den verschiedensten Parteien. Sie waren zünftig und mussten gewisse zunftmässige Prüfungen bestanden haben. Ihr Ansehen war gross, da sie meist eine verhältnismässig höhere Bildung besassen, neben Kennt- nissen der Naturwissenschaften, ihre eigentliche technische Kunst als Feuerwerker und Kanoniere ausbildeten, aber geheim hielten. Ihre Kenntnisse gingen oft über das Mechanische ihres Berufes weit hinaus und umfasste ihr Studium meist das ganze Befestigungswesen, welches bekanntlich im Mittelalter der plastischen Kunst und der Mathematik gleich nahe stand. Die Städte waren es, welche zuerst auf ihre Ver- teidigung bedacht sein mussten, und so werden in den Städten zuerst Büchsenmeister genannt, so in Brüssel, Speier, Mainz, Augsburg, Nürnberg, München, Amberg etc. bereits im 14. Jahrhundert. Die Befugnisse der Büchsenmeister gingen aber auch weit über die Anfertigung und Behandlung der Büchsen hinaus, sie waren die tech- nischen Leiter des ganzen Angriffs- und Verteidigungskrieges. Deshalb nahmen sie eine sehr exzeptionelle Stellung ein. Die heilige Barbara, deren Mörder nach der Legende der Blitz getötet haben soll, gilt in Deutschland und Frankreich als ihre Schutzheilige, wie bei den Slaven Johann von Nepomuk.
Die Büchsenmeister führten ein ganzes Personal mit sich. Zunächst einen Ober- und einen Untergesellen. Bei dem Frankfurter Kontingent vom Jahre 1404 bezog der Meister 8 Schillinge, der Obergesell 6 Schil- linge, der Untergesell 4 Schillinge, ausserdem waren ihm 12 Ober- und 6 Untersteinbrecher zugeteilt. Er hatte 55 Feldgeschütze und 10 Onager unter sich. Fast alle berühmten Büchsenmeister waren Deutsche und in allen Hauptstädten fanden sich deutsche Büchsenmeister. Der be- rühmtesten haben wir schon Erwähnung gethan. Martin Merz von Am- berg, der auch ein vorzüglicher Schriftsteller in seinem Fach war, schreibt 1):
"Zum Auf- und Abladen der Rohre, zur Herrichtung des Gestelles und der Ansätze waren ihm aus dem Fussvolke Leute zugewiesen, zu seiner Unterstützung im Feuer, zwei oder drei Schiessgesellen, es seien Schreiner, Grobschmied oder andere, die damit wissen umzugehen. Im Felde soll er, wenn er zu einem Wagen oder Karren gesetzt ist, dieselben zurichten mit Pulver, Stein und Ladzeug, er soll sich verwah- ren, dass ihm kein Zündloch verschlagen wird und soll zwei oder drei bei sich haben, dass, wenn ihm eins verrennt wird, er ein anderes hab."
Hinsichtlich der besonderen Eigenschaften eines Büchsenmeisters
1) Würdinger, a. a. O. II, S. 399.
Büchsenmeister.
den verschiedensten Parteien. Sie waren zünftig und muſsten gewisse zunftmäſsige Prüfungen bestanden haben. Ihr Ansehen war groſs, da sie meist eine verhältnismäſsig höhere Bildung besaſsen, neben Kennt- nissen der Naturwissenschaften, ihre eigentliche technische Kunst als Feuerwerker und Kanoniere ausbildeten, aber geheim hielten. Ihre Kenntnisse gingen oft über das Mechanische ihres Berufes weit hinaus und umfaſste ihr Studium meist das ganze Befestigungswesen, welches bekanntlich im Mittelalter der plastischen Kunst und der Mathematik gleich nahe stand. Die Städte waren es, welche zuerst auf ihre Ver- teidigung bedacht sein muſsten, und so werden in den Städten zuerst Büchsenmeister genannt, so in Brüssel, Speier, Mainz, Augsburg, Nürnberg, München, Amberg etc. bereits im 14. Jahrhundert. Die Befugnisse der Büchsenmeister gingen aber auch weit über die Anfertigung und Behandlung der Büchsen hinaus, sie waren die tech- nischen Leiter des ganzen Angriffs- und Verteidigungskrieges. Deshalb nahmen sie eine sehr exzeptionelle Stellung ein. Die heilige Barbara, deren Mörder nach der Legende der Blitz getötet haben soll, gilt in Deutschland und Frankreich als ihre Schutzheilige, wie bei den Slaven Johann von Nepomuk.
