Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

Hochöfen.
lichkeit festhielt. Indessen soll dadurch das Verdienst der ersten
Ofenbaumeister, namentlich des Hans und Christoph Sien, in
keiner Weise geschmälert werden. Ihnen darf man wohl das Ver-
dienst zuschreiben, das charakteristische Harzer Ofenprofil, welches
für die lokalen Verhältnisse damals das zweckentsprechendste war, auf
Grundlage von Versuchen und Erfahrungen erfunden, ausgearbeitet
und eingeführt zu haben.

Wie am metallreichen Harz, so hat auch in dem industriellen
Sachsen die Einführung der Hochöfen erst verhältnismässig spät
stattgefunden. Allerdings sagt G. Agricola bereits in seiner Ab-
handlung De vet. et novis metallis, welche im Jahre 1545 verfasst
sein dürfte, dass in den Eisenhütten zu Lauenstein und Gieshübel
ebenfalls eiserne Öfen gegossen wurden. Dort müssten also um jene
Zeit bereits Hochöfen im Gange gewesen sein. Bestimmte Nach-
richten über den Bau von Hochöfen finden sich aber erst aus der
Regierungszeit des Kurfürsten August. Im Jahre 1575 liess dieser
auf den Rat Bernsteins bei Schöneck einen "Massenofen" und
Stahlhammer errichten, um die dortigen Eisensteine und Waldungen
besser verwerten zu können. Weit früher wurden Hochöfen im Mosel-
gebiet und in der Eifel betrieben.

In der Grafschaft Ottweiler wurden schon zu Anfang des 16. Jahr-
hunderts Gusswaren aus dem Hochofen gegossen. Wir erfahren dies
aus einem Vertrage vom Montag nach Vincula Petri 1514, durch den
Graf Johann Ludwig von Nassau-Saarbrücken die "Isenschmitt bei
Wiebelskirchen, uff der Oster gelegen", mitsamt dem Eisenerz in
der Grafschaft Ottweiler an Lux von Nassau und Johann von Lichten-
stein gegen den halben Ertrag in Erbpacht verleiht; die Pächter
sollen nach dem Vertrage dem Grafen jährlich 10 Zentner Eisen,
ferner den zehnten Wagen Eisenstein und von jedem Wagen Holz-
kohlen 2 Albus geben, dagegen alles Eisen für den Gebrauch des
Grafen zu 1 rhein. Gulden den Zentner liefern, für eiserne "Heffen"
(Töpfe) 1 Ort und 1 Heller bezahlt nehmen, für "Öfen, Büchsen
oder Büchsensteine zu giessen
" nur 1 Gulden.

Ebenso war in der Eifel der Guss eiserner Öfen schon in der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Gange, und zwar ohne Zweifel
direkt aus Hochöfen. Agricola erwähnt derselben und Petrus
Albinus
schreibt in seiner im Jahre 1590 erschienen Berg-Chronika:
"Aber in der Herrschaft Schleiden am Hellthal, desgleichen in der
Herrschaft Kronenberg und Kieln (nicht fern von der Grafschaft
Manderscheidt) find man guten Eisenstein, daraus man fürbündig

Hochöfen.
lichkeit festhielt. Indessen soll dadurch das Verdienst der ersten
Ofenbaumeister, namentlich des Hans und Christoph Sien, in
keiner Weise geschmälert werden. Ihnen darf man wohl das Ver-
dienst zuschreiben, das charakteristische Harzer Ofenprofil, welches
für die lokalen Verhältnisse damals das zweckentsprechendste war, auf
Grundlage von Versuchen und Erfahrungen erfunden, ausgearbeitet
und eingeführt zu haben.

Wie am metallreichen Harz, so hat auch in dem industriellen
Sachsen die Einführung der Hochöfen erst verhältnismäſsig spät
stattgefunden. Allerdings sagt G. Agricola bereits in seiner Ab-
handlung De vet. et novis metallis, welche im Jahre 1545 verfaſst
sein dürfte, daſs in den Eisenhütten zu Lauenstein und Gieshübel
ebenfalls eiserne Öfen gegossen wurden. Dort müſsten also um jene
Zeit bereits Hochöfen im Gange gewesen sein. Bestimmte Nach-
richten über den Bau von Hochöfen finden sich aber erst aus der
Regierungszeit des Kurfürsten August. Im Jahre 1575 lieſs dieser
auf den Rat Bernsteins bei Schöneck einen „Massenofen“ und
Stahlhammer errichten, um die dortigen Eisensteine und Waldungen
besser verwerten zu können. Weit früher wurden Hochöfen im Mosel-
gebiet und in der Eifel betrieben.

