Und durch Belagerung zwingt, manche stattliche Burg. Hier gegen schrecklichen Feind werden blutige Waffen bereitet Und mein Hammer erdröhnt hier in verschiedener Kunst. Hier zu dem wilden Kampf bewehrt er die krieg'rische Rechte, Hier biet' ich jeder Gestalt passende Waffen zum Kauf. Tönt nicht der rauhe Klang behufter Füsse ins Ohr dir? Und hier vor meinem Blick steht das geharnischte Ross.
Die Plattner zu Nürnberg hielten alljährlich zu Fastnacht ein "Gesellenstechen", ein scherzhaftes Turnier, wobei sie nicht zu Pferde sassen, sondern auf hohen Stühlen, woran vier Rädlein waren. So, in leichter Rüstung, liessen sie sich durch ihre Gesellen und Lehr- buben auf den Schwabenberg ziehen und "räumten einander ab". Solch ein Gestech fand noch im Jahre 1579 statt 1).
Mit den Plattnern in naher Beziehung standen die Panzer- schmiede, welche die Ringelpanzer aus Draht fertigten. Diese waren in früherer Zeit, ehe die Plattenharnische Eingang fanden, ein sehr wichtiges Gewerbe gewesen, welche als Sarworchte (Sarwürcher, sar- burher, Brünner u. s. w. 2) in vielen grösseren Städten Deutschlands, wie in Köln, Nürnberg u. s. w., eine zahlreiche und angesehene Zunft bildeten. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts verschwanden sie als selbständige Zünfte, indem das Bedürfnis für Panzerhemden nach der Einführung der geschlossenen Plattenrüstungen sehr nachliess. Auch wurde durch die Einführung der Drahtzüge das Drahtschmieden verdrängt und so wurde die Fertigung der Ringelpanzer ein Nebengewerbe der Draht- fabrikation. Die Panzerer wurden gezwungen, sich auf andere Artikel zu verlegen, wie Pferdegebisse, Steigbügel 3) und Kleineisenwaren, und heutzutage begreift man unter Panzerarbeiten in Westfalen die Herstellung von Fischangeln und dergleichen kleinen Eisen- und Stahlartikeln. Der Hauptsitz der Panzerer war, wie noch heute, Iser- lohn, aber auch die Panzerschmiede Ratingens waren weit berühmt, obgleich dort jetzt keine derartige Arbeit mehr gefertigt wird.
Damals aber, zur Zeit des Jost Ammon, wurde die Anfertigung von eigentlichen Ringelpanzern, welche als Panzerhemde unter den Plattenrüstungen getragen wurden, noch gewerbsmässig betrieben.
Hans Sachs besingt ihn also:
Ich bin ein Pantzermacher frembd, Ich mach die Stählen Pantzerhembd,
1)Siebenkäs, Materialien zur nürnbergischen Geschichte, Bd. III, S. 207.
2) Bd. I, S. 865.
3) Vergl. Bd. I, S. 882.
Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
Und durch Belagerung zwingt, manche stattliche Burg. Hier gegen schrecklichen Feind werden blutige Waffen bereitet Und mein Hammer erdröhnt hier in verschiedener Kunst. Hier zu dem wilden Kampf bewehrt er die krieg’rische Rechte, Hier biet’ ich jeder Gestalt passende Waffen zum Kauf. Tönt nicht der rauhe Klang behufter Füſse ins Ohr dir? Und hier vor meinem Blick steht das geharnischte Roſs.
Die Plattner zu Nürnberg hielten alljährlich zu Fastnacht ein „Gesellenstechen“, ein scherzhaftes Turnier, wobei sie nicht zu Pferde saſsen, sondern auf hohen Stühlen, woran vier Rädlein waren. So, in leichter Rüstung, lieſsen sie sich durch ihre Gesellen und Lehr- buben auf den Schwabenberg ziehen und „räumten einander ab“. Solch ein Gestech fand noch im Jahre 1579 statt 1).