Die Büchsenmeister führten ein ganzes Personal mit sich. Zunächst einen Ober- und einen Untergesellen. Bei dem Frankfurter Kontingent vom Jahre 1404 bezog der Meister 8 Schillinge, der Obergesell 6 Schil- linge, der Untergesell 4 Schillinge, auſserdem waren ihm 12 Ober- und 6 Untersteinbrecher zugeteilt. Er hatte 55 Feldgeschütze und 10 Onager unter sich. Fast alle berühmten Büchsenmeister waren Deutsche und in allen Hauptstädten fanden sich deutsche Büchsenmeister. Der be- rühmtesten haben wir schon Erwähnung gethan. Martin Merz von Am- berg, der auch ein vorzüglicher Schriftsteller in seinem Fach war, schreibt 1):
„Zum Auf- und Abladen der Rohre, zur Herrichtung des Gestelles und der Ansätze waren ihm aus dem Fuſsvolke Leute zugewiesen, zu seiner Unterstützung im Feuer, zwei oder drei Schieſsgesellen, es seien Schreiner, Grobschmied oder andere, die damit wissen umzugehen. Im Felde soll er, wenn er zu einem Wagen oder Karren gesetzt ist, dieselben zurichten mit Pulver, Stein und Ladzeug, er soll sich verwah- ren, daſs ihm kein Zündloch verschlagen wird und soll zwei oder drei bei sich haben, daſs, wenn ihm eins verrennt wird, er ein anderes hab.“
Hinsichtlich der besonderen Eigenschaften eines Büchsenmeisters
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Büchsenmeister.
den verschiedensten Parteien. Sie waren zünftig und muſsten gewisse
zunftmäſsige Prüfungen bestanden haben. Ihr Ansehen war groſs, da
sie meist eine verhältnismäſsig höhere Bildung besaſsen, neben Kennt-
nissen der Naturwissenschaften, ihre eigentliche technische Kunst als
Feuerwerker und Kanoniere ausbildeten, aber geheim hielten. Ihre
Kenntnisse gingen oft über das Mechanische ihres Berufes weit hinaus
und umfaſste ihr Studium meist das ganze Befestigungswesen, welches
bekanntlich im Mittelalter der plastischen Kunst und der Mathematik
gleich nahe stand. Die Städte waren es, welche zuerst auf ihre Ver-
teidigung bedacht sein muſsten, und so werden in den Städten zuerst
Büchsenmeister genannt, so in Brüssel, Speier, Mainz, Augsburg,
Nürnberg, München, Amberg etc. bereits im 14. Jahrhundert. Die
Befugnisse der Büchsenmeister gingen aber auch weit über die
Anfertigung und Behandlung der Büchsen hinaus, sie waren die tech-
nischen Leiter des ganzen Angriffs- und Verteidigungskrieges. Deshalb
nahmen sie eine sehr exzeptionelle Stellung ein. Die heilige Barbara,
deren Mörder nach der Legende der Blitz getötet haben soll, gilt in
Deutschland und Frankreich als ihre Schutzheilige, wie bei den Slaven
Johann von Nepomuk.
Die Büchsenmeister führten ein ganzes Personal mit sich. Zunächst
einen Ober- und einen Untergesellen. Bei dem Frankfurter Kontingent
vom Jahre 1404 bezog der Meister 8 Schillinge, der Obergesell 6 Schil-
linge, der Untergesell 4 Schillinge, auſserdem waren ihm 12 Ober- und
6 Untersteinbrecher zugeteilt. Er hatte 55 Feldgeschütze und 10 Onager
unter sich. Fast alle berühmten Büchsenmeister waren Deutsche und
in allen Hauptstädten fanden sich deutsche Büchsenmeister. Der be-
rühmtesten haben wir schon Erwähnung gethan. Martin Merz von Am-
berg, der auch ein vorzüglicher Schriftsteller in seinem Fach war,
schreibt 1):
„Zum Auf- und Abladen der Rohre, zur Herrichtung des Gestelles
und der Ansätze waren ihm aus dem Fuſsvolke Leute zugewiesen, zu
seiner Unterstützung im Feuer, zwei oder drei Schieſsgesellen, es seien
Schreiner, Grobschmied oder andere, die damit wissen umzugehen.
Im Felde soll er, wenn er zu einem Wagen oder Karren gesetzt ist,
dieselben zurichten mit Pulver, Stein und Ladzeug, er soll sich verwah-
ren, daſs ihm kein Zündloch verschlagen wird und soll zwei oder drei
bei sich haben, daſs, wenn ihm eins verrennt wird, er ein anderes hab.“
Hinsichtlich der besonderen Eigenschaften eines Büchsenmeisters
1) Würdinger, a. a. O. II, S. 399.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 926. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/948>, abgerufen am 22.11.2024.
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