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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Belgien im 17. Jahrhundert.

Hier handelt es sich um Erze für Giessereieisen, wozu einzelne
Sorten vorzüglich geeignet waren. Im Allgemeinen sind die Erze
des Maasgebietes nicht gerade von hervorragender Güte. Wenn des-
halb das Lütticher Schmiedeeisen, wegen seiner Hämmerbarkeit und
Zähigkeit, geschätzt und berühmt war, so lag dies mehr in dem Frisch-
verfahren. Wie früher schon erwähnt, war dies die Wallonschmiede,
welche hier heimisch war und in welcher kleine Luppen in einem
Herd gefrischt und in einem zweiten Herd ausgeheizt wurden.
Hierdurch wurde das Material gut durchgearbeitet.

So streng geschlossen das Lütticher Eisengewerbe war, so ver-
hielt es sich durchaus nicht ablehnend gegen Neuerungen. Dies geht
auch daraus hervor, dass die deutschen Kaiser zahlreiche Privilegien
(Patente) für neue technische Einrichtungen für Lüttich erteilten. So
wurde z. B. 1627 von Kaiser Ferdinand II. einem Octavius de Strada
ein Patent erteilt, Eisen im Hochofen mit Steinkohlen zu
schmelzen
1). Es ist dies zweifellos das älteste Patent für diesen
Zweck auf dem Kontinent und trägt die Überschrift: Octroy,
Permission et Privilege, pour faire usiner les fourneaux a fondre les
minerais aves le Feu de Houille, donne a Octavius de Strada a
l'exclusion de tous aultres qui s'en voudraient servier, pour un terme
et espace de vingt-cinq ans. Der Text lautet: "Diese Erfindung ist
vor Allem sehr nützlich in unserm Lütticher Lande, wo die Stein-
kohlen im Üeberfluss vorhanden und soviele Bergwerke sind, dass ein
grosser Teil davon gar nicht betrieben werden kann wegen Mangel
an Holz. Von dem Wunsche erfüllt, unserm Lande die Wohlthat
einer so vorteilhaften Erfindung zukommen zu lassen, hat er uns in
Ehrfurcht gebeten, ihm ein Privilegium zu erteilen, dass Niemand sich
des Verfahrens, die Steinkohlen vorzubereiten (facon
d'accomoder les houilles) bedienen kann, um daraus Gewinn zu ziehen
oder Waren herzustellen, ohne seinen Willen und Zustimmung für
den Zeitraum von 25 Jahren.

Ferdinand an Alle, die Gegenwärtiges lesen werden oder lesen --
Gruss.

Wir thun zu wissen, dass wir unter dem 18. Juni 1625 an
Octavius de Strada, böhmischen Edelmann, das Recht und die
Macht verliehen und übertragen haben, Eisenerze und alle anderen
Metalle zu schmelzen, sie zu reinigen (raffiner) und herzurichten für
den Gebrauch mit einem Feuer von Steinkohle für den Zeit-

1) Siehe Francquoy, a. a. O. S. 49.
Belgien im 17. Jahrhundert.

Hier handelt es sich um Erze für Gieſsereieisen, wozu einzelne
Sorten vorzüglich geeignet waren. Im Allgemeinen sind die Erze
des Maasgebietes nicht gerade von hervorragender Güte. Wenn des-
halb das Lütticher Schmiedeeisen, wegen seiner Hämmerbarkeit und
Zähigkeit, geschätzt und berühmt war, so lag dies mehr in dem Frisch-
verfahren. Wie früher schon erwähnt, war dies die Wallonschmiede,
welche hier heimisch war und in welcher kleine Luppen in einem
Herd gefrischt und in einem zweiten Herd ausgeheizt wurden.
Hierdurch wurde das Material gut durchgearbeitet.

