Viel bedeutender noch griff ein anderes Geschlecht in die indu- strielle Entwickelung nicht nur Nassaus, sondern auch der Nachbar- gebiete ein: die Mariots1). Ihr Wirken beginnt mit dem Abschluss des 30jährigen Krieges. Es beschränkt sich nicht auf die Eisenindustrie, aber diese war doch der Ausgangs- und Mittelpunkt ihrer Unter- nehmungen. Auch sie stammten aus dem Niederland und zwar aus dem Lütticher Gebiet. Wie Johann Cato scheinen sie Bergherren zu Stromberg gewesen zu sein und bei ihrem ersten Auftreten erscheinen sie in Gemeinschaft mit einem aus der Familie Sorge. Ein Zusam- menhang dieser Familien hat also zweifellos bestanden. Zuerst waren die Mariots in den trierischen Landen thätig. "Einen wichtigen Ge- werbszweig2) verdankt dem Kurfürsten Philipp Christof die Um- gebung von Ehrenbreitenstein. Auf dessen Veranlassung legte Johann Mariotte, von Geburt ein Lütticher, den Hochofen zu Fallerau bei Montabauer an: demselben Mariotte und dem Johann Heinrich Sorg vergönnte der Kurfürst am 23. November 1646, bei Dernbach Eisen- stein zu graben und ist diese Concession die Veranlassung geworden zu der Mariotte ferneren Hüttenanlagen zu Engers, Nievern, Ahl und Hohenrhein, zu dem schwunghaften Betrieb des Silberwerks zu Wein- ähr u. s. w.".
Johann Mariot oder, wie er sich meist schrieb, Jean Mariotte, war ein ausserordentlich thätiger, unternehmungslustiger Mann. Er soll in dem Gebiet der Mosel und Lahn 14 Eisenhütten erbaut haben. Im Jahre 1660 erwarb er Konzessionen in der Grafschaft Katzeneln- bogen und legte daselbst Eisenwerke an. Hierüber geben Akten im Nassauischen Staatsarchiv Aufschluss.
Am 16. November 1660 berichtet der Amtmann Jeremias Phi- lipp Stamm zu Braubach, "dass ein Kaufmann von Lück (Lüttich), welcher sich sonsten mehrenteils zu Bingen aufhalten soll und mit nahmen Jean Marioth heisset, sich bei Eur. gn. Herrn Schultheissen zu Catzenelnbogen angemeldet und angehalten, dass ihm möchte ver- gönnt werden, nach Eisenstein im Kirchspiel Catzenelnbogen zu suchen .... und ob es ihm nicht vergönnt werden möchte, gar eine Eisen- hütte allda aufzubauen, auch ob er alsdann umbs Geld Holzkohlen bekommen könne". Johann Mariot der ältere stellt das Gesuch für seinen Sohn. Er unterschreibt "Jean Mariotte au nom de mon mre. Jean Mariot le jeune". Der Landgraf von Hessen erteilt die nach-
1) Abwechselnd auch Mariotte, Mariott, Marioth geschrieben.
2) Siehe Rheinischer Antiquarius, Mittelrhein II, S. 469.
Nassau im 17. Jahrhundert.
Viel bedeutender noch griff ein anderes Geschlecht in die indu- strielle Entwickelung nicht nur Nassaus, sondern auch der Nachbar- gebiete ein: die Mariots1). Ihr Wirken beginnt mit dem Abschluſs des 30jährigen Krieges. Es beschränkt sich nicht auf die Eisenindustrie, aber diese war doch der Ausgangs- und Mittelpunkt ihrer Unter- nehmungen. Auch sie stammten aus dem Niederland und zwar aus dem Lütticher Gebiet. Wie Johann Cato scheinen sie Bergherren zu Stromberg gewesen zu sein und bei ihrem ersten Auftreten erscheinen sie in Gemeinschaft mit einem aus der Familie Sorge. Ein Zusam- menhang dieser Familien hat also zweifellos bestanden. Zuerst waren die Mariots in den trierischen Landen thätig. „Einen wichtigen Ge- werbszweig2) verdankt dem Kurfürsten Philipp Christof die Um- gebung von Ehrenbreitenstein. Auf dessen Veranlassung legte Johann Mariotte, von Geburt ein Lütticher, den Hochofen zu Fallerau bei Montabauer an: demselben Mariotte und dem Johann Heinrich Sorg vergönnte der Kurfürst am 23. November 1646, bei Dernbach Eisen- stein zu graben und ist diese Concession die Veranlassung geworden zu der Mariotte ferneren Hüttenanlagen zu Engers, Nievern, Ahl und Hohenrhein, zu dem schwunghaften Betrieb des Silberwerks zu Wein- ähr u. s. w.“.
