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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert.
scheinen. Deshalb habe ich die Scheibe entweder für sich oder an
die Seele anhängend gemacht.

Von den Eisen am Fussende, von denen ich gesprochen habe,
gefallen mir alle andern besser als das, welches in das Bodenstück
eingestellt wird. Denn es zeigen sich mir dabei zwei Schwierig-
keiten. Erstens, dass, ehe man die Seele einsetzt, man das Boden-
stück an die Form setzen und befestigen muss, worauf man dann
erst die Seele einsetzt, indem man ein brennendes Stückchen Wachs-
kerze einführen und mit Geschick und Geduld von oben operieren
muss, wobei man, um auf den Grund zu sehen, an dem offenen
Eingusse stehen muss. Dabei ist es leicht möglich, dass Erde, Kohle
oder sonst etwas hineinfallen kann, und wenn es auch so fiele, dass
Ihr es sähet, so müsste es doch darin bleiben, wenn nicht alles von
neuem gemacht werden soll, was bei keiner der andern Methoden
so vorkommen kann. Mir hat es im Gegenteil immer gefallen, nicht
nur alle Eingusslöcher und Luftpfeifen, ehe man die Traube einsetzt,
mit Stopfen zu verschliessen, sondern auch noch ein Tuch darüber
zu binden. Die andere Schwierigkeit besteht darin, dass sich bei dem
Belasten eine Seite des Fussgestelles etwas heben kann, wenn man
auch, um sich davor zu schützen, die Arme des Auges lang macht
und die Seele, von der Scheibe an gemessen, genau so lang, wie sie
ein Geschütz von der Mündung an gemessen sein muss.

Nun müsst Ihr aber verstehen, dass die Form, wenn man die
Seele einsetzen will, in einer Grube vor dem Ofen steht, so tief, wie
die Form selbst hoch ist, und dass man die Seele von oben mit einem
Flaschenzug an ihre Stelle setzt. Wenn dies alles in Ordnung ist,
könnt Ihr alsdann ans Giessen denken. Ich habe Zeichnungen hier
beigesetzt für den Fall, dass ich es Euch nicht genügend erklärt
haben sollte, damit Ihr verstehen könnt, was die Scheibe, die Hals-
eisen und die Mauerkrone sind.

Diese ausführliche Beschreibung der Herstellung einer Kanonen-
form, wie sie so gründlich nur ein Praktiker, der selbst im Kanonen-
gusse thätig war, geben konnte, liefert den deutlichen Beweis, auf
welcher Höhe die Formerkunst im Beginn des 16. Jahrhunderts be-
reits stand. Die Schilderung bezieht sich allerdings zunächst auf
die Herstellung jener Riesengeschütze von Bronze, worin gerade im
15. und 16. Jahrhundert das Grossartigste geleistet wurde (siehe Bd. I,
S. 939). Von Gusseisen wurden nur kleine Geschütze gefertigt, weil
man einesteils nicht im stande war, so grosse Massen von Eisen in
flüssigen Zustand zu bringen, andernteils die aus Eisen gegossenen

Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert.
scheinen. Deshalb habe ich die Scheibe entweder für sich oder an
die Seele anhängend gemacht.

Von den Eisen am Fuſsende, von denen ich gesprochen habe,
gefallen mir alle andern besser als das, welches in das Bodenstück
eingestellt wird. Denn es zeigen sich mir dabei zwei Schwierig-
keiten. Erstens, daſs, ehe man die Seele einsetzt, man das Boden-
stück an die Form setzen und befestigen muſs, worauf man dann
erst die Seele einsetzt, indem man ein brennendes Stückchen Wachs-
kerze einführen und mit Geschick und Geduld von oben operieren
muſs, wobei man, um auf den Grund zu sehen, an dem offenen
Eingusse stehen muſs. Dabei ist es leicht möglich, daſs Erde, Kohle
oder sonst etwas hineinfallen kann, und wenn es auch so fiele, daſs
Ihr es sähet, so müſste es doch darin bleiben, wenn nicht alles von
neuem gemacht werden soll, was bei keiner der andern Methoden
so vorkommen kann. Mir hat es im Gegenteil immer gefallen, nicht
nur alle Einguſslöcher und Luftpfeifen, ehe man die Traube einsetzt,
mit Stopfen zu verschlieſsen, sondern auch noch ein Tuch darüber
zu binden. Die andere Schwierigkeit besteht darin, daſs sich bei dem
Belasten eine Seite des Fuſsgestelles etwas heben kann, wenn man
auch, um sich davor zu schützen, die Arme des Auges lang macht
und die Seele, von der Scheibe an gemessen, genau so lang, wie sie
ein Geschütz von der Mündung an gemessen sein muſs.