So streng geschlossen das Lütticher Eisengewerbe war, so ver-
hielt es sich durchaus nicht ablehnend gegen Neuerungen. Dies geht
auch daraus hervor, daſs die deutschen Kaiser zahlreiche Privilegien
(Patente) für neue technische Einrichtungen für Lüttich erteilten. So
wurde z. B. 1627 von Kaiser Ferdinand II. einem Octavius de Strada
ein Patent erteilt, Eisen im Hochofen mit Steinkohlen zu
schmelzen
1). Es ist dies zweifellos das älteste Patent für diesen
Zweck auf dem Kontinent und trägt die Überschrift: Octroy,
Permission et Privilege, pour faire usiner les fourneaux à fondre les
minerais aves le Feu de Houille, donné à Octavius de Strada à
l’exclusion de tous aultres qui s’en voudraient servier, pour un terme
et espace de vingt-cinq ans. Der Text lautet: „Diese Erfindung ist
vor Allem sehr nützlich in unserm Lütticher Lande, wo die Stein-
kohlen im Üeberfluſs vorhanden und soviele Bergwerke sind, daſs ein
groſser Teil davon gar nicht betrieben werden kann wegen Mangel
an Holz. Von dem Wunsche erfüllt, unserm Lande die Wohlthat
einer so vorteilhaften Erfindung zukommen zu lassen, hat er uns in
Ehrfurcht gebeten, ihm ein Privilegium zu erteilen, daſs Niemand sich
des Verfahrens, die Steinkohlen vorzubereiten (façon
d’accomoder les houilles) bedienen kann, um daraus Gewinn zu ziehen
oder Waren herzustellen, ohne seinen Willen und Zustimmung für
den Zeitraum von 25 Jahren.

Ferdinand an Alle, die Gegenwärtiges lesen werden oder lesen —
Gruſs.

Wir thun zu wissen, daſs wir unter dem 18. Juni 1625 an
Octavius de Strada, böhmischen Edelmann, das Recht und die
Macht verliehen und übertragen haben, Eisenerze und alle anderen
Metalle zu schmelzen, sie zu reinigen (raffiner) und herzurichten für
den Gebrauch mit einem Feuer von Steinkohle für den Zeit-

1) Siehe Francquoy, a. a. O. S. 49.
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[1213/1235] Belgien im 17. Jahrhundert. Hier handelt es sich um Erze für Gieſsereieisen, wozu einzelne Sorten vorzüglich geeignet waren. Im Allgemeinen sind die Erze des Maasgebietes nicht gerade von hervorragender Güte. Wenn des- halb das Lütticher Schmiedeeisen, wegen seiner Hämmerbarkeit und Zähigkeit, geschätzt und berühmt war, so lag dies mehr in dem Frisch- verfahren. Wie früher schon erwähnt, war dies die Wallonschmiede, welche hier heimisch war und in welcher kleine Luppen in einem Herd gefrischt und in einem zweiten Herd ausgeheizt wurden. Hierdurch wurde das Material gut durchgearbeitet. So streng geschlossen das Lütticher Eisengewerbe war, so ver- hielt es sich durchaus nicht ablehnend gegen Neuerungen. Dies geht auch daraus hervor, daſs die deutschen Kaiser zahlreiche Privilegien (Patente) für neue technische Einrichtungen für Lüttich erteilten. So wurde z. B. 1627 von Kaiser Ferdinand II. einem Octavius de Strada ein Patent erteilt, Eisen im Hochofen mit Steinkohlen zu schmelzen 1). Es ist dies zweifellos das älteste Patent für diesen Zweck auf dem Kontinent und trägt die Überschrift: Octroy, Permission et Privilege, pour faire usiner les fourneaux à fondre les minerais aves le Feu de Houille, donné à Octavius de Strada à l’exclusion de tous aultres qui s’en voudraient servier, pour un terme et espace de vingt-cinq ans. Der Text lautet: „Diese Erfindung ist vor Allem sehr nützlich in unserm Lütticher Lande, wo die Stein- kohlen im Üeberfluſs vorhanden und soviele Bergwerke sind, daſs ein groſser Teil davon gar nicht betrieben werden kann wegen Mangel an Holz. Von dem Wunsche erfüllt, unserm Lande die Wohlthat einer so vorteilhaften Erfindung zukommen zu lassen, hat er uns in Ehrfurcht gebeten, ihm ein Privilegium zu erteilen, daſs Niemand sich des Verfahrens, die Steinkohlen vorzubereiten (façon d’accomoder les houilles) bedienen kann, um daraus Gewinn zu ziehen oder Waren herzustellen, ohne seinen Willen und Zustimmung für den Zeitraum von 25 Jahren. Ferdinand an Alle, die Gegenwärtiges lesen werden oder lesen — Gruſs. Wir thun zu wissen, daſs wir unter dem 18. Juni 1625 an Octavius de Strada, böhmischen Edelmann, das Recht und die Macht verliehen und übertragen haben, Eisenerze und alle anderen Metalle zu schmelzen, sie zu reinigen (raffiner) und herzurichten für den Gebrauch mit einem Feuer von Steinkohle für den Zeit- 1) Siehe Francquoy, a. a. O. S. 49.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1235>, abgerufen am 29.11.2024.