Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

Stahlbereitung im 16. Jahrhundert.
Scheidewasser: diesem wird Silberamalgam und Grünspan zugemischt
und in 24 Stunden ätzen Sie die Zeichnung so schön in das Eisen,
wie es nicht besser mit einem Siegel in Wachs abgedrückt werden
kann.

Wie man das Rosten des Eisens vermeidet:

Wenn das Eisen Spuren von Rost angenommen hat, so nimmt
diese das Weinsteinöl (oleum tartari) weg u. s. w. (Mizaldus).

Wie man eiserne, stählerne und eherne Waffen vom Roste
reinigt
und sie glänzend erhält:

Sie werden mit einem Gemisch von Essig und Alaun bestrichen
oder mit Bleiweiss und Hirschtalg (cervi medulla), denn dies ist halt-
barer als Öl. Aber das aller haltbarste und nützlichste ist, wenn man
ganz feine Bleispäne in einem bleiernen oder eisernen Mörser unter
Zufügung von etwas Nardenöl (oleum de spica), was des Wohl-
geruches wegen geschieht, gehörig durcharbeitet und damit das Eisen
oder den Stahl einreibt. Auf diese Art kannst du jedwede Waffe in
Wasser und feuchter Luft frei von jeder Art von Rost tragen (Ex
quodam armorum perito fabro).

Wer noch sonst an wunderlichen Härtemitteln aus jener Zeit,
wo man "nach unendlichen Rezepten -- das Widrige zusammengoss",
seine Freude hat, den verweisen wir auf die kleine Schrift "Von
Stahel und Eysen
: Wie man die selbigen künstlich weych vnd
hart machen soll ... Mit viel andern künstlin, wie man Goldt von
Sylber Farben, vff ein yedes Metall, mancherley weyse machen sol,
darzu auch wie man in Stahel vnd Eysen oder vff waffen etzen sol.
Desgleychen auch mancherley art, warm vnd kalt Eysen vnd
Messing &c., zu löten. -- Getruckt zu Maintz bey Peter Jordan
im Mertzen des M. D. XXX. II. Jars."

Die Verwendung des Stahls war im 16. Jahrhundert noch eine
äusserst beschränkte und selbst in den Ländern, welche durch ihren
Stahl berühmt waren, wie Steiermark und das Siegerland, trat die
Stahlbereitung weitaus zurück gegen die Eisengewinnung. Durch die
Einführung und Ausbildung des Stahlfrischens nahm die Stahl-
erzeugung und der Stahlverbrauch zwar zu im Vergleich mit der
früheren Periode, in der man den Stahl in Stücköfen und Luppen-
feuern mehr zufällig gewonnen hatte, doch nahm die Verwendung,
Benutzung und Verarbeitung des Stahls einen wesentlichen Auf-
schwung erst durch die Erfindung der Zementstahlfabrikation und
der Gussstahlfabrikation im vorigen Jahrhundert.



Stahlbereitung im 16. Jahrhundert.
Scheidewasser: diesem wird Silberamalgam und Grünspan zugemischt
und in 24 Stunden ätzen Sie die Zeichnung so schön in das Eisen,
wie es nicht besser mit einem Siegel in Wachs abgedrückt werden
kann.

Wie man das Rosten des Eisens vermeidet:

Wenn das Eisen Spuren von Rost angenommen hat, so nimmt
diese das Weinsteinöl (oleum tartari) weg u. s. w. (Mizaldus).

Wie man eiserne, stählerne und eherne Waffen vom Roste
reinigt
und sie glänzend erhält:

Sie werden mit einem Gemisch von Essig und Alaun bestrichen
oder mit Bleiweiſs und Hirschtalg (cervi medulla), denn dies ist halt-
barer als Öl. Aber das aller haltbarste und nützlichste ist, wenn man
ganz feine Bleispäne in einem bleiernen oder eisernen Mörser unter
Zufügung von etwas Nardenöl (oleum de spica), was des Wohl-
geruches wegen geschieht, gehörig durcharbeitet und damit das Eisen
oder den Stahl einreibt. Auf diese Art kannst du jedwede Waffe in
Wasser und feuchter Luft frei von jeder Art von Rost tragen (Ex
quodam armorum perito fabro).

