Abkunft der katholischen Gebräuche. In dieser Beziehung trug es viel zur Aufklärung im 16. Jahrhundert bei und half mit die Refor- mation vorzubereiten.
Technische Belehrung, die man nach dem Titel erwarten sollte, bietet dagegen das Werk nur wenig. Es ist eine Zusammenstellung von Namen meist mythischer Persönlichkeiten, die den Griechen, Römern und Juden als die Erfinder der Künste und Handwerke galten. Das Eisen ist nur kurz in dem 19. Kapitel des II. Buches abgehandelt, welches den Titel führt: "Wer zuerst Gold, Silber, Eisen, Blei, Erz, die Werkzeuge, das Feuer für sich, dann aus Kiesel und aus Holz, sowie die Blasebälge und die Kerzen erfunden hat." Aber vergeblich sucht man nach sachlichen Mitteilungen; man findet nur Namen und bezüglich des Eisens nur die von Plinius, Clemens von Alexandria, Herodot, Strabo, Josephus und in der heiligen Schrift namhaft gemachten Erfinder desselben. Über die Eisen- gewinnung zur Zeit des Verfassers selbst erfahren wir nichts.
Die Eisenindustrie hatte aber im 15. Jahrhundert eine grosse Umwälzung erfahren. Wir wissen dies, wenn auch kein Schriftsteller dieses Jahrhunderts davon Kunde giebt. In den Anfang des 15. Jahr- hunderts fällt die Erfindung des Eisengusses und der Übergang zum Hochofenbetrieb, also von der direkten zu der indirekten Eisenberei- tung, zur Roheisenerzeugung. Wir haben diesen Umschwung und die Ursachen, welche dazu geführt haben, bereits ausführlich im letzten Theile des I. Bandes dieses Werkes dargestellt und begnügen uns, kurz die Hauptmomente zu wiederholen.
Der Ausgangspunkt sowohl der Erfindung des Eisengusses als des Überganges zur Roheisendarstellung bildete die Benutzung des Wassers als Betriebskraft bei der Eisenbereitung. Hauptsächlich nach zwei Richtungen wurde die Wasserkraft nutzbar gemacht: zur Be- wegung eiserner Hämmer beim Ausschmieden der Luppen und zur Bewegung der Blasebälge. Dadurch wurden beim Schmieden wie beim Schmelzen weit grössere Wirkungen erzielt, als das vordem geschehen war. Beim Schmelzen der Erze war die Wirkung der verstärkten Windzufuhr, anfangs zum Schrecken des Schmelzers, eine solche, dass er das Eisen gar nicht mehr als eine zähe, wachsartige Masse, die sich unter dem Hammer schmieden liess, aus dem Ofen erhielt, sondern als ein flüssiges Metall, das erstarrt, unter dem Ham- mer auseinander flog. Dieses Eisen war so flüssig, dass es sich wie geschmolzenes Erz in Formen giessen liess. Zum zweitenmal und zwar in einem Herdfeuer vor dem Winde niedergeschmolzen, ver-
Einleitung.
Abkunft der katholischen Gebräuche. In dieser Beziehung trug es viel zur Aufklärung im 16. Jahrhundert bei und half mit die Refor- mation vorzubereiten.
Technische Belehrung, die man nach dem Titel erwarten sollte, bietet dagegen das Werk nur wenig. Es ist eine Zusammenstellung von Namen meist mythischer Persönlichkeiten, die den Griechen, Römern und Juden als die Erfinder der Künste und Handwerke galten. Das Eisen ist nur kurz in dem 19. Kapitel des II. Buches abgehandelt, welches den Titel führt: „Wer zuerst Gold, Silber, Eisen, Blei, Erz, die Werkzeuge, das Feuer für sich, dann aus Kiesel und aus Holz, sowie die Blasebälge und die Kerzen erfunden hat.“ Aber vergeblich sucht man nach sachlichen Mitteilungen; man findet nur Namen und bezüglich des Eisens nur die von Plinius, Clemens von Alexandria, Herodot, Strabo, Josephus und in der heiligen Schrift namhaft gemachten Erfinder desſelben. Über die Eisen- gewinnung zur Zeit des Verfassers selbst erfahren wir nichts.
Die Eisenindustrie hatte aber im 15. Jahrhundert eine groſse Umwälzung erfahren. Wir wissen dies, wenn auch kein Schriftsteller dieses Jahrhunderts davon Kunde giebt. In den Anfang des 15. Jahr- hunderts fällt die Erfindung des Eisengusses und der Übergang zum Hochofenbetrieb, also von der direkten zu der indirekten Eisenberei- tung, zur Roheisenerzeugung. Wir haben diesen Umschwung und die Ursachen, welche dazu geführt haben, bereits ausführlich im letzten Theile des I. Bandes dieses Werkes dargestellt und begnügen uns, kurz die Hauptmomente zu wiederholen.
