keit versehen. Die Abzüchte wurden mit breiten Steinen gedeckt, auf denen eine Schicht "Schutt" aufgestampft war, auf welchem dann der Bodenstein aufgelegt wurde. Der Ofensockel, d. h. das untere Rauhmauerwerk, war 5 Fuss 10 Zoll im Quadrat und 5 Fuss hoch. Der Ofenschacht war 13 Fuss hoch und geneigt, an der Basis vier- eckig, oben rund. Das Gestell war 36 bis 40 Zoll hoch, oben 12 Zoll weit. Vor der Form betrug die Weite 10 Zoll, die Länge bis zum Wall 22 Zoll. Das ganze Gestell hatte nur etwa 5 Kubikfuss Fassungs- raum. Die gesetzlich zulässige längste Blasezeit betrug 25 Wochen, doch wurde diese selten erreicht. Da kam, wie bereits erwähnt, gegen Ende des Jahrhunderts Hans Sien und erbaute seinen neuen grossen Ofen, den grössten am ganzen Harz. Das Rauhgemäuer des- selben hatte 7 Fuss im Quadrat und seine Höhe betrug 24 Fuss; die Gicht, d. h. die Plattform der Gicht, hatte 4 Fuss im Quadrat. Die Masse des Gestelles blieben unverändert, so dass also nur der Schacht wesentlich höher wurde. Ob die geneigte Stellung von Schacht und Gestell beibehalten wurde, wird nicht angegeben, doch scheint dies nicht der Fall gewesen zu sein und bestand vermutlich darin, ab- gesehen von der grösseren Schachthöhe, welche als eine technische Verbesserung insofern jedenfalls anzusehen war, als sie eine bessere Vorbereitung und Verschmelzung strengflüssiger Erze erlaubte, der Hauptunterschied gegen die alte Bauart. Der neue Hochofen erregte das grösste Aufsehen im ganzen Harz und Hans Sien wurde so berühmt, dass er an verschiedene Orte zur Errichtung neuer Öfen berufen wurde. Als richtiger "Meister" hielt er seine "Kunst" sehr geheim, teilte sie niemand mit und vererbte sie allein auf seinen Sohn Christoph, der dann nach des Vaters Abgang der berühm- teste Ofenbaumeister des Landes war. Diesem folgte nach seinem Ableben Hans Valtin (Valentin) Teichmann von St. Andreasberg, der die kupfernen Formen einführte, während vorher durch den Stein, d. h. ohne Metallform, geblasen worden war. Von Teichmann ging die Kunst an die gleichfalls in Andreasberg heimische Familie Köhler über und blieb bei derselben bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts. Ähnlichen Verhältnissen begegnet man auch in andern Gegenden und liefern dieselben den Beweis, wie empirisch der Ofen- bau betrieben wurde, wie gering die theoretischen Kenntnisse der Hüttenherren, Ofenmeister und Massen- oder Maschenbläser waren. Diese vererbte geheime Kunst der Ofenzustellung war auch der Grund, dass Verbesserungen kaum aufkommen konnten und dass man in ge- wissen Bezirken an gewissen Ofenformen mit abergläubischer Ängst-
Hochöfen.
keit versehen. Die Abzüchte wurden mit breiten Steinen gedeckt, auf denen eine Schicht „Schutt“ aufgestampft war, auf welchem dann der Bodenstein aufgelegt wurde. Der Ofensockel, d. h. das untere Rauhmauerwerk, war 5 Fuſs 10 Zoll im Quadrat und 5 Fuſs hoch. Der Ofenschacht war 13 Fuſs hoch und geneigt, an der Basis vier- eckig, oben rund. Das Gestell war 36 bis 40 Zoll hoch, oben 12 Zoll weit. Vor der Form betrug die Weite 10 Zoll, die Länge bis zum Wall 22 Zoll. Das ganze Gestell hatte nur etwa 5 Kubikfuſs Fassungs- raum. Die gesetzlich zulässige längste Blasezeit betrug 25 Wochen, doch wurde diese selten erreicht. Da kam, wie bereits erwähnt, gegen Ende des Jahrhunderts Hans Sien und erbaute seinen neuen groſsen Ofen, den gröſsten am ganzen Harz. Das Rauhgemäuer des- ſelben hatte 7 Fuſs im Quadrat und seine Höhe betrug 24 Fuſs; die Gicht, d. h. die Plattform der Gicht, hatte 4 Fuſs im Quadrat. Die Maſse des Gestelles blieben unverändert, so daſs also nur der Schacht wesentlich höher wurde. Ob die geneigte Stellung von Schacht und Gestell beibehalten wurde, wird nicht angegeben, doch scheint dies nicht der Fall gewesen zu sein und bestand vermutlich darin, ab- gesehen von der gröſseren Schachthöhe, welche als eine technische Verbesserung insofern jedenfalls anzusehen war, als sie eine bessere Vorbereitung und Verschmelzung strengflüssiger Erze erlaubte, der Hauptunterschied gegen