In der Grafschaft Ottweiler wurden schon zu Anfang des 16. Jahr-
hunderts Guſswaren aus dem Hochofen gegossen. Wir erfahren dies
aus einem Vertrage vom Montag nach Vincula Petri 1514, durch den
Graf Johann Ludwig von Nassau-Saarbrücken die „Isenschmitt bei
Wiebelskirchen, uff der Oster gelegen“, mitsamt dem Eisenerz in
der Grafschaft Ottweiler an Lux von Nassau und Johann von Lichten-
stein gegen den halben Ertrag in Erbpacht verleiht; die Pächter
sollen nach dem Vertrage dem Grafen jährlich 10 Zentner Eisen,
ferner den zehnten Wagen Eisenstein und von jedem Wagen Holz-
kohlen 2 Albus geben, dagegen alles Eisen für den Gebrauch des
Grafen zu 1 rhein. Gulden den Zentner liefern, für eiserne „Heffen
(Töpfe) 1 Ort und 1 Heller bezahlt nehmen, für „Öfen, Büchsen
oder Büchsensteine zu gieſsen
“ nur 1 Gulden.

Ebenso war in der Eifel der Guſs eiserner Öfen schon in der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Gange, und zwar ohne Zweifel
direkt aus Hochöfen. Agricola erwähnt derselben und Petrus
Albinus
schreibt in seiner im Jahre 1590 erschienen Berg-Chronika:
„Aber in der Herrschaft Schleiden am Hellthal, desgleichen in der
Herrschaft Kronenberg und Kieln (nicht fern von der Grafschaft
Manderscheidt) find man guten Eisenstein, daraus man fürbündig