Johann Mariot oder, wie er sich meist schrieb, Jean Mariotte, war ein auſserordentlich thätiger, unternehmungslustiger Mann. Er soll in dem Gebiet der Mosel und Lahn 14 Eisenhütten erbaut haben. Im Jahre 1660 erwarb er Konzessionen in der Grafschaft Katzeneln- bogen und legte daselbst Eisenwerke an. Hierüber geben Akten im Nassauischen Staatsarchiv Aufschluſs.
Am 16. November 1660 berichtet der Amtmann Jeremias Phi- lipp Stamm zu Braubach, „daſs ein Kaufmann von Lück (Lüttich), welcher sich sonsten mehrenteils zu Bingen aufhalten soll und mit nahmen Jean Marioth heiſset, sich bei Eur. gn. Herrn Schultheiſsen zu Catzenelnbogen angemeldet und angehalten, daſs ihm möchte ver- gönnt werden, nach Eisenstein im Kirchspiel Catzenelnbogen zu suchen .... und ob es ihm nicht vergönnt werden möchte, gar eine Eisen- hütte allda aufzubauen, auch ob er alsdann umbs Geld Holzkohlen bekommen könne“. Johann Mariot der ältere stellt das Gesuch für seinen Sohn. Er unterschreibt „Jean Mariotte au nom de mon mre. Jean Mariot le jeune“. Der Landgraf von Hessen erteilt die nach-
1) Abwechselnd auch Mariotte, Mariott, Marioth geschrieben.
2) Siehe Rheinischer Antiquarius, Mittelrhein II, S. 469.
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Nassau im 17. Jahrhundert.
Viel bedeutender noch griff ein anderes Geschlecht in die indu-
strielle Entwickelung nicht nur Nassaus, sondern auch der Nachbar-
gebiete ein: die Mariots 1). Ihr Wirken beginnt mit dem Abschluſs des
30jährigen Krieges. Es beschränkt sich nicht auf die Eisenindustrie,
aber diese war doch der Ausgangs- und Mittelpunkt ihrer Unter-
nehmungen. Auch sie stammten aus dem Niederland und zwar aus
dem Lütticher Gebiet. Wie Johann Cato scheinen sie Bergherren zu
Stromberg gewesen zu sein und bei ihrem ersten Auftreten erscheinen
sie in Gemeinschaft mit einem aus der Familie Sorge. Ein Zusam-
menhang dieser Familien hat also zweifellos bestanden. Zuerst waren
die Mariots in den trierischen Landen thätig. „Einen wichtigen Ge-
werbszweig 2) verdankt dem Kurfürsten Philipp Christof die Um-
gebung von Ehrenbreitenstein. Auf dessen Veranlassung legte Johann
Mariotte, von Geburt ein Lütticher, den Hochofen zu Fallerau bei
Montabauer an: demselben Mariotte und dem Johann Heinrich Sorg
vergönnte der Kurfürst am 23. November 1646, bei Dernbach Eisen-
stein zu graben und ist diese Concession die Veranlassung geworden
zu der Mariotte ferneren Hüttenanlagen zu Engers, Nievern, Ahl und
Hohenrhein, zu dem schwunghaften Betrieb des Silberwerks zu Wein-
ähr u. s. w.“.
Johann Mariot oder, wie er sich meist schrieb, Jean Mariotte, war
ein auſserordentlich thätiger, unternehmungslustiger Mann. Er soll
in dem Gebiet der Mosel und Lahn 14 Eisenhütten erbaut haben.
Im Jahre 1660 erwarb er Konzessionen in der Grafschaft Katzeneln-
bogen und legte daselbst Eisenwerke an. Hierüber geben Akten im
Nassauischen Staatsarchiv Aufschluſs.
Am 16. November 1660 berichtet der Amtmann Jeremias Phi-
lipp Stamm zu Braubach, „daſs ein Kaufmann von Lück (Lüttich),
welcher sich sonsten mehrenteils zu Bingen aufhalten soll und mit
nahmen Jean Marioth heiſset, sich bei Eur. gn. Herrn Schultheiſsen
zu Catzenelnbogen angemeldet und angehalten, daſs ihm möchte ver-
gönnt werden, nach Eisenstein im Kirchspiel Catzenelnbogen zu suchen
.... und ob es ihm nicht vergönnt werden möchte, gar eine Eisen-
hütte allda aufzubauen, auch ob er alsdann umbs Geld Holzkohlen
bekommen könne“. Johann Mariot der ältere stellt das Gesuch für
seinen Sohn. Er unterschreibt „Jean Mariotte au nom de mon mre.
Jean Mariot le jeune“. Der Landgraf von Hessen erteilt die nach-
1) Abwechselnd auch Mariotte, Mariott, Marioth geschrieben.
2) Siehe Rheinischer Antiquarius, Mittelrhein II, S. 469.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1085. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1107>, abgerufen am 22.11.2024.
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