Vordergrund. Sie hatte ihren Sitz in Theben in Oberägypten, das sie durch ihre Bauwerke verherrlichte. Die Obelisken sind die charakte- ristischen Bauwerke dieser Periode. Der erste Obelisk ist der des Sesorthosis (auch Sesurtasen, Osortases, Usurtasen) zu Heliopolis (auch Amu, On). Dieser König führte auch den Bau des Ammontempels zu Theben fort, den sein Vater Amenemah I. begonnen hatte. Er und seine Nachfolger besiegten und unterwarfen das Land Kusch (Nubien). Der grösste unter diesen Nachfolgern war Amenemah III., der nach Lepsius von 2221 bis 2179 v. Chr. regierte, derselbe den die Griechen Möris nennen. Er liess den grossen See dieses Namens ausgraben, ein Riesenunternehmen, dem nur die Erbauung der grossen Pyramiden und des Labyrinthes an die Seite gestellt werden können.
Nach Herodot hatte er 3600 Stadien oder etwa 80 geographische Meilen Umfang. Sein Zweck war die Nilüberschwemmungen zu regu- lieren. Herodot berichtet, dass dies vollständig erreicht wurde und dass nach der Herstellung dieses mächtigen Reservoirs das Land unter- halb Memphis hinreichend überschwemmt wurde, wenn der Nil nur 8 Ellen stieg, während zu seiner Zeit, durch Vernachlässigung und Ver- sumpfung des Sees, der Nil erst bei 15 bis 16 Ellen Höhe das untere Land überflutete. Derselbe König erbaute das berühmte Labyrinth, einen riesigen Reichspalast, der Gerichtshof und Sammelpunkt für alle Stämme Ägyptens sein sollte. Herodot, der den Riesenbau selbst gesehen hat, nennt es ein Werk über alle Beschreibung, grösser und kostspie- liger als alle Bauwerke der Hellenen zusammengenommen 1). "Er hat zwölf bedeckte Höfe mit gegenüberstehenden Thoren, sechs nach Norden und sechs nach Süden zu aneinander stossend: ein und dieselbe Mauer umschliesst sie von aussen. Es befinden sich darin zweifache Kammern, die einen unter der Erde, die anderen oberhalb auf diesen, in Allem dreitausend, von jeder der beiden Arten fünfzehnhundert u. s. w." Die Hauptmasse des Gebäudes war nach dem Bericht des Plinius aus Granitblöcken hergestellt und wird dies durch die Trümmer bestätigt, die sich bei Howara finden.
Die Gräber von Beni-Hassan, Berscheh und Ziut in Mittelägypten gehören gleichfalls dieser Periode und dieser Dynastie an.
Die Abbildungen in denselben zeigen mancherlei technische Vor- richtungen; so ist in einem Grab von Berscheh der Transport einer kolossalen Steinbildsäule dargestellt. Eine Inschrift giebt die Höhe derselben auf 6,30 Meter an. Die Fortbewegung geht auf einer Schleife, die von vielen Menschen gezogen wird, vor sich.
1) Herodot II, 148.
Ägypten.
Vordergrund. Sie hatte ihren Sitz in Theben in Oberägypten, das sie durch ihre Bauwerke verherrlichte. Die Obelisken sind die charakte- ristischen Bauwerke dieser Periode. Der erste Obelisk ist der des Sesorthosis (auch Sesurtasen, Osortases, Usurtasen) zu Heliopolis (auch Amu, On). Dieser König führte auch den Bau des Ammontempels zu Theben fort, den sein Vater Amenemah I. begonnen hatte. Er und seine Nachfolger besiegten und unterwarfen das Land Kusch (Nubien). Der gröſste unter diesen Nachfolgern war Amenemah III., der nach Lepsius von 2221 bis 2179 v. Chr. regierte, derselbe den die Griechen Möris nennen. Er lieſs den groſsen See dieses Namens ausgraben, ein Riesenunternehmen, dem nur die Erbauung der groſsen Pyramiden und des Labyrinthes an die Seite gestellt werden können.
