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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Einleitung.
seite aus den Ofen und gehorchen einem Rade, welches unaufhörlich
vom Wasser gedreht wird. Sie bewegen sich und blasen einer nach
dem andern, indem sie abwechselnd sich füllen und entleeren, und
ihre Bewegungen folgen mit grosser Gleichmässigkeit aufeinander.
Vor dem Ofen steht der Schmelzer (denn so ist der Name dieses
Arbeiters), er lässt geschickt das Eisen, welches "Gusseisen" genannt
wird, aus dem Ofen fliessen, verlangsamt oder beschleunigt die Be-
wegung der Bälge, entfernt mit eisernen Haken die Schlacken und
regelt die Glut des Feuers; er sondert das gereinigte Eisen von dem
ungereinigten und wacht Tag und Nacht, abgehärtet durch die Arbeit
und an alle Mühsale gewöhnt; wie man sagt, schläft er kaum eine
halbe Stunde und seine Mühe hört in den zwei Monaten, die man
das Eisen in dem Inneren des Ofens lässt, nicht auf. Auf ihm ruht
es, die Blasebälge zum Auswechseln der ersten, wenn sie dienst-
untauglich geworden sind, instand zu setzen, und die Hitze zu erneuern
und das Feuer zu unterhalten. Da strömen feurige Eisenbäche aus
dem Ofen; das geschmolzene Metall fliesst unter zischendem Geräusche,
Flammenwirbel und Rauch ausstossend, welcher bis zu den Gestirnen
sich zu erheben scheint. Also hauchte der Ätna Flammen und Rauch
aus, als Encela vergeblich seinen gewaltigen Körper frei zu machen
suchte, und mit Mühe nur noch Atem holen konnte bei seinen ver-
geblichen Anstrengungen; ein Knall ähnlich dem Donner bricht los;
Flammen schlagen sprühend hervor und die Gewässer des Meeres
schäumen auf. Während der Arbeit unterstützt ein zweiter Arbeiter
den Schmelzer und hat die Aufgabe, frische Kohlen und Erze in den
Ofen, sobald ein leerer Raum dort entstanden ist, durch seine weite
Gicht zu schütten; dieser Arbeiter verharrt stets oben auf dem Ofen,
wie ein treuer Wächter, ähnlich in seiner Gestalt und seinem Äusseren
dem Fährmann der Unterwelt; er hat um sich Arbeiter, welche zuvor
die Formen machen, von runder und hohler Gestalt aus Lehm, dann
giessen sie das Eisen in diese Formen hinein und giessen selbst
(unerhörtes Wunder) Bomben (so nennt man diese höllischen Werk-
zeuge, dämonische Erfindungen, Zeugnisse der Wut und des Zornes
der Götter, schreckliche Waffen, welche Vulkan zum ersten Male den
Deutschen in die Hände gegeben hat), ausser diesen giessen sie
Mörser, welche dazu dienen, die Mauern niederzuwerfen und Städte
und Festungen bis auf ihre Fundamente zu vernichten. Ähnlich dem
Blitz, der die Flamme und das Feuer trägt, schleudern diese furcht-
baren Maschinen Bomben, deren Wirkung ähnlich der des Don-
ners ist.


