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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Hochöfen.
Zeitraume das Vorrecht auf dem Wasser und die Hütten durften
ihnen davon nichts entziehen, wenn solches nicht überflüssig war. --
Von Michaelis bis Weihnachten erhielten dagegen die Hütten dieses
Vorrecht, welches dann wieder an die Eisenhämmer oder Hammer-
hütten überging. Es sollte indes jedem unbenommen sein, bei vollem
Wasser mehr wie sechs Wochen, auch die zwölf Wochen hinterein-
ander "in einer Reise" zu blasen, jedoch -- "auf sein Ebenteuer",
d. h. auf seine Gefahr und Wagnis und mit dem Beding, dass kein
Hammer auf irgend eine Art behindert werde. Keinenfalls sollte
aber eine Hütte länger als zwölf Wochen im Jahre blasen und eine
jede, die hiergegen handle, von jedem Tag, den sie zuviel blies, dem
heiligen Kreuz mit sechs Pfund Wachs, der herrschaftlichen Kasse
mit sechs und den Brüdern oder der Zunft mit zwei Gulden verfallen
sein. Auch verordnet dieser Kurbrief, dass kein Massenbläser und
Hammerschmied mehr Kohlen kaufe oder sich in Vorrat anschaffe,
wie er nötig habe, damit sowohl der Arme wie der Reiche die er-
forderlichen Kohlen bekommen könnten und alle Kohlen sollten mit
dem im Lande eingeführten Kohlenmass gemessen werden. Bereits
im Jahre 1528 musste Graf Wilhelm, jedenfalls weil damals schon
Kohlenmangel einzutreten begann, die Hüttenzeit der Massenbläser
von zwölf Wochen auf acht Wochen herabsetzen und die Strafe für
jeden Tag, der überhüttet wurde, auf zehn Gulden erhöhen. Das
Kohlenmass wurde folgendermassen festgesetzt: ein Wagen sollte
2 Fuder zu 5 "Zain" oder "Zehn", wie es früher hiess, haben. Der
Zain ist also der zehnte Teil des Wagens und fasst 17 2/3 Kubikfuss,
so dass das Fuder 88 1/3 , der Wagen 176 2/3 Kubikfuss Inhalt hatte.
Dieses Mass hat sich bis in dieses Jahrhundert erhalten. -- Das
Gewicht des Eisens wurde nach "Stalln" gerechnet. Ein Stalln Roh-
eisen war von alters her bis zum Jahre 1851 gleich 150 Pfund.
16 Stalln machten einen Wagen Roheisen aus. Stabeisen wurde nach
"Wag" gerechnet, eine Wag geschmiedetes Eisen wog 120 Pfund und
war es Vorschrift, dass aus einem Stalln Roheisen eine Wag ge-
schmiedetes Eisen dargestellt wurde. Über die Abänderung dieser
Gewichte, sowie über das Gewicht des Stahls im Siegenschen werden
wir später zu sprechen Gelegenheit haben.

Becher, dem die siegenschen und Dillenburger Akten noch
vollständig zugänglich waren 1), sagt, über den Bau und die Ein-

1) Leider sind dieselben infolge der politischen Wandlungen zum Teil ver-
kommen, zum Teil an den verschiedensten Orten zerstreut. Die siegenschen Berg-
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Hochöfen.
Zeitraume das Vorrecht auf dem Wasser und die Hütten durften
ihnen davon nichts entziehen, wenn solches nicht überflüssig war. —
Von Michaelis bis Weihnachten erhielten dagegen die Hütten dieses
Vorrecht, welches dann wieder an die Eisenhämmer oder Hammer-
hütten überging. Es sollte indes jedem unbenommen sein, bei vollem
Wasser mehr wie sechs Wochen, auch die zwölf Wochen hinterein-
ander „in einer Reise“ zu blasen, jedoch — „auf sein Ebenteuer“,
d. h. auf seine Gefahr und Wagnis und mit dem Beding, daſs kein
Hammer auf irgend eine Art behindert werde. Keinenfalls sollte
aber eine Hütte länger als zwölf Wochen im Jahre blasen und eine
jede, die hiergegen handle, von jedem Tag, den sie zuviel blies, dem
heiligen Kreuz mit sechs Pfund Wachs, der herrschaftlichen Kasse
mit sechs und den Brüdern oder der Zunft mit zwei Gulden verfallen
sein. Auch verordnet dieser Kurbrief, daſs kein Massenbläser und
Hammerschmied mehr Kohlen kaufe oder sich in Vorrat anschaffe,
wie er nötig habe, damit sowohl der Arme wie der Reiche die er-
forderlichen Kohlen bekommen könnten und alle Kohlen sollten mit
dem im Lande eingeführten Kohlenmaſs gemessen werden. Bereits
im Jahre 1528 muſste Graf Wilhelm, jedenfalls weil damals schon
Kohlenmangel einzutreten begann, die Hüttenzeit der Massenbläser
von zwölf Wochen auf acht Wochen herabsetzen und die Strafe für
jeden Tag, der überhüttet wurde, auf zehn Gulden erhöhen. Das
Kohlenmaſs wurde folgendermaſsen festgesetzt: ein Wagen sollte
2 Fuder zu 5 „Zain“ oder „Zehn“, wie es früher hieſs, haben. Der
Zain ist also der zehnte Teil des Wagens und faſst 17⅔ Kubikfuſs,
so daſs das Fuder 88⅓, der Wagen 176⅔ Kubikfuſs Inhalt hatte.
Dieses Maſs hat sich bis in dieses Jahrhundert erhalten. — Das
Gewicht des Eisens wurde nach „Stalln“ gerechnet. Ein Stalln Roh-
eisen war von alters her bis zum Jahre 1851 gleich 150 Pfund.
16 Stalln machten einen Wagen Roheisen aus. Stabeisen wurde nach
„Wag“ gerechnet, eine Wag geschmiedetes Eisen wog 120 Pfund und
war es Vorschrift, daſs aus einem Stalln Roheisen eine Wag ge-
schmiedetes Eisen dargestellt wurde. Über die Abänderung dieser
Gewichte, sowie über das Gewicht des Stahls im Siegenschen werden
wir später zu sprechen Gelegenheit haben.

