Eisengusses, die Herstellung und die Verwendung des flüssigen Eisens, dass auch nicht ein Name derjenigen, die an einzelnen Fortschritten auf diesem Gebiete in dem ersten Jahrhundert nach seiner Einführung ein hervorragendes Verdienst hatten, auf uns gekommen ist. Dies hat seinen Grund zunächst darin, dass die ganzen Vervollkommnungen sich in den Kreisen der beteiligten Gewerbe vollzogen, die das Inter- esse der Schriftsteller jener Zeit nur in geringem Masse auf sich lenkten, ferner dass die beteiligten Gewerbe aus ihren etwaigen Ver- besserungen und Erfahrungen ein Geheimnis machten, vor allem aber, dass die erste Darstellung geschmolzenen Eisens, wie dessen Ver- wendung keine freie Erfindung war, sondern durch veränderte Be- triebsmittel sich von selbst ergab. Daraus erklärt es sich, dass dieser wichtigste Fortschritt der Eisenindustrie als etwas so Selbst- verständliches hingenommen wurde, dass man kaum ein Jahrhundert später schon gar nicht mehr der Zeit der Erfindung gedachte, dass man glaubte, Eisenguss habe von jeher bestanden, und sich der Jahr- tausende nicht mehr erinnerte, während deren den Menschen diese Form des Eisens unbekannt geblieben war. Die Erfindung des flüssigen Eisens und seine Verwendung als Gusseisen wurden herbeigeführt durch die Anwendung der Wasserkraft zur Erzeugung des Gebläse- windes und die dadurch bedingte höhere Schmelztemperatur. Die Verwendung der motorischen Kraft des Wassers an Stelle der tierischen Kraft spielt in der Entwickelung der Technik eine ebenso grosse Rolle als die Benutzung der Dampfkraft, und sie hat sich weit langsamer Eingang und eine allgemeinere Verwendung verschafft.
Wir haben die Anfänge der Geschichte der Wassermühlen bereits früher mitgeteilt 1).
Wir haben gesehen, dass Wassermühlen schon zu Beginn der Kaiserzeit den Römern bekannt waren. Sie verdrängten indessen die Hand- und Eselsmühlen in den Häusern noch nicht, sondern wurden mehr für öffentliche Zwecke, namentlich für die Bedürfnisse der Legio- nen betrieben. Öffentliche Wassermühlen, die für das Publikum Korn mahlten, wurden erst unter Honorius und Arcadius angelegt, und die ältesten Gesetze zum Schutz der Mühlen (mola aquaria) lassen erkennen, dass diese Anstalten noch neu waren. Es gab auch Mühlen auf den Landgütern an wasserreichen Bächen, wie Palladius berichtet 2).
Die Mühlen des Belisarius (s. S. 581) standen auf Fahrzeugen,
1) S. oben S. 579 etc.
2) Si aquae copia est, fusuras balnearum debent pistrina suscipere; ut ibi formatis aquariis molis, sine animalium vel hominum labore frumenta frangantur.
Wasserkraft.
Eisengusses, die Herstellung und die Verwendung des flüssigen Eisens, daſs auch nicht ein Name derjenigen, die an einzelnen Fortschritten auf diesem Gebiete in dem ersten Jahrhundert nach seiner Einführung ein hervorragendes Verdienst hatten, auf uns gekommen ist. Dies hat seinen Grund zunächst darin, daſs die ganzen Vervollkommnungen sich in den Kreisen der beteiligten Gewerbe vollzogen, die das Inter- esse der Schriftsteller jener Zeit nur in geringem Maſse auf sich lenkten, ferner daſs die beteiligten Gewerbe aus ihren etwaigen Ver- besserungen und Erfahrungen ein Geheimnis machten, vor allem aber, daſs die erste Darstellung geschmolzenen Eisens, wie dessen Ver- wendung keine freie Erfindung war, sondern durch veränderte Be- triebsmittel sich von selbst ergab. Daraus erklärt es sich, daſs dieser wichtigste Fortschritt der Eisenindustrie als etwas so Selbst- verständliches hingenommen wurde, daſs man kaum ein Jahrhundert später schon gar nicht mehr der Zeit der Erfindung gedachte, daſs man glaubte, Eisenguſs habe von jeher bestanden, und sich der Jahr- tausende nicht mehr erinnerte, während deren den Menschen diese Form des Eisens unbekannt geblieben war. Die Erfindung des flüssigen Eisens und seine Verwendung als Guſseisen wurden herbeigeführt durch die Anwendung der Wasserkraft zur Erzeugung des Gebläse- windes und die dadurch bedingte höhere Schmelztemperatur. Die Verwendung der motorischen Kraft des Wassers an Stelle der tierischen Kraft spielt in der Entwickelung der Technik eine ebenso groſse Rolle als die Benutzung der Dampfkraft, und sie hat sich weit langsamer Eingang und eine allgemeinere Verwendung verschafft.
