der junge Schmied das Recht der Innung erwerben, was nicht billig war. Nach dem alten Freiberger Stadtrecht vom Jahre 1308 kostete die Innung: "sechz grosen phenninge, die geburn den burgern und czwei phfund wachzig (Wachs) dy geburn dem Handwerke."
Ehe wir eine Schilderung der allgemeinen Sitten und Gebräuche bei dem Handwerk, sowie der Stellung von Lehrling, Geselle und Meister, insbesondere bei der Schmiede- und Schlosserzunft jener Zeit geben, wollen wir einige allgemeine Bemerkungen über die Zünfte nachtragen.
Je mehr sich Handel und Gewerbe in die Städte zog, je grösser wurde die politische Bedeutung der Zünfte.
Die Zünfte nahmen auch die Verteidigung ihrer Städte gegen Feinde und ihres Handels gegen Raubritter in die Hand. Glückliche Erfolge im Kampfe machten sie bald übermütig und gefürchtet, so dass schon 1219 Friedrich II. zu Goslar alle Zünfte aufhob. 1231 und 1232 wurde auf dem Reichstage zu Worms und 1232 zu Ravenna ganz all- gemein ihre Aufhebung beschlossen. Doch kam diese Massregel schon zu spät und konnte kaum die Bewegung etwas eindämmen. Besonders in Italien schlossen sich bei den fortwährenden Wirren die Zünfte eng aneinander. In Pisa werden in jener Zeit sieben Zünfte genannt, die vielfach noch an die alten römischen Korporationen erinnern. Es waren die Gastwirte, die Weinschenke, Stahlarbeiter, Eisenschmiede, Kürschner, Schuhmacher und Bäcker. In Florenz bildeten damals auch die Schlosser schon eine besondere Zunft. Von den selbständigen Bestrebungen der Zünfte giebt ein Statut aus Ferrara vom Jahre 1287 Zeugnis, worin erwähnt wird, dass die Schmiedezunft sich jemanden wählen dürfe, der alle Holzkohlen ankaufen dürfe. Dies war also, wie es scheint, bereits ein Konsumverein der Klein- schmiede in ganz modernem Sinne.
Die kriegerische Bedeutung der Zunftgenossenschaften einzelner Städte wurde so gross, dass förmliche Schutz- und Trutzbündnisse zwischen Fürsten und Handwerksgenossenschaften geschlossen wurden.
Von den zunftmässigen Handwerkern, die das Eisen verarbeiteten, bildeten 1248 die Schmiede bereits in Frankfurt eine Zunft. 1285 wurden die Nürnberger Schwertfeger zünftig. Die Solinger Schwert- fabriken existierten bereits im 14. Jahrhundert. 1290 wurden in Nürnberg die cultellatores, die Messerschmiede, zu einer besonderen Zunft, während neben diesen auch noch Klingenschmiede genannt werden; 1298 werden endlich auch die Sensenschmiede daselbst als Zunft auf- geführt. Ebenso erscheint 1301 in Augsburg ein "Christian Messer-
Beck, Geschichte des Eisens. 56
Zunftwesen.
der junge Schmied das Recht der Innung erwerben, was nicht billig war. Nach dem alten Freiberger Stadtrecht vom Jahre 1308 kostete die Innung: „sechz grosen phenninge, die geburn den burgern und czwei phfund wachzig (Wachs) dy geburn dem Handwerke.“
Ehe wir eine Schilderung der allgemeinen Sitten und Gebräuche bei dem Handwerk, sowie der Stellung von Lehrling, Geselle und Meister, insbesondere bei der Schmiede- und Schlosserzunft jener Zeit geben, wollen wir einige allgemeine Bemerkungen über die Zünfte nachtragen.
Je mehr sich Handel und Gewerbe in die Städte zog, je gröſser wurde die politische Bedeutung der Zünfte.
Die Zünfte nahmen auch die Verteidigung ihrer Städte gegen Feinde und ihres Handels gegen Raubritter in die Hand. Glückliche Erfolge im Kampfe machten sie bald übermütig und gefürchtet, so daſs schon 1219 Friedrich II. zu Goslar alle Zünfte aufhob. 1231 und 1232 wurde auf dem Reichstage zu Worms und 1232 zu Ravenna ganz all- gemein ihre Aufhebung beschlossen. Doch kam diese Maſsregel schon zu spät und konnte kaum die Bewegung etwas eindämmen. Besonders in Italien schlossen sich bei den fortwährenden Wirren die Zünfte eng aneinander. In Pisa werden in jener Zeit sieben Zünfte genannt, die vielfach noch an die alten römischen Korporationen erinnern. Es waren die Gastwirte, die Weinschenke, Stahlarbeiter, Eisenschmiede, Kürschner, Schuhmacher und Bäcker. In Florenz bildeten damals auch die Schlosser schon eine besondere Zunft. Von den selbständigen Bestrebungen der Zünfte giebt ein Statut aus Ferrara vom Jahre 1287 Zeugnis, worin erwähnt wird, daſs die Schmiedezunft sich jemanden wählen dürfe, der alle Holzkohlen ankaufen dürfe. Dies war also, wie es scheint, bereits ein Konsumverein der Klein- schmiede in ganz modernem Sinne.