Becher, dem die siegenschen und Dillenburger Akten noch
vollständig zugänglich waren 1), sagt, über den Bau und die Ein-

1) Leider sind dieselben infolge der politischen Wandlungen zum Teil ver-
kommen, zum Teil an den verschiedensten Orten zerstreut. Die siegenschen Berg-
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[195/0215] Hochöfen. Zeitraume das Vorrecht auf dem Wasser und die Hütten durften ihnen davon nichts entziehen, wenn solches nicht überflüssig war. — Von Michaelis bis Weihnachten erhielten dagegen die Hütten dieses Vorrecht, welches dann wieder an die Eisenhämmer oder Hammer- hütten überging. Es sollte indes jedem unbenommen sein, bei vollem Wasser mehr wie sechs Wochen, auch die zwölf Wochen hinterein- ander „in einer Reise“ zu blasen, jedoch — „auf sein Ebenteuer“, d. h. auf seine Gefahr und Wagnis und mit dem Beding, daſs kein Hammer auf irgend eine Art behindert werde. Keinenfalls sollte aber eine Hütte länger als zwölf Wochen im Jahre blasen und eine jede, die hiergegen handle, von jedem Tag, den sie zuviel blies, dem heiligen Kreuz mit sechs Pfund Wachs, der herrschaftlichen Kasse mit sechs und den Brüdern oder der Zunft mit zwei Gulden verfallen sein. Auch verordnet dieser Kurbrief, daſs kein Massenbläser und Hammerschmied mehr Kohlen kaufe oder sich in Vorrat anschaffe, wie er nötig habe, damit sowohl der Arme wie der Reiche die er- forderlichen Kohlen bekommen könnten und alle Kohlen sollten mit dem im Lande eingeführten Kohlenmaſs gemessen werden. Bereits im Jahre 1528 muſste Graf Wilhelm, jedenfalls weil damals schon Kohlenmangel einzutreten begann, die Hüttenzeit der Massenbläser von zwölf Wochen auf acht Wochen herabsetzen und die Strafe für jeden Tag, der überhüttet wurde, auf zehn Gulden erhöhen. Das Kohlenmaſs wurde folgendermaſsen festgesetzt: ein Wagen sollte 2 Fuder zu 5 „Zain“ oder „Zehn“, wie es früher hieſs, haben. Der Zain ist also der zehnte Teil des Wagens und faſst 17⅔ Kubikfuſs, so daſs das Fuder 88⅓, der Wagen 176⅔ Kubikfuſs Inhalt hatte. Dieses Maſs hat sich bis in dieses Jahrhundert erhalten. — Das Gewicht des Eisens wurde nach „Stalln“ gerechnet. Ein Stalln Roh- eisen war von alters her bis zum Jahre 1851 gleich 150 Pfund. 16 Stalln machten einen Wagen Roheisen aus. Stabeisen wurde nach „Wag“ gerechnet, eine Wag geschmiedetes Eisen wog 120 Pfund und war es Vorschrift, daſs aus einem Stalln Roheisen eine Wag ge- schmiedetes Eisen dargestellt wurde. Über die Abänderung dieser Gewichte, sowie über das Gewicht des Stahls im Siegenschen werden wir später zu sprechen Gelegenheit haben. Becher, dem die siegenschen und Dillenburger Akten noch vollständig zugänglich waren 1), sagt, über den Bau und die Ein- 1) Leider sind dieselben infolge der politischen Wandlungen zum Teil ver- kommen, zum Teil an den verschiedensten Orten zerstreut. Die siegenschen Berg- 13*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/215>, abgerufen am 27.11.2024.