und 1/4 Zoll dick aus. Der warm gemachte Stahl wurde auf die Kneipen eines Schraubstocks gelegt und mit einem stumpfen Meissel zusammengerollt. In diesen aufgerollten Stahl wurde ein dünnes Rundeisen gesteckt, beides zusammengeschweisst und mit dem Hammer auf dem Amboss zu einer Klinge ausgestreckt. Der Rücken entstand auf der Seite, wo beide Enden des aufgerollten Stückes zusammen-
[Abbildung]
Fig. 129.
[Abbildung]
Italienische Messer nach Bart. Scappi vom Jahre 1570.
stiessen, die Schneide auf der ent- gegengesetzten Seite. Hierauf hieb der Arbeiter die im Groben gebildete Klinge von der Eisenstange ab, indem er von letzterer nur ein Stück für die Angel stehen liess. Alsdann wurde das ganze Messer wieder rot- warm gemacht, die Klinge in das Loch des Stammeisens gesteckt, der aus- gehöhlte Stempel auf die Angel ge- setzt und durch einige Schläge des Hammers auf den Stempel die Scheibe oder der Absatz unter der Klinge gebildet. Nachdem die Klinge mit der Feile oder auf dem Schleifsteine nachgearbeitet worden war, wurde sie gehärtet. Da sie sich hierbei in den meisten Fällen warf, musste sie auf dem Amboss mit dem Richt- hammer wieder gerade geschlagen werden. Alsdann wurde sie fertig ge- schliffen und poliert und abgezogen.
Feinere Messer, sowie die chirurgischen Instrumente wurden aus ausgesuchtem, bestem Stahl hergestellt.
Zu der Thätigkeit der Messerschmiede gehörte ferner die An- fertigung der Gabeln und der Scheren.
Es wurde bereits erwähnt, dass Gabeln zum Essen erst sehr spät in Gebrauch gekommen sind. Im Mittelalter kannte man in der Küche nur die grosse zweizinkige Vorleggabel, um einen Braten zu wenden oder aus dem Topfe zu heben, auch benutzte man in fürstlichen Häusern in Frankreich Gabeln (furchestes), um Birnen und Äpfel beim Schälen zu halten; dieselben waren meist von Silber oder Gold 1). Die Sitte, Speisen mit einer Gabel zum Munde zu
1) Siehe Weiss, Kostümkunde, Bd. V, S. 438.
Beck, Geschichte des Eisens. 27
Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
und ¼ Zoll dick aus. Der warm gemachte Stahl wurde auf die Kneipen eines Schraubstocks gelegt und mit einem stumpfen Meiſsel zusammengerollt. In diesen aufgerollten Stahl wurde ein dünnes Rundeisen gesteckt, beides zusammengeschweiſst und mit dem Hammer auf dem Amboſs zu einer Klinge ausgestreckt. Der Rücken entstand auf der Seite, wo beide Enden des aufgerollten Stückes zusammen-
[Abbildung]
Fig. 129.
[Abbildung]
Italienische Messer nach Bart. Scappi vom Jahre 1570.
stieſsen, die Schneide auf der ent- gegengesetzten Seite. Hierauf hieb der Arbeiter die im Groben gebildete Klinge von der Eisenstange ab, indem er von letzterer nur ein Stück für die Angel stehen lieſs. Alsdann wurde das ganze Messer wieder rot- warm gemacht, die Klinge in das Loch des Stammeisens gesteckt, der aus- gehöhlte Stempel auf die Angel ge- setzt und durch einige Schläge des Hammers auf den Stempel die Scheibe oder der Absatz unter der Klinge gebildet. Nachdem die Klinge mit der Feile oder auf dem Schleifsteine nachgearbeitet worden war, wurde sie gehärtet. Da sie sich hierbei in den meisten Fällen warf, muſste sie auf dem Amboſs mit dem Richt- hammer wieder gerade geschlagen werden. Alsdann wurde sie fertig ge- schliffen und poliert und abgezogen.
Feinere Messer, sowie die chirurgischen Instrumente wurden aus ausgesuchtem, bestem Stahl hergestellt.
Zu der Thätigkeit der Messerschmiede gehörte ferner die An- fertigung der Gabeln und der Scheren.
Es wurde bereits erwähnt, daſs Gabeln zum Essen erst sehr spät in Gebrauch gekommen sind. Im Mittelalter kannte man in der Küche nur die groſse zweizinkige Vorleggabel, um einen Braten zu wenden oder aus dem Topfe zu heben, auch benutzte man in fürstlichen Häusern in Frankreich Gabeln (furchestes), um Birnen und Äpfel beim Schälen zu halten; dieselben waren meist von Silber oder Gold 1). Die Sitte, Speisen mit einer Gabel zum Munde zu
1) Siehe Weiſs, Kostümkunde, Bd. V, S. 438.