Nun müſst Ihr aber verstehen, daſs die Form, wenn man die
Seele einsetzen will, in einer Grube vor dem Ofen steht, so tief, wie
die Form selbst hoch ist, und daſs man die Seele von oben mit einem
Flaschenzug an ihre Stelle setzt. Wenn dies alles in Ordnung ist,
könnt Ihr alsdann ans Gieſsen denken. Ich habe Zeichnungen hier
beigesetzt für den Fall, daſs ich es Euch nicht genügend erklärt
haben sollte, damit Ihr verstehen könnt, was die Scheibe, die Hals-
eisen und die Mauerkrone sind.

Diese ausführliche Beschreibung der Herstellung einer Kanonen-
form, wie sie so gründlich nur ein Praktiker, der selbst im Kanonen-
gusse thätig war, geben konnte, liefert den deutlichen Beweis, auf
welcher Höhe die Formerkunst im Beginn des 16. Jahrhunderts be-
reits stand. Die Schilderung bezieht sich allerdings zunächst auf
die Herstellung jener Riesengeschütze von Bronze, worin gerade im
15. und 16. Jahrhundert das Groſsartigste geleistet wurde (siehe Bd. I,
S. 939). Von Guſseisen wurden nur kleine Geschütze gefertigt, weil
man einesteils nicht im stande war, so groſse Massen von Eisen in
flüssigen Zustand zu bringen, andernteils die aus Eisen gegossenen

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[285/0305] Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert. scheinen. Deshalb habe ich die Scheibe entweder für sich oder an die Seele anhängend gemacht. Von den Eisen am Fuſsende, von denen ich gesprochen habe, gefallen mir alle andern besser als das, welches in das Bodenstück eingestellt wird. Denn es zeigen sich mir dabei zwei Schwierig- keiten. Erstens, daſs, ehe man die Seele einsetzt, man das Boden- stück an die Form setzen und befestigen muſs, worauf man dann erst die Seele einsetzt, indem man ein brennendes Stückchen Wachs- kerze einführen und mit Geschick und Geduld von oben operieren muſs, wobei man, um auf den Grund zu sehen, an dem offenen Eingusse stehen muſs. Dabei ist es leicht möglich, daſs Erde, Kohle oder sonst etwas hineinfallen kann, und wenn es auch so fiele, daſs Ihr es sähet, so müſste es doch darin bleiben, wenn nicht alles von neuem gemacht werden soll, was bei keiner der andern Methoden so vorkommen kann. Mir hat es im Gegenteil immer gefallen, nicht nur alle Einguſslöcher und Luftpfeifen, ehe man die Traube einsetzt, mit Stopfen zu verschlieſsen, sondern auch noch ein Tuch darüber zu binden. Die andere Schwierigkeit besteht darin, daſs sich bei dem Belasten eine Seite des Fuſsgestelles etwas heben kann, wenn man auch, um sich davor zu schützen, die Arme des Auges lang macht und die Seele, von der Scheibe an gemessen, genau so lang, wie sie ein Geschütz von der Mündung an gemessen sein muſs. Nun müſst Ihr aber verstehen, daſs die Form, wenn man die Seele einsetzen will, in einer Grube vor dem Ofen steht, so tief, wie die Form selbst hoch ist, und daſs man die Seele von oben mit einem Flaschenzug an ihre Stelle setzt. Wenn dies alles in Ordnung ist, könnt Ihr alsdann ans Gieſsen denken. Ich habe Zeichnungen hier beigesetzt für den Fall, daſs ich es Euch nicht genügend erklärt haben sollte, damit Ihr verstehen könnt, was die Scheibe, die Hals- eisen und die Mauerkrone sind. Diese ausführliche Beschreibung der Herstellung einer Kanonen- form, wie sie so gründlich nur ein Praktiker, der selbst im Kanonen- gusse thätig war, geben konnte, liefert den deutlichen Beweis, auf welcher Höhe die Formerkunst im Beginn des 16. Jahrhunderts be- reits stand. Die Schilderung bezieht sich allerdings zunächst auf die Herstellung jener Riesengeschütze von Bronze, worin gerade im 15. und 16. Jahrhundert das Groſsartigste geleistet wurde (siehe Bd. I, S. 939). Von Guſseisen wurden nur kleine Geschütze gefertigt, weil man einesteils nicht im stande war, so groſse Massen von Eisen in flüssigen Zustand zu bringen, andernteils die aus Eisen gegossenen

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/305>, abgerufen am 23.11.2024.