Der 30jährige Krieg brachte grosse Drangsale über Schmalkalden und die unaufhörlichen Erpressungen stürzten die Stadt in grosse Schulden. 1623 wurde es zum erstenmal heimgesucht, als sich Oberst Colalto mit seinen Truppen vor der Stadt lagerte. Im Oktober er- hoben bayrische Reiter von der Armee Tillys eine Brandschatzung von 2000 Thlr. Die Stadt erhielt daraufhin zwar eine kaiserliche Salva guardia, diese kostete aber wöchentlich 2200 Gulden. Die Kaiserlichen hielten die Stadt bis zum Herbst 1625 besetzt. 1626 wurde Schmalkalden von den Truppen des Herzogs von Holstein heimgesucht.
1627 nahm der Landgraf von Hessen-Darmstadt Schmalkalden in seinen Besitz und versprach, dass die Stadt künftighin von kaiser- licher Einquartierung befreit sein sollte. Aber die kaiserlichen Kriegsobersten kümmerten sich wenig um den Landgrafen. 1627 lag Reinach im Quartier, 1628 Tillys Stabs- und Leibkompanie, welche drei Jahre und vier Monate hier blieb und der Stadt 145000 Reichs- thaler 18 Groschen kostete. Nach Tillys Niederlage bei Leipzig hatte die Stadt noch mehr zu leiden durch die Schweden; von 1631 an fiel sie einmal in schwedische, dann wieder in kaiserliche Hände und bei jedem Wechsel hatte sie die Zeche zu zahlen. Die Truppenmassen, welche sie verpflegen musste, wurden immer grösser, die Zügellosig- keit der Soldaten und die Begehrlichkeit der Offiziere nahm von Jahr zu Jahr zu. Dazu machte der Landgraf Schmalkalden zum Werbe- und Verpflegungsort für seine Truppen. Jeder Musterungs- monat kostete die Stadt 2400 Reichsthaler. Nach der Schlacht von Lützen hausten die Schweden und Sachsen unter Bernhard und Wil- helm von Weimar arg im Schmalkaldischen. 1633 kostete die schwedische Armee die Stadt 64000 Reichsthaler; die tysenhausische Einquartierung vom Januar bis April 1634 13400 Reichsthaler. Als nach der Schlacht von Nördlingen General Banner sich nach Thüringen zurückzog, liess er Schmalkalden von 300 Musketieren be- setzen. Die Stadt musste täglich 71/2 Ctr. Brot, ebensoviel Fleisch, 14 Eimer Bier, 1/2 Fuder Wein, 10 Malter Hafer und alle zehn Tage 3000 Reichsthaler an Geld aufbringen. Graf Isolano mit seinen Kroaten liess sich mit Geld abfinden, dass er die Stadt nicht plündere. Auch der Feldmarschall Piccolomini verlangte für sich 3000 Reichs- thaler. Schon war kein bares Geld in der Stadt mehr aufzutreiben und die Bürger mussten ihr Silbergerät an Geldesstatt geben. Die kaiserliche Schutzwache, welche die Stadt auf ihre Bitten erlangt hatte, kostete fast soviel wie der Feind und die Bürgerschaft
Thüringen im 17. Jahrhundert.
Der 30jährige Krieg brachte groſse Drangsale über Schmalkalden und die unaufhörlichen Erpressungen stürzten die Stadt in groſse Schulden. 1623 wurde es zum erstenmal heimgesucht, als sich Oberst Colalto mit seinen Truppen vor der Stadt lagerte. Im Oktober er- hoben bayrische Reiter von der Armee Tillys eine Brandschatzung von 2000 Thlr. Die Stadt erhielt daraufhin zwar eine kaiserliche Salva guardia, diese kostete aber wöchentlich 2200 Gulden. Die Kaiserlichen hielten die Stadt bis zum Herbst 1625 besetzt. 1626 wurde Schmalkalden von den Truppen des Herzogs von Holstein heimgesucht.