Mit den Plattnern in naher Beziehung standen die Panzer- schmiede, welche die Ringelpanzer aus Draht fertigten. Diese waren in früherer Zeit, ehe die Plattenharnische Eingang fanden, ein sehr wichtiges Gewerbe gewesen, welche als Sarworchte (Sarwürcher, sar- burher, Brünner u. s. w. 2) in vielen gröſseren Städten Deutschlands, wie in Köln, Nürnberg u. s. w., eine zahlreiche und angesehene Zunft bildeten. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts verschwanden sie als selbständige Zünfte, indem das Bedürfnis für Panzerhemden nach der Einführung der geschlossenen Plattenrüstungen sehr nachlieſs. Auch wurde durch die Einführung der Drahtzüge das Drahtschmieden verdrängt und so wurde die Fertigung der Ringelpanzer ein Nebengewerbe der Draht- fabrikation. Die Panzerer wurden gezwungen, sich auf andere Artikel zu verlegen, wie Pferdegebisse, Steigbügel 3) und Kleineisenwaren, und heutzutage begreift man unter Panzerarbeiten in Westfalen die Herstellung von Fischangeln und dergleichen kleinen Eisen- und Stahlartikeln. Der Hauptsitz der Panzerer war, wie noch heute, Iser- lohn, aber auch die Panzerschmiede Ratingens waren weit berühmt, obgleich dort jetzt keine derartige Arbeit mehr gefertigt wird.
Damals aber, zur Zeit des Jost Ammon, wurde die Anfertigung von eigentlichen Ringelpanzern, welche als Panzerhemde unter den Plattenrüstungen getragen wurden, noch gewerbsmäſsig betrieben.
Hans Sachs besingt ihn also:
Ich bin ein Pantzermacher frembd, Ich mach die Stählen Pantzerhembd,
1)Siebenkäs, Materialien zur nürnbergischen Geschichte, Bd. III, S. 207.
2) Bd. I, S. 865.
3) Vergl. Bd. I, S. 882.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><l><pbfacs="#f0401"n="381"/></l><fwplace="top"type="header">Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.</fw><lb/><l>Und durch Belagerung zwingt, manche stattliche Burg.</l><lb/><l>Hier gegen schrecklichen Feind werden blutige Waffen bereitet</l><lb/><l>Und mein Hammer erdröhnt hier in verschiedener Kunst.</l><lb/><l>Hier zu dem wilden Kampf bewehrt er die krieg’rische Rechte,</l><lb/><l>Hier biet’ ich jeder Gestalt passende Waffen zum Kauf.</l><lb/><l>Tönt nicht der rauhe Klang behufter Füſse ins Ohr dir?</l><lb/><l>Und hier vor meinem Blick steht das geharnischte Roſs.</l></lg><lb/><p>Die Plattner zu Nürnberg hielten alljährlich zu Fastnacht ein<lb/>„Gesellenstechen“, ein scherzhaftes Turnier, wobei sie nicht zu Pferde<lb/>
saſsen, sondern auf hohen Stühlen, woran vier Rädlein waren. So,<lb/>
in leichter Rüstung, lieſsen sie sich durch ihre Gesellen und Lehr-<lb/>
buben auf den Schwabenberg ziehen und „räumten einander ab“.<lb/>
Solch ein Gestech fand noch im Jahre 1579 statt <noteplace="foot"n="1)"><hirendition="#g">Siebenkäs</hi>, Materialien zur nürnbergischen Geschichte, Bd. III, S. 207.</note>.</p><lb/><p>Mit den Plattnern in naher Beziehung standen die <hirendition="#g">Panzer-<lb/>
schmiede</hi>, welche die Ringelpanzer aus Draht fertigten. Diese waren<lb/>
in früherer Zeit, ehe die Plattenharnische Eingang fanden, ein sehr<lb/>
wichtiges Gewerbe gewesen, welche als Sarworchte (Sarwürcher, sar-<lb/>
burher, Brünner u. s. w. <noteplace="foot"n="2)">Bd. I, S. 865.</note> in vielen gröſseren Städten Deutschlands, wie in<lb/>
Köln, Nürnberg u. s. w., eine zahlreiche und angesehene Zunft bildeten.<lb/>
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts verschwanden sie als selbständige<lb/>
Zünfte, indem das Bedürfnis für Panzerhemden nach der Einführung<lb/>
der geschlossenen Plattenrüstungen sehr nachlieſs. Auch wurde durch<lb/>
die Einführung der Drahtzüge das Drahtschmieden verdrängt und so<lb/>
