geschmolzen sind, in den Behälter herabfliessen. Dann hebt man den Löffel heraus und trägt ihn dahin, wo die Formen aufgestellt sind und giesst damit.
Ich habe auch mit offenem Giesslöffel giessen sehen, d. h. ohne Esse und ohne glühende Asche darum, sondern mitten in einem Raume, wo der nackte Löffel auf einem eisernen Dreifusse stand. Die Blasebälge hatten lange Röhren und die Mündungen, aus denen der Wind kam, gingen über den Rand des Löffels. Der Löffel selbst hatte eine grosse Weite und war vorn höher als hinten; um den Rand war ein vier Finger breiter Reif von Eisen gelegt, um die Kohlen zusammenzuhalten. Auf diese Weise habe ich mehrmals Silber in grösserer Menge schmelzen sehen, es schmolz sehr gut und sauber, und man arbeitete mit grosser Leichtigkeit und Kohlenersparnis. Und für den Fall, dass ein Körnchen zufällig aus dem Löffel flösse, stellte der Meister eine Schüssel mit Wasser darunter, damit auch das kleinste darin aufgefangen würde und sich darin sammele.
Kap. III. Die Art, im Tiegel zu schmelzen, Fig. 23.
Das Schmelzen im Tiegel ist das Verfahren, welches bei kleinen Gegenständen gebräuchlich ist. Es geschieht auf zweierlei Weise, mit
[Abbildung]
Fig. 23.
Wind aus Blasebälgen oder mit dem Zugofen. Das Schmelzen mit Blase- bälgen, das ich zunächst beschreiben will, ist am gebräuchlichsten, man schmilzt auf diese Art schnell und sie ist den Goldschmieden und jedermann sehr bekannt. Ich brauchte daher wohl auch nichts darüber zu sagen, dennoch, um Euch zu belehren, wenn Ihr es vielleicht nicht wissen solltet, sage ich Euch die Vorschrift. Zunächst richtet man eine kleine Esse zu mit einem Paar Blasebälgen, die mit der Hand oder auf andere Weise betrieben werden. Dann nimmt man einen Tiegel von der Grösse, die man nötig hat, und füllt ihn mit dem Material, das man schmelzen will. Dann entzündet man auf der Esse vor der Öffnung, wo der Wind ausströmt, eine solche Menge Kohlen, als man denkt, sie könnten gut den Tiegel be- decken. Dann setzt Ihr den mit dem Schmelzmaterial gefüllten Tiegel mitten in die angezündeten Kohlen über den Windstrom, zwei oder drei
Von den Öfen.
geschmolzen sind, in den Behälter herabflieſsen. Dann hebt man den Löffel heraus und trägt ihn dahin, wo die Formen aufgestellt sind und gieſst damit.
Ich habe auch mit offenem Gieſslöffel gieſsen sehen, d. h. ohne Esse und ohne glühende Asche darum, sondern mitten in einem Raume, wo der nackte Löffel auf einem eisernen Dreifuſse stand. Die Blasebälge hatten lange Röhren und die Mündungen, aus denen der Wind kam, gingen über den Rand des Löffels. Der Löffel selbst hatte eine groſse Weite und war vorn höher als hinten; um den Rand war ein vier Finger breiter Reif von Eisen gelegt, um die Kohlen zusammenzuhalten. Auf diese Weise habe ich mehrmals Silber in gröſserer Menge schmelzen sehen, es schmolz sehr gut und sauber, und man arbeitete mit groſser Leichtigkeit und Kohlenersparnis. Und für den Fall, daſs ein Körnchen zufällig aus dem Löffel flösse, stellte der Meister eine Schüssel mit Wasser darunter, damit auch das kleinste darin aufgefangen würde und sich darin sammele.
Kap. III. Die Art, im Tiegel zu schmelzen, Fig. 23.
