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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert.
der nur für diesen Zweck dient. -- Dieser Stahl ist gut, vorausgesetzt,
dass er zweimal gereinigt, d. h. cementiert ist und dass die Holzkohle,
mit der man ihn brennt, frisch und erst kurz vor dem Gebrauch
bereitet ist. Seht ja zu, dass alle Kohlen gut sind, damit ihr keine
Täuschung erfahrt: auch muss er zwei Tage und zwei Nächte in
heftigem Feuer bleiben, je länger, je besser, vorausgesetzt, dass der
Tiegel nicht undicht wird. Dieser Stahl ist gut für Erdarbeit, sowie
um Hämmer und andere Werkzeuge, mit denen man mit Kraft und
Heftigkeit arbeitet, zu verstählen: manchmal eignet er sich auch für
Schneidwaren, wenn er gut gegärbt und gehärtet ist.

Es ist eine überlieferte und in vielen Büchern mitgeteilte That-
sache, dass die Cementstahlfabrikation in England durch einen
deutschen Stahlarbeiter Namens Bertram aus der Mark um das
Jahr 1700 eingeführt worden sei. Dieselbe scheint an und für sich
nicht unglaubhaft, doch steht ihr eine Nachricht Le Play's ent-
gegen 1). Diesem teilte 1841 ein hervorragender Stahlfabrikant York-
shires Namens Marshall, ein Greis von 81 Jahren, welcher die grössten
Werke in Sheffield besass, das Folgende, welches er von seinem Onkel
John Marshall, der fast ein Jahrhundert zuvor die ersten Stahl-
werke in Yorkshire angelegt habe, erfahren hatte, mit: Danach habe
man bereits anfangs des 17. Jahrhunderts begonnen, Stäbe von ge-
ringen Dimensionen zu cementieren; der so erhaltene Stahl sei nur
zu Artikeln geringer Qualität verwendet worden. Allmählich habe
diese Fabrikation an Umfang zugenommen und gegen 1660 habe man
begonnen, dicke Stäbe zu cementieren, die man in Steinkohlenfeuer
heizte und ausreckte, ehe man sie in den Handel brachte. Dieses
Produkt, welches ordinärer Stahl hiess, wurde in Stangen von 0,015 m
Seitenlänge verkauft und war ein sehr mittelmässiges Produkt. Der
mittlere Teil der Stäbe wurde für Messerklingen und Kurzwaren (quin-
caillerie) benutzt, die Enden, die am meisten unganz und ungleich
waren, wurden für die Zeugschmieden zurückbehalten. -- Wie weit
diese Angaben, namentlich inbezug auf die Zeit richtig sind, lassen
wir dahingestellt; sie scheinen aber eine gewisse Bestätigung dadurch
zu finden, dass Dud Dudley in seinem Metallum Martis 1665 sagt,
man mache jetzt Stahl mit Hülfe von Steinkohlen, den man früher
ausschliesslich mit Holzkohlen bereitet habe. Auch nahm Prinz
Ruprecht
von der Pfalz 1670 ein wichtiges Patent, welches die

1) Le Play, Sur la fabrication de l'acier en Yorkshire etc. Annales des
Mines, IV. Serie, tome 3, p. 628.

Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert.
der nur für diesen Zweck dient. — Dieser Stahl ist gut, vorausgesetzt,
daſs er zweimal gereinigt, d. h. cementiert ist und daſs die Holzkohle,
mit der man ihn brennt, frisch und erst kurz vor dem Gebrauch
bereitet ist. Seht ja zu, daſs alle Kohlen gut sind, damit ihr keine
Täuschung erfahrt: auch muſs er zwei Tage und zwei Nächte in
heftigem Feuer bleiben, je länger, je besser, vorausgesetzt, daſs der
Tiegel nicht undicht wird. Dieser Stahl ist gut für Erdarbeit, sowie
um Hämmer und andere Werkzeuge, mit denen man mit Kraft und
Heftigkeit arbeitet, zu verstählen: manchmal eignet er sich auch für
Schneidwaren, wenn er gut gegärbt und gehärtet ist.

