diejenigen, welche die Steinkugeln zurichteten, hiessen macon cononiers und Talleurs de Bolleto. Zur Bedienung einer Kriegsmaschine bei der Belagerung von Cherbourg 1) gehörten als Bedienungsmannschaft 1 Zimmermeister, 5 Zimmerleute, 10 Maurer, 40 Spanner und 21 bespannte Karren. Die grosse mangonneau hatte zwei Räder zum Spannen des Hebels und wurde die Kraft durch ein Getriebe, sogenannten Drilling, übertragen.
Um diese Zeit wich man von der alten Form der Katapulten ab, indem man die Wurfgeschütze mehr der Armbrust ähnlich machte und auch wie bei dieser Zahnrad und Zahnstange anbrachte. Diese Turm- armbrüste hiessen "arbaletes a tour". Manche schossen Pfeile ähnlich der Armbrust, andere wirkten mehr wie Schleudern (trebuchet). Die Projektile der trebuchets waren mehr oder weniger runde Steine oder auch unregelmässige, mit Brandmasse, griechischem Feuer oder faulen- den Stoffen gefüllte Tonnen, auch Ätzkalk schoss man auf diese Weise, sogar glühend gemachte Eisenstücke. Für Brandgeschosse musste das ganze Unterlager von Eisen sein.
Die Turmarmbrüste schossen runde Steine, öfter zugespitzte Eisenbolzen, ähnlich grossen Pfeilen. Dies war die einzige der alten Maschinen, die bis in das 16. Jahrhundert neben den Kanonen im Gebrauch blieb.
Sobald man die explosive Gewalt des Pulvers, die Wirkung der Pulvergase im Moment der Entzündung kennen gelernt und als moto- rische Kraft bei den Geschützen angewendet hatte, verschwanden rasch die alten, schwerfälligen Kriegsmaschinen. Von Anfang an ent- wickelten sich die Feuerwaffen nach zwei Richtungen hin, als Hand- feuerwaffen und als grobes Geschütz.
Wir haben schon oben erwähnt, dass sich das erste Handfeuer- geschoss aus der Feuerlanze entwickelte, die ein ausgehöhlter, mit Zündmasse gefüllter, brennender Holzschaft war, der mit der Hand geworfen wurde. An dessen Stelle trat, nachdem man gelernt hatte die treibenden Pulvergase zu benutzen, ein ähnlich geformtes Geschütz, eine kleine Büchse auf langem Stiele, dessen Ladung mittels einem Lunden entzündet wurde. Es schleuderte natürlich auf nicht sehr grosse Entfernungen Steine, Bleikugeln, geschmiedete Eisenbolzen oder Brandkugeln. Die älteste Waffe dieser Art ist die madfaa der Araber, aus ihr entwickelten sich die Handfeuerwaffen, unser heutiges Gewehr. Ganz andere Instrumente waren die alten Belagerungsgeschütze. Diese
1) Violet le duc, a. a. O. Art. Engin. (vol. V).
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Feuerwaffen.
diejenigen, welche die Steinkugeln zurichteten, hieſsen maçon cononièrs und Talleurs de Bolleto. Zur Bedienung einer Kriegsmaschine bei der Belagerung von Cherbourg 1) gehörten als Bedienungsmannschaft 1 Zimmermeister, 5 Zimmerleute, 10 Maurer, 40 Spanner und 21 bespannte Karren. Die groſse mangonneau hatte zwei Räder zum Spannen des Hebels und wurde die Kraft durch ein Getriebe, sogenannten Drilling, übertragen.
Um diese Zeit wich man von der alten Form der Katapulten ab, indem man die Wurfgeschütze mehr der Armbrust ähnlich machte und auch wie bei dieser Zahnrad und Zahnstange anbrachte. Diese Turm- armbrüste hieſsen „arbaletes à tour“. Manche schossen Pfeile ähnlich der Armbrust, andere wirkten mehr wie Schleudern (trebuchet). Die Projektile der trebuchets waren mehr oder weniger runde Steine oder auch unregelmäſsige, mit Brandmasse, griechischem Feuer oder faulen- den Stoffen gefüllte Tonnen, auch Ätzkalk schoſs man auf diese Weise, sogar glühend gemachte Eisenstücke. Für Brandgeschosse muſste das ganze Unterlager von Eisen sein.
Die Turmarmbrüste schossen runde Steine, öfter zugespitzte Eisenbolzen, ähnlich groſsen Pfeilen. Dies war die einzige der alten Maschinen, die bis in das 16. Jahrhundert neben den Kanonen im Gebrauch blieb.