Das Schmelzen im Tiegel ist das Verfahren, welches bei kleinen Gegenständen gebräuchlich ist. Es geschieht auf zweierlei Weise, mit
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Fig. 23.
Wind aus Blasebälgen oder mit dem Zugofen. Das Schmelzen mit Blase- bälgen, das ich zunächst beschreiben will, ist am gebräuchlichsten, man schmilzt auf diese Art schnell und sie ist den Goldschmieden und jedermann sehr bekannt. Ich brauchte daher wohl auch nichts darüber zu sagen, dennoch, um Euch zu belehren, wenn Ihr es vielleicht nicht wissen solltet, sage ich Euch die Vorschrift. Zunächst richtet man eine kleine Esse zu mit einem Paar Blasebälgen, die mit der Hand oder auf andere Weise betrieben werden. Dann nimmt man einen Tiegel von der Gröſse, die man nötig hat, und füllt ihn mit dem Material, das man schmelzen will. Dann entzündet man auf der Esse vor der Öffnung, wo der Wind ausströmt, eine solche Menge Kohlen, als man denkt, sie könnten gut den Tiegel be- decken. Dann setzt Ihr den mit dem Schmelzmaterial gefüllten Tiegel mitten in die angezündeten Kohlen über den Windstrom, zwei oder drei
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Von den Öfen.
geschmolzen sind, in den Behälter herabflieſsen. Dann hebt man den
Löffel heraus und trägt ihn dahin, wo die Formen aufgestellt sind
und gieſst damit.
Ich habe auch mit offenem Gieſslöffel gieſsen sehen, d. h. ohne
Esse und ohne glühende Asche darum, sondern mitten in einem
Raume, wo der nackte Löffel auf einem eisernen Dreifuſse stand.
Die Blasebälge hatten lange Röhren und die Mündungen, aus denen
der Wind kam, gingen über den Rand des Löffels. Der Löffel selbst
hatte eine groſse Weite und war vorn höher als hinten; um den
Rand war ein vier Finger breiter Reif von Eisen gelegt, um die Kohlen
zusammenzuhalten. Auf diese Weise habe ich mehrmals Silber in
gröſserer Menge schmelzen sehen, es schmolz sehr gut und sauber,
und man arbeitete mit groſser Leichtigkeit und Kohlenersparnis. Und
für den Fall, daſs ein Körnchen zufällig aus dem Löffel flösse, stellte
der Meister eine Schüssel mit Wasser darunter, damit auch das
kleinste darin aufgefangen würde und sich darin sammele.
Kap. III. Die Art, im Tiegel zu schmelzen, Fig. 23.
Das Schmelzen im Tiegel ist das Verfahren, welches bei kleinen
Gegenständen gebräuchlich ist. Es geschieht auf zweierlei Weise, mit
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Wind aus Blasebälgen
oder mit dem Zugofen.
Das Schmelzen mit Blase-
bälgen, das ich zunächst
beschreiben will, ist am
gebräuchlichsten, man
schmilzt auf diese Art
schnell und sie ist
den Goldschmieden und
jedermann sehr bekannt.
Ich brauchte daher wohl
auch nichts darüber zu sagen, dennoch, um Euch zu belehren, wenn
Ihr es vielleicht nicht wissen solltet, sage ich Euch die Vorschrift.
Zunächst richtet man eine kleine Esse zu mit einem Paar Blasebälgen,
die mit der Hand oder auf andere Weise betrieben werden. Dann
nimmt man einen Tiegel von der Gröſse, die man nötig hat, und füllt
ihn mit dem Material, das man schmelzen will. Dann entzündet man
auf der Esse vor der Öffnung, wo der Wind ausströmt, eine solche
Menge Kohlen, als man denkt, sie könnten gut den Tiegel be-
decken. Dann setzt Ihr den mit dem Schmelzmaterial gefüllten Tiegel
mitten in die angezündeten Kohlen über den Windstrom, zwei oder drei
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/143>, abgerufen am 23.11.2024.
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