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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Stücköfen.
eisens wegen zerklopft. Im Herde des Ofens beginnt die Eisenmasse
sich aufzubauen. Entsprechend wie dieses geschieht, lässt man die
Schlacke sich ansammlen, damit die Masse im Ofen warm gehalten
werde, weil im entgegengesetzten Falle das Losbrechen des "Gusses"
sehr erschwert werden würde. Dies geschieht einfach dadurch, dass
man mit dem Schlackenstich, den man anfangs ziemlich nahe dem
Boden angesetzt hatte, allmählich in die Höhe geht. Auf die ersten
15 Gichten folgen noch weitere 21 bis 24. Der Schmelzer prüft mit
dem Formhaken, ob sich das Eisen genügend im Herde aufgebaut
hat. Ist dies der Fall, so werden zwei leichte Gichten, d. h. Kohlen-
gichten ohne Erzsatz, aufgegeben. Sobald diese vor die Form gerückt
sind, stösst man die Ofenbrust, die nur mit Lehm, Ziegeln und
Schlackenbrocken zugemacht war, auf und bricht den "Guss" mit
Brechstangen los und zieht ihn mit Haken heraus. Man bedeckt
ihn sofort mit Kohlenstübbe, damit er warm bleibt, und zerschrotet
ihn unter dem Wasserhammer in zwei Teile, die auch hier "Stücke"
hiessen und von denen Quantz den Namen "Stückofen" ableitet.
Das eine Stück kommt sogleich in das Löschfeuer, um es warm
zu halten, während das andere in kleine Teile zerschroten wird. Zu
dieser Arbeit sind acht Arbeiter erforderlich. Währenddem macht
der Schmelzer den Ofen wieder zu, giebt dann im Anfang nur Kohlen
auf, dann wieder abwechselnd Erz und Kohlengichten, bis er nach der
15. die Schlacke laufen lässt u. s. w., wie oben beschrieben. Gewöhnlich
wurde der Ofen am Sonntag mit Kohlen gefüllt, am Montag die Bälge
angelassen und am Samstagmorgen ausgeblasen. So geschah es im
vorigen Jahrhundert. Früher aber ward der Ofen jedesmal ganz
niedergeblasen und nach dem Ausziehen des "Gussstückes" die ganze
Arbeit wieder von vorn angefangen. Man nannte dies die "einfachen
Güsse", im Gegensatz zu den, bei der die ganze Woche fortgeführten
Arbeit gewonnenen "doppelten Güssen".

Das Eigentümliche des schmalkaldischen Betriebes bestand aber
darin, dass man in denselben Öfen, wenn das Bedürfnis vorlag, auch
Roheisen, sogenanntes "Scheibeneisen", schmolz und wurde dabei nach
Quantz' Angabe nichts geändert, als dass man die Form 2 Zoll tiefer
legte, so dass dieselbe statt 14 Zoll nur 12 Zoll über dem Bodenstein
lag und dass man sie nicht in den Ofen hineinragen liess. Doch lag
nicht hierin allein die Ursache der veränderten Wirkung, sondern in
der Art und Weise, wie der Betrieb geführt wurde. Man setzte
kleinere Erzgichten, blies schärfer, indem man die Bälge rascher
wechseln liess, und stach die Schlacken nicht ab oder nur soweit es

Stücköfen.
eisens wegen zerklopft. Im Herde des Ofens beginnt die Eisenmasse
sich aufzubauen. Entsprechend wie dieses geschieht, läſst man die
Schlacke sich ansammlen, damit die Masse im Ofen warm gehalten
werde, weil im entgegengesetzten Falle das Losbrechen des „Gusses“
sehr erschwert werden würde. Dies geschieht einfach dadurch, daſs
man mit dem Schlackenstich, den man anfangs ziemlich nahe dem
Boden angesetzt hatte, allmählich in die Höhe geht. Auf die ersten
15 Gichten folgen noch weitere 21 bis 24. Der Schmelzer prüft mit
dem Formhaken, ob sich das Eisen genügend im Herde aufgebaut
hat. Ist dies der Fall, so werden zwei leichte Gichten, d. h. Kohlen-
gichten ohne Erzsatz, aufgegeben. Sobald diese vor die Form gerückt
sind, stöſst man die Ofenbrust, die nur mit Lehm, Ziegeln und
Schlackenbrocken zugemacht war, auf und bricht den „Guſs“ mit
Brechstangen los und zieht ihn mit Haken heraus. Man bedeckt
ihn sofort mit Kohlenstübbe, damit er warm bleibt, und zerschrotet
ihn unter dem Wasserhammer in zwei Teile, die auch hier „Stücke“
hieſsen und von denen Quantz den Namen „Stückofen“ ableitet.
Das eine Stück kommt sogleich in das Löschfeuer, um es warm
zu halten, während das andere in kleine Teile zerschroten wird. Zu
dieser Arbeit sind acht Arbeiter erforderlich. Währenddem macht
der Schmelzer den Ofen wieder zu, giebt dann im Anfang nur Kohlen
auf, dann wieder abwechselnd Erz und Kohlengichten, bis er nach der
15. die Schlacke laufen läſst u. s. w., wie oben beschrieben. Gewöhnlich
wurde der Ofen am Sonntag mit Kohlen gefüllt, am Montag die Bälge
angelassen und am Samstagmorgen ausgeblasen. So geschah es im
vorigen Jahrhundert. Früher aber ward der Ofen jedesmal ganz
niedergeblasen und nach dem Ausziehen des „Guſsstückes“ die ganze
Arbeit wieder von vorn angefangen. Man nannte dies die „einfachen
Güsse“, im Gegensatz zu den, bei der die ganze Woche fortgeführten
Arbeit gewonnenen „doppelten Güssen“.

