der die Stärke des Windes regelte, die Bälge im Stand hielt, die Schlacken entfernte und das Eisen abstach. Auf der Gicht befand sich der Aufgeber, der in regelmässigem Wechsel Erz und Kohlen aufgab. Dann waren noch Former bei dem Ofen beschäftigt, welche die Gussformen aus Lehm herstellten. Über Konstruktion und Mass- verhältnisse aber giebt uns das Gedicht keinen Aufschluss.
Lange vor dieser Zeit waren schon Hochöfen im Siegerland im Betriebe gewesen 1). Dort wurden bereits im Jahre 1443 gesetzliche Bestimmungen erlassen, um das Wasserrecht zwischen den Schmelz- werken und Mühlen, sowie den Eisenhütten untereinander zu ordnen. Zahlreiche Eisenhütten waren damals in der Grafschaft Nassau-Siegen entstanden und dadurch, dass sie ununterbrochen Tag und Nacht viele Wochen hindurch mit starken Bälgen bliesen, beeinträchtigten sie den Betrieb der Getreidemühlen, weshalb am 21. Juli 1443 diese wichtige "Verordnung" erlassen wurde, die ein "Weistum" genannt wird, "wie es mit dem Schmelzen und Mahlen zu halten, wenn zwei Hütten oder Mühlen in einen Graben gehen".
Es wird darin bestimmt, dass, wenn bei kleinem Wasser das- selbe unzureichend sei, beide Werke zu treiben, die Besitzer darum losen sollten, wem das Vorrecht gebühre. -- Der Erlass eines solchen Gesetzes lässt darauf schliessen, dass solche Streitfälle oft vorkamen, dass zahlreiche Hütten im Betriebe standen und dass diese keine neuen Anlagen sein konnten, geht sowohl daraus hervor, dass die Verordnung ein "Weistum", d. h. eine schon seit langer Zeit anerkannte Rechtsgewohnheit war, als auch, dass den ur- alten und für das tägliche Brot unentbehrlichen Getreidemühlen keine Vorrechte vor den Schmelzhütten eingeräumt wurden. Eine so grosse Wichtigkeit hatten letztere schon in jener Zeit für das Siegerland. Ihre grosse Anzahl wird bestätigt durch die nassau-siegenschen Renteirechnungen vom Jahre 1444, worin bereits 29 "Blasehütten" aufgeführt werden 2). Darunter werden namentlich folgende genannt: vier Hütten auf der Eisern, zwei auf der Gosenbach, die Hütte des Tilmann Fick (jetzt der Ort Fickenhütten), eine bei Caan und eine unterm Hain, beide am Weissbach gelegen, ferner die Blashütten bei Dreisbach, Osthelden, Niederndorf, Freudenberg, Weidenau, auf der Ubach und auf der Allenbach, welche als die "neue Hütte" bezeichnet wird. Diese Blasehütten waren Hochofenwerke und keine Stückhütten.
1) Siehe Bd. I, S. 964.
2) Siehe J. Ph. Becher: Mineralogische Beschreibung der Oranien-Nassauischen Lande nebst einer Geschichte des Siegenschen Hütten- und Hammerwesens, Marburg 1789.
Beck, Geschichte des Eisens. 13
Hochöfen.
der die Stärke des Windes regelte, die Bälge im Stand hielt, die Schlacken entfernte und das Eisen abstach. Auf der Gicht befand sich der Aufgeber, der in regelmäſsigem Wechsel Erz und Kohlen aufgab. Dann waren noch Former bei dem Ofen beschäftigt, welche die Guſsformen aus Lehm herstellten. Über Konstruktion und Maſs- verhältnisse aber giebt uns das Gedicht keinen Aufschluſs.
Lange vor dieser Zeit waren schon Hochöfen im Siegerland im Betriebe gewesen 1). Dort wurden bereits im Jahre 1443 gesetzliche Bestimmungen erlassen, um das Wasserrecht zwischen den Schmelz- werken und Mühlen, sowie den Eisenhütten untereinander zu ordnen. Zahlreiche Eisenhütten waren damals in der Grafschaft Nassau-Siegen entstanden und dadurch, daſs sie ununterbrochen Tag und Nacht viele Wochen hindurch mit starken Bälgen bliesen, beeinträchtigten sie den Betrieb der Getreidemühlen, weshalb am 21. Juli 1443 diese wichtige „Verordnung“ erlassen wurde, die ein „Weistum“ genannt wird, „wie es mit dem Schmelzen und Mahlen zu halten, wenn zwei Hütten oder Mühlen in einen Graben gehen“.
