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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Belgien im 17. Jahrhundert.
raum und die Frist von 25 Jahren, unter Ausschluss aller Anderen
und haben wir ihm daraufhin unsere Patentbriefe (lettres de privilege)
ausfertigen lassen, welche unser Rechnungshof aufzubewahren und in
Bezug auf unsere königlichen Gebühren und Gewinne auf Grund
dieses Privilegs darüber zu wachen hat. Nach Einsichtnahme in
unserem Rechnungshof und nach verschiedenen Besprechungen und
Erwägungen sind wir mit den genannten Erben von Strada -- seinen
Erben und deren Vertreter -- übereingekommen, dass sie gehalten
seien, zu entrichten oder entrichten zu lassen zum Vorteil unserer
bischöflichen Tafel, den dreizehnten Pfennig frei und ausgenommen
von jeder Auflage, sowie er falle u. s. w. ...

Zur Beglaubigung dessen haben wir befohlen, unser Siegel an Obiges
zu befestigen im Jahre des Herrn 1627, des Monats April am 14. Tag."

Der deutsche Edelmann Octavius de Strada, vermutlich ein
Nachkomme des berühmten Mechanikers Jacobus Strada de Ross-
berg
, der 1588 zu Mantua verstorben war, hatte also die Absicht,
die Steinkohle einem Vorbereitungsprozess zu unterziehen und sie
dann zum Schmelzen und Reinigen des Eisens zu verwenden. Erfolge
hat er wohl kaum erzielt, denn es existiert keinerlei Nachricht
darüber. Dass man aber gerade für Lüttich ein solches Patent nach-
suchte und erteilte, kann auch als Beweis für das Ansehen und die
Bedeutung der dortigen Eisenindustrie angesehen werden.

Die Hauptindustrie Lüttichs war die Verarbeitung des Frisch-
eisens zu Handelswaren, die Eisenveredlung. Dazu dienten zahl-
reiche Reck- und Zainhämmer, sodann für die blühende Waffen-
fabrikation Rohr- und Waffenhämmer und für die Blechfabrikation
Blechhämmer. Das Rohmaterial kam in Form von Grobeisen meist aus
der Grafschaft Namur, aus l'Entre Sambre-et-Meuse und aus Luxem-
burg. -- Die Blechhämmer lagen an den Ufern der Ourthe, der
Vesdre und Hoyoux. Sie wurden ebenso betrieben wie die Reck- und
Zainhämmer, und bediente man sich in Lüttich schon früh der Wärme-
öfen, fours dormantes, der backofenähnlichen Flammöfen, in welchen
die auszuheizenden Bleche direkt auf der über der ebenen Sohle
ausgebreiteten Brennmaterialschicht aufgelegt wurden (s. Fig. 210).

Sehr früh wurde auch in Belgien die in Deutschland erfundene
Weissblechfabrikation eingeführt. 1629 wurde bereits hierfür ein Patent
erteilt, welches folgende Überschrift führt:

"Octroye, Pour Faire Du Ferre Blanc, En La Ville De Dynand,
Pour Un Terme De Vingt Ans, A L'Exclusion de Tous Aultres, Pour
Everard Meybosch."


Belgien im 17. Jahrhundert.
raum und die Frist von 25 Jahren, unter Ausschluſs aller Anderen
und haben wir ihm daraufhin unsere Patentbriefe (lettres de privilége)
ausfertigen lassen, welche unser Rechnungshof aufzubewahren und in
Bezug auf unsere königlichen Gebühren und Gewinne auf Grund
dieses Privilegs darüber zu wachen hat. Nach Einsichtnahme in
unserem Rechnungshof und nach verschiedenen Besprechungen und
Erwägungen sind wir mit den genannten Erben von Strada — seinen
Erben und deren Vertreter — übereingekommen, daſs sie gehalten
seien, zu entrichten oder entrichten zu lassen zum Vorteil unserer
bischöflichen Tafel, den dreizehnten Pfennig frei und ausgenommen
von jeder Auflage, sowie er falle u. s. w. …

Zur Beglaubigung dessen haben wir befohlen, unser Siegel an Obiges
zu befestigen im Jahre des Herrn 1627, des Monats April am 14. Tag.“

Der deutsche Edelmann Octavius de Strada, vermutlich ein
Nachkomme des berühmten Mechanikers Jacobus Strada de Roſs-
berg
, der 1588 zu Mantua verstorben war, hatte also die Absicht,
die Steinkohle einem Vorbereitungsprozeſs zu unterziehen und sie
dann zum Schmelzen und Reinigen des Eisens zu verwenden. Erfolge
hat er wohl kaum erzielt, denn es existiert keinerlei Nachricht
darüber. Daſs man aber gerade für Lüttich ein solches Patent nach-
suchte und erteilte, kann auch als Beweis für das Ansehen und die
Bedeutung der dortigen Eisenindustrie angesehen werden.