Wer noch sonst an wunderlichen Härtemitteln aus jener Zeit,
wo man „nach unendlichen Rezepten — das Widrige zusammengoſs“,
seine Freude hat, den verweisen wir auf die kleine Schrift „Von
Stahel und Eysen
: Wie man die selbigen künstlich weych vnd
hart machen soll … Mit viel andern künstlin, wie man Goldt von
Sylber Farben, vff ein yedes Metall, mancherley weyse machen sol,
darzu auch wie man in Stahel vnd Eysen oder vff waffen etzen sol.
Desgleychen auch mancherley art, warm vnd kalt Eysen vnd
Messing &c., zu löten. — Getruckt zu Maintz bey Peter Jordan
im Mertzen des M. D. XXX. II. Jars.“

Die Verwendung des Stahls war im 16. Jahrhundert noch eine
äuſserst beschränkte und selbst in den Ländern, welche durch ihren
Stahl berühmt waren, wie Steiermark und das Siegerland, trat die
Stahlbereitung weitaus zurück gegen die Eisengewinnung. Durch die
Einführung und Ausbildung des Stahlfrischens nahm die Stahl-
erzeugung und der Stahlverbrauch zwar zu im Vergleich mit der
früheren Periode, in der man den Stahl in Stücköfen und Luppen-
feuern mehr zufällig gewonnen hatte, doch nahm die Verwendung,
Benutzung und Verarbeitung des Stahls einen wesentlichen Auf-
schwung erst durch die Erfindung der Zementstahlfabrikation und
der Guſsstahlfabrikation im vorigen Jahrhundert.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0286" n="266"/><fw place="top" type="header">Stahlbereitung im 16. Jahrhundert.</fw><lb/>
Scheidewasser: diesem wird Silberamalgam und Grünspan zugemischt<lb/>
und in 24 Stunden ätzen Sie die Zeichnung so schön in das Eisen,<lb/>
wie es nicht besser mit einem Siegel in Wachs abgedrückt werden<lb/>
kann.</p><lb/>
            <p>Wie man <hi rendition="#g">das Rosten des Eisens vermeidet</hi>:</p><lb/>
            <p>Wenn das Eisen Spuren von Rost angenommen hat, so nimmt<lb/>
diese das Weinsteinöl (oleum tartari) weg u. s. w. (<hi rendition="#g">Mizaldus</hi>).</p><lb/>
            <p>Wie man eiserne, stählerne und eherne <hi rendition="#g">Waffen vom Roste<lb/>
reinigt</hi> und sie glänzend erhält:</p><lb/>
            <p>Sie werden mit einem Gemisch von Essig und Alaun bestrichen<lb/>
oder mit Bleiwei&#x017F;s und Hirschtalg (cervi medulla), denn dies ist halt-<lb/>
barer als Öl. Aber das aller haltbarste und nützlichste ist, wenn man<lb/>
ganz feine Bleispäne in einem bleiernen oder eisernen Mörser unter<lb/>
Zufügung von etwas Nardenöl (oleum de spica), was des Wohl-<lb/>
geruches wegen geschieht, gehörig durcharbeitet und damit das Eisen<lb/>
oder den Stahl einreibt. Auf diese Art kannst du jedwede Waffe in<lb/>
Wasser und feuchter Luft frei von jeder Art von Rost tragen (Ex<lb/>
quodam armorum perito fabro).</p><lb/>
            <p>Wer noch sonst an wunderlichen Härtemitteln aus jener Zeit,<lb/>
wo man &#x201E;nach unendlichen Rezepten &#x2014; das Widrige zusammengo&#x017F;s&#x201C;,<lb/>
seine Freude hat, den verweisen wir auf die kleine Schrift &#x201E;<hi rendition="#g">Von<lb/>
Stahel und Eysen</hi>: Wie man die selbigen künstlich weych vnd<lb/>
hart machen soll &#x2026; Mit viel andern künstlin, wie man Goldt von<lb/>
Sylber Farben, vff ein yedes Metall, mancherley weyse machen sol,<lb/>
darzu auch wie man in Stahel vnd Eysen oder vff waffen etzen sol.<lb/>
Desgleychen auch mancherley art, warm vnd kalt Eysen vnd<lb/>
Messing &amp;c., zu löten. &#x2014; Getruckt zu Maintz bey <hi rendition="#g">Peter Jordan</hi><lb/>