1627 nahm der Landgraf von Hessen-Darmstadt Schmalkalden in seinen Besitz und versprach, daſs die Stadt künftighin von kaiser- licher Einquartierung befreit sein sollte. Aber die kaiserlichen Kriegsobersten kümmerten sich wenig um den Landgrafen. 1627 lag Reinach im Quartier, 1628 Tillys Stabs- und Leibkompanie, welche drei Jahre und vier Monate hier blieb und der Stadt 145000 Reichs- thaler 18 Groschen kostete. Nach Tillys Niederlage bei Leipzig hatte die Stadt noch mehr zu leiden durch die Schweden; von 1631 an fiel sie einmal in schwedische, dann wieder in kaiserliche Hände und bei jedem Wechsel hatte sie die Zeche zu zahlen. Die Truppenmassen, welche sie verpflegen muſste, wurden immer gröſser, die Zügellosig- keit der Soldaten und die Begehrlichkeit der Offiziere nahm von Jahr zu Jahr zu. Dazu machte der Landgraf Schmalkalden zum Werbe- und Verpflegungsort für seine Truppen. Jeder Musterungs- monat kostete die Stadt 2400 Reichsthaler. Nach der Schlacht von Lützen hausten die Schweden und Sachsen unter Bernhard und Wil- helm von Weimar arg im Schmalkaldischen. 1633 kostete die schwedische Armee die Stadt 64000 Reichsthaler; die tysenhausische Einquartierung vom Januar bis April 1634 13400 Reichsthaler. Als nach der Schlacht von Nördlingen General Banner sich nach Thüringen zurückzog, lieſs er Schmalkalden von 300 Musketieren be- setzen. Die Stadt muſste täglich 7½ Ctr. Brot, ebensoviel Fleisch, 14 Eimer Bier, ½ Fuder Wein, 10 Malter Hafer und alle zehn Tage 3000 Reichsthaler an Geld aufbringen. Graf Isolano mit seinen Kroaten lieſs sich mit Geld abfinden, daſs er die Stadt nicht plündere. Auch der Feldmarschall Piccolomini verlangte für sich 3000 Reichs- thaler. Schon war kein bares Geld in der Stadt mehr aufzutreiben und die Bürger muſsten ihr Silbergerät an Geldesstatt geben. Die kaiserliche Schutzwache, welche die Stadt auf ihre Bitten erlangt hatte, kostete fast soviel wie der Feind und die Bürgerschaft
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Thüringen im 17. Jahrhundert.
Der 30jährige Krieg brachte groſse Drangsale über Schmalkalden
und die unaufhörlichen Erpressungen stürzten die Stadt in groſse
Schulden. 1623 wurde es zum erstenmal heimgesucht, als sich Oberst
Colalto mit seinen Truppen vor der Stadt lagerte. Im Oktober er-
hoben bayrische Reiter von der Armee Tillys eine Brandschatzung
von 2000 Thlr. Die Stadt erhielt daraufhin zwar eine kaiserliche
Salva guardia, diese kostete aber wöchentlich 2200 Gulden. Die
Kaiserlichen hielten die Stadt bis zum Herbst 1625 besetzt. 1626
wurde Schmalkalden von den Truppen des Herzogs von Holstein
heimgesucht.
1627 nahm der Landgraf von Hessen-Darmstadt Schmalkalden
in seinen Besitz und versprach, daſs die Stadt künftighin von kaiser-
licher Einquartierung befreit sein sollte. Aber die kaiserlichen
Kriegsobersten kümmerten sich wenig um den Landgrafen. 1627 lag
Reinach im Quartier, 1628 Tillys Stabs- und Leibkompanie, welche
drei Jahre und vier Monate hier blieb und der Stadt 145000 Reichs-
thaler 18 Groschen kostete. Nach Tillys Niederlage bei Leipzig hatte
die Stadt noch mehr zu leiden durch die Schweden; von 1631 an
fiel sie einmal in schwedische, dann wieder in kaiserliche Hände und
bei jedem Wechsel hatte sie die Zeche zu zahlen. Die Truppenmassen,
welche sie verpflegen muſste, wurden immer gröſser, die Zügellosig-
keit der Soldaten und die Begehrlichkeit der Offiziere nahm von
Jahr zu Jahr zu. Dazu machte der Landgraf Schmalkalden zum
Werbe- und Verpflegungsort für seine Truppen. Jeder Musterungs-
monat kostete die Stadt 2400 Reichsthaler. Nach der Schlacht von
Lützen hausten die Schweden und Sachsen unter Bernhard und Wil-
helm von Weimar arg im Schmalkaldischen. 1633 kostete die
schwedische Armee die Stadt 64000 Reichsthaler; die tysenhausische
Einquartierung vom Januar bis April 1634 13400 Reichsthaler. Als
nach der Schlacht von Nördlingen General Banner sich nach
Thüringen zurückzog, lieſs er Schmalkalden von 300 Musketieren be-
setzen. Die Stadt muſste täglich 7½ Ctr. Brot, ebensoviel Fleisch,
14 Eimer Bier, ½ Fuder Wein, 10 Malter Hafer und alle zehn Tage
3000 Reichsthaler an Geld aufbringen. Graf Isolano mit seinen
Kroaten lieſs sich mit Geld abfinden, daſs er die Stadt nicht plündere.
Auch der Feldmarschall Piccolomini verlangte für sich 3000 Reichs-
thaler. Schon war kein bares Geld in der Stadt mehr aufzutreiben
und die Bürger muſsten ihr Silbergerät an Geldesstatt geben. Die
kaiserliche Schutzwache, welche die Stadt auf ihre Bitten erlangt
hatte, kostete fast soviel wie der Feind und die Bürgerschaft
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1124>, abgerufen am 22.11.2024.
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