sieben Metalle, Gold, Silber, Kupfer, Elektron (eine Legierung von Gold und Silber), Zinn, Blei und das Eisen, "welches sie alle bezwingt". Geber war es, der zuerst die Unterscheidung in edle und unedle Metalle nach ihrem Verhalten zum Feuer aufstellte. Man lernte später Metalle kennen, denen eine der Grundeigenschaften nach der Geberschen Definition abging, wie z. B. das Antimon, welches nicht dehnbar ist; solche nannte man deshalb "Bastarde der Metalle".
Über die Zusammensetzung der Metalle lehrte der Vater der Alchemie folgendes 1): "Das Quecksilber bildet die Materie aller Metalle zugleich mit dem Schwefel. Der Schwefel bildet die Festig- keit in den irdischen Mineralien; er ist durch eine allmähliche Verdun- stung eingedickt, bis er zuletzt hart und trocken wird. Das Queck- silber aber ist eine zähe Flüssigkeit in den Eingeweiden der Erde von einem flüchtigen, weissen und erdigen Wesen, das sich durch die ge- ringste Erhitzung vollständig verbindet, bis das Feuchte durch die Trockenheit, und die Trockenheit durch die Feuchtigkeit gebändigt wird."
Schwefel und Quecksilber waren aber für die Alchemisten nicht Elemente in unserm Sinne, sondern es waren Qualitäten. Sie galten als Ursachen des Glanzes, der Dehnbarkeit, der Härte u. s. w. Gold z. B. wurde definiert als Quecksilber in Verbindung mit Schwefel im Zustande grösster Läuterung und sehr fixiert. Geber nennt sich nicht den Erfinder dieser Theorie, sondern er spricht von ihr als überliefert.
Aricenna (980 bis 1036), der alle mineralischen Körper in vier Klassen teilt, nämlich in Steine, in flüssigmachende, in schweflige und in salzige Körper, führte Gebers Ansicht weiter aus. Er nannte den Schwefel den männlichen Samen, den Mercurius aber die Mutter der Metalle. Durch die Wärme des Schwefels werde das Quecksilber zum Erstarren gebracht und vereinige sich in den Eingeweiden der Erde zu den Metallen.
Dies war des Aristoteles' Lehre in einer andern Fassung.
Fünferlei aber waren im Mittelalter nach Monardus die Ansichten über die Entstehung der Metalle:
Ägidius Mauritanius lehrte, die Metalle entstünden aus den Aschen
1) Mercurius est materia metallorum cum sulphure. Sulphur est pinguetudo in minera terrae, per temperatam decoctionem inspissata, quousque induretur et sicca fit. -- Mercurius est aqua viscosa in visceribus terrae substantiae subtilis, albae terreae per calorem temporatissimum, unita totali unione per minima, quousque humidum temperetur a sicco et siccum a humido aequaliter.
Alchemie.
sieben Metalle, Gold, Silber, Kupfer, Elektron (eine Legierung von Gold und Silber), Zinn, Blei und das Eisen, „welches sie alle bezwingt“. Geber war es, der zuerst die Unterscheidung in edle und unedle Metalle nach ihrem Verhalten zum Feuer aufstellte. Man lernte später Metalle kennen, denen eine der Grundeigenschaften nach der Geberschen Definition abging, wie z. B. das Antimon, welches nicht dehnbar ist; solche nannte man deshalb „Bastarde der Metalle“.
Über die Zusammensetzung der Metalle lehrte der Vater der Alchemie folgendes 1): „Das Quecksilber bildet die Materie aller Metalle zugleich mit dem Schwefel. Der Schwefel bildet die Festig- keit in den irdischen Mineralien; er ist durch eine allmähliche Verdun- stung eingedickt, bis er zuletzt hart und trocken wird. Das Queck- silber aber ist eine zähe Flüssigkeit in den Eingeweiden der Erde von einem flüchtigen, weiſsen und erdigen Wesen, das sich durch die ge- ringste Erhitzung vollständig verbindet, bis das Feuchte durch die Trockenheit, und die Trockenheit durch die Feuchtigkeit gebändigt wird.“
Schwefel und Quecksilber waren aber für die Alchemisten nicht Elemente in unserm Sinne, sondern es waren Qualitäten. Sie galten als Ursachen des Glanzes, der Dehnbarkeit, der Härte u. s. w. Gold z. B. wurde definiert als Quecksilber in Verbindung mit Schwefel im Zustande gröſster Läuterung und sehr fixiert. Geber nennt sich nicht den Erfinder dieser Theorie, sondern er spricht von ihr als überliefert.