wurde die Fertigung der Ringelpanzer ein Nebengewerbe der Draht-<lb/>
fabrikation. Die Panzerer wurden gezwungen, sich auf andere Artikel<lb/>
zu verlegen, wie Pferdegebisse, Steigbügel <noteplace="foot"n="3)">Vergl. Bd. I, S. 882.</note> und Kleineisenwaren,<lb/>
und heutzutage begreift man unter Panzerarbeiten in Westfalen die<lb/>
Herstellung von Fischangeln und dergleichen kleinen Eisen- und<lb/>
Stahlartikeln. Der Hauptsitz der Panzerer war, wie noch heute, Iser-<lb/>
lohn, aber auch die Panzerschmiede Ratingens waren weit berühmt,<lb/>
obgleich dort jetzt keine derartige Arbeit mehr gefertigt wird.</p><lb/><p>Damals aber, zur Zeit des <hirendition="#g">Jost Ammon</hi>, wurde die Anfertigung<lb/>
von eigentlichen Ringelpanzern, welche als Panzerhemde unter den<lb/>
Plattenrüstungen getragen wurden, noch gewerbsmäſsig betrieben.</p><lb/><p><hirendition="#g">Hans Sachs</hi> besingt ihn also:</p><lb/><lgtype="poem"><l>Ich bin ein Pantzermacher frembd,</l><lb/><l>Ich mach die Stählen Pantzerhembd,</l><lb/><l></l></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[381/0401]
Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
Und durch Belagerung zwingt, manche stattliche Burg.
Hier gegen schrecklichen Feind werden blutige Waffen bereitet
Und mein Hammer erdröhnt hier in verschiedener Kunst.
Hier zu dem wilden Kampf bewehrt er die krieg’rische Rechte,
Hier biet’ ich jeder Gestalt passende Waffen zum Kauf.
Tönt nicht der rauhe Klang behufter Füſse ins Ohr dir?
Und hier vor meinem Blick steht das geharnischte Roſs.
Die Plattner zu Nürnberg hielten alljährlich zu Fastnacht ein
„Gesellenstechen“, ein scherzhaftes Turnier, wobei sie nicht zu Pferde
saſsen, sondern auf hohen Stühlen, woran vier Rädlein waren. So,
in leichter Rüstung, lieſsen sie sich durch ihre Gesellen und Lehr-
buben auf den Schwabenberg ziehen und „räumten einander ab“.
Solch ein Gestech fand noch im Jahre 1579 statt 1).
Mit den Plattnern in naher Beziehung standen die Panzer-
schmiede, welche die Ringelpanzer aus Draht fertigten. Diese waren
in früherer Zeit, ehe die Plattenharnische Eingang fanden, ein sehr
wichtiges Gewerbe gewesen, welche als Sarworchte (Sarwürcher, sar-
burher, Brünner u. s. w. 2) in vielen gröſseren Städten Deutschlands, wie in
Köln, Nürnberg u. s. w., eine zahlreiche und angesehene Zunft bildeten.
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts verschwanden sie als selbständige
Zünfte, indem das Bedürfnis für Panzerhemden nach der Einführung
der geschlossenen Plattenrüstungen sehr nachlieſs. Auch wurde durch
die Einführung der Drahtzüge das Drahtschmieden verdrängt und so
wurde die Fertigung der Ringelpanzer ein Nebengewerbe der Draht-
fabrikation. Die Panzerer wurden gezwungen, sich auf andere Artikel
zu verlegen, wie Pferdegebisse, Steigbügel 3) und Kleineisenwaren,
und heutzutage begreift man unter Panzerarbeiten in Westfalen die
Herstellung von Fischangeln und dergleichen kleinen Eisen- und
Stahlartikeln. Der Hauptsitz der Panzerer war, wie noch heute, Iser-
lohn, aber auch die Panzerschmiede Ratingens waren weit berühmt,
obgleich dort jetzt keine derartige Arbeit mehr gefertigt wird.
Damals aber, zur Zeit des Jost Ammon, wurde die Anfertigung
von eigentlichen Ringelpanzern, welche als Panzerhemde unter den
Plattenrüstungen getragen wurden, noch gewerbsmäſsig betrieben.
Hans Sachs besingt ihn also:
Ich bin ein Pantzermacher frembd,
Ich mach die Stählen Pantzerhembd,
1) Siebenkäs, Materialien zur nürnbergischen Geschichte, Bd. III, S. 207.
2) Bd. I, S. 865.
3) Vergl. Bd. I, S. 882.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/401>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.