdann bekam sie eine neue Hitze und wurde unter dem Wasserhammer ausgebreitet, wobei sie die Gestalt der Sense erhielt. Der Rücken, der aus Mock bestand, wurde alsdann mit Handhämmern fertig gemacht, ebenso die Spitze und die Schneide, welche vorn gerade geschnitten, auch etwas wenig und sehr stumpf zugeschliffen wurde. Zuletzt wurde sie unter einem kleinen, sehr schnell getriebenen Wasserhammer noch- Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Österreich die Schmiede, welche sich dazu hergaben, die Sensen indieser Weise in Waffen umzugestalten, mit dem Tode bestraft. Das eigentümliche Sensenschwert mit einem Kalender in Runen- Alle diese Sensen und Sensenwaffen waren mit der Hand ge- [Abbildung]
Fig. 132. selbst aussuchen und verschmieden. Wohl erst inder zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ging man dazu über, das Schmieden mit Wasserhämmern in dem so- genannten „Sensenhammer“ oder der „Blattschmiede“ vorzunehmen. In Steiermark, das wegen seiner blauen Sensen in ganz Europa berühmt war, machte man dieselben aus Mock und Kernstahl oder Rohstahl. Beide wurden zu flachen Stäben ausgereckt, doch schmiedete man die Stahlstäbe dünner aus. Alsdann wurden sie in Stücke von etwa 4 Zoll abgehauen, doch so, daſs die Stückchen Stahl kürzer waren, als die Stückchen Mock. Von beiden Sorten wurden nun je ein Stück aufeinander gelegt und mit der Feuer- zange gefaſst und zwar so, daſs sie oben gleich waren, an der unteren Seite also der Mock überstand. Sie erhielten Schweiſshitze und wurden unter dem Hammer ganz gemacht und ausgereckt, wobei man es nach vorn etwas dünner ausschmiedete. Alsdann wurde eine zweite Schweiſshitze gegeben und das Stück vollends dergestalt gereckt, daſs es nach hinten immer etwas stärker und breiter wurde und auch zugleich der Winkel entstand, den man den „Hamm“ nannte und welcher meistens aus dem hervorragenden Stück Mock bestand. Das ausgereckte Stück wurde eine „Schiene“ genannt. Diese wurde zunächst an ihrem vorderen Teil in einer kleinen Esse rotwarm und mit einem Handhammer etwas spitzig gemacht. Alsdann bekam sie eine neue Hitze und wurde unter dem Wasserhammer ausgebreitet, wobei sie die Gestalt der Sense erhielt. Der Rücken, der aus Mock bestand, wurde alsdann mit Handhämmern fertig gemacht, ebenso die Spitze und die Schneide, welche vorn gerade geschnitten, auch etwas wenig und sehr stumpf zugeschliffen wurde. Zuletzt wurde sie unter einem kleinen, sehr schnell getriebenen Wasserhammer noch- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0442" n="422"/><fw place="top" type="header">Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.</fw><lb/> Österreich die Schmiede, welche sich dazu hergaben, die Sensen in<lb/> dieser Weise in Waffen umzugestalten, mit dem Tode bestraft.</p><lb/> <p>Das eigentümliche Sensenschwert mit einem Kalender in Runen-<lb/> schrift, welches der Bauernführer und Wiedertäufer <hi rendition="#g">Thomas<lb/> Münster</hi>, der 1525 hingerichtet wurde, trug, befindet sich in dem<lb/> historischen Museum zu Dresden.</p><lb/> <p>Alle diese Sensen und Sensenwaffen waren mit der Hand ge-<lb/> schmiedet und muſsten sich die Schmiede das Eisen und den Stahl dazu<lb/><figure><head>Fig. 132.</head></figure><lb/> selbst aussuchen und verschmieden. Wohl erst in<lb/> der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ging man dazu<lb/> über, das Schmieden mit Wasserhämmern in dem so-<lb/> genannten „Sensenhammer“ oder der „Blattschmiede“<lb/> vorzunehmen. In <hi rendition="#g">Steiermark</hi>, das wegen seiner<lb/><hi rendition="#g">blauen Sensen</hi> in ganz Europa berühmt war, machte<lb/> man dieselben aus Mock und Kernstahl oder Rohstahl.