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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.

Über das ältere Verfahren der Klingenschmiederei haben wir im
ersten Bande (S. 849) bereits das Wichtigste mitgeteilt. Durch die
Einführung der Reckhämmer und die fabrikmässige Darstellung von
Gerb- oder Raffinierstahl kam ein grosser Umschwung in diese Indu-
strie, was wir später bei dem Abschnitte über die Reckhämmer
näher erörtern werden. Hier wollen wir nur noch einiges über das
Fertigmachen der Schwerter, wie es namentlich in Solingen gebräuch-
lich war, zu dem früher Mitgeteilten hinzufügen.

Die Arbeitsteilung bei der Schwertfabrik fand ihren Ausdruck in
der scharfen Trennung der drei privilegierten Bruderschaften: 1) der
Schwertschmiede, 2) der Härter und Schleifer, 3) der Schwertfeger und
Reider. Alle drei Bruderschaften waren gegeneinander streng abge-
schlossen. Um Mitglied in einer zu werden, musste man aus derselben
geboren und in dieselbe aufgenommen sein; niemals konnte also ein
Schmied Schleifer oder ein Schleifer Feger werden 1). Hatte der Schwert-
schmied seine "schwarze" Klinge fertig geschmiedet, so wanderte sie
in die Hände des Härteschmieds, der ihr durch Erhitzen und Ab-
löschen die erforderliche Elastizität erteilte. Nun empfing sie der
Schleifer, der sie zuerst auf einem grossen runden Schleifstein be-
arbeitete, und zwar geschah dies nach einer alten Abbildung (siehe
Bd. I, S. 1030) in der Weise der Rauhschleifer, welche über dem
Steine sassen, so dass der Stein gegen sie lief und die Klingen mit
den Händen und mit Unterstützung der Knie anhielten. In späterer
Zeit sassen die Schwertschleifer vor dem Steine, so dass derselbe von
ihnen weglief. Alsdann wurde die Klinge noch auf einem Hohlsteine
bearbeitet. Weil durch das Schleifen die Klinge ihre Federkraft
zum Teil einbüsste, wanderte sie zum Härter zurück und empfing die
"blaue Härtung". Ihr blankes Aussehen erhielt sie wieder in der
Schleifmühle durch "Pliesten" auf einer Holzscheibe mit Schmirgel
und Öl und durch Polieren. Nun empfing der Reider die Klinge,
wenn sie nicht vorher noch geäzt, graviert und vergoldet wurde,
was von besondern Arbeitern geschah. Für den Reider lieferten die
Kreuz- und Knaufschmiede die Griffe, die Gefässarbeiter die Gefässe
und die Schwertfeger die Scheiden. Aus allen diesen Teilen setzte
der Reider das fertige Schwert zusammen, es wurde "gereidet"
d. h. fertig gemacht.

Bis gegen Ende des 15. Jahrhunderts waren die Schwertgriffe
verhältnismässig einfach geblieben. Von da ab wurden dieselben,

1) Siehe Thun, Die Industrie am Niederrhein, Bd. II, S. 9.
Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.

Über das ältere Verfahren der Klingenschmiederei haben wir im
ersten Bande (S. 849) bereits das Wichtigste mitgeteilt. Durch die
Einführung der Reckhämmer und die fabrikmäſsige Darstellung von
Gerb- oder Raffinierstahl kam ein groſser Umschwung in diese Indu-
strie, was wir später bei dem Abschnitte über die Reckhämmer
näher erörtern werden. Hier wollen wir nur noch einiges über das
Fertigmachen der Schwerter, wie es namentlich in Solingen gebräuch-
lich war, zu dem früher Mitgeteilten hinzufügen.