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0222" n="202"/><fw place="top" type="header">Hochöfen.</fw><lb/>
lichkeit festhielt. Indessen soll dadurch das Verdienst der ersten<lb/>
Ofenbaumeister, namentlich des <hi rendition="#g">Hans</hi> und <hi rendition="#g">Christoph Sien</hi>, in<lb/>
keiner Weise geschmälert werden. Ihnen darf man wohl das Ver-<lb/>
dienst zuschreiben, das charakteristische Harzer Ofenprofil, welches<lb/>
für die lokalen Verhältnisse damals das zweckentsprechendste war, auf<lb/>
Grundlage von Versuchen und Erfahrungen erfunden, ausgearbeitet<lb/>
und eingeführt zu haben.</p><lb/>
              <p>Wie am metallreichen Harz, so hat auch in dem industriellen<lb/>
Sachsen die Einführung der Hochöfen erst verhältnismä&#x017F;sig spät<lb/>
stattgefunden. Allerdings sagt G. <hi rendition="#g">Agricola</hi> bereits in seiner Ab-<lb/>
handlung De vet. et novis metallis, welche im Jahre 1545 verfa&#x017F;st<lb/>
sein dürfte, da&#x017F;s in den Eisenhütten zu Lauenstein und Gieshübel<lb/>
ebenfalls eiserne Öfen gegossen wurden. Dort mü&#x017F;sten also um jene<lb/>
Zeit bereits Hochöfen im Gange gewesen sein. Bestimmte Nach-<lb/>
richten über den Bau von Hochöfen finden sich aber erst aus der<lb/>
Regierungszeit des Kurfürsten <hi rendition="#g">August</hi>. Im Jahre 1575 lie&#x017F;s dieser<lb/>
auf den Rat <hi rendition="#g">Bernsteins</hi> bei Schöneck einen &#x201E;Massenofen&#x201C; und<lb/>
Stahlhammer errichten, um die dortigen Eisensteine und Waldungen<lb/>
besser verwerten zu können. Weit früher wurden Hochöfen im Mosel-<lb/>
gebiet und in der Eifel betrieben.</p><lb/>
              <p>In der Grafschaft Ottweiler wurden schon zu Anfang des 16. Jahr-<lb/>
hunderts Gu&#x017F;swaren aus dem Hochofen gegossen. Wir erfahren dies<lb/>
aus einem Vertrage vom Montag nach Vincula Petri 1514, durch den<lb/>
Graf Johann Ludwig von Nassau-Saarbrücken die &#x201E;Isenschmitt bei<lb/><hi rendition="#g">Wiebelskirchen</hi>, uff der Oster gelegen&#x201C;, mitsamt dem Eisenerz in<lb/>
der Grafschaft Ottweiler an Lux von Nassau und Johann von Lichten-<lb/>
stein gegen den halben Ertrag in Erbpacht verleiht; die Pächter<lb/>
sollen nach dem Vertrage dem Grafen jährlich 10 Zentner Eisen,<lb/>
ferner den zehnten Wagen Eisenstein und von jedem Wagen Holz-<lb/>
kohlen 2 Albus geben, dagegen alles Eisen für den Gebrauch des<lb/>
Grafen zu 1 rhein. Gulden den Zentner liefern, für eiserne &#x201E;<hi rendition="#g">Heffen</hi>&#x201C;<lb/>
(Töpfe) 1 Ort und 1 Heller bezahlt nehmen, für &#x201E;<hi rendition="#g">Öfen, Büchsen<lb/>
oder Büchsensteine zu gie&#x017F;sen</hi>&#x201C; nur 1 Gulden.</p><lb/>
              <p>Ebenso war in der Eifel <hi rendition="#g">der Gu&#x017F;s eiserner Öfen</hi> schon in der<lb/>
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Gange, und zwar ohne Zweifel<lb/>
direkt aus Hochöfen. <hi rendition="#g">Agricola</hi> erwähnt derselben und <hi rendition="#g">Petrus<lb/>
Albinus</hi> schreibt in seiner im Jahre 1590 erschienen Berg-Chronika:<lb/>
&#x201E;Aber in der Herrschaft Schleiden am Hellthal, desgleichen in der<lb/>
Herrschaft Kronenberg und Kieln (nicht fern von der Grafschaft<lb/>
Manderscheidt) find man guten Eisenstein, daraus man fürbündig<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0222] Hochöfen. lichkeit festhielt. Indessen soll dadurch das Verdienst der ersten Ofenbaumeister, namentlich des Hans und Christoph Sien, in keiner Weise geschmälert werden. Ihnen darf man wohl das Ver- dienst zuschreiben, das charakteristische Harzer Ofenprofil, welches für die lokalen Verhältnisse damals das zweckentsprechendste war, auf Grundlage von Versuchen und Erfahrungen erfunden, ausgearbeitet und eingeführt zu haben. Wie am metallreichen Harz, so hat auch in dem industriellen Sachsen die Einführung der Hochöfen erst verhältnismäſsig spät stattgefunden. Allerdings sagt G. Agricola bereits in seiner Ab- handlung De vet. et novis metallis, welche im Jahre 1545 verfaſst sein dürfte, daſs in den Eisenhütten zu Lauenstein und Gieshübel ebenfalls eiserne Öfen gegossen wurden. Dort müſsten also um jene Zeit bereits Hochöfen im Gange gewesen sein. Bestimmte Nach- richten über den Bau von Hochöfen finden sich aber erst aus der Regierungszeit des Kurfürsten August. Im Jahre 1575 lieſs dieser auf den Rat Bernsteins bei Schöneck einen „Massenofen“ und Stahlhammer errichten, um die dortigen Eisensteine und Waldungen besser verwerten zu können. Weit früher wurden Hochöfen im Mosel- gebiet und in der Eifel betrieben. In der Grafschaft Ottweiler wurden schon zu Anfang des 16. Jahr- hunderts Guſswaren aus dem Hochofen gegossen. Wir erfahren dies aus einem Vertrage vom Montag nach Vincula Petri 1514, durch den Graf Johann Ludwig von Nassau-Saarbrücken die „Isenschmitt bei Wiebelskirchen, uff der Oster gelegen“, mitsamt dem Eisenerz in der Grafschaft Ottweiler an Lux von Nassau und Johann von Lichten- stein gegen den halben Ertrag in Erbpacht verleiht; die Pächter sollen nach dem Vertrage dem Grafen jährlich 10 Zentner Eisen, ferner den zehnten Wagen Eisenstein und von jedem Wagen Holz- kohlen 2 Albus geben, dagegen alles Eisen für den Gebrauch des Grafen zu 1 rhein. Gulden den Zentner liefern, für eiserne „Heffen“ (Töpfe) 1 Ort und 1 Heller bezahlt nehmen, für „Öfen, Büchsen oder Büchsensteine zu gieſsen“ nur 1 Gulden. Ebenso war in der Eifel der Guſs eiserner Öfen schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Gange, und zwar ohne Zweifel direkt aus Hochöfen. Agricola erwähnt derselben und Petrus Albinus schreibt in seiner im Jahre 1590 erschienen Berg-Chronika: „Aber in der Herrschaft Schleiden am Hellthal, desgleichen in der Herrschaft Kronenberg und Kieln (nicht fern von der Grafschaft Manderscheidt) find man guten Eisenstein, daraus man fürbündig

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/222
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/222>, abgerufen am 23.11.2024.