Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.

Non aliter mensa convivia sedebis in ipsa,
Infestas bubo quam sedet in aves.
Quisquis es ergo meis moderantius utere cultris,
Sollicita frangas aut tua ferela manu.


Ich bereite aus des Eisens Samen starke Messer,
Mit denen du deine Speisen schneidest, die Leckerbissen der Gurgel.
Jeder Barbier bedient sich derselben für sein beliebtes Geschäft,
Wie Männer sowohl wie Frauen solche stets mit sich tragen.
Wirst du einmal in ein prachtvolles Haus gerufen,
Wird dir dann nicht dein zierliches Messer (cultellus) ein grosser
Schmuck sein?
Und nicht anders wirst du dann bei der festlichen Tafel sitzen,
Als wie die Eule unter den feindlichen Vögeln.
Aber wer du auch seist, bediene dich meiner Messer mit grosser
Mässigung,
Oder du zerteilest dann deine Speisen mit unruhiger Hand.


Hierzu sei kurz erläuternd bemerkt, dass es in jener Zeit noch
üblich war, sein eigenes Messer zum Zerlegen der Speisen zu
Schmausereien mitzubringen, indem man das Auflegen von Tisch-
messern noch nicht kannte.

Garzoni trennt ebenfalls in seinem Schauplatz die Messerer
von den Klingenschmieden und sagt von denselben folgendes:

"Zu diesen (den Waffenschmieden) gehören auch die Messer-
schmidt
, welches dann die sind, so allerhandt Messer gross und
klein, Scheren und andere dergleichen Dinge machen, wie man von
des Demosthenis Vatter liset bey dem Textore, dass er ein Messer-
schmidt gewesen sey. Die besten werden heutigen Tages zu Cremona,
Brescia, Mayland, Venedig, Neapoli, Laraualle, Friul, Scarperia und
andern Orten mehr gefunden, allda beydes Messer und Scheren, so
sehr gut sind, gemacht werden, mit schönen und künstlichen Schalen
und andern Zierden, wie man sie begehren möchte. An den Teut-
schen Messern ist gemeiniglich nicht viel besonders, wiewohl sie sonst
gar zierlich gemacht werden: dann man nit so sehr nach der Zierde
als nach der Schneiden sihet; und wann dieselbe gut ist, so mag
der Stiel leicht genugsam sein, dass man es damit halten könne."



"Die Klingenschmidt und Schwertfeger gehören auch hierher
als Waffenschmidt, und sind die, so beydes die Klingen bereitten,
mit einer oder mit zwo Schneiden, spitz, breit, schmal, kurz, lang, zu

Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.

Non aliter mensa convivia sedebis in ipsa,
Infestas bubo quam sedet in aves.
Quisquis es ergo meis moderantius utere cultris,
Sollicita frangas aut tua ferela manu.


Ich bereite aus des Eisens Samen starke Messer,
Mit denen du deine Speisen schneidest, die Leckerbissen der Gurgel.
Jeder Barbier bedient sich derselben für sein beliebtes Geschäft,
Wie Männer sowohl wie Frauen solche stets mit sich tragen.
Wirst du einmal in ein prachtvolles Haus gerufen,
Wird dir dann nicht dein zierliches Messer (cultellus) ein groſser
Schmuck sein?
Und nicht anders wirst du dann bei der festlichen Tafel sitzen,
Als wie die Eule unter den feindlichen Vögeln.
Aber wer du auch seist, bediene dich meiner Messer mit groſser
Mäſsigung,
Oder du zerteilest dann deine Speisen mit unruhiger Hand.


Hierzu sei kurz erläuternd bemerkt, daſs es in jener Zeit noch
üblich war, sein eigenes Messer zum Zerlegen der Speisen zu
Schmausereien mitzubringen, indem man das Auflegen von Tisch-
messern noch nicht kannte.

Garzoni trennt ebenfalls in seinem Schauplatz die Messerer
von den Klingenschmieden und sagt von denselben folgendes:

„Zu diesen (den Waffenschmieden) gehören auch die Messer-
schmidt
, welches dann die sind, so allerhandt Messer groſs und
klein, Scheren und andere dergleichen Dinge machen, wie man von
des Demosthenis Vatter liset bey dem Textore, daſs er ein Messer-
schmidt gewesen sey. Die besten werden heutigen Tages zu Cremona,
Brescia, Mayland, Venedig, Neapoli, Laraualle, Friul, Scarperia und
andern Orten mehr gefunden, allda beydes Messer und Scheren, so
sehr gut sind, gemacht werden, mit schönen und künstlichen Schalen
und andern Zierden, wie man sie begehren möchte. An den Teut-
schen Messern ist gemeiniglich nicht viel besonders, wiewohl sie sonst
gar zierlich gemacht werden: dann man nit so sehr nach der Zierde
als nach der Schneiden sihet; und wann dieselbe gut ist, so mag
der Stiel leicht genugsam sein, daſs man es damit halten könne.“