Sobald man die explosive Gewalt des Pulvers, die Wirkung der Pulvergase im Moment der Entzündung kennen gelernt und als moto- rische Kraft bei den Geschützen angewendet hatte, verschwanden rasch die alten, schwerfälligen Kriegsmaschinen. Von Anfang an ent- wickelten sich die Feuerwaffen nach zwei Richtungen hin, als Hand- feuerwaffen und als grobes Geschütz.
Wir haben schon oben erwähnt, daſs sich das erste Handfeuer- geschoſs aus der Feuerlanze entwickelte, die ein ausgehöhlter, mit Zündmasse gefüllter, brennender Holzschaft war, der mit der Hand geworfen wurde. An dessen Stelle trat, nachdem man gelernt hatte die treibenden Pulvergase zu benutzen, ein ähnlich geformtes Geschütz, eine kleine Büchse auf langem Stiele, dessen Ladung mittels einem Lunden entzündet wurde. Es schleuderte natürlich auf nicht sehr groſse Entfernungen Steine, Bleikugeln, geschmiedete Eisenbolzen oder Brandkugeln. Die älteste Waffe dieser Art ist die madfaa der Araber, aus ihr entwickelten sich die Handfeuerwaffen, unser heutiges Gewehr. Ganz andere Instrumente waren die alten Belagerungsgeschütze. Diese
1) Violet le duc, a. a. O. Art. Engin. (vol. V).
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Feuerwaffen.
diejenigen, welche die Steinkugeln zurichteten, hieſsen maçon cononièrs
und Talleurs de Bolleto. Zur Bedienung einer Kriegsmaschine bei
der Belagerung von Cherbourg 1) gehörten als Bedienungsmannschaft
1 Zimmermeister, 5 Zimmerleute, 10 Maurer, 40 Spanner und 21
bespannte Karren. Die groſse mangonneau hatte zwei Räder
zum Spannen des Hebels und wurde die Kraft durch ein Getriebe,
sogenannten Drilling, übertragen.
Um diese Zeit wich man von der alten Form der Katapulten ab,
indem man die Wurfgeschütze mehr der Armbrust ähnlich machte und
auch wie bei dieser Zahnrad und Zahnstange anbrachte. Diese Turm-
armbrüste hieſsen „arbaletes à tour“. Manche schossen Pfeile ähnlich
der Armbrust, andere wirkten mehr wie Schleudern (trebuchet). Die
Projektile der trebuchets waren mehr oder weniger runde Steine oder
auch unregelmäſsige, mit Brandmasse, griechischem Feuer oder faulen-
den Stoffen gefüllte Tonnen, auch Ätzkalk schoſs man auf diese Weise,
sogar glühend gemachte Eisenstücke. Für Brandgeschosse muſste das
ganze Unterlager von Eisen sein.
Die Turmarmbrüste schossen runde Steine, öfter zugespitzte
Eisenbolzen, ähnlich groſsen Pfeilen. Dies war die einzige der alten
Maschinen, die bis in das 16. Jahrhundert neben den Kanonen im
Gebrauch blieb.
Sobald man die explosive Gewalt des Pulvers, die Wirkung der
Pulvergase im Moment der Entzündung kennen gelernt und als moto-
rische Kraft bei den Geschützen angewendet hatte, verschwanden
rasch die alten, schwerfälligen Kriegsmaschinen. Von Anfang an ent-
wickelten sich die Feuerwaffen nach zwei Richtungen hin, als Hand-
feuerwaffen und als grobes Geschütz.
Wir haben schon oben erwähnt, daſs sich das erste Handfeuer-
geschoſs aus der Feuerlanze entwickelte, die ein ausgehöhlter, mit
Zündmasse gefüllter, brennender Holzschaft war, der mit der Hand
geworfen wurde. An dessen Stelle trat, nachdem man gelernt hatte
die treibenden Pulvergase zu benutzen, ein ähnlich geformtes Geschütz,
eine kleine Büchse auf langem Stiele, dessen Ladung mittels einem
Lunden entzündet wurde. Es schleuderte natürlich auf nicht sehr
groſse Entfernungen Steine, Bleikugeln, geschmiedete Eisenbolzen oder
Brandkugeln. Die älteste Waffe dieser Art ist die madfaa der Araber,
aus ihr entwickelten sich die Handfeuerwaffen, unser heutiges Gewehr.
Ganz andere Instrumente waren die alten Belagerungsgeschütze. Diese
1) Violet le duc, a. a. O. Art. Engin. (vol. V).
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 899. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/921>, abgerufen am 24.11.2024.
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