Aricenna (980 bis 1036), der alle mineralischen Körper in vier Klassen teilt, nämlich in Steine, in flüssigmachende, in schweflige und in salzige Körper, führte Gebers Ansicht weiter aus. Er nannte den Schwefel den männlichen Samen, den Mercurius aber die Mutter der Metalle. Durch die Wärme des Schwefels werde das Quecksilber zum Erstarren gebracht und vereinige sich in den Eingeweiden der Erde zu den Metallen.
Dies war des Aristoteles’ Lehre in einer andern Fassung.
Fünferlei aber waren im Mittelalter nach Monardus die Ansichten über die Entstehung der Metalle:
Ägidius Mauritanius lehrte, die Metalle entstünden aus den Aschen
1) Mercurius est materia metallorum cum sulphure. Sulphur est pinguetudo in minera terrae, per temperatam decoctionem inspissata, quousque induretur et sicca fit. — Mercurius est aqua viscosa in visceribus terrae substantiae subtilis, albae terreae per calorem temporatissimum, unita totali unione per minima, quousque humidum temperetur a sicco et siccum a humido aequaliter.
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[971/0993]
Alchemie.
sieben Metalle, Gold, Silber, Kupfer, Elektron (eine Legierung von
Gold und Silber), Zinn, Blei und das Eisen, „welches sie alle bezwingt“.
Geber war es, der zuerst die Unterscheidung in edle und unedle
Metalle nach ihrem Verhalten zum Feuer aufstellte. Man lernte
später Metalle kennen, denen eine der Grundeigenschaften nach der
Geberschen Definition abging, wie z. B. das Antimon, welches nicht
dehnbar ist; solche nannte man deshalb „Bastarde der Metalle“.
Über die Zusammensetzung der Metalle lehrte der Vater der
Alchemie folgendes 1): „Das Quecksilber bildet die Materie aller
Metalle zugleich mit dem Schwefel. Der Schwefel bildet die Festig-
keit in den irdischen Mineralien; er ist durch eine allmähliche Verdun-
stung eingedickt, bis er zuletzt hart und trocken wird. Das Queck-
silber aber ist eine zähe Flüssigkeit in den Eingeweiden der Erde von
einem flüchtigen, weiſsen und erdigen Wesen, das sich durch die ge-
ringste Erhitzung vollständig verbindet, bis das Feuchte durch die
Trockenheit, und die Trockenheit durch die Feuchtigkeit gebändigt
wird.“
Schwefel und Quecksilber waren aber für die Alchemisten nicht
Elemente in unserm Sinne, sondern es waren Qualitäten. Sie galten
als Ursachen des Glanzes, der Dehnbarkeit, der Härte u. s. w. Gold
z. B. wurde definiert als Quecksilber in Verbindung mit Schwefel im
Zustande gröſster Läuterung und sehr fixiert. Geber nennt sich nicht
den Erfinder dieser Theorie, sondern er spricht von ihr als überliefert.
Aricenna (980 bis 1036), der alle mineralischen Körper in vier
Klassen teilt, nämlich in Steine, in flüssigmachende, in schweflige und
in salzige Körper, führte Gebers Ansicht weiter aus. Er nannte den
Schwefel den männlichen Samen, den Mercurius aber die Mutter der
Metalle. Durch die Wärme des Schwefels werde das Quecksilber zum
Erstarren gebracht und vereinige sich in den Eingeweiden der Erde
zu den Metallen.
Dies war des Aristoteles’ Lehre in einer andern Fassung.
Fünferlei aber waren im Mittelalter nach Monardus die Ansichten
über die Entstehung der Metalle:
Ägidius Mauritanius lehrte, die Metalle entstünden aus den Aschen
1) Mercurius est materia metallorum cum sulphure. Sulphur est pinguetudo
in minera terrae, per temperatam decoctionem inspissata, quousque induretur et
sicca fit. —
Mercurius est aqua viscosa in visceribus terrae substantiae subtilis, albae
terreae per calorem temporatissimum, unita totali unione per minima, quousque
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 971. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/993>, abgerufen am 22.11.2024.
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