richtung der hohen Öfen des 16. Jahrhunderts habe er nie eine Nachricht gefunden 1). Für die Angabe, welche Simmersbach in seiner Geschichte des Siegerländer Bergbaues macht, dass nach der Tradition im Siegerland im 12. Jahrhundert Blauöfen von 10 Fuss Höhe zuerst in Aufnahme gekommen seien, im 15. Jahrhundert schon Hochöfen von 20 bis 22 Fuss Höhe im Brauch gewesen seien, ist es mir nicht gelungen, irgend welche Quelle aufzufinden.
Dass die Hochöfen im Siegerland bereits im 15. Jahrhundert eine solche Höhe gehabt hätten, scheint sehr unwahrscheinlich, denn Becher sagt, die Hochöfen zu seiner Zeit, also gegen Ende des vorigen Jahrhunderts, seien in der Regel 19 und 20 Fuss hoch ge- wesen 2); die Öfen des 16. und 17. Jahrhunderts seien aber viel un- vollkommener gewesen, oder, wie er sich ausdrückt 3), "dass die Öfen die jetzige vorteilhafte Struktur nicht gehabt", und da ihre Produk- tion eine viel geringere war, als die der Öfen des vorigen Jahrhunderts, so lässt sich daraus mit Wahrscheinlichkeit schliessen, dass sie auch weniger hoch waren.
Die Hochöfen des Siegerlandes waren von Natursteinen erbaut, mit feuerfesten Sandsteinen im Inneren ausgekleidet. Die uralten Sandsteinbrüche an der "kalten Eiche", dem Pass zwischen Dill und Sieg, zwischen Dillenburg und dem Siegerland heissen schon in sehr früher Zeit "die Gestellsteinbrüche". Die Hochöfen hatten viereckigen Querschnitt, sonderbarer Weise war derselbe weder quadratisch noch rechtwinkelig, sondern er stellte ein verschobenes Viereck dar mit einem rechten, zwei stumpfen und einem spitzen Winkel. Letzteren nannte man die "lange Eck". Diese Art der Zustellung war uralt, die siegenschen Hochofenmeister hielten abergläubisch daran fest und es ist kaum zweifelhaft, dass schon die ersten Hochöfen, also auch die des 16. Jahrhunderts, in dieser Weise konstruiert waren, weshalb wir diese absonderliche Bauart hier näher betrachten müssen. Über der Form gab man dem Gestell eine Neigung nach der Windseite
werks- und Hüttenrechnungen, "die Renterei-Rechnungen" dürften vielleicht bei dem Oberbergamt in Bonn noch vorhanden sein, die übrigen Siegerländer Akten befinden sich wohl zumeist im Archiv des Oberpräsidiums der Provinz Westfalen zu Münster. Die Dillenburger Akten sind im königl. preussischen Staatsarchiv zu Wiesbaden, doch habe ich von den vielen von Becher angeführten älteren Rech- nungen und Verleihungen dort nichts vorgefunden, als ein sehr unleserliches Kon- zept einer Rechnung vom Jahre 1444. Dagegen befinden sich daselbst Abschriften einer Eisenstein-Bergordnung von Graf Johann d. Älteren; die Hütten-, Stein- und Kostenmassordnung von 1535 und die Bergordnung von Graf Wilhelm von 1559.
1)Becher, a. a. O. S. 525.
2) A. a. O. S. 543.
3) A. a. O. S. 525.
Hochöfen.
richtung der hohen Öfen des 16. Jahrhunderts habe er nie eine Nachricht gefunden 1). Für die Angabe, welche Simmersbach in seiner Geschichte des Siegerländer Bergbaues macht, daſs nach der Tradition im Siegerland im 12. Jahrhundert Blauöfen von 10 Fuſs Höhe zuerst in Aufnahme gekommen seien, im 15. Jahrhundert schon Hochöfen von 20 bis 22 Fuſs Höhe im Brauch gewesen seien, ist es mir nicht gelungen, irgend welche Quelle aufzufinden.
Daſs die Hochöfen im Siegerland bereits im 15. Jahrhundert eine solche Höhe gehabt hätten, scheint sehr unwahrscheinlich, denn Becher sagt, die Hochöfen zu seiner Zeit, also gegen Ende des vorigen Jahrhunderts, seien in der Regel 19 und 20 Fuſs hoch ge- wesen 2); die Öfen des 16. und 17. Jahrhunderts seien aber viel un- vollkommener gewesen, oder, wie er sich ausdrückt 3), „daſs die Öfen die jetzige vorteilhafte Struktur nicht gehabt“, und da ihre Produk- tion eine viel geringere war, als die der Öfen des vorigen Jahrhunderts, so läſst sich daraus mit Wahrscheinlichkeit schlieſsen, daſs sie auch weniger hoch waren.
