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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
als Treibarbeiter und Tausiatoren waren zu Florenz im 16. Jahr-
hundert die Gebrüder Lani, Pifanio Piripe, genannt Tacito und
Repa. Auch in andern Städten Italiens wirkten noch bedeutende
Meister in dieser Periode, doch müssen wir uns begnügen, deren
Namen in einer Zusammenstellung später mitzuteilen.

Die Blüte der deutschen Waffenschmiedekunst fällt etwas später als
die der italienischen, obgleich berühmte deutsche Meister aus dem frühen
Mittelalter bekannt sind. Die Waffenschmiedekunst wurde gefördert
von den grossen gewerbreichen freien Städten und von einzelnen
Fürsten. Unter letzteren zeichneten sich im 15. Jahrhundert die
Grafen von Tirol, Friedrich mit der leeren Tasche und Sigismund, der
Gründer der berühmten Stückgiesserschule, aus.

Das grösste Verdienst um die Waffenschmiedekunst erwarb
sich Kaiser Maximilian. Er kannte die Plattnerarbeit auf das
genaueste und war darin selbst thätig, wie im "Weiss-Kunig" be-
richtet wird 1).

"48. Wie der junge Weiss-Kunig gar künstlich war in der
Platnerey und Harnaschmaysterey". Darin wird hervorgehoben, dass das
theoretische Wissen nicht ausreiche und dass einer nur gute Waffen
mache, der auch mit den Waffen zu fechten verstehe, wie der junge
Weiss-Kunig, der darin seinen eignen Wappenmeister übertroffen.
Derselbe gab selbst Verbesserungen an, besonders die, dass er das
Anschrauben des Hauptharnischs selbst verrichten konnte, und dazu
keinen Wappenmeister brauchte. "Auss dem mag ein Jeder verstehn,
das dis kunig gewest ist, ein Lerer unnd Offenbarer andern kunigen
in der harnischmeisterey und wappenmeisterey." In Innsbruck hat
er eine grosse Plattnerei aufgerichtet. Mehrere aus dem Geschlechte
(des Verfassers) Treizsaurbeyn haben die Harnische so hart gemacht,
dass man mit keiner Armbrust durchschiessen konnte. Diese Kunst
ging mit ihrem Ableben verloren. Aber ein Knecht dieser zu Muleyn,
Caspar Riederer, hatte diese Kunst erlernt und sie dem jungen
Weiss-Kunig gelehrt. Dieser hat sie seinem Hofplattner Conrat
Seisenhofer
gelehrt. Der Weiss-Kunig hat vielen mächtigen Fürsten
"kiriss" machen lassen und verehrt als willkommene Geschenke.

In Hans Burgkmeyers Abbildung (Fig. 96) zu dem angeführten
Kapitel "Der Weiss-Kunig" sehen wir den Kaiser bei einem Harnisch-

1) Der Weiss-Kunig. -- Eine Erzählung von den Thaten Kaiser Maximilian
des Ersten von Max Treitzsauerwein, auf dessen Angaben zusammengetragen,
nebst den von Hansen Burgmair dazu verfertigten Holzschnitten ... Manu-
script der K. K. Hofbibliothek zu Wien, S. 97, Tab. 42.

Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
als Treibarbeiter und Tausiatoren waren zu Florenz im 16. Jahr-
hundert die Gebrüder Lani, Pifanio Piripe, genannt Tacito und
Repa. Auch in andern Städten Italiens wirkten noch bedeutende
Meister in dieser Periode, doch müssen wir uns begnügen, deren
Namen in einer Zusammenstellung später mitzuteilen.

Die Blüte der deutschen Waffenschmiedekunst fällt etwas später als
die der italienischen, obgleich berühmte deutsche Meister aus dem frühen
Mittelalter bekannt sind. Die Waffenschmiedekunst wurde gefördert
von den groſsen gewerbreichen freien Städten und von einzelnen
Fürsten. Unter letzteren zeichneten sich im 15. Jahrhundert die
Grafen von Tirol, Friedrich mit der leeren Tasche und Sigismund, der
Gründer der berühmten Stückgieſserschule, aus.

Das gröſste Verdienst um die Waffenschmiedekunst erwarb
sich Kaiser Maximilian. Er kannte die Plattnerarbeit auf das
genaueste und war darin selbst thätig, wie im „Weiſs-Kunig“ be-
richtet wird 1).