2*

Einleitung.
seite aus den Ofen und gehorchen einem Rade, welches unaufhörlich
vom Wasser gedreht wird. Sie bewegen sich und blasen einer nach
dem andern, indem sie abwechselnd sich füllen und entleeren, und
ihre Bewegungen folgen mit groſser Gleichmäſsigkeit aufeinander.
Vor dem Ofen steht der Schmelzer (denn so ist der Name dieses
Arbeiters), er läſst geschickt das Eisen, welches „Guſseisen“ genannt
wird, aus dem Ofen flieſsen, verlangsamt oder beschleunigt die Be-
wegung der Bälge, entfernt mit eisernen Haken die Schlacken und
regelt die Glut des Feuers; er sondert das gereinigte Eisen von dem
ungereinigten und wacht Tag und Nacht, abgehärtet durch die Arbeit
und an alle Mühsale gewöhnt; wie man sagt, schläft er kaum eine
halbe Stunde und seine Mühe hört in den zwei Monaten, die man
das Eisen in dem Inneren des Ofens läſst, nicht auf. Auf ihm ruht
es, die Blasebälge zum Auswechseln der ersten, wenn sie dienst-
untauglich geworden sind, instand zu setzen, und die Hitze zu erneuern
und das Feuer zu unterhalten. Da strömen feurige Eisenbäche aus
dem Ofen; das geschmolzene Metall flieſst unter zischendem Geräusche,
Flammenwirbel und Rauch ausstoſsend, welcher bis zu den Gestirnen
sich zu erheben scheint. Also hauchte der Ätna Flammen und Rauch
aus, als Encela vergeblich seinen gewaltigen Körper frei zu machen
suchte, und mit Mühe nur noch Atem holen konnte bei seinen ver-
geblichen Anstrengungen; ein Knall ähnlich dem Donner bricht los;
Flammen schlagen sprühend hervor und die Gewässer des Meeres
schäumen auf. Während der Arbeit unterstützt ein zweiter Arbeiter
den Schmelzer und hat die Aufgabe, frische Kohlen und Erze in den
Ofen, sobald ein leerer Raum dort entstanden ist, durch seine weite
Gicht zu schütten; dieser Arbeiter verharrt stets oben auf dem Ofen,
wie ein treuer Wächter, ähnlich in seiner Gestalt und seinem Äuſseren
dem Fährmann der Unterwelt; er hat um sich Arbeiter, welche zuvor
die Formen machen, von runder und hohler Gestalt aus Lehm, dann
gieſsen sie das Eisen in diese Formen hinein und gieſsen selbst
(unerhörtes Wunder) Bomben (so nennt man diese höllischen Werk-
zeuge, dämonische Erfindungen, Zeugnisse der Wut und des Zornes
der Götter, schreckliche Waffen, welche Vulkan zum ersten Male den
Deutschen in die Hände gegeben hat), auſser diesen gieſsen sie
Mörser, welche dazu dienen, die Mauern niederzuwerfen und Städte
und Festungen bis auf ihre Fundamente zu vernichten. Ähnlich dem
Blitz, der die Flamme und das Feuer trägt, schleudern diese furcht-
baren Maschinen Bomben, deren Wirkung ähnlich der des Don-
ners ist.


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[19/0039] Einleitung. seite aus den Ofen und gehorchen einem Rade, welches unaufhörlich vom Wasser gedreht wird. Sie bewegen sich und blasen einer nach dem andern, indem sie abwechselnd sich füllen und entleeren, und ihre Bewegungen folgen mit groſser Gleichmäſsigkeit aufeinander. Vor dem Ofen steht der Schmelzer (denn so ist der Name dieses Arbeiters), er läſst geschickt das Eisen, welches „Guſseisen“ genannt wird, aus dem Ofen flieſsen, verlangsamt oder beschleunigt die Be- wegung der Bälge, entfernt mit eisernen Haken die Schlacken und regelt die Glut des Feuers; er sondert das gereinigte Eisen von dem ungereinigten und wacht Tag und Nacht, abgehärtet durch die Arbeit und an alle Mühsale gewöhnt; wie man sagt, schläft er kaum eine halbe Stunde und seine Mühe hört in den zwei Monaten, die man das Eisen in dem Inneren des Ofens läſst, nicht auf. Auf ihm ruht es, die Blasebälge zum Auswechseln der ersten, wenn sie dienst- untauglich geworden sind, instand zu setzen, und die Hitze zu erneuern und das Feuer zu unterhalten. Da strömen feurige Eisenbäche aus dem Ofen; das geschmolzene Metall flieſst unter zischendem Geräusche, Flammenwirbel und Rauch ausstoſsend, welcher bis zu den Gestirnen sich zu erheben scheint. Also hauchte der Ätna Flammen und Rauch aus, als Encela vergeblich seinen gewaltigen Körper frei zu machen suchte, und mit Mühe nur noch Atem holen konnte bei seinen ver- geblichen Anstrengungen; ein Knall ähnlich dem Donner bricht los; Flammen schlagen sprühend hervor und die Gewässer des Meeres schäumen auf. Während der Arbeit unterstützt ein zweiter Arbeiter den Schmelzer und hat die Aufgabe, frische Kohlen und Erze in den Ofen, sobald ein leerer Raum dort entstanden ist, durch seine weite Gicht zu schütten; dieser Arbeiter verharrt stets oben auf dem Ofen, wie ein treuer Wächter, ähnlich in seiner Gestalt und seinem Äuſseren dem Fährmann der Unterwelt; er hat um sich Arbeiter, welche zuvor die Formen machen, von runder und hohler Gestalt aus Lehm, dann gieſsen sie das Eisen in diese Formen hinein und gieſsen selbst (unerhörtes Wunder) Bomben (so nennt man diese höllischen Werk- zeuge, dämonische Erfindungen, Zeugnisse der Wut und des Zornes der Götter, schreckliche Waffen, welche Vulkan zum ersten Male den Deutschen in die Hände gegeben hat), auſser diesen gieſsen sie Mörser, welche dazu dienen, die Mauern niederzuwerfen und Städte und Festungen bis auf ihre Fundamente zu vernichten. Ähnlich dem Blitz, der die Flamme und das Feuer trägt, schleudern diese furcht- baren Maschinen Bomben, deren Wirkung ähnlich der des Don- ners ist. 2*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/39>, abgerufen am 24.11.2024.