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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Kunstschmiederei im 17. Jahrhundert.

Die Schlosserkunst blühte in den deutschen Industriestädten,
besonders in Nürnberg. Die dortigen Meister leisteten nicht nur Vor-
treffliches in ihrem Fach, sondern erwarben sich auch Ruhm durch
mancherlei mechanische Erfindungen. Der beiden Hautsch haben
wir deshalb bereits früher Erwähnung gethan (S. 918). Berühmt war
Michael Man (gest. 1630), der "ein besonderes Belieben hatte, fast
beständig kleine eiserne Trühlein zu machen, die er mit künstlichen,
subtilen Riegelwerken versah, sauber ätzte und vergoldete". Einen
Nachfolger fand er in Bartholomäus Hoppert (geb. 1648, gest. 1715),
der auch durch seine Truhen und Kassenschränke sich auszeichnete
und in ganz Europa berühmt war. Er machte grosse Reisen und
hielt sich längere Zeit in Paris auf, wo er für Ludwig XIV. arbeitete.
1677 kehrte er nach Nürnberg zurück und nahm daselbst seinen
ständigen Wohnsitz. Seine Geldtruhen waren Kunstwerke und hoch
geschätzt; Kaiser Leopold bezahlte für eine von drei Fuss Höhe und
drei Fuss Tiefe 1000 Thaler. Er verzierte dieselben mit erhabenem
Laub- und Blätterwerk; überhaupt war er ein vortrefflicher Treib-
arbeiter, welcher Stahlblech wie Silber trieb. Man berichtet von ihm,
er habe eine besondere Kunst besessen, das Eisen zu schneiden und
es so weich zu machen wie Blei. Hoppert war auch berühmt wegen
Anfertigung vortrefflicher Werkzeuge. Sein Zeitgenosse Jobst Pröbes
(1640 bis 1706), machte ausser verschiedenen Druck-, Präg-, Schmied-
und Streckwerken einen grossen eisernen Behälter mit zwei Thüren,
ganz in gleicher Art, wie man solche aus Holz fertigte, mit schönen
Leisten und Zieraten aus poliertem Eisen geschnitten. Georg
Beringer
(1681 bis 1720) war Windenmacher. Er rüstete viele
Münzen mit Presswerken und Walzen zu Plättwerken aus. Besonders
berühmt waren seine grossen eisernen Schrauben, die er durch seine
geschickt angeordneten Dreh- und Schneidzeuge zu stande brachte.
Mit diesen konstruierte er Hebewerke mit Schrauben ohne Ende, "mit
dergleichen er die schwersten Stück Eisen zur Arbeit bequem machen
konnte".

Georg Memmendörfer, 1659 als Sohn eines Hammerschmieds
in der Nähe von Nürnberg geboren, erwählte den Beruf seines Vaters
und wurde ein berühmter Eisenarbeiter. Von ihm berichtet Doppel-
meyer
: "Diese seine Geschicklichkeit ersah man nachdem, da er den
Stahl und das Eisen recht zu giessen, dann aber wieder
wohl zu schmieden
und also beides zu jeder seiner Arbeit gleich-
sam zwingen kundte. Dadurch war er im stande, absonderliche Dinge
aus Stahl zu fertigen, als stählerne Hohlstempel von verschiedenen

Die Kunstschmiederei im 17. Jahrhundert.

Die Schlosserkunst blühte in den deutschen Industriestädten,
besonders in Nürnberg. Die dortigen Meister leisteten nicht nur Vor-
treffliches in ihrem Fach, sondern erwarben sich auch Ruhm durch
mancherlei mechanische Erfindungen. Der beiden Hautsch haben
wir deshalb bereits früher Erwähnung gethan (S. 918). Berühmt war
Michael Man (gest. 1630), der „ein besonderes Belieben hatte, fast
beständig kleine eiserne Trühlein zu machen, die er mit künstlichen,
subtilen Riegelwerken versah, sauber ätzte und vergoldete“. Einen
Nachfolger fand er in Bartholomäus Hoppert (geb. 1648, gest. 1715),
der auch durch seine Truhen und Kassenschränke sich auszeichnete
und in ganz Europa berühmt war. Er machte groſse Reisen und
hielt sich längere Zeit in Paris auf, wo er für Ludwig XIV. arbeitete.
1677 kehrte er nach Nürnberg zurück und nahm daselbst seinen
ständigen Wohnsitz. Seine Geldtruhen waren Kunstwerke und hoch
geschätzt; Kaiser Leopold bezahlte für eine von drei Fuſs Höhe und
drei Fuſs Tiefe 1000 Thaler. Er verzierte dieselben mit erhabenem
Laub- und Blätterwerk; überhaupt war er ein vortrefflicher Treib-
arbeiter, welcher Stahlblech wie Silber trieb. Man berichtet von ihm,
er habe eine besondere Kunst besessen, das Eisen zu schneiden und
es so weich zu machen wie Blei. Hoppert war auch berühmt wegen
Anfertigung vortrefflicher Werkzeuge. Sein Zeitgenosse Jobst Pröbes
(1640 bis 1706), machte auſser verschiedenen Druck-, Präg-, Schmied-
und Streckwerken einen groſsen eisernen Behälter mit zwei Thüren,
ganz in gleicher Art, wie man solche aus Holz fertigte, mit schönen
Leisten und Zieraten aus poliertem Eisen geschnitten. Georg
Beringer
(1681 bis 1720) war Windenmacher. Er rüstete viele
Münzen mit Preſswerken und Walzen zu Plättwerken aus. Besonders
berühmt waren seine groſsen eisernen Schrauben, die er durch seine
geschickt angeordneten Dreh- und Schneidzeuge zu stande brachte.
Mit diesen konstruierte er Hebewerke mit Schrauben ohne Ende, „mit
dergleichen er die schwersten Stück Eisen zur Arbeit bequem machen
konnte“.