„Die Klingenschmidt und Schwertfeger gehören auch hierher
als Waffenschmidt, und sind die, so beydes die Klingen bereitten,
mit einer oder mit zwo Schneiden, spitz, breit, schmal, kurz, lang, zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <lg type="poem">
                <l>
                  <pb facs="#f0432" n="412"/>
                </l>
                <fw place="top" type="header">Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.</fw><lb/>
                <l>Non aliter mensa convivia sedebis in ipsa,</l><lb/>
                <l>Infestas bubo quam sedet in aves.</l><lb/>
                <l>Quisquis es ergo meis moderantius utere cultris,</l><lb/>
                <l>Sollicita frangas aut tua ferela manu.</l>
              </lg><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <lg type="poem">
                <l>Ich bereite aus des Eisens Samen starke Messer,</l><lb/>
                <l>Mit denen du deine Speisen schneidest, die Leckerbissen der Gurgel.</l><lb/>
                <l>Jeder Barbier bedient sich derselben für sein beliebtes Geschäft,</l><lb/>
                <l>Wie Männer sowohl wie Frauen solche stets mit sich tragen.</l><lb/>
                <l>Wirst du einmal in ein prachtvolles Haus gerufen,</l><lb/>
                <l>Wird dir dann nicht dein zierliches Messer (cultellus) ein gro&#x017F;ser</l><lb/>
                <l>Schmuck sein?</l><lb/>
                <l>Und nicht anders wirst du dann bei der festlichen Tafel sitzen,</l><lb/>
                <l>Als wie die Eule unter den feindlichen Vögeln.</l><lb/>
                <l>Aber wer du auch seist, bediene dich meiner Messer mit gro&#x017F;ser</l><lb/>
                <l>&#x017F;sigung,</l><lb/>
                <l>Oder du zerteilest dann deine Speisen mit unruhiger Hand.</l>
              </lg><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <p>Hierzu sei kurz erläuternd bemerkt, da&#x017F;s es in jener Zeit noch<lb/>
üblich war, sein eigenes Messer zum Zerlegen der Speisen zu<lb/>
Schmausereien mitzubringen, indem man das Auflegen von Tisch-<lb/>
messern noch nicht kannte.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Garzoni</hi> trennt ebenfalls in seinem Schauplatz die Messerer<lb/>
von den Klingenschmieden und sagt von denselben folgendes:</p><lb/>
              <p>&#x201E;Zu diesen (den Waffenschmieden) gehören auch die <hi rendition="#g">Messer-<lb/>
schmidt</hi>, welches dann die sind, so allerhandt Messer gro&#x017F;s und<lb/>
klein, Scheren und andere dergleichen Dinge machen, wie man von<lb/>
des Demosthenis Vatter liset bey dem Textore, da&#x017F;s er ein Messer-<lb/>
schmidt gewesen sey. Die besten werden heutigen Tages zu Cremona,<lb/>
Brescia, Mayland, Venedig, Neapoli, Laraualle, Friul, Scarperia und<lb/>
andern Orten mehr gefunden, allda beydes Messer und Scheren, so<lb/>
sehr gut sind, gemacht werden, mit schönen und künstlichen Schalen<lb/>
und andern Zierden, wie man sie begehren möchte. An den Teut-<lb/>
schen Messern ist gemeiniglich nicht viel besonders, wiewohl sie sonst<lb/>
gar zierlich gemacht werden: dann man nit so sehr nach der Zierde<lb/>
als nach der Schneiden sihet; und wann dieselbe gut ist, so mag<lb/>
der Stiel leicht genugsam sein, da&#x017F;s man es damit halten könne.&#x201C;</p><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <p>&#x201E;Die <hi rendition="#g">Klingenschmidt</hi> und <hi rendition="#g">Schwertfeger</hi> gehören auch hierher<lb/>
als Waffenschmidt, und sind die, so beydes die Klingen bereitten,<lb/>
mit einer oder mit zwo Schneiden, spitz, breit, schmal, kurz, lang, zu<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[412/0432] Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Non aliter mensa convivia sedebis in ipsa, Infestas bubo quam sedet in aves. Quisquis es ergo meis moderantius utere cultris, Sollicita frangas aut tua ferela manu. Ich bereite aus des Eisens Samen starke Messer, Mit denen du deine Speisen schneidest, die Leckerbissen der Gurgel. Jeder Barbier bedient sich derselben für sein beliebtes Geschäft, Wie Männer sowohl wie Frauen solche stets mit sich tragen. Wirst du einmal in ein prachtvolles Haus gerufen, Wird dir dann nicht dein zierliches Messer (cultellus) ein groſser Schmuck sein? Und nicht anders wirst du dann bei der festlichen Tafel sitzen, Als wie die Eule unter den feindlichen Vögeln. Aber wer du auch seist, bediene dich meiner Messer mit groſser Mäſsigung, Oder du zerteilest dann deine Speisen mit unruhiger Hand. Hierzu sei kurz erläuternd bemerkt, daſs es in jener Zeit noch üblich war, sein eigenes Messer zum Zerlegen der Speisen zu Schmausereien mitzubringen, indem man das Auflegen von Tisch- messern noch nicht kannte. Garzoni trennt ebenfalls in seinem Schauplatz die Messerer von den Klingenschmieden und sagt von denselben folgendes: „Zu diesen (den Waffenschmieden) gehören auch die Messer- schmidt, welches dann die sind, so allerhandt Messer groſs und klein, Scheren und andere dergleichen Dinge machen, wie man von des Demosthenis Vatter liset bey dem Textore, daſs er ein Messer- schmidt gewesen sey. Die besten werden heutigen Tages zu Cremona, Brescia, Mayland, Venedig, Neapoli, Laraualle, Friul, Scarperia und andern Orten mehr gefunden, allda beydes Messer und Scheren, so sehr gut sind, gemacht werden, mit schönen und künstlichen Schalen und andern Zierden, wie man sie begehren möchte. An den Teut- schen Messern ist gemeiniglich nicht viel besonders, wiewohl sie sonst gar zierlich gemacht werden: dann man nit so sehr nach der Zierde als nach der Schneiden sihet; und wann dieselbe gut ist, so mag der Stiel leicht genugsam sein, daſs man es damit halten könne.“ „Die Klingenschmidt und Schwertfeger gehören auch hierher als Waffenschmidt, und sind die, so beydes die Klingen bereitten, mit einer oder mit zwo Schneiden, spitz, breit, schmal, kurz, lang, zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/432
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/432>, abgerufen am 25.11.2024.