Die kriegerische Bedeutung der Zunftgenossenschaften einzelner Städte wurde so groſs, daſs förmliche Schutz- und Trutzbündnisse zwischen Fürsten und Handwerksgenossenschaften geschlossen wurden.
Von den zunftmäſsigen Handwerkern, die das Eisen verarbeiteten, bildeten 1248 die Schmiede bereits in Frankfurt eine Zunft. 1285 wurden die Nürnberger Schwertfeger zünftig. Die Solinger Schwert- fabriken existierten bereits im 14. Jahrhundert. 1290 wurden in Nürnberg die cultellatores, die Messerschmiede, zu einer besonderen Zunft, während neben diesen auch noch Klingenschmiede genannt werden; 1298 werden endlich auch die Sensenschmiede daselbst als Zunft auf- geführt. Ebenso erscheint 1301 in Augsburg ein „Christian Messer-
Beck, Geschichte des Eisens. 56
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Zunftwesen.
der junge Schmied das Recht der Innung erwerben, was nicht billig war.
Nach dem alten Freiberger Stadtrecht vom Jahre 1308 kostete die
Innung: „sechz grosen phenninge, die geburn den burgern und czwei
phfund wachzig (Wachs) dy geburn dem Handwerke.“
Ehe wir eine Schilderung der allgemeinen Sitten und Gebräuche
bei dem Handwerk, sowie der Stellung von Lehrling, Geselle und
Meister, insbesondere bei der Schmiede- und Schlosserzunft jener Zeit
geben, wollen wir einige allgemeine Bemerkungen über die Zünfte
nachtragen.
Je mehr sich Handel und Gewerbe in die Städte zog, je gröſser
wurde die politische Bedeutung der Zünfte.
Die Zünfte nahmen auch die Verteidigung ihrer Städte gegen
Feinde und ihres Handels gegen Raubritter in die Hand. Glückliche
Erfolge im Kampfe machten sie bald übermütig und gefürchtet, so daſs
schon 1219 Friedrich II. zu Goslar alle Zünfte aufhob. 1231 und 1232
wurde auf dem Reichstage zu Worms und 1232 zu Ravenna ganz all-
gemein ihre Aufhebung beschlossen. Doch kam diese Maſsregel
schon zu spät und konnte kaum die Bewegung etwas eindämmen.
Besonders in Italien schlossen sich bei den fortwährenden Wirren die
Zünfte eng aneinander. In Pisa werden in jener Zeit sieben Zünfte
genannt, die vielfach noch an die alten römischen Korporationen
erinnern. Es waren die Gastwirte, die Weinschenke, Stahlarbeiter,
Eisenschmiede, Kürschner, Schuhmacher und Bäcker. In Florenz
bildeten damals auch die Schlosser schon eine besondere Zunft. Von
den selbständigen Bestrebungen der Zünfte giebt ein Statut aus Ferrara
vom Jahre 1287 Zeugnis, worin erwähnt wird, daſs die Schmiedezunft
sich jemanden wählen dürfe, der alle Holzkohlen ankaufen dürfe.
Dies war also, wie es scheint, bereits ein Konsumverein der Klein-
schmiede in ganz modernem Sinne.
Die kriegerische Bedeutung der Zunftgenossenschaften einzelner
Städte wurde so groſs, daſs förmliche Schutz- und Trutzbündnisse
zwischen Fürsten und Handwerksgenossenschaften geschlossen wurden.
Von den zunftmäſsigen Handwerkern, die das Eisen verarbeiteten,
bildeten 1248 die Schmiede bereits in Frankfurt eine Zunft. 1285
wurden die Nürnberger Schwertfeger zünftig. Die Solinger Schwert-
fabriken existierten bereits im 14. Jahrhundert. 1290 wurden in
Nürnberg die cultellatores, die Messerschmiede, zu einer besonderen
Zunft, während neben diesen auch noch Klingenschmiede genannt werden;
1298 werden endlich auch die Sensenschmiede daselbst als Zunft auf-
geführt. Ebenso erscheint 1301 in Augsburg ein „Christian Messer-
Beck, Geschichte des Eisens. 56
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 881. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/903>, abgerufen am 22.11.2024.
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