Georg Memmendörfer, 1659 als Sohn eines Hammerschmieds
in der Nähe von Nürnberg geboren, erwählte den Beruf seines Vaters
und wurde ein berühmter Eisenarbeiter. Von ihm berichtet Doppel-
meyer
: „Diese seine Geschicklichkeit ersah man nachdem, da er den
Stahl und das Eisen recht zu gieſsen, dann aber wieder
wohl zu schmieden
und also beides zu jeder seiner Arbeit gleich-
sam zwingen kundte. Dadurch war er im stande, absonderliche Dinge
aus Stahl zu fertigen, als stählerne Hohlstempel von verschiedenen

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[1002/1024] Die Kunstschmiederei im 17. Jahrhundert. Die Schlosserkunst blühte in den deutschen Industriestädten, besonders in Nürnberg. Die dortigen Meister leisteten nicht nur Vor- treffliches in ihrem Fach, sondern erwarben sich auch Ruhm durch mancherlei mechanische Erfindungen. Der beiden Hautsch haben wir deshalb bereits früher Erwähnung gethan (S. 918). Berühmt war Michael Man (gest. 1630), der „ein besonderes Belieben hatte, fast beständig kleine eiserne Trühlein zu machen, die er mit künstlichen, subtilen Riegelwerken versah, sauber ätzte und vergoldete“. Einen Nachfolger fand er in Bartholomäus Hoppert (geb. 1648, gest. 1715), der auch durch seine Truhen und Kassenschränke sich auszeichnete und in ganz Europa berühmt war. Er machte groſse Reisen und hielt sich längere Zeit in Paris auf, wo er für Ludwig XIV. arbeitete. 1677 kehrte er nach Nürnberg zurück und nahm daselbst seinen ständigen Wohnsitz. Seine Geldtruhen waren Kunstwerke und hoch geschätzt; Kaiser Leopold bezahlte für eine von drei Fuſs Höhe und drei Fuſs Tiefe 1000 Thaler. Er verzierte dieselben mit erhabenem Laub- und Blätterwerk; überhaupt war er ein vortrefflicher Treib- arbeiter, welcher Stahlblech wie Silber trieb. Man berichtet von ihm, er habe eine besondere Kunst besessen, das Eisen zu schneiden und es so weich zu machen wie Blei. Hoppert war auch berühmt wegen Anfertigung vortrefflicher Werkzeuge. Sein Zeitgenosse Jobst Pröbes (1640 bis 1706), machte auſser verschiedenen Druck-, Präg-, Schmied- und Streckwerken einen groſsen eisernen Behälter mit zwei Thüren, ganz in gleicher Art, wie man solche aus Holz fertigte, mit schönen Leisten und Zieraten aus poliertem Eisen geschnitten. Georg Beringer (1681 bis 1720) war Windenmacher. Er rüstete viele Münzen mit Preſswerken und Walzen zu Plättwerken aus. Besonders berühmt waren seine groſsen eisernen Schrauben, die er durch seine geschickt angeordneten Dreh- und Schneidzeuge zu stande brachte. Mit diesen konstruierte er Hebewerke mit Schrauben ohne Ende, „mit dergleichen er die schwersten Stück Eisen zur Arbeit bequem machen konnte“. Georg Memmendörfer, 1659 als Sohn eines Hammerschmieds in der Nähe von Nürnberg geboren, erwählte den Beruf seines Vaters und wurde ein berühmter Eisenarbeiter. Von ihm berichtet Doppel- meyer: „Diese seine Geschicklichkeit ersah man nachdem, da er den Stahl und das Eisen recht zu gieſsen, dann aber wieder wohl zu schmieden und also beides zu jeder seiner Arbeit gleich- sam zwingen kundte. Dadurch war er im stande, absonderliche Dinge aus Stahl zu fertigen, als stählerne Hohlstempel von verschiedenen

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1002. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1024>, abgerufen am 22.11.2024.