Die Arbeitsteilung bei der Schwertfabrik fand ihren Ausdruck in
der scharfen Trennung der drei privilegierten Bruderschaften: 1) der
Schwertschmiede, 2) der Härter und Schleifer, 3) der Schwertfeger und
Reider. Alle drei Bruderschaften waren gegeneinander streng abge-
schlossen. Um Mitglied in einer zu werden, muſste man aus derselben
geboren und in dieselbe aufgenommen sein; niemals konnte also ein
Schmied Schleifer oder ein Schleifer Feger werden 1). Hatte der Schwert-
schmied seine „schwarze“ Klinge fertig geschmiedet, so wanderte sie
in die Hände des Härteschmieds, der ihr durch Erhitzen und Ab-
löschen die erforderliche Elastizität erteilte. Nun empfing sie der
Schleifer, der sie zuerst auf einem groſsen runden Schleifstein be-
arbeitete, und zwar geschah dies nach einer alten Abbildung (siehe
Bd. I, S. 1030) in der Weise der Rauhschleifer, welche über dem
Steine saſsen, so daſs der Stein gegen sie lief und die Klingen mit
den Händen und mit Unterstützung der Knie anhielten. In späterer
Zeit saſsen die Schwertschleifer vor dem Steine, so daſs derselbe von
ihnen weglief. Alsdann wurde die Klinge noch auf einem Hohlsteine
bearbeitet. Weil durch das Schleifen die Klinge ihre Federkraft
zum Teil einbüſste, wanderte sie zum Härter zurück und empfing die
„blaue Härtung“. Ihr blankes Aussehen erhielt sie wieder in der
Schleifmühle durch „Pliesten“ auf einer Holzscheibe mit Schmirgel
und Öl und durch Polieren. Nun empfing der Reider die Klinge,
wenn sie nicht vorher noch geäzt, graviert und vergoldet wurde,
was von besondern Arbeitern geschah. Für den Reider lieferten die
Kreuz- und Knaufschmiede die Griffe, die Gefäſsarbeiter die Gefäſse
und die Schwertfeger die Scheiden. Aus allen diesen Teilen setzte
der Reider das fertige Schwert zusammen, es wurde „gereidet“
d. h. fertig gemacht.

Bis gegen Ende des 15. Jahrhunderts waren die Schwertgriffe
verhältnismäſsig einfach geblieben. Von da ab wurden dieselben,

1) Siehe Thun, Die Industrie am Niederrhein, Bd. II, S. 9.
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[406/0426] Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Über das ältere Verfahren der Klingenschmiederei haben wir im ersten Bande (S. 849) bereits das Wichtigste mitgeteilt. Durch die Einführung der Reckhämmer und die fabrikmäſsige Darstellung von Gerb- oder Raffinierstahl kam ein groſser Umschwung in diese Indu- strie, was wir später bei dem Abschnitte über die Reckhämmer näher erörtern werden. Hier wollen wir nur noch einiges über das Fertigmachen der Schwerter, wie es namentlich in Solingen gebräuch- lich war, zu dem früher Mitgeteilten hinzufügen. Die Arbeitsteilung bei der Schwertfabrik fand ihren Ausdruck in der scharfen Trennung der drei privilegierten Bruderschaften: 1) der Schwertschmiede, 2) der Härter und Schleifer, 3) der Schwertfeger und Reider. Alle drei Bruderschaften waren gegeneinander streng abge- schlossen. Um Mitglied in einer zu werden, muſste man aus derselben geboren und in dieselbe aufgenommen sein; niemals konnte also ein Schmied Schleifer oder ein Schleifer Feger werden 1). Hatte der Schwert- schmied seine „schwarze“ Klinge fertig geschmiedet, so wanderte sie in die Hände des Härteschmieds, der ihr durch Erhitzen und Ab- löschen die erforderliche Elastizität erteilte. Nun empfing sie der Schleifer, der sie zuerst auf einem groſsen runden Schleifstein be- arbeitete, und zwar geschah dies nach einer alten Abbildung (siehe Bd. I, S. 1030) in der Weise der Rauhschleifer, welche über dem Steine saſsen, so daſs der Stein gegen sie lief und die Klingen mit den Händen und mit Unterstützung der Knie anhielten. In späterer Zeit saſsen die Schwertschleifer vor dem Steine, so daſs derselbe von ihnen weglief. Alsdann wurde die Klinge noch auf einem Hohlsteine bearbeitet. Weil durch das Schleifen die Klinge ihre Federkraft zum Teil einbüſste, wanderte sie zum Härter zurück und empfing die „blaue Härtung“. Ihr blankes Aussehen erhielt sie wieder in der Schleifmühle durch „Pliesten“ auf einer Holzscheibe mit Schmirgel und Öl und durch Polieren. Nun empfing der Reider die Klinge, wenn sie nicht vorher noch geäzt, graviert und vergoldet wurde, was von besondern Arbeitern geschah. Für den Reider lieferten die Kreuz- und Knaufschmiede die Griffe, die Gefäſsarbeiter die Gefäſse und die Schwertfeger die Scheiden. Aus allen diesen Teilen setzte der Reider das fertige Schwert zusammen, es wurde „gereidet“ d. h. fertig gemacht. Bis gegen Ende des 15. Jahrhunderts waren die Schwertgriffe verhältnismäſsig einfach geblieben. Von da ab wurden dieselben, 1) Siehe Thun, Die Industrie am Niederrhein, Bd. II, S. 9.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/426>, abgerufen am 22.11.2024.