und dieser darf wohl als Beweis für die frühe Anwendung des Huf- beschlages angeführt werden. Das Pferd war bei den Germanen dem Wodan geheiligt. Wodan allein reitet, während Thor fährt oder geht. Deshalb war das Pferd auch das Opfertier des Wodan und daher hat der mittelalterliche Teufel seinen Pferdefuss. Das Pferd war das vornehmste Opfertier der Germanen und dieser Gebrauch war ihnen gemeinsam mit Slaven, Finnen, Persern und Indern. Die Germanen brachten keine Rauchopfer, sondern nur Blutopfer über Opfersteinen dar. Das Pferd des Freien wurde bei seinem Tode geopfert und mit den Gebeinen des Herrn verbrannt oder begraben. Hiermit in Ver- bindung stand mancherlei Aberglaube der Germanen, der sich an das Hufeisen knüpfte, z. B. dass, wer ein Hufeisen findet oder nur ein Stück davon, Glück hat.
Eine alte Regel sagt: "Ist einem etwas gestohlen, so schlage er einen ungefähr gefundenen Hufnagel auf die Feuerstätte, dann be- kommt er es wieder."
Wenn man ein gefundenes Hufeisen an die Hausthür nagelte, so war dies ein Schutz gegen Zauberei und alles Böse. Diese Sitte hat sich bis heute bei uns in Deutschland und mehr noch in England er- halten und ist auf dem Lande noch sehr verbreitet. Selbst die Sitte, kleine Hufeisen von Gold als Schmuck zu tragen, hat ihre Wurzel mehr in diesem Aberglauben, als in dem Sport. Darum waren auch die Hufschmiede, die diese wunderkräftigen Eisen machten, mehr noch als andere Schmiede für Zauberer angesehen, umsomehr da auch ihre Werkstätten meist vor dem Ort, oft an den alten Königswegen, auf denen die Reisenden und Fuhrleute passierten, mitten im Walde lagen, und noch in unseren Zeiten gehörten die Huf- und Kurschmiede zu den Leuten, die wenigstens als Wunderdoktoren sich selbst für halbe Zauberer hielten.
Aus der oft abgelegenen Lage der Hufschmieden an den Strassen erklärt sich eine andere mittelalterliche Redensart. Beim Hufschmied kehrte der Reisende und der Fuhrmann ein, um sein Pferd frisch be- schlagen zu lassen, und sich, wenn seinem Ross etwas fehlte, Rats zu erholen. Natürlich nahm bei diesem Aufenthalt der Reisende gern einen Schluck und da der Hufschmied im Walde sich vor dem wach- samen Auge des Büttels nicht zu scheuen brauchte, so schenkte er auch gern einen, natürlich gegen gute Zahlung. Dadurch kam es aber, dass nach und nach die Hufschmieden an den Landstrassen zu verrufenen Schenken wurden, in denen sich besonders solche lieder- liche Gesellen gern aufhielten, die sich den Augen ihrer ehrsamen
Hufschmiede.
und dieser darf wohl als Beweis für die frühe Anwendung des Huf- beschlages angeführt werden. Das Pferd war bei den Germanen dem Wodan geheiligt. Wodan allein reitet, während Thor fährt oder geht. Deshalb war das Pferd auch das Opfertier des Wodan und daher hat der mittelalterliche Teufel seinen Pferdefuſs. Das Pferd war das vornehmste Opfertier der Germanen und dieser Gebrauch war ihnen gemeinsam mit Slaven, Finnen, Persern und Indern. Die Germanen brachten keine Rauchopfer, sondern nur Blutopfer über Opfersteinen dar. Das Pferd des Freien wurde bei seinem Tode geopfert und mit den Gebeinen des Herrn verbrannt oder begraben. Hiermit in Ver- bindung stand mancherlei Aberglaube der Germanen, der sich an das Hufeisen knüpfte, z. B. daſs, wer ein Hufeisen findet oder nur ein Stück davon, Glück hat.
Eine alte Regel sagt: „Ist einem etwas gestohlen, so schlage er einen ungefähr gefundenen Hufnagel auf die Feuerstätte, dann be- kommt er es wieder.“
Wenn man ein gefundenes Hufeisen an die Hausthür nagelte, so war dies ein Schutz gegen Zauberei und alles Böse. Diese Sitte hat sich bis heute bei uns in Deutschland und mehr noch in England er- halten und ist auf dem Lande noch sehr verbreitet. Selbst die Sitte, kleine Hufeisen von Gold als Schmuck zu tragen, hat ihre Wurzel mehr in diesem Aberglauben, als in dem Sport. Darum waren auch die Hufschmiede, die diese wunderkräftigen Eisen machten, mehr noch als andere Schmiede für Zauberer angesehen, umsomehr da auch ihre Werkstätten meist vor dem Ort, oft an den alten Königswegen, auf denen die Reisenden und Fuhrleute passierten, mitten im Walde lagen, und noch in unseren Zeiten gehörten die Huf- und Kurschmiede zu den Leuten, die wenigstens als Wunderdoktoren sich selbst für halbe Zauberer hielten.