im Mertzen des M. D. XXX. II. Jars.&#x201C;</p><lb/>
            <p>Die Verwendung des Stahls war im 16. Jahrhundert noch eine<lb/>
äu&#x017F;serst beschränkte und selbst in den Ländern, welche durch ihren<lb/>
Stahl berühmt waren, wie Steiermark und das Siegerland, trat die<lb/>
Stahlbereitung weitaus zurück gegen die Eisengewinnung. Durch die<lb/>
Einführung und Ausbildung des Stahlfrischens nahm die Stahl-<lb/>
erzeugung und der Stahlverbrauch zwar zu im Vergleich mit der<lb/>
früheren Periode, in der man den Stahl in Stücköfen und Luppen-<lb/>
feuern mehr zufällig gewonnen hatte, doch nahm die Verwendung,<lb/>
Benutzung und Verarbeitung des Stahls einen wesentlichen Auf-<lb/>
schwung erst durch die Erfindung der Zementstahlfabrikation und<lb/>
der Gu&#x017F;sstahlfabrikation im vorigen Jahrhundert.</p>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[266/0286] Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. Scheidewasser: diesem wird Silberamalgam und Grünspan zugemischt und in 24 Stunden ätzen Sie die Zeichnung so schön in das Eisen, wie es nicht besser mit einem Siegel in Wachs abgedrückt werden kann. Wie man das Rosten des Eisens vermeidet: Wenn das Eisen Spuren von Rost angenommen hat, so nimmt diese das Weinsteinöl (oleum tartari) weg u. s. w. (Mizaldus). Wie man eiserne, stählerne und eherne Waffen vom Roste reinigt und sie glänzend erhält: Sie werden mit einem Gemisch von Essig und Alaun bestrichen oder mit Bleiweiſs und Hirschtalg (cervi medulla), denn dies ist halt- barer als Öl. Aber das aller haltbarste und nützlichste ist, wenn man ganz feine Bleispäne in einem bleiernen oder eisernen Mörser unter Zufügung von etwas Nardenöl (oleum de spica), was des Wohl- geruches wegen geschieht, gehörig durcharbeitet und damit das Eisen oder den Stahl einreibt. Auf diese Art kannst du jedwede Waffe in Wasser und feuchter Luft frei von jeder Art von Rost tragen (Ex quodam armorum perito fabro). Wer noch sonst an wunderlichen Härtemitteln aus jener Zeit, wo man „nach unendlichen Rezepten — das Widrige zusammengoſs“, seine Freude hat, den verweisen wir auf die kleine Schrift „Von Stahel und Eysen: Wie man die selbigen künstlich weych vnd hart machen soll … Mit viel andern künstlin, wie man Goldt von Sylber Farben, vff ein yedes Metall, mancherley weyse machen sol, darzu auch wie man in Stahel vnd Eysen oder vff waffen etzen sol. Desgleychen auch mancherley art, warm vnd kalt Eysen vnd Messing &c., zu löten. — Getruckt zu Maintz bey Peter Jordan im Mertzen des M. D. XXX. II. Jars.“ Die Verwendung des Stahls war im 16. Jahrhundert noch eine äuſserst beschränkte und selbst in den Ländern, welche durch ihren Stahl berühmt waren, wie Steiermark und das Siegerland, trat die Stahlbereitung weitaus zurück gegen die Eisengewinnung. Durch die Einführung und Ausbildung des Stahlfrischens nahm die Stahl- erzeugung und der Stahlverbrauch zwar zu im Vergleich mit der früheren Periode, in der man den Stahl in Stücköfen und Luppen- feuern mehr zufällig gewonnen hatte, doch nahm die Verwendung, Benutzung und Verarbeitung des Stahls einen wesentlichen Auf- schwung erst durch die Erfindung der Zementstahlfabrikation und der Guſsstahlfabrikation im vorigen Jahrhundert.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/286
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/286>, abgerufen am 25.11.2024.