Die Hochöfen des Siegerlandes waren von Natursteinen erbaut, mit feuerfesten Sandsteinen im Inneren ausgekleidet. Die uralten Sandsteinbrüche an der „kalten Eiche“, dem Paſs zwischen Dill und Sieg, zwischen Dillenburg und dem Siegerland heiſsen schon in sehr früher Zeit „die Gestellsteinbrüche“. Die Hochöfen hatten viereckigen Querschnitt, sonderbarer Weise war derselbe weder quadratisch noch rechtwinkelig, sondern er stellte ein verschobenes Viereck dar mit einem rechten, zwei stumpfen und einem spitzen Winkel. Letzteren nannte man die „lange Eck“. Diese Art der Zustellung war uralt, die siegenschen Hochofenmeister hielten abergläubisch daran fest und es ist kaum zweifelhaft, daſs schon die ersten Hochöfen, also auch die des 16. Jahrhunderts, in dieser Weise konstruiert waren, weshalb wir diese absonderliche Bauart hier näher betrachten müssen. Über der Form gab man dem Gestell eine Neigung nach der Windseite
werks- und Hüttenrechnungen, „die Renterei-Rechnungen“ dürften vielleicht bei dem Oberbergamt in Bonn noch vorhanden sein, die übrigen Siegerländer Akten befinden sich wohl zumeist im Archiv des Oberpräsidiums der Provinz Westfalen zu Münster. Die Dillenburger Akten sind im königl. preuſsischen Staatsarchiv zu Wiesbaden, doch habe ich von den vielen von Becher angeführten älteren Rech- nungen und Verleihungen dort nichts vorgefunden, als ein sehr unleserliches Kon- zept einer Rechnung vom Jahre 1444. Dagegen befinden sich daselbst Abschriften einer Eisenstein-Bergordnung von Graf Johann d. Älteren; die Hütten-, Stein- und Kostenmaſsordnung von 1535 und die Bergordnung von Graf Wilhelm von 1559.
1)Becher, a. a. O. S. 525.
2) A. a. O. S. 543.
3) A. a. O. S. 525.
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Hochöfen.
richtung der hohen Öfen des 16. Jahrhunderts habe er nie eine
Nachricht gefunden 1). Für die Angabe, welche Simmersbach in
seiner Geschichte des Siegerländer Bergbaues macht, daſs nach der
Tradition im Siegerland im 12. Jahrhundert Blauöfen von 10 Fuſs
Höhe zuerst in Aufnahme gekommen seien, im 15. Jahrhundert schon
Hochöfen von 20 bis 22 Fuſs Höhe im Brauch gewesen seien, ist es
mir nicht gelungen, irgend welche Quelle aufzufinden.
Daſs die Hochöfen im Siegerland bereits im 15. Jahrhundert eine
solche Höhe gehabt hätten, scheint sehr unwahrscheinlich, denn
Becher sagt, die Hochöfen zu seiner Zeit, also gegen Ende des
vorigen Jahrhunderts, seien in der Regel 19 und 20 Fuſs hoch ge-
wesen 2); die Öfen des 16. und 17. Jahrhunderts seien aber viel un-
vollkommener gewesen, oder, wie er sich ausdrückt 3), „daſs die Öfen
die jetzige vorteilhafte Struktur nicht gehabt“, und da ihre Produk-
tion eine viel geringere war, als die der Öfen des vorigen Jahrhunderts,
so läſst sich daraus mit Wahrscheinlichkeit schlieſsen, daſs sie auch
weniger hoch waren.
Die Hochöfen des Siegerlandes waren von Natursteinen erbaut,
mit feuerfesten Sandsteinen im Inneren ausgekleidet. Die uralten
Sandsteinbrüche an der „kalten Eiche“, dem Paſs zwischen Dill und
Sieg, zwischen Dillenburg und dem Siegerland heiſsen schon in sehr
früher Zeit „die Gestellsteinbrüche“. Die Hochöfen hatten viereckigen
Querschnitt, sonderbarer Weise war derselbe weder quadratisch noch
rechtwinkelig, sondern er stellte ein verschobenes Viereck dar mit
einem rechten, zwei stumpfen und einem spitzen Winkel. Letzteren
nannte man die „lange Eck“. Diese Art der Zustellung war uralt,
die siegenschen Hochofenmeister hielten abergläubisch daran fest
und es ist kaum zweifelhaft, daſs schon die ersten Hochöfen, also auch
die des 16. Jahrhunderts, in dieser Weise konstruiert waren, weshalb
wir diese absonderliche Bauart hier näher betrachten müssen. Über
der Form gab man dem Gestell eine Neigung nach der Windseite
1)
1) Becher, a. a. O. S. 525.
2) A. a. O. S. 543.
3) A. a. O. S. 525.
1) werks- und Hüttenrechnungen, „die Renterei-Rechnungen“ dürften vielleicht bei
dem Oberbergamt in Bonn noch vorhanden sein, die übrigen Siegerländer Akten
befinden sich wohl zumeist im Archiv des Oberpräsidiums der Provinz Westfalen
zu Münster. Die Dillenburger Akten sind im königl. preuſsischen Staatsarchiv zu
Wiesbaden, doch habe ich von den vielen von Becher angeführten älteren Rech-
nungen und Verleihungen dort nichts vorgefunden, als ein sehr unleserliches Kon-
zept einer Rechnung vom Jahre 1444. Dagegen befinden sich daselbst Abschriften
einer Eisenstein-Bergordnung von Graf Johann d. Älteren; die Hütten-, Stein-
und Kostenmaſsordnung von 1535 und die Bergordnung von Graf Wilhelm von
1559.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/216>, abgerufen am 23.11.2024.
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