Es ist eine überlieferte und in vielen Büchern mitgeteilte That-
sache, daſs die Cementstahlfabrikation in England durch einen
deutschen Stahlarbeiter Namens Bertram aus der Mark um das
Jahr 1700 eingeführt worden sei. Dieselbe scheint an und für sich
nicht unglaubhaft, doch steht ihr eine Nachricht Le Play’s ent-
gegen 1). Diesem teilte 1841 ein hervorragender Stahlfabrikant York-
shires Namens Marshall, ein Greis von 81 Jahren, welcher die gröſsten
Werke in Sheffield besaſs, das Folgende, welches er von seinem Onkel
John Marshall, der fast ein Jahrhundert zuvor die ersten Stahl-
werke in Yorkshire angelegt habe, erfahren hatte, mit: Danach habe
man bereits anfangs des 17. Jahrhunderts begonnen, Stäbe von ge-
ringen Dimensionen zu cementieren; der so erhaltene Stahl sei nur
zu Artikeln geringer Qualität verwendet worden. Allmählich habe
diese Fabrikation an Umfang zugenommen und gegen 1660 habe man
begonnen, dicke Stäbe zu cementieren, die man in Steinkohlenfeuer
heizte und ausreckte, ehe man sie in den Handel brachte. Dieses
Produkt, welches ordinärer Stahl hieſs, wurde in Stangen von 0,015 m
Seitenlänge verkauft und war ein sehr mittelmäſsiges Produkt. Der
mittlere Teil der Stäbe wurde für Messerklingen und Kurzwaren (quin-
caillerie) benutzt, die Enden, die am meisten unganz und ungleich
waren, wurden für die Zeugschmieden zurückbehalten. — Wie weit
diese Angaben, namentlich inbezug auf die Zeit richtig sind, lassen
wir dahingestellt; sie scheinen aber eine gewisse Bestätigung dadurch
zu finden, daſs Dud Dudley in seinem Metallum Martis 1665 sagt,
man mache jetzt Stahl mit Hülfe von Steinkohlen, den man früher
ausschlieſslich mit Holzkohlen bereitet habe. Auch nahm Prinz
Ruprecht
von der Pfalz 1670 ein wichtiges Patent, welches die

1) Le Play, Sur la fabrication de l’acier en Yorkshire etc. Annales des
Mines, IV. Serie, tome 3, p. 628.
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[1013/1035] Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert. der nur für diesen Zweck dient. — Dieser Stahl ist gut, vorausgesetzt, daſs er zweimal gereinigt, d. h. cementiert ist und daſs die Holzkohle, mit der man ihn brennt, frisch und erst kurz vor dem Gebrauch bereitet ist. Seht ja zu, daſs alle Kohlen gut sind, damit ihr keine Täuschung erfahrt: auch muſs er zwei Tage und zwei Nächte in heftigem Feuer bleiben, je länger, je besser, vorausgesetzt, daſs der Tiegel nicht undicht wird. Dieser Stahl ist gut für Erdarbeit, sowie um Hämmer und andere Werkzeuge, mit denen man mit Kraft und Heftigkeit arbeitet, zu verstählen: manchmal eignet er sich auch für Schneidwaren, wenn er gut gegärbt und gehärtet ist. Es ist eine überlieferte und in vielen Büchern mitgeteilte That- sache, daſs die Cementstahlfabrikation in England durch einen deutschen Stahlarbeiter Namens Bertram aus der Mark um das Jahr 1700 eingeführt worden sei. Dieselbe scheint an und für sich nicht unglaubhaft, doch steht ihr eine Nachricht Le Play’s ent- gegen 1). Diesem teilte 1841 ein hervorragender Stahlfabrikant York- shires Namens Marshall, ein Greis von 81 Jahren, welcher die gröſsten Werke in Sheffield besaſs, das Folgende, welches er von seinem Onkel John Marshall, der fast ein Jahrhundert zuvor die ersten Stahl- werke in Yorkshire angelegt habe, erfahren hatte, mit: Danach habe man bereits anfangs des 17. Jahrhunderts begonnen, Stäbe von ge- ringen Dimensionen zu cementieren; der so erhaltene Stahl sei nur zu Artikeln geringer Qualität verwendet worden. Allmählich habe diese Fabrikation an Umfang zugenommen und gegen 1660 habe man begonnen, dicke Stäbe zu cementieren, die man in Steinkohlenfeuer heizte und ausreckte, ehe man sie in den Handel brachte. Dieses Produkt, welches ordinärer Stahl hieſs, wurde in Stangen von 0,015 m Seitenlänge verkauft und war ein sehr mittelmäſsiges Produkt. Der mittlere Teil der Stäbe wurde für Messerklingen und Kurzwaren (quin- caillerie) benutzt, die Enden, die am meisten unganz und ungleich waren, wurden für die Zeugschmieden zurückbehalten. — Wie weit diese Angaben, namentlich inbezug auf die Zeit richtig sind, lassen wir dahingestellt; sie scheinen aber eine gewisse Bestätigung dadurch zu finden, daſs Dud Dudley in seinem Metallum Martis 1665 sagt, man mache jetzt Stahl mit Hülfe von Steinkohlen, den man früher ausschlieſslich mit Holzkohlen bereitet habe. Auch nahm Prinz Ruprecht von der Pfalz 1670 ein wichtiges Patent, welches die 1) Le Play, Sur la fabrication de l’acier en Yorkshire etc. Annales des Mines, IV. Serie, tome 3, p. 628.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1013. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1035>, abgerufen am 22.11.2024.