Wir haben die Anfänge der Geschichte der Wassermühlen bereits früher mitgeteilt 1).
Wir haben gesehen, daſs Wassermühlen schon zu Beginn der Kaiserzeit den Römern bekannt waren. Sie verdrängten indessen die Hand- und Eselsmühlen in den Häusern noch nicht, sondern wurden mehr für öffentliche Zwecke, namentlich für die Bedürfnisse der Legio- nen betrieben. Öffentliche Wassermühlen, die für das Publikum Korn mahlten, wurden erst unter Honorius und Arcadius angelegt, und die ältesten Gesetze zum Schutz der Mühlen (mola aquaria) lassen erkennen, daſs diese Anstalten noch neu waren. Es gab auch Mühlen auf den Landgütern an wasserreichen Bächen, wie Palladius berichtet 2).
Die Mühlen des Belisarius (s. S. 581) standen auf Fahrzeugen,
1) S. oben S. 579 etc.
2) Si aquae copia est, fusuras balnearum debent pistrina suscipere; ut ibi formatis aquariis molis, sine animalium vel hominum labore frumenta frangantur.
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Wasserkraft.
Eisengusses, die Herstellung und die Verwendung des flüssigen Eisens,
daſs auch nicht ein Name derjenigen, die an einzelnen Fortschritten
auf diesem Gebiete in dem ersten Jahrhundert nach seiner Einführung
ein hervorragendes Verdienst hatten, auf uns gekommen ist. Dies hat
seinen Grund zunächst darin, daſs die ganzen Vervollkommnungen
sich in den Kreisen der beteiligten Gewerbe vollzogen, die das Inter-
esse der Schriftsteller jener Zeit nur in geringem Maſse auf sich
lenkten, ferner daſs die beteiligten Gewerbe aus ihren etwaigen Ver-
besserungen und Erfahrungen ein Geheimnis machten, vor allem aber,
daſs die erste Darstellung geschmolzenen Eisens, wie dessen Ver-
wendung keine freie Erfindung war, sondern durch veränderte Be-
triebsmittel sich von selbst ergab. Daraus erklärt es sich, daſs
dieser wichtigste Fortschritt der Eisenindustrie als etwas so Selbst-
verständliches hingenommen wurde, daſs man kaum ein Jahrhundert
später schon gar nicht mehr der Zeit der Erfindung gedachte, daſs
man glaubte, Eisenguſs habe von jeher bestanden, und sich der Jahr-
tausende nicht mehr erinnerte, während deren den Menschen diese
Form des Eisens unbekannt geblieben war. Die Erfindung des flüssigen
Eisens und seine Verwendung als Guſseisen wurden herbeigeführt
durch die Anwendung der Wasserkraft zur Erzeugung des Gebläse-
windes und die dadurch bedingte höhere Schmelztemperatur. Die
Verwendung der motorischen Kraft des Wassers an Stelle
der tierischen Kraft spielt in der Entwickelung der Technik eine
ebenso groſse Rolle als die Benutzung der Dampfkraft, und sie hat sich
weit langsamer Eingang und eine allgemeinere Verwendung verschafft.
Wir haben die Anfänge der Geschichte der Wassermühlen bereits
früher mitgeteilt 1).
Wir haben gesehen, daſs Wassermühlen schon zu Beginn der
Kaiserzeit den Römern bekannt waren. Sie verdrängten indessen die
Hand- und Eselsmühlen in den Häusern noch nicht, sondern wurden
mehr für öffentliche Zwecke, namentlich für die Bedürfnisse der Legio-
nen betrieben. Öffentliche Wassermühlen, die für das Publikum
Korn mahlten, wurden erst unter Honorius und Arcadius angelegt, und
die ältesten Gesetze zum Schutz der Mühlen (mola aquaria) lassen
erkennen, daſs diese Anstalten noch neu waren. Es gab auch Mühlen
auf den Landgütern an wasserreichen Bächen, wie Palladius berichtet 2).
Die Mühlen des Belisarius (s. S. 581) standen auf Fahrzeugen,
1) S. oben S. 579 etc.
2) Si aquae copia est, fusuras balnearum debent
pistrina suscipere; ut ibi formatis aquariis molis, sine animalium vel hominum
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 952. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/974>, abgerufen am 22.11.2024.
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