Die Hauptindustrie Lüttichs war die Verarbeitung des Frisch-
eisens zu Handelswaren, die Eisenveredlung. Dazu dienten zahl-
reiche Reck- und Zainhämmer, sodann für die blühende Waffen-
fabrikation Rohr- und Waffenhämmer und für die Blechfabrikation
Blechhämmer. Das Rohmaterial kam in Form von Grobeisen meist aus
der Grafschaft Namur, aus l’Entre Sambre-et-Meuse und aus Luxem-
burg. — Die Blechhämmer lagen an den Ufern der Ourthe, der
Vesdre und Hoyoux. Sie wurden ebenso betrieben wie die Reck- und
Zainhämmer, und bediente man sich in Lüttich schon früh der Wärme-
öfen, fours dormantes, der backofenähnlichen Flammöfen, in welchen
die auszuheizenden Bleche direkt auf der über der ebenen Sohle
ausgebreiteten Brennmaterialschicht aufgelegt wurden (s. Fig. 210).

Sehr früh wurde auch in Belgien die in Deutschland erfundene
Weiſsblechfabrikation eingeführt. 1629 wurde bereits hierfür ein Patent
erteilt, welches folgende Überschrift führt:

„Octroye, Pour Faire Du Ferre Blanc, En La Ville De Dynand,
Pour Un Terme De Vingt Ans, A L’Exclusion de Tous Aultres, Pour
Everard Meybosch.“


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[1214/1236] Belgien im 17. Jahrhundert. raum und die Frist von 25 Jahren, unter Ausschluſs aller Anderen und haben wir ihm daraufhin unsere Patentbriefe (lettres de privilége) ausfertigen lassen, welche unser Rechnungshof aufzubewahren und in Bezug auf unsere königlichen Gebühren und Gewinne auf Grund dieses Privilegs darüber zu wachen hat. Nach Einsichtnahme in unserem Rechnungshof und nach verschiedenen Besprechungen und Erwägungen sind wir mit den genannten Erben von Strada — seinen Erben und deren Vertreter — übereingekommen, daſs sie gehalten seien, zu entrichten oder entrichten zu lassen zum Vorteil unserer bischöflichen Tafel, den dreizehnten Pfennig frei und ausgenommen von jeder Auflage, sowie er falle u. s. w. … Zur Beglaubigung dessen haben wir befohlen, unser Siegel an Obiges zu befestigen im Jahre des Herrn 1627, des Monats April am 14. Tag.“ Der deutsche Edelmann Octavius de Strada, vermutlich ein Nachkomme des berühmten Mechanikers Jacobus Strada de Roſs- berg, der 1588 zu Mantua verstorben war, hatte also die Absicht, die Steinkohle einem Vorbereitungsprozeſs zu unterziehen und sie dann zum Schmelzen und Reinigen des Eisens zu verwenden. Erfolge hat er wohl kaum erzielt, denn es existiert keinerlei Nachricht darüber. Daſs man aber gerade für Lüttich ein solches Patent nach- suchte und erteilte, kann auch als Beweis für das Ansehen und die Bedeutung der dortigen Eisenindustrie angesehen werden. Die Hauptindustrie Lüttichs war die Verarbeitung des Frisch- eisens zu Handelswaren, die Eisenveredlung. Dazu dienten zahl- reiche Reck- und Zainhämmer, sodann für die blühende Waffen- fabrikation Rohr- und Waffenhämmer und für die Blechfabrikation Blechhämmer. Das Rohmaterial kam in Form von Grobeisen meist aus der Grafschaft Namur, aus l’Entre Sambre-et-Meuse und aus Luxem- burg. — Die Blechhämmer lagen an den Ufern der Ourthe, der Vesdre und Hoyoux. Sie wurden ebenso betrieben wie die Reck- und Zainhämmer, und bediente man sich in Lüttich schon früh der Wärme- öfen, fours dormantes, der backofenähnlichen Flammöfen, in welchen die auszuheizenden Bleche direkt auf der über der ebenen Sohle ausgebreiteten Brennmaterialschicht aufgelegt wurden (s. Fig. 210). Sehr früh wurde auch in Belgien die in Deutschland erfundene Weiſsblechfabrikation eingeführt. 1629 wurde bereits hierfür ein Patent erteilt, welches folgende Überschrift führt: „Octroye, Pour Faire Du Ferre Blanc, En La Ville De Dynand, Pour Un Terme De Vingt Ans, A L’Exclusion de Tous Aultres, Pour Everard Meybosch.“

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1236>, abgerufen am 29.11.2024.