Das Eigentümliche des schmalkaldischen Betriebes bestand aber
darin, daſs man in denselben Öfen, wenn das Bedürfnis vorlag, auch
Roheisen, sogenanntes „Scheibeneisen“, schmolz und wurde dabei nach
Quantz’ Angabe nichts geändert, als daſs man die Form 2 Zoll tiefer
legte, so daſs dieselbe statt 14 Zoll nur 12 Zoll über dem Bodenstein
lag und daſs man sie nicht in den Ofen hineinragen lieſs. Doch lag
nicht hierin allein die Ursache der veränderten Wirkung, sondern in
der Art und Weise, wie der Betrieb geführt wurde. Man setzte
kleinere Erzgichten, blies schärfer, indem man die Bälge rascher
wechseln lieſs, und stach die Schlacken nicht ab oder nur soweit es

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[175/0195] Stücköfen. eisens wegen zerklopft. Im Herde des Ofens beginnt die Eisenmasse sich aufzubauen. Entsprechend wie dieses geschieht, läſst man die Schlacke sich ansammlen, damit die Masse im Ofen warm gehalten werde, weil im entgegengesetzten Falle das Losbrechen des „Gusses“ sehr erschwert werden würde. Dies geschieht einfach dadurch, daſs man mit dem Schlackenstich, den man anfangs ziemlich nahe dem Boden angesetzt hatte, allmählich in die Höhe geht. Auf die ersten 15 Gichten folgen noch weitere 21 bis 24. Der Schmelzer prüft mit dem Formhaken, ob sich das Eisen genügend im Herde aufgebaut hat. Ist dies der Fall, so werden zwei leichte Gichten, d. h. Kohlen- gichten ohne Erzsatz, aufgegeben. Sobald diese vor die Form gerückt sind, stöſst man die Ofenbrust, die nur mit Lehm, Ziegeln und Schlackenbrocken zugemacht war, auf und bricht den „Guſs“ mit Brechstangen los und zieht ihn mit Haken heraus. Man bedeckt ihn sofort mit Kohlenstübbe, damit er warm bleibt, und zerschrotet ihn unter dem Wasserhammer in zwei Teile, die auch hier „Stücke“ hieſsen und von denen Quantz den Namen „Stückofen“ ableitet. Das eine Stück kommt sogleich in das Löschfeuer, um es warm zu halten, während das andere in kleine Teile zerschroten wird. Zu dieser Arbeit sind acht Arbeiter erforderlich. Währenddem macht der Schmelzer den Ofen wieder zu, giebt dann im Anfang nur Kohlen auf, dann wieder abwechselnd Erz und Kohlengichten, bis er nach der 15. die Schlacke laufen läſst u. s. w., wie oben beschrieben. Gewöhnlich wurde der Ofen am Sonntag mit Kohlen gefüllt, am Montag die Bälge angelassen und am Samstagmorgen ausgeblasen. So geschah es im vorigen Jahrhundert. Früher aber ward der Ofen jedesmal ganz niedergeblasen und nach dem Ausziehen des „Guſsstückes“ die ganze Arbeit wieder von vorn angefangen. Man nannte dies die „einfachen Güsse“, im Gegensatz zu den, bei der die ganze Woche fortgeführten Arbeit gewonnenen „doppelten Güssen“. Das Eigentümliche des schmalkaldischen Betriebes bestand aber darin, daſs man in denselben Öfen, wenn das Bedürfnis vorlag, auch Roheisen, sogenanntes „Scheibeneisen“, schmolz und wurde dabei nach Quantz’ Angabe nichts geändert, als daſs man die Form 2 Zoll tiefer legte, so daſs dieselbe statt 14 Zoll nur 12 Zoll über dem Bodenstein lag und daſs man sie nicht in den Ofen hineinragen lieſs. Doch lag nicht hierin allein die Ursache der veränderten Wirkung, sondern in der Art und Weise, wie der Betrieb geführt wurde. Man setzte kleinere Erzgichten, blies schärfer, indem man die Bälge rascher wechseln lieſs, und stach die Schlacken nicht ab oder nur soweit es

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/195>, abgerufen am 25.11.2024.