Es wird darin bestimmt, daſs, wenn bei kleinem Wasser das- selbe unzureichend sei, beide Werke zu treiben, die Besitzer darum losen sollten, wem das Vorrecht gebühre. — Der Erlaſs eines solchen Gesetzes läſst darauf schlieſsen, daſs solche Streitfälle oft vorkamen, daſs zahlreiche Hütten im Betriebe standen und daſs diese keine neuen Anlagen sein konnten, geht sowohl daraus hervor, daſs die Verordnung ein „Weistum“, d. h. eine schon seit langer Zeit anerkannte Rechtsgewohnheit war, als auch, daſs den ur- alten und für das tägliche Brot unentbehrlichen Getreidemühlen keine Vorrechte vor den Schmelzhütten eingeräumt wurden. Eine so groſse Wichtigkeit hatten letztere schon in jener Zeit für das Siegerland. Ihre groſse Anzahl wird bestätigt durch die nassau-siegenschen Renteirechnungen vom Jahre 1444, worin bereits 29 „Blasehütten“ aufgeführt werden 2). Darunter werden namentlich folgende genannt: vier Hütten auf der Eisern, zwei auf der Gosenbach, die Hütte des Tilmann Fick (jetzt der Ort Fickenhütten), eine bei Caan und eine unterm Hain, beide am Weiſsbach gelegen, ferner die Blashütten bei Dreisbach, Osthelden, Niederndorf, Freudenberg, Weidenau, auf der Ubach und auf der Allenbach, welche als die „neue Hütte“ bezeichnet wird. Diese Blasehütten waren Hochofenwerke und keine Stückhütten.
1) Siehe Bd. I, S. 964.
2) Siehe J. Ph. Becher: Mineralogische Beschreibung der Oranien-Nassauischen Lande nebst einer Geschichte des Siegenschen Hütten- und Hammerwesens, Marburg 1789.
Beck, Geschichte des Eisens. 13
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Hochöfen.
der die Stärke des Windes regelte, die Bälge im Stand hielt, die
Schlacken entfernte und das Eisen abstach. Auf der Gicht befand
sich der Aufgeber, der in regelmäſsigem Wechsel Erz und Kohlen
aufgab. Dann waren noch Former bei dem Ofen beschäftigt, welche
die Guſsformen aus Lehm herstellten. Über Konstruktion und Maſs-
verhältnisse aber giebt uns das Gedicht keinen Aufschluſs.
Lange vor dieser Zeit waren schon Hochöfen im Siegerland im
Betriebe gewesen 1). Dort wurden bereits im Jahre 1443 gesetzliche
Bestimmungen erlassen, um das Wasserrecht zwischen den Schmelz-
werken und Mühlen, sowie den Eisenhütten untereinander zu ordnen.
Zahlreiche Eisenhütten waren damals in der Grafschaft Nassau-Siegen
entstanden und dadurch, daſs sie ununterbrochen Tag und Nacht
viele Wochen hindurch mit starken Bälgen bliesen, beeinträchtigten
sie den Betrieb der Getreidemühlen, weshalb am 21. Juli 1443 diese
wichtige „Verordnung“ erlassen wurde, die ein „Weistum“ genannt
wird, „wie es mit dem Schmelzen und Mahlen zu halten, wenn zwei
Hütten oder Mühlen in einen Graben gehen“.
Es wird darin bestimmt, daſs, wenn bei kleinem Wasser das-
selbe unzureichend sei, beide Werke zu treiben, die Besitzer darum
losen sollten, wem das Vorrecht gebühre. — Der Erlaſs eines
solchen Gesetzes läſst darauf schlieſsen, daſs solche Streitfälle
oft vorkamen, daſs zahlreiche Hütten im Betriebe standen und
daſs diese keine neuen Anlagen sein konnten, geht sowohl daraus
hervor, daſs die Verordnung ein „Weistum“, d. h. eine schon seit
langer Zeit anerkannte Rechtsgewohnheit war, als auch, daſs den ur-
alten und für das tägliche Brot unentbehrlichen Getreidemühlen keine
Vorrechte vor den Schmelzhütten eingeräumt wurden. Eine so groſse
Wichtigkeit hatten letztere schon in jener Zeit für das Siegerland.
Ihre groſse Anzahl wird bestätigt durch die nassau-siegenschen
Renteirechnungen vom Jahre 1444, worin bereits 29 „Blasehütten“
aufgeführt werden 2). Darunter werden namentlich folgende genannt:
vier Hütten auf der Eisern, zwei auf der Gosenbach, die Hütte des
Tilmann Fick (jetzt der Ort Fickenhütten), eine bei Caan und eine
unterm Hain, beide am Weiſsbach gelegen, ferner die Blashütten bei
Dreisbach, Osthelden, Niederndorf, Freudenberg, Weidenau, auf der
Ubach und auf der Allenbach, welche als die „neue Hütte“ bezeichnet
wird. Diese Blasehütten waren Hochofenwerke und keine Stückhütten.
1) Siehe Bd. I, S. 964.
2) Siehe J. Ph. Becher: Mineralogische Beschreibung
der Oranien-Nassauischen Lande nebst einer Geschichte des Siegenschen Hütten-
und Hammerwesens, Marburg 1789.
Beck, Geschichte des Eisens. 13
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/213>, abgerufen am 23.11.2024.
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