Beck, Geschichte des Eisens. 27
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0437"n="417"/><fwplace="top"type="header">Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.</fw><lb/>
und ¼ Zoll dick aus. Der warm gemachte Stahl wurde auf die<lb/>
Kneipen eines Schraubstocks gelegt und mit einem stumpfen Meiſsel<lb/>
zusammengerollt. In diesen aufgerollten Stahl wurde ein dünnes<lb/>
Rundeisen gesteckt, beides zusammengeschweiſst und mit dem Hammer<lb/>
auf dem Amboſs zu einer Klinge ausgestreckt. Der Rücken entstand<lb/>
auf der Seite, wo beide Enden des aufgerollten Stückes zusammen-<lb/><figure><head>Fig. 129.</head></figure><lb/><figure><p>Italienische Messer nach <hirendition="#g">Bart.<lb/>
Scappi</hi> vom Jahre 1570.</p></figure><lb/>
stieſsen, die Schneide auf der ent-<lb/>
gegengesetzten Seite. Hierauf hieb<lb/>
der Arbeiter die im Groben gebildete<lb/>
Klinge von der Eisenstange ab,<lb/>
indem er von letzterer nur ein Stück<lb/>
für die Angel stehen lieſs. Alsdann<lb/>
wurde das ganze Messer wieder rot-<lb/>
warm gemacht, die Klinge in das Loch<lb/>
des Stammeisens gesteckt, der aus-<lb/>
gehöhlte Stempel auf die Angel ge-<lb/>
setzt und durch einige Schläge des<lb/>
Hammers auf den Stempel die Scheibe<lb/>
oder der Absatz unter der Klinge<lb/>
gebildet. Nachdem die Klinge mit<lb/>
der Feile oder auf dem Schleifsteine<lb/>
nachgearbeitet worden war, wurde<lb/>
sie gehärtet. Da sie sich hierbei in<lb/>
den meisten Fällen warf, muſste sie<lb/>
auf dem Amboſs mit dem Richt-<lb/>
hammer wieder gerade geschlagen<lb/>
werden. Alsdann wurde sie fertig ge-<lb/>
schliffen und poliert und abgezogen.</p><lb/><p>Feinere Messer, sowie die chirurgischen Instrumente wurden aus<lb/>
ausgesuchtem, bestem Stahl hergestellt.</p><lb/><p>Zu der Thätigkeit der Messerschmiede gehörte ferner die An-<lb/>
fertigung der Gabeln und der Scheren.</p><lb/><p>Es wurde bereits erwähnt, daſs <hirendition="#g">Gabeln</hi> zum Essen erst sehr<lb/>
spät in Gebrauch gekommen sind. Im Mittelalter kannte man in<lb/>
der Küche nur die groſse zweizinkige Vorleggabel, um einen Braten<lb/>
zu wenden oder aus dem Topfe zu heben, auch benutzte man in<lb/>
fürstlichen Häusern in Frankreich Gabeln (furchestes), um Birnen<lb/>
und Äpfel beim Schälen zu halten; dieselben waren meist von Silber<lb/>
oder Gold <noteplace="foot"n="1)">Siehe <hirendition="#g">Weiſs</hi>, Kostümkunde, Bd. V, S. 438.</note>. Die Sitte, Speisen mit einer Gabel zum Munde zu<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Beck</hi>, Geschichte des Eisens. 27</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[417/0437]
Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
und ¼ Zoll dick aus. Der warm gemachte Stahl wurde auf die
Kneipen eines Schraubstocks gelegt und mit einem stumpfen Meiſsel
zusammengerollt. In diesen aufgerollten Stahl wurde ein dünnes
Rundeisen gesteckt, beides zusammengeschweiſst und mit dem Hammer
auf dem Amboſs zu einer Klinge ausgestreckt. Der Rücken entstand
auf der Seite, wo beide Enden des aufgerollten Stückes zusammen-
[Abbildung Fig. 129.]
[Abbildung Italienische Messer nach Bart.
Scappi vom Jahre 1570.]
stieſsen, die Schneide auf der ent-
gegengesetzten Seite. Hierauf hieb
der Arbeiter die im Groben gebildete
Klinge von der Eisenstange ab,
indem er von letzterer nur ein Stück
für die Angel stehen lieſs. Alsdann
wurde das ganze Messer wieder rot-
warm gemacht, die Klinge in das Loch
des Stammeisens gesteckt, der aus-
gehöhlte Stempel auf die Angel ge-
setzt und durch einige Schläge des
Hammers auf den Stempel die Scheibe
oder der Absatz unter der Klinge
gebildet. Nachdem die Klinge mit
der Feile oder auf dem Schleifsteine
nachgearbeitet worden war, wurde
sie gehärtet. Da sie sich hierbei in
den meisten Fällen warf, muſste sie
auf dem Amboſs mit dem Richt-
hammer wieder gerade geschlagen
werden. Alsdann wurde sie fertig ge-
schliffen und poliert und abgezogen.
Feinere Messer, sowie die chirurgischen Instrumente wurden aus
ausgesuchtem, bestem Stahl hergestellt.
Zu der Thätigkeit der Messerschmiede gehörte ferner die An-
fertigung der Gabeln und der Scheren.
Es wurde bereits erwähnt, daſs Gabeln zum Essen erst sehr
spät in Gebrauch gekommen sind. Im Mittelalter kannte man in
der Küche nur die groſse zweizinkige Vorleggabel, um einen Braten
zu wenden oder aus dem Topfe zu heben, auch benutzte man in
fürstlichen Häusern in Frankreich Gabeln (furchestes), um Birnen
und Äpfel beim Schälen zu halten; dieselben waren meist von Silber
oder Gold 1). Die Sitte, Speisen mit einer Gabel zum Munde zu
1) Siehe Weiſs, Kostümkunde, Bd. V, S. 438.
Beck, Geschichte des Eisens. 27
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/437>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.