„48. Wie der junge Weiſs-Kunig gar künstlich war in der
Platnerey und Harnaschmaysterey“. Darin wird hervorgehoben, daſs das
theoretische Wissen nicht ausreiche und daſs einer nur gute Waffen
mache, der auch mit den Waffen zu fechten verstehe, wie der junge
Weiſs-Kunig, der darin seinen eignen Wappenmeister übertroffen.
Derselbe gab selbst Verbesserungen an, besonders die, daſs er das
Anschrauben des Hauptharnischs selbst verrichten konnte, und dazu
keinen Wappenmeister brauchte. „Auſs dem mag ein Jeder verstehn,
das dis kunig gewest ist, ein Lerer unnd Offenbarer andern kunigen
in der harnischmeisterey und wappenmeisterey.“ In Innsbruck hat
er eine groſse Plattnerei aufgerichtet. Mehrere aus dem Geschlechte
(des Verfassers) Treizsaurbeyn haben die Harnische so hart gemacht,
daſs man mit keiner Armbrust durchschieſsen konnte. Diese Kunst
ging mit ihrem Ableben verloren. Aber ein Knecht dieser zu Muleyn,
Caspar Riederer, hatte diese Kunst erlernt und sie dem jungen
Weiſs-Kunig gelehrt. Dieser hat sie seinem Hofplattner Conrat
Seisenhofer
gelehrt. Der Weiſs-Kunig hat vielen mächtigen Fürsten
„kiriſs“ machen lassen und verehrt als willkommene Geschenke.

In Hans Burgkmeyers Abbildung (Fig. 96) zu dem angeführten
Kapitel „Der Weiſs-Kunig“ sehen wir den Kaiser bei einem Harnisch-

1) Der Weiſs-Kunig. — Eine Erzählung von den Thaten Kaiser Maximilian
des Ersten von Max Treitzsauerwein, auf dessen Angaben zusammengetragen,
nebst den von Hansen Burgmair dazu verfertigten Holzschnitten … Manu-
script der K. K. Hofbibliothek zu Wien, S. 97, Tab. 42.
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[350/0370] Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. als Treibarbeiter und Tausiatoren waren zu Florenz im 16. Jahr- hundert die Gebrüder Lani, Pifanio Piripe, genannt Tacito und Repa. Auch in andern Städten Italiens wirkten noch bedeutende Meister in dieser Periode, doch müssen wir uns begnügen, deren Namen in einer Zusammenstellung später mitzuteilen. Die Blüte der deutschen Waffenschmiedekunst fällt etwas später als die der italienischen, obgleich berühmte deutsche Meister aus dem frühen Mittelalter bekannt sind. Die Waffenschmiedekunst wurde gefördert von den groſsen gewerbreichen freien Städten und von einzelnen Fürsten. Unter letzteren zeichneten sich im 15. Jahrhundert die Grafen von Tirol, Friedrich mit der leeren Tasche und Sigismund, der Gründer der berühmten Stückgieſserschule, aus. Das gröſste Verdienst um die Waffenschmiedekunst erwarb sich Kaiser Maximilian. Er kannte die Plattnerarbeit auf das genaueste und war darin selbst thätig, wie im „Weiſs-Kunig“ be- richtet wird 1). „48. Wie der junge Weiſs-Kunig gar künstlich war in der Platnerey und Harnaschmaysterey“. Darin wird hervorgehoben, daſs das theoretische Wissen nicht ausreiche und daſs einer nur gute Waffen mache, der auch mit den Waffen zu fechten verstehe, wie der junge Weiſs-Kunig, der darin seinen eignen Wappenmeister übertroffen. Derselbe gab selbst Verbesserungen an, besonders die, daſs er das Anschrauben des Hauptharnischs selbst verrichten konnte, und dazu keinen Wappenmeister brauchte. „Auſs dem mag ein Jeder verstehn, das dis kunig gewest ist, ein Lerer unnd Offenbarer andern kunigen in der harnischmeisterey und wappenmeisterey.“ In Innsbruck hat er eine groſse Plattnerei aufgerichtet. Mehrere aus dem Geschlechte (des Verfassers) Treizsaurbeyn haben die Harnische so hart gemacht, daſs man mit keiner Armbrust durchschieſsen konnte. Diese Kunst ging mit ihrem Ableben verloren. Aber ein Knecht dieser zu Muleyn, Caspar Riederer, hatte diese Kunst erlernt und sie dem jungen Weiſs-Kunig gelehrt. Dieser hat sie seinem Hofplattner Conrat Seisenhofer gelehrt. Der Weiſs-Kunig hat vielen mächtigen Fürsten „kiriſs“ machen lassen und verehrt als willkommene Geschenke. In Hans Burgkmeyers Abbildung (Fig. 96) zu dem angeführten Kapitel „Der Weiſs-Kunig“ sehen wir den Kaiser bei einem Harnisch- 1) Der Weiſs-Kunig. — Eine Erzählung von den Thaten Kaiser Maximilian des Ersten von Max Treitzsauerwein, auf dessen Angaben zusammengetragen, nebst den von Hansen Burgmair dazu verfertigten Holzschnitten … Manu- script der K. K. Hofbibliothek zu Wien, S. 97, Tab. 42.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/370>, abgerufen am 22.11.2024.