die alte Bauart. Der neue Hochofen erregte das gröſste Aufsehen im ganzen Harz und Hans Sien wurde so berühmt, daſs er an verschiedene Orte zur Errichtung neuer Öfen berufen wurde. Als richtiger „Meister“ hielt er seine „Kunst“ sehr geheim, teilte sie niemand mit und vererbte sie allein auf seinen Sohn Christoph, der dann nach des Vaters Abgang der berühm- teste Ofenbaumeister des Landes war. Diesem folgte nach seinem Ableben Hans Valtin (Valentin) Teichmann von St. Andreasberg, der die kupfernen Formen einführte, während vorher durch den Stein, d. h. ohne Metallform, geblasen worden war. Von Teichmann ging die Kunst an die gleichfalls in Andreasberg heimische Familie Köhler über und blieb bei derselben bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts. Ähnlichen Verhältnissen begegnet man auch in andern Gegenden und liefern dieselben den Beweis, wie empirisch der Ofen- bau betrieben wurde, wie gering die theoretischen Kenntnisse der Hüttenherren, Ofenmeister und Massen- oder Maschenbläser waren. Diese vererbte geheime Kunst der Ofenzustellung war auch der Grund, daſs Verbesserungen kaum aufkommen konnten und daſs man in ge- wissen Bezirken an gewissen Ofenformen mit abergläubischer Ängst-
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[201/0221]
Hochöfen.
keit versehen. Die Abzüchte wurden mit breiten Steinen gedeckt, auf
denen eine Schicht „Schutt“ aufgestampft war, auf welchem dann
der Bodenstein aufgelegt wurde. Der Ofensockel, d. h. das untere
Rauhmauerwerk, war 5 Fuſs 10 Zoll im Quadrat und 5 Fuſs hoch.
Der Ofenschacht war 13 Fuſs hoch und geneigt, an der Basis vier-
eckig, oben rund. Das Gestell war 36 bis 40 Zoll hoch, oben 12 Zoll
weit. Vor der Form betrug die Weite 10 Zoll, die Länge bis zum
Wall 22 Zoll. Das ganze Gestell hatte nur etwa 5 Kubikfuſs Fassungs-
raum. Die gesetzlich zulässige längste Blasezeit betrug 25 Wochen,
doch wurde diese selten erreicht. Da kam, wie bereits erwähnt,
gegen Ende des Jahrhunderts Hans Sien und erbaute seinen neuen
groſsen Ofen, den gröſsten am ganzen Harz. Das Rauhgemäuer des-
ſelben hatte 7 Fuſs im Quadrat und seine Höhe betrug 24 Fuſs; die
Gicht, d. h. die Plattform der Gicht, hatte 4 Fuſs im Quadrat. Die
Maſse des Gestelles blieben unverändert, so daſs also nur der Schacht
wesentlich höher wurde. Ob die geneigte Stellung von Schacht und
Gestell beibehalten wurde, wird nicht angegeben, doch scheint dies
nicht der Fall gewesen zu sein und bestand vermutlich darin, ab-
gesehen von der gröſseren Schachthöhe, welche als eine technische
Verbesserung insofern jedenfalls anzusehen war, als sie eine bessere
Vorbereitung und Verschmelzung strengflüssiger Erze erlaubte, der
Hauptunterschied gegen die alte Bauart. Der neue Hochofen erregte
das gröſste Aufsehen im ganzen Harz und Hans Sien wurde so
berühmt, daſs er an verschiedene Orte zur Errichtung neuer Öfen
berufen wurde. Als richtiger „Meister“ hielt er seine „Kunst“ sehr
geheim, teilte sie niemand mit und vererbte sie allein auf seinen
Sohn Christoph, der dann nach des Vaters Abgang der berühm-
teste Ofenbaumeister des Landes war. Diesem folgte nach seinem
Ableben Hans Valtin (Valentin) Teichmann von St. Andreasberg,
der die kupfernen Formen einführte, während vorher durch den Stein,
d. h. ohne Metallform, geblasen worden war. Von Teichmann ging
die Kunst an die gleichfalls in Andreasberg heimische Familie
Köhler über und blieb bei derselben bis zum Ende des vorigen
Jahrhunderts. Ähnlichen Verhältnissen begegnet man auch in andern
Gegenden und liefern dieselben den Beweis, wie empirisch der Ofen-
bau betrieben wurde, wie gering die theoretischen Kenntnisse der
Hüttenherren, Ofenmeister und Massen- oder Maschenbläser waren.
Diese vererbte geheime Kunst der Ofenzustellung war auch der Grund,
daſs Verbesserungen kaum aufkommen konnten und daſs man in ge-
wissen Bezirken an gewissen Ofenformen mit abergläubischer Ängst-
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/221>, abgerufen am 23.11.2024.
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