<lb/> Beide wurden zu flachen Stäben ausgereckt, doch<lb/> schmiedete man die Stahlstäbe dünner aus. Alsdann<lb/> wurden sie in Stücke von etwa 4 Zoll abgehauen,<lb/> doch so, daſs die Stückchen Stahl kürzer waren, als<lb/> die Stückchen Mock. Von beiden Sorten wurden nun<lb/> je ein Stück aufeinander gelegt und mit der Feuer-<lb/> zange gefaſst und zwar so, daſs sie oben gleich waren,<lb/> an der unteren Seite also der Mock überstand. Sie<lb/> erhielten Schweiſshitze und wurden unter dem Hammer<lb/> ganz gemacht und ausgereckt, wobei man es nach<lb/> vorn etwas dünner ausschmiedete. Alsdann wurde<lb/> eine zweite Schweiſshitze gegeben und das Stück<lb/> vollends dergestalt gereckt, daſs es nach hinten immer<lb/> etwas stärker und breiter wurde und auch zugleich der<lb/> Winkel entstand, den man den „Hamm“ nannte<lb/> und welcher meistens aus dem hervorragenden Stück Mock bestand.<lb/> Das ausgereckte Stück wurde eine „Schiene“ genannt. Diese wurde<lb/> zunächst an ihrem vorderen Teil in einer kleinen Esse rotwarm und<lb/> mit einem Handhammer etwas spitzig gemacht. Alsdann bekam sie<lb/> eine neue Hitze und wurde unter dem Wasserhammer ausgebreitet,<lb/> wobei sie die Gestalt der Sense erhielt. Der Rücken, der aus Mock<lb/> bestand, wurde alsdann mit Handhämmern fertig gemacht, ebenso<lb/> die Spitze und die Schneide, welche vorn gerade geschnitten, auch<lb/> etwas wenig und sehr stumpf zugeschliffen wurde. Zuletzt wurde sie<lb/> unter einem kleinen, sehr schnell getriebenen Wasserhammer noch-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [422/0442]
Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
Österreich die Schmiede, welche sich dazu hergaben, die Sensen in
dieser Weise in Waffen umzugestalten, mit dem Tode bestraft.
Das eigentümliche Sensenschwert mit einem Kalender in Runen-
schrift, welches der Bauernführer und Wiedertäufer Thomas
Münster, der 1525 hingerichtet wurde, trug, befindet sich in dem
historischen Museum zu Dresden.
Alle diese Sensen und Sensenwaffen waren mit der Hand ge-
schmiedet und muſsten sich die Schmiede das Eisen und den Stahl dazu
[Abbildung Fig. 132.]
selbst aussuchen und verschmieden. Wohl erst in
der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ging man dazu
über, das Schmieden mit Wasserhämmern in dem so-
genannten „Sensenhammer“ oder der „Blattschmiede“
vorzunehmen. In Steiermark, das wegen seiner
blauen Sensen in ganz Europa berühmt war, machte
man dieselben aus Mock und Kernstahl oder Rohstahl.
Beide wurden zu flachen Stäben ausgereckt, doch
schmiedete man die Stahlstäbe dünner aus. Alsdann
wurden sie in Stücke von etwa 4 Zoll abgehauen,
doch so, daſs die Stückchen Stahl kürzer waren, als
die Stückchen Mock. Von beiden Sorten wurden nun
je ein Stück aufeinander gelegt und mit der Feuer-
zange gefaſst und zwar so, daſs sie oben gleich waren,
an der unteren Seite also der Mock überstand. Sie
erhielten Schweiſshitze und wurden unter dem Hammer
ganz gemacht und ausgereckt, wobei man es nach
vorn etwas dünner ausschmiedete. Alsdann wurde
eine zweite Schweiſshitze gegeben und das Stück
vollends dergestalt gereckt, daſs es nach hinten immer
etwas stärker und breiter wurde und auch zugleich der
Winkel entstand, den man den „Hamm“ nannte
und welcher meistens aus dem hervorragenden Stück Mock bestand.
Das ausgereckte Stück wurde eine „Schiene“ genannt. Diese wurde
zunächst an ihrem vorderen Teil in einer kleinen Esse rotwarm und
mit einem Handhammer etwas spitzig gemacht. Alsdann bekam sie
eine neue Hitze und wurde unter dem Wasserhammer ausgebreitet,
wobei sie die Gestalt der Sense erhielt. Der Rücken, der aus Mock
bestand, wurde alsdann mit Handhämmern fertig gemacht, ebenso
die Spitze und die Schneide, welche vorn gerade geschnitten, auch
etwas wenig und sehr stumpf zugeschliffen wurde. Zuletzt wurde sie
unter einem kleinen, sehr schnell getriebenen Wasserhammer noch-
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