Aus der oft abgelegenen Lage der Hufschmieden an den Straſsen erklärt sich eine andere mittelalterliche Redensart. Beim Hufschmied kehrte der Reisende und der Fuhrmann ein, um sein Pferd frisch be- schlagen zu lassen, und sich, wenn seinem Roſs etwas fehlte, Rats zu erholen. Natürlich nahm bei diesem Aufenthalt der Reisende gern einen Schluck und da der Hufschmied im Walde sich vor dem wach- samen Auge des Büttels nicht zu scheuen brauchte, so schenkte er auch gern einen, natürlich gegen gute Zahlung. Dadurch kam es aber, daſs nach und nach die Hufschmieden an den Landstraſsen zu verrufenen Schenken wurden, in denen sich besonders solche lieder- liche Gesellen gern aufhielten, die sich den Augen ihrer ehrsamen
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Hufschmiede.
und dieser darf wohl als Beweis für die frühe Anwendung des Huf-
beschlages angeführt werden. Das Pferd war bei den Germanen dem
Wodan geheiligt. Wodan allein reitet, während Thor fährt oder geht.
Deshalb war das Pferd auch das Opfertier des Wodan und daher
hat der mittelalterliche Teufel seinen Pferdefuſs. Das Pferd war das
vornehmste Opfertier der Germanen und dieser Gebrauch war ihnen
gemeinsam mit Slaven, Finnen, Persern und Indern. Die Germanen
brachten keine Rauchopfer, sondern nur Blutopfer über Opfersteinen
dar. Das Pferd des Freien wurde bei seinem Tode geopfert und mit
den Gebeinen des Herrn verbrannt oder begraben. Hiermit in Ver-
bindung stand mancherlei Aberglaube der Germanen, der sich an das
Hufeisen knüpfte, z. B. daſs, wer ein Hufeisen findet oder nur ein Stück
davon, Glück hat.
Eine alte Regel sagt: „Ist einem etwas gestohlen, so schlage er
einen ungefähr gefundenen Hufnagel auf die Feuerstätte, dann be-
kommt er es wieder.“
Wenn man ein gefundenes Hufeisen an die Hausthür nagelte, so
war dies ein Schutz gegen Zauberei und alles Böse. Diese Sitte hat
sich bis heute bei uns in Deutschland und mehr noch in England er-
halten und ist auf dem Lande noch sehr verbreitet. Selbst die Sitte,
kleine Hufeisen von Gold als Schmuck zu tragen, hat ihre Wurzel mehr
in diesem Aberglauben, als in dem Sport. Darum waren auch die
Hufschmiede, die diese wunderkräftigen Eisen machten, mehr noch als
andere Schmiede für Zauberer angesehen, umsomehr da auch ihre
Werkstätten meist vor dem Ort, oft an den alten Königswegen, auf
denen die Reisenden und Fuhrleute passierten, mitten im Walde lagen,
und noch in unseren Zeiten gehörten die Huf- und Kurschmiede zu
den Leuten, die wenigstens als Wunderdoktoren sich selbst für halbe
Zauberer hielten.
Aus der oft abgelegenen Lage der Hufschmieden an den Straſsen
erklärt sich eine andere mittelalterliche Redensart. Beim Hufschmied
kehrte der Reisende und der Fuhrmann ein, um sein Pferd frisch be-
schlagen zu lassen, und sich, wenn seinem Roſs etwas fehlte, Rats zu
erholen. Natürlich nahm bei diesem Aufenthalt der Reisende gern
einen Schluck und da der Hufschmied im Walde sich vor dem wach-
samen Auge des Büttels nicht zu scheuen brauchte, so schenkte er
auch gern einen, natürlich gegen gute Zahlung. Dadurch kam es
aber, daſs nach und nach die Hufschmieden an den Landstraſsen zu
verrufenen Schenken wurden, in denen sich besonders solche lieder-
liche Gesellen gern aufhielten, die sich den Augen ihrer ehrsamen
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 879. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/901>, abgerufen am 25.11.2024.
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