Der Ausgangspunkt sowohl der Erfindung des Eisengusses als des Überganges zur Roheisendarstellung bildete die Benutzung des Wassers als Betriebskraft bei der Eisenbereitung. Hauptsächlich nach zwei Richtungen wurde die Wasserkraft nutzbar gemacht: zur Be- wegung eiserner Hämmer beim Ausschmieden der Luppen und zur Bewegung der Blasebälge. Dadurch wurden beim Schmieden wie beim Schmelzen weit gröſsere Wirkungen erzielt, als das vordem geschehen war. Beim Schmelzen der Erze war die Wirkung der verstärkten Windzufuhr, anfangs zum Schrecken des Schmelzers, eine solche, daſs er das Eisen gar nicht mehr als eine zähe, wachsartige Masse, die sich unter dem Hammer schmieden lieſs, aus dem Ofen erhielt, sondern als ein flüssiges Metall, das erstarrt, unter dem Ham- mer auseinander flog. Dieses Eisen war so flüssig, daſs es sich wie geschmolzenes Erz in Formen gieſsen lieſs. Zum zweitenmal und zwar in einem Herdfeuer vor dem Winde niedergeschmolzen, ver-
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Einleitung.
Abkunft der katholischen Gebräuche. In dieser Beziehung trug es
viel zur Aufklärung im 16. Jahrhundert bei und half mit die Refor-
mation vorzubereiten.
Technische Belehrung, die man nach dem Titel erwarten sollte,
bietet dagegen das Werk nur wenig. Es ist eine Zusammenstellung
von Namen meist mythischer Persönlichkeiten, die den Griechen,
Römern und Juden als die Erfinder der Künste und Handwerke
galten. Das Eisen ist nur kurz in dem 19. Kapitel des II. Buches
abgehandelt, welches den Titel führt: „Wer zuerst Gold, Silber,
Eisen, Blei, Erz, die Werkzeuge, das Feuer für sich, dann aus Kiesel
und aus Holz, sowie die Blasebälge und die Kerzen erfunden hat.“
Aber vergeblich sucht man nach sachlichen Mitteilungen; man findet
nur Namen und bezüglich des Eisens nur die von Plinius, Clemens
von Alexandria, Herodot, Strabo, Josephus und in der heiligen
Schrift namhaft gemachten Erfinder desſelben. Über die Eisen-
gewinnung zur Zeit des Verfassers selbst erfahren wir nichts.
Die Eisenindustrie hatte aber im 15. Jahrhundert eine groſse
Umwälzung erfahren. Wir wissen dies, wenn auch kein Schriftsteller
dieses Jahrhunderts davon Kunde giebt. In den Anfang des 15. Jahr-
hunderts fällt die Erfindung des Eisengusses und der Übergang zum
Hochofenbetrieb, also von der direkten zu der indirekten Eisenberei-
tung, zur Roheisenerzeugung. Wir haben diesen Umschwung und
die Ursachen, welche dazu geführt haben, bereits ausführlich im
letzten Theile des I. Bandes dieses Werkes dargestellt und begnügen
uns, kurz die Hauptmomente zu wiederholen.
Der Ausgangspunkt sowohl der Erfindung des Eisengusses als
des Überganges zur Roheisendarstellung bildete die Benutzung des
Wassers als Betriebskraft bei der Eisenbereitung. Hauptsächlich nach
zwei Richtungen wurde die Wasserkraft nutzbar gemacht: zur Be-
wegung eiserner Hämmer beim Ausschmieden der Luppen und zur
Bewegung der Blasebälge. Dadurch wurden beim Schmieden wie
beim Schmelzen weit gröſsere Wirkungen erzielt, als das vordem
geschehen war. Beim Schmelzen der Erze war die Wirkung der
verstärkten Windzufuhr, anfangs zum Schrecken des Schmelzers, eine
solche, daſs er das Eisen gar nicht mehr als eine zähe, wachsartige
Masse, die sich unter dem Hammer schmieden lieſs, aus dem Ofen
erhielt, sondern als ein flüssiges Metall, das erstarrt, unter dem Ham-
mer auseinander flog. Dieses Eisen war so flüssig, daſs es sich wie
geschmolzenes Erz in Formen gieſsen lieſs. Zum zweitenmal und
zwar in einem Herdfeuer vor dem Winde niedergeschmolzen, ver-
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/32>, abgerufen am 25.11.2024.
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