Nach Herodot hatte er 3600 Stadien oder etwa 80 geographische Meilen Umfang. Sein Zweck war die Nilüberschwemmungen zu regu- lieren. Herodot berichtet, daſs dies vollständig erreicht wurde und daſs nach der Herstellung dieses mächtigen Reservoirs das Land unter- halb Memphis hinreichend überschwemmt wurde, wenn der Nil nur 8 Ellen stieg, während zu seiner Zeit, durch Vernachlässigung und Ver- sumpfung des Sees, der Nil erst bei 15 bis 16 Ellen Höhe das untere Land überflutete. Derselbe König erbaute das berühmte Labyrinth, einen riesigen Reichspalast, der Gerichtshof und Sammelpunkt für alle Stämme Ägyptens sein sollte. Herodot, der den Riesenbau selbst gesehen hat, nennt es ein Werk über alle Beschreibung, gröſser und kostspie- liger als alle Bauwerke der Hellenen zusammengenommen 1). „Er hat zwölf bedeckte Höfe mit gegenüberstehenden Thoren, sechs nach Norden und sechs nach Süden zu aneinander stoſsend: ein und dieselbe Mauer umschlieſst sie von auſsen. Es befinden sich darin zweifache Kammern, die einen unter der Erde, die anderen oberhalb auf diesen, in Allem dreitausend, von jeder der beiden Arten fünfzehnhundert u. s. w.“ Die Hauptmasse des Gebäudes war nach dem Bericht des Plinius aus Granitblöcken hergestellt und wird dies durch die Trümmer bestätigt, die sich bei Howara finden.
Die Gräber von Beni-Hassan, Berscheh und Ziut in Mittelägypten gehören gleichfalls dieser Periode und dieser Dynastie an.
Die Abbildungen in denselben zeigen mancherlei technische Vor- richtungen; so ist in einem Grab von Berscheh der Transport einer kolossalen Steinbildsäule dargestellt. Eine Inschrift giebt die Höhe derselben auf 6,30 Meter an. Die Fortbewegung geht auf einer Schleife, die von vielen Menschen gezogen wird, vor sich.
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Ägypten.
Vordergrund. Sie hatte ihren Sitz in Theben in Oberägypten, das sie
durch ihre Bauwerke verherrlichte. Die Obelisken sind die charakte-
ristischen Bauwerke dieser Periode. Der erste Obelisk ist der des
Sesorthosis (auch Sesurtasen, Osortases, Usurtasen) zu Heliopolis (auch
Amu, On). Dieser König führte auch den Bau des Ammontempels zu
Theben fort, den sein Vater Amenemah I. begonnen hatte. Er und
seine Nachfolger besiegten und unterwarfen das Land Kusch (Nubien).
Der gröſste unter diesen Nachfolgern war Amenemah III., der nach
Lepsius von 2221 bis 2179 v. Chr. regierte, derselbe den die Griechen
Möris nennen. Er lieſs den groſsen See dieses Namens ausgraben, ein
Riesenunternehmen, dem nur die Erbauung der groſsen Pyramiden
und des Labyrinthes an die Seite gestellt werden können.
Nach Herodot hatte er 3600 Stadien oder etwa 80 geographische
Meilen Umfang. Sein Zweck war die Nilüberschwemmungen zu regu-
lieren. Herodot berichtet, daſs dies vollständig erreicht wurde und
daſs nach der Herstellung dieses mächtigen Reservoirs das Land unter-
halb Memphis hinreichend überschwemmt wurde, wenn der Nil nur
8 Ellen stieg, während zu seiner Zeit, durch Vernachlässigung und Ver-
sumpfung des Sees, der Nil erst bei 15 bis 16 Ellen Höhe das untere
Land überflutete. Derselbe König erbaute das berühmte Labyrinth,
einen riesigen Reichspalast, der Gerichtshof und Sammelpunkt für alle
Stämme Ägyptens sein sollte. Herodot, der den Riesenbau selbst gesehen
hat, nennt es ein Werk über alle Beschreibung, gröſser und kostspie-
liger als alle Bauwerke der Hellenen zusammengenommen 1). „Er hat
zwölf bedeckte Höfe mit gegenüberstehenden Thoren, sechs nach Norden
und sechs nach Süden zu aneinander stoſsend: ein und dieselbe Mauer
umschlieſst sie von auſsen. Es befinden sich darin zweifache Kammern,
die einen unter der Erde, die anderen oberhalb auf diesen, in Allem
dreitausend, von jeder der beiden Arten fünfzehnhundert u. s. w.“ Die
Hauptmasse des Gebäudes war nach dem Bericht des Plinius aus
Granitblöcken hergestellt und wird dies durch die Trümmer bestätigt,
die sich bei Howara finden.
Die Gräber von Beni-Hassan, Berscheh und Ziut in Mittelägypten
gehören gleichfalls dieser Periode und dieser Dynastie an.
Die Abbildungen in denselben zeigen mancherlei technische Vor-
richtungen; so ist in einem Grab von Berscheh der Transport einer
kolossalen Steinbildsäule dargestellt. Eine Inschrift giebt die Höhe
derselben auf 6,30 Meter an. Die Fortbewegung geht auf einer Schleife,
die von vielen Menschen gezogen wird, vor sich.
1) Herodot II, 148.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/81